Entscheidungsdatum
06.02.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L525 2225683-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Johannes ZÖCHLING als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA: Pakistan, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 10.10.2019, Zl. 1083930309-151158519/BMI-BFA_WIEN_AST_01, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer – ein pakistanischer Staatsbürger – stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 22.8.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde der Beschwerdeführer am 24.8.2015 einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen. Zu seinen Ausreisegründen befragt gab der Beschwerdeführer an, er habe in Pakistan nicht genug Geld verdient um sich selbst zu erhalten. Er habe Pakistan verlassen, weil er im Ausland arbeiten und Geld verdienen wolle. Dies sei sein einziger Fluchtgrund. Andere Gründe habe er nicht.
Der Beschwerdeführer wurde am 16.8.2019 durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) niederschriftlich einvernommen. Der Beschwerdeführer gab dabei an, er sei gesund und nehme keine Medikamente. Er spreche Urdu, Punjabi und ein wenig Türkisch. Er könne Urdu lesen und schreiben. Befragt, ob seine bisherigen Angaben im Verfahren korrekt protokolliert und rückübersetzt worden wären, gab der Beschwerdeführer an, er sei direkt nach der Schleppung hierhergekommen und habe den Asylantrag gestellt. Er sei sehr verwirrt gewesen und erschöpft vor der Flucht. Er werde sich bemühen die Fragen zu beantworten und die Wahrheit zu sagen. Befragt, wie seine finanzielle Situation in Pakistan gewesen sei, führte der Beschwerdeführer aus, sein Vater sei verstorben und habe er fünf Schwestern, die verheiratet seien. Mit seinen Brüdern habe er Streit. Sein Vater habe in Pakistan eine Kirche gebaut und deswegen hätte es große Probleme gegeben. Er habe deswegen flüchten müssen. Er könne Beweise vorlegen. Er sei Christ. Befragt, ob er jemals aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion verfolgt worden sei, verneinte der Beschwerdeführer, es sei jedoch ein falsches Strafverfahren gegen ihn, weitere Christen und Moslems eröffnet worden. Es seien auch Personen verhaftet worden. Er sei ledig und habe keine Kinder. Er werde von den Chowdhuris aus seinem Dorf verfolgt. Es sei um den Pfarrer der Kirche gegangen, welche sein Vater erbaut hätte. Einige Christen hätten den Pfarrer nicht mehr gewollt, da dieser einen Skandal mit einer Frau gehabt hätte. Die anderen hätten ihn behalten wollen. Die Entscheidung sei bei den Chowdhuris gelegen, nur sie hätten bestimmen dürfen, ob der Pfarrer bleibe oder nicht. Die Christen seien dagegen gewesen, weil sie nicht die selbst eine Entscheidung treffen hätten dürfen. Aufgrund dieses Problems werde er verfolgt. Es seien falsche Anzeigen gegen ihn eingeleitet worden. Er werde als Dieb beschuldigt und er sei im Gefängnis gewesen.
Der Beschwerdeführer legte eine Kopie einer Staatsbürgerschaftsbestätigung vor, die Kopie eines Fotos, das einen Inhaftierten zeigt und weitere Fotos von Schriftstücken aus Pakistan. Im Akt befinden sich Übersetzungen der Schriftstücke.
Mit Bescheid des BFA vom 10.10.2019 wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG den Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen(Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).
Begründend stellte das BFA fest, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe. Der Beschwerdeführer sei pakistanischer Staatsbürger und stamme aus dem Punjab. Der Beschwerdeführer spreche Urdu, Punjabi und ein wenig Türkisch. Der Beschwerdeführer sei römisch-katholisch. Der Beschwerdeführer habe sich sein Leben in Pakistan durch Arbeit finanzieren können. Der Beschwerdeführer sei gesund. Der Beschwerdeführer habe in Österreich weder einen Deutschkurs noch sonstige Kurse absolviert. Der Beschwerdeführer habe am 22.8.2015 direkt nach der Antragstellung das Bundesgebiet verlassen und habe in der Bundesrepublik Deutschland einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Der Beschwerdeführer habe über sechs Monate unter einer anderen Identität in Deutschland gelebt. Der Beschwerdeführer habe in Österreich keine Familienangehörigen noch sei er sozial oder beruflich verankert. Seine Angehörigen seien in Pakistan. Der Beschwerdeführer habe ein Gewerbe angemeldet. Er spreche kein Deutsch. Zum Antrag auf internationalen Schutz führte das BFA aus, der Beschwerdeführer habe – mit näherer Begründung – eine Verfolgung nicht glaubhaft machen können. Gründe, die die Zuerkennung von subsidiärem Schutz indizieren würden, seien nicht hervorgekommen. Eine maßgebliche Integration würde nicht vorliegen.
Der Beschwerdeführer erhob durch seinen Vertreter mit Schriftsatz vom 20.11.2019 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte die Beschwerde aus, der Beschwerdeführer sei pakistanischer Staatsbürger und bekenne sich zur christlichen Religionsgemeinschaft. Er sei aufgrund seiner Religionszugehörigkeit vor acht bzw. neun Jahren aus seiner Heimat geflohen. Vor seiner Flucht aus Pakistan sei er 1,5 Jahre in Pakistan im Gefängnis gesessen. Seine Probleme seien durch die Bestimmung über den Verbleib oder Absetzung eines Pfarrers entstanden, den einige Christen in seinem Dorf aufgrund der Unzucht nicht mehr hätten haben wollen, aber andere Christen ihn weiterhaben wollten. Diese Entscheidung sei dann nicht von den Christen, sondern von den im Dorf ansässigen muslimischen Chauduries (Großgrundbesitzer) getroffen worden. Die Christen seien dagegen gewesen und hätten sich aufgelehnt. Auch der Beschwerdeführer habe sich dem Aufstand angeschlossen und habe er dann ins Gefängnis müssen, da er fälschlich beschuldigt worden sei ein Dieb zu sein. Hinter dieser Anschuldigung seien die Chauduries gestanden. Unter den Beschuldigten seien auch einige Muslime gewesen. Der Beschwerdeführer sei dem Gefängnis nach 1,5 Jahren durch die Hinterlegung einer Kaution entkommen. Der Haupttäter sei Moslem gewesen und sei der Beschwerdeführer aus Angst vor einer weiteren Anschuldigung und Inhaftierung aus Pakistan geflohen. Die vom Vater erbaute Kirche sei jetzt geschlossen und dürfe man dort keine Messen mehr abhalten. Bei einer Rückkehr nach Pakistan befürchte der Beschwerdeführer, dass er seine Religion nicht mehr ausüben könne. Wie sich aus den Länderberichten ergebe würden viele Christen in ausbeuterischen und schuldknechtschaftlichen Arbeitsverhältnissen leben. Religiöse Minderheiten seien durch den Missbrauch der Blasphemie-Gesetze überproportional betroffen und versage die Polizei oft darin religiöse Minderheiten zu schützen. Im Falle seiner Rückkehr befürchte der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure aufgrund seiner Religion.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verfahrens vor und beantragte die Beschwerde abzuweisen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1 Zur Person des Beschwerdeführers:
Der Beschwerdeführer trägt den um Erkenntniskopf angeführten Namen und wurde am dort angeführten Datum geboren. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer stammt aus dem Distrikt Gujranwala, Provinz Punjab und bekennt sich zur christlichen Religionsgemeinschaft und zur Volksgruppe der Khan. Der Beschwerdeführer verfügt über Schulbildung und beherrscht Urdu in Wort und Schrift, spricht außerdem Punjabi und ein bisschen Türkisch. Der Beschwerdeführer finanzierte sich seinen Lebensunterhalt in Pakistan als Hilfsarbeiter und hat als Autowäscher und Zimmermann gearbeitet. Der Beschwerdeführer ist ledig und ohne Sorgepflichten.
Der Beschwerdeführer reiste illegal und schlepperunterstützt in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.8.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer verließ am 25.8.2015 nach der Erstbefragung das Bundesgebiet nach Deutschland. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte daraufhin – soweit ersichtlich – das Verfahren ein und nahm das Verfahren wieder auf, nachdem der Beschwerdeführer am 15.4.2016 erneut einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Der Beschwerdeführer lebte in der Zeit in Deutschland unter einer anderen Identität und stellte dort auch einen Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer besuchte oder absolvierte in Österreich keinen Deutschkurs. Der Beschwerdeführer ist nicht Mitglied in einem Verein und verfügt auch sonst über keine Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Der Beschwerdeführer hat ein Gewerbe angemeldet, jedoch scheinen ausstehende Beträge bei der Sozialversicherung auf. Der Beschwerdeführer ist unbescholten.
Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Pakistan einer aktuellen, unmittelbaren persönlichen und konkreten Verfolgung, Bedrohung oder sonstigen Gefährdung ausgesetzt war oder er im Falle seiner Rückkehr dorthin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer solchen ausgesetzt wäre.
Weiters kann unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände und Beweismittel nicht festgestellt werden, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan eine reale Gefahr einer Verletzung der EMRK bedeuten oder für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit mit sich bringen würde. Es steht auch nicht fest, dass der Beschwerdeführer um sein Leben zu fürchten hat.
Eine berücksichtigungswürdige Integration konnte nicht festgestellt werden.
1.2 Länderfeststellungen:
Sicherheitslage
Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).
Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).
Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).
Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).
Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).
Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern waren 371 Zivilisten, 173 Angehörige der Sicherheitskräfte und 51 Aufständische. 136 (52 %) Angriffe zielten auf staatliche Sicherheitskräfte, jedoch die höchste Zahl an Opfern (218 Tote und 394 Verletzte) gab es bei insgesamt 24 Terrorangriffen auf politische Persönlichkeiten. Zivilisten waren das Ziel von 47 (18 %) Angriffen, acht waren Angriffe auf regierungsfreundliche Stammesälteste bzw. Mitglieder der Friedenskommittees und sieben hatten Mitglieder der schiitischen Gemeinschaft zum Ziel (PIPS 7.1.2019 S 17f). Im Vergleich zu 2017 gab es im Jahr 2018 29 Prozent weniger terroristische Angriffe, bei denen um 27 Prozent weniger Todesopfer und um 40 Prozent weniger Verletzte zu beklagen waren (PIPS 7.1.2019).
Tehreek-e-Taliban Pakistan (TTP) und ihre Splittergruppen, insbesondere Jamaatul Ahrar und Hizbul Ahrar, bzw. Gruppen mit ähnlichen Zielen wie lokale Talibanfraktionen, Lashkar-e-Islam und Islamischer Staat führten 2018 171 terroristische Angriffe mit 449 Toten und 769 Verletzten durch. Nationalistische Gruppierungen, vorwiegend belutschische, führten 80 terroristische Angriffe mit 96 Toten und 216 Verletzten durch. Elf terroristische Angriffe mit 50 Toten und 45 Verletzten waren konfessionell motiviert (PIPS 7.1.2019).
Das Pakistan Institute for Peace Studies (PIPS) registrierte für die Jahre 2017, 2018 bzw. das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) für gesamt Pakistan sowie die unterschiedlichen Provinzen bzw. Gebiete nachfolgende Zahlen an terroristischen Anschlägen und Todesopfern (Quellenangabe siehe Tabelle; Darstellung BFA Staatendokumentation):
Insgesamt gab es im Jahr 2018 in Pakistan, inklusive der oben genannten terroristischen Anschläge, 497 Vorfälle von für die Sicherheitslage relevanter Gewalt (2017: 713; -30 %), darunter 31 operative Schläge der Sicherheitskräfte (2017: 75), 22 Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Aufständischen (2017: 68), 131 Auseinandersetzungen an den Grenzen mit Indien, Afghanistan und Iran (2017: 171) und 22 Vorfälle von ethnischer oder politischer Gewalt (2017: vier) (PIPS 7.1.2019 S 19f; Zahlen für 2017: PIPS 7.1.2018 S 20). Die Zahl der bei diesen Vorfällen getöteten Personen sank um 46 % auf 869 von 1.611 im Jahr 2017, die Zahl der verletzten Personen sank im selben Zeitraum um 31 % von 2.212 auf 1.516 (PIPS 7.1.2019 S 20).
Im Februar 2019 eskalierten die Spannungen zwischen Indien und Pakistan im lang anhaltenden Kaschmir-Konflikt (Time 28.2.2019; vgl. UKFCO 7.3.2019). Der indische Luftangriff vom 26.2., bei dem laut pakistanischen Angaben keine Menschen zu Schaden kamen (Time 28.2.2019) in Balakot, Provinz Khyber Pakhtunkhwa, war seit 1971 der erste Angriff Indiens auf pakistanisches Gebiet außerhalb Kaschmirs (Spiegel 2.3.2019). Am 27.2. wurde ein indisches Kampfflugzeug in pakistanischem Luftraum abgeschossen (Time 28.2.2019). Es kommt zu wiederholten Grenzverletzungen und Militäraktionen zwischen Pakistan und Indien (BMEIA 27.3.2019). Durch Schusswechsel über die Demarkationslinie hinweg werden auf beiden Seiten immer wieder Soldaten und Zivilisten verletzt oder getötet (Standard 2.4.2019; vgl. Presse 2.3.2019, Reuters 3.3.2019). Siehe dazu auch Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..
Nach dem Angriff auf die Militärschule in Peschawar im Dezember 2014 wurde der National Action Plan (NAP) gegen Terrorismus in Kraft gesetzt. Die 20 Punkte des Plans umfassen Maßnahmen sowohl gegen Terrorismus als auch gegen Extremismus. Gemäß Einschätzung von PIPS wurden in den vier Jahren, die der Plan nun in Kraft ist, zufriedenstellende Fortschritte im Bereich der Terrorismusbekämpfung erzielt. Die Fortschritte im Bereich der Extremismusbekämpfung werden als nicht zufriedenstellend angesehen (PIPS 7.1.2019 S 89ff).
Die Regierung unterhält Deradikalisierungszentren, die „korrigierende religiöse Bildung“, Berufsausbildung, Beratung und Therapie anbieten. Weithin gelobt ist das Sabaoon Rehabilitation Center einer NGO im Swat-Tal, das gemeinsam mit dem Militär gegründet wurde und sich an jugendliche ehemalige Extremisten richtet (USDOS 19.9.2018).
Trotz gesetzlicher Regelungen gegen die Finanzierung von Terrorismus, die internationalen Standards entsprechen, werden Gruppen wie Lashkar-e Tayyiba nicht effektiv daran gehindert, in Pakistan Spenden zu lukrieren oder auf ihre finanziellen Mittel zuzugreifen. Auch gibt es Lücken in der Umsetzung der Sanktionen des UN-Sicherheitsrates gegen Al-Qaeda und den Islamischen Staat (USDOS 19.9.2018).
Quellen:
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? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019
? BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres der Republik Österreich (27.3.2019): Reiseinformation Pakistan, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/pakistan/, Zugriff 3.4.2019
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? Dawn (29.5.2018): Fata’s historic transition, https://www.dawn.com/news/1410706/fatas-historic-transition, Zugriff 19.3.2019
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Punjab und Islamabad
Die Bevölkerung der Provinz Punjab beträgt laut Zensus 2017 110 Millionen. In der Provinzhauptstadt Lahore leben 11,1 Millionen Einwohner (PBS 2017d). Islamabad, die Hauptstadt Pakistans, ist verwaltungstechnisch nicht Teil der Provinz Punjab, sondern ein Territorium unter Bundesverwaltung (ICTA o.D.). Die Bevölkerung des Hauptstadtterritoriums beträgt laut Zensus 2017 ca. zwei Millionen Menschen (PBS 2017d).
Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Die Sicherheitslage im Punjab gilt als gut (SAV 29.6.2018). Mehrere militante Gruppierungen, die in der Lage sind, Anschläge auszuüben, sind im Punjab aktiv (EASO 10.2018 S 63-64; vgl. SAV 29.6.2018). In großen Städten wie Lahore und Islamabad-Rawalpindi gibt es gelegentlich Anschläge mit einer hohen Zahl von Opfern, durchgeführt von Gruppen wie den Tehreek-i-Taliban Pakistan (TTP), Al Qaeda oder deren Verbündeten (ACLED 7.2.2017); beispielsweise wurden bei einem Bombenanschlag durch die TTP-Splittergruppe Hizbul-Ahrar auf Polizeieinheiten vor einem Sufi-Schrein in Lahore am 8.5.2019 zehn Personen getötet. (Guardian 8.5.2019; vgl. Reuters 8.5.2019). Der Südpunjab gilt als die Region, in der die militanten Netzwerke und Extremisten am stärksten präsent sind (EASO 10.2018 S 63-64).
Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen und für den Punjab zwei terroristische Angriffe mit zwei Toten (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet. Im Punjab gab es vier terroristische Anschläge mit 20 Todesopfern. Zwei davon waren Selbstmordsprengangriffe durch die pakistanischen Taliban (PIPS 7.1.2019 S 49). Im Jahr 2017 kamen im Punjab bei 14 Anschlägen 61 Personen ums Leben, davon fanden sechs Vorfälle mit 54 Toten in Lahore statt. Das Hauptstadtterritorium verzeichnete drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018).
Quellen:
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? EASO – European Asylum Support Office (10.2018): EASO Informationsbericht über das Herkunftsland Pakistan – Sicherheitslage, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/Plib/EASO_Pakistan_SecuritySituation_October2018_DE.pdf, Zugriff 12.3.2019
? Guardian, the (8.5.2019): Pakistan: 10 dead after blast near Sufi shrine in Lahore, https://www.theguardian.com/world/2019/may/08/pakistan-dead-blast-near-major-sufi-shrine-lahore, Zugriff 15.5.2019
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? PBS – Pakistan Bureau of Statistics (2017d): PROVINCE WISE PROVISIONAL RESULTS OF CENSUS – 2017, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files/PAKISTAN%20TEHSIL%20WISE%20FOR%20WEB%20CENSUS_2017.pdf, Zugriff 26.3.2019
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? PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.3.2019): Pakistan Monthly Security Report: February 2019, https://pakpips.com/app/reports/453, Zugriff 2.4.2019
? Reuters (8.5.2019): Militant bomb near Sufi shrine kills 10 in Pakistan's Lahore, https://www.reuters.com/article/us-pakistan-blast/militant-bomb-near-sufi-shrine-kills-10-in-pakistans-lahore-idUSKCN1SE0C2, Zugriff 15.5.2019
? SAV – South Asian Voices (29.6.2018): What the Case of Punjab Says about Pakistan’s Counterterrorism Policy, https://southasianvoices.org/pakistan-counterterrorism-punjab/, Zugriff 23.4.2019
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert: Grundrechte, Schutz der körperlichen Unversehrtheit und Selbstbestimmung, Schutz vor willkürlicher Verhaftung, des persönlichen Ansehens sowie das Recht auf Freiheit und Eigentum, Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz; Verbot willkürlicher Verhaftungen und Tötungen ohne gesetzliche Grundlage (die Todesstrafe ist in Pakistan nach wie vor nicht abgeschafft) (AA 21.8.2018).
Allerdings weichen der Anspruch der Verfassung und die gesellschaftliche Realität voneinander ab. Die nachhaltige Entwicklung einer liberalen Demokratie mit effektivem Rechtsstaat und Schutz der Menschenrechte wird weiterhin behindert durch Extremismus/Islamismus, Korruption, die starke Stellung des Militärs, den Einfluss von Feudal/Stammes-Strukturen in Politik und Gesellschaft, sowie ein in Pakistan oft geleugnetes, aber weiterhin wirksames, durch religiöse Intoleranz angereichertes Kastenwesen. Korruption ist weit verbreitet. Die pakistanischen Gerichte sind überlastet. Die Judikative ist nicht in der Lage, Menschenrechte besser zu schützen (AA 5.3.2019).
Die Menschenrechtslage in Pakistan bleibt kritisch. Grundsätzlich bekennt sich die pakistanische Regierung zu den Menschenrechten. In vielen Fällen fehlt ihr jedoch der politische Wille, Menschenrechtsverletzungen vorzubeugen, sie aufzuklären und Rechtsbrecher zur Verantwortung zu ziehen. Die Schwäche der staatlichen Institutionen, nicht zuletzt im Bereich der Justiz, führt in vielen Fällen dazu, dass dem Recht keine Geltung verschafft wird. Bei der Bekämpfung von Terrorismus und Militanz werden Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen. Führenden Politikern fehlt vielfach das Grundverständnis für die Relevanz menschenrechtlicher und anderer völkerrechtlicher Normen, zu deren Einhaltung sich Pakistan verpflichtet hat (AA 21.8.2018).
Die größten Probleme im Bereich Menschenrechte sind u.a. extralegale und gezielte Tötungen, erzwungenes Verschwindenlassen, Folter, willkürliche und überlange Untersuchungshaft, willkürliche und ungesetzliche Verletzung der Privatsphäre, Zensur, Blockieren von Webseiten, willkürliche Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Journalisten, schwere Schikanen und Einschüchterungen und medienwirksame Angriffe gegen Journalisten und Medienherausgeber, staatliche Einschränkungen der Vereinigungsfreiheit inklusive übermäßig restriktive Gesetze gegen internationale NGOs, Einschränkungen der Religionsfreiheit und Diskriminierung religiöser Minderheiten, Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Korruption in den Behörden, Rekrutierungen und Einsatz von Kindersoldaten durch nichtstaatliche militante Gruppen, fehlende Ermittlungen und Rechenschaftspflicht in Fällen von Vergewaltigung, sexueller Belästigung, sogenannter Ehrverbrechen, weiblicher Genitalverstümmelung und Gewaltverbrechen aufgrund von Geschlecht, Genderidentität und sexueller Orientierung, gesetzliches Verbot gleichgeschlechtlicher Handlungen, Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft, transnationaler Menschenhandel und die schlimmsten Formen von Kinderarbeit (USDOS 13.3.2019). Wegen fehlender Rechenschaftspflicht der Regierung bleiben Vergehen oft ungeahndet, was zu einer Kultur der Straflosigkeit der Täter führt, unabhängig davon, ob es sich um staatliche oder nicht-staatliche Täter handelt. Die Behörden bestrafen Beamte nur selten für Verstöße gegen die Menschenrechte (USDOS 13.3.2019; vgl. HRW 17.1.2019, AI 21.2.2018).
Gemäß Angaben der vom Innenministerium eingesetzten Kommission zur Ermittlung erzwungenen Verschwindens (COIOED) wurden im Zeitraum 2011 bis 31.1.2019 COIOED 5.777 Fälle zur Kenntnis gebracht und davon 3.599 Fälle abgeschlossen; 2.178 Fälle sind noch offen (COIOED 1.2.2019). Im Jahr 2018 wurden von COIOED 1.098 neue Fälle registriert und 671 Fälle abgeschlossen; 2017 wurden 868 neue Fälle aufgenommen und 555 Fälle abgeschlossen (COIOED 23.2.2019).
Extralegale Tötungen kommen vor allem in Form der sogenannten „police encounters“ vor, d.h. bei Zusammenstößen zwischen mutmaßlichen Straftätern, Militanten oder Terroristen und der Polizei oder paramilitärischen Sicherheitskräften, die mit dem Tod des mutmaßlich Straffälligen enden. Laut der NGO „Human Rights Commission of Pakistan“ kamen 2017 landesweit hunderte Personen bei „police encounters“ ums Leben. In der Regel werden diese Fälle nicht gerichtlich untersucht (AA 21.8.2018). Im Jänner 2019 wurde im Punjab vier Personen, darunter Eltern und ihre Tochter, von der Polizei erschossen. Gemäß offiziellen Angaben waren die Toten Mitglieder des Islamischen Staates, Zeugenaussagen und Amateurvideos geben jedoch an, dass die Familie, die mit dem Auto unterwegs war, grundlos beschossen wurde. Nachdem die Videos veröffentlicht wurden, ordnete der Provinzminister eine Untersuchung, sowie die Verhaftung aller am Ereignis beteiligten Beamten an (Dawn 20.1.2019).
In zahlreichen Fällen bleiben Strafgefangene über viele Jahre hinweg widerrechtlich inhaftiert, obwohl ihre Haftstrafe bereits verbüßt ist. Ein häufiger Grund ist, dass die Strafgefangenen oder ihre Familienangehörigen nicht die notwendigen Mittel aufbringen können, die gleichzeitig mit der Haftstrafe verhängte Geldbuße nach Ablauf der Haftzeit zu begleichen. Ein anderer Grund ist, dass Gerichtsurteile nicht konsequent umgesetzt werden. Andere Personen werden, ohne dass gegen sie eine Haftstrafe verhängt wurde, nur deshalb in Haft genommen, weil sie nicht in der Lage sind, gegen sie verhängte Bußgelder zu begleichen (AA 21.8.2018).
Willkürliche Festnahmen kommen insbesondere aufgrund der weit verbreiteten Korruption innerhalb der Polizei vor. Selbst bei offensichtlich unbegründeten Beschuldigungen kann eine lange Inhaftierung erfolgen, ohne dass es dabei zu einer Haftprüfung kommt. Beispiel hierfür sind Blasphemiefälle. Auch die Sicherheitsdienste greifen in Fällen mit terroristischem Hintergrund oder in Fällen von Landesverrat auf willkürlichen und rechtswidrigen Gewahrsam zurück (AA 21.8.2018).
Der Senat und die ständigen Komitees der Nationalversammlung zu Recht, Justiz, Minderheiten und Menschenrechten halten Anhörungen zu einer breiten Reihe von Problemen mit Bezug auf die Menschenrechte ab. Per Gesetz von 2012 wurde 2015 die Nationale Kommission für Menschenrechte als unabhängiges Komitee eingerichtet. Im November 2015 wurde wieder ein unabhängiges Ministerium für Menschenrechte eingerichtet (USDOS 13.3.2019).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (5.3.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan--innenpolitik/205010, Zugriff 12.3.2019
? AI - Amnesty International (21.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Pakistan, https://www.amnesty.org/en/countries/asia-and-the-pacific/pakistan/report-pakistan/, Zugriff 4.4.2018
? COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (1.2.2019): Monthly Progress on Cases of Alleged Enforced Disappearances – January 2019, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/20190101SUBMISSION-OF-MONTHLY-SUMMARY-JANUARY-2019.doc, Zugriff 12.3.2019
? COIOED – Commission of Inquiry on Enforced Disappearances (23.2.2019): Month Wise Receipt/Disposal of Cases by COIOED, http://coioed.pk/wp-content/uploads/2019/02/MONTH-WISE-RECEIPT-DISPOSAL-OF-CASES-BY-COIOED-2nd.doc, Zugriff 12.3.2019
? Dawn (20.1.2019): Outrage over family’s killing by Punjab police, https://www.dawn.com/news/1458676/outrage-over-familys-killing-by-punjab-police, Zugriff 12.3.2019
? HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002256.html, Zugriff 12.3.2019
? USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019
Religionsfreiheit
Laut Volkszählung 2017 sind 96,28 % der ca. 207 Millionen Einwohner Pakistans muslimisch, 1,59 % Christen, 1,6 % Hindus, 0,22 % Ahmadi, 0,25 % gelistete Kasten („scheduled castes“) und 0,07 % gehören einer anderen Religion an (PBS 2017b). CIA World Factbook gibt an, dass von den Muslimen ca. 85-90 % Sunniten und 10-15 % Schiiten sind (CIA 5.2.2019); USDOS geht anhand der Volkszählung 1998 davon aus, dass 75 % der muslimischen Bevölkerung offiziell als Sunniten und 25 % als Schiiten geführt werden. Weitere Religionsgemeinschaften sind Zoroastrier, Bahai, Sikh, Buddhisten, und kleinere Gruppen wie Kalasha, Kihal und Jainisten. Minderheitenvertreter schätzen die Anhängerzahl der religiösen Minderheiten auf 6-10 Millionen Menschen (USDOS 29.5.2018).
Artikel 227 der Verfassung besagt, dass alle Gesetze mit den Regeln des Islam konform sein müssen, wobei der Artikel auch Schutz der Rechte von Nicht-Muslimen vorsieht (Pakistan Constitution 1973/2016; vgl. USDOS 29.5.2018). Die Verfassung verbietet Diskriminierung in religiösen Bereichen (USDOS 29.5.2018). Am 28.11.2018 wurde Pakistan vom US-Amerikanischen Außenministerium in Bezug auf Religionsfreiheit als besonders besorgniserregendes Land („Country of Particular Concern under the International Religious Freedom Act of 1998“) eingestuft, da systematische, ständige und schwerwiegende Verletzungen der Religionsfreiheit von staatlicher Seite durchgeführt oder toleriert werden (USDOS 11.12.2018).
Vertreter der Minderheiten berichten, dass die Regierung bei der Sicherung der Rechte der Minderheiten auf Bundes- und Provinzebene inkonsequent sei und dass die Maßnahmen der Regierung zur Unterbindung von Zwangskonvertierungen religiöser Minderheiten zum Islam unzureichend seien (USDOS 29.5.2018).
Die Lage der religiösen Minderheiten - vor allem Christen und Hindus sowie der Ahmadis, die vom pakistanischen Staat nicht als Muslime anerkannt werden -, ist weiterhin schwierig. Viele sind Zwangsarbeit ausgesetzt und leben in Schuldknechtschaft. Eine Bedrohung geht von militanten Organisationen vor allem gegen Schiiten, Ahmadis und Christen, aber auch gegen gemäßigte Sunniten und Muslime, die nicht einer konservativen Islam-Auslegung folgen, wie die Sufis, aus (AA 1.2.2019). Das Antreten von extremistischen religiösen Parteien im Wahlkampf 2018 führte zu vermehrten Bedrohungen und verhetzender Sprache gegenüber religiösen Minderheiten (USCIRF 4.2019). [Anmerkung: Für eine detaillierte Lagebeschreibung der unterschiedlichen religiösen Gruppen siehe die Abschnitte Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden., Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.]
Laut PIPS wurden im Jahr 2018 bei insgesamt 16 religiös oder konfessionell motivierten Terroranschlägen 59 Menschen getötet (PIPS 1.2019 S 53, 59); im Jahr 2017 gab es 26 religiös oder konfessionell motivierte Terroranschläge mit insgesamt 87 Toten (PIPS 7.1.2018 S 60, 68).
Gemäß Menschenrechtsaktivisten haben weder Bundes- noch Provinzbehörden substanzielle Fortschritte bei der Umsetzung der Entscheidung des Obersten Gerichtes von 2014 gemacht, die die Regierung dazu verpflichtet, religiöse Minderheiten zu schützen (USDOS 29.5.2018). Gerichte und Polizei versagen oft darin, religiöse Minderheiten zu schützen. NGOs kritisieren die Behörden, dass die Polizei Angriffe auf Mitglieder der religiösen Minderheiten nicht erfolgreich verhindert bzw. erfolglos bei der Verhaftung der Täter ist. Es gibt allerdings Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und einzelne Beispiele, wo lokale Behörden unter großem persönlichen Risiko Minderheitenangehörige vor Diskriminierung und Mob-Gewalt schützen (USDOS 13.3.2019). Es gibt auch Berichte über Angriffe auf religiöse Plätze, Friedhöfe und religiöse Symbole der religiösen Minderheiten, die nicht von der Polizei unterbunden werden konnten (USDOS 29.5.2018).
Die umstrittene Blasphemie-Gesetzgebung sieht für Gotteslästerung die Todesstrafe vor, die allerdings im Zusammenhang mit diesem Delikt noch nie vollstreckt wurde (AA 21.8.2018). Die Blasphemiegesetze werden diskriminierend gegen Christen, Ahmadis, Schiiten und andere Mitglieder religiöser Minderheiten angewendet (USDOS 13.3.2019) und gemäß Interessenvertretungen sind Mitglieder religiöser Minderheiten überproportional von der Anwendung der Blasphemiegesetze betroffen (USDOS 29.5.2018). [Anmerkung: Für mehr Informationen zur Blasphemiegesetzgebung siehe Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.]
Grundsätzlich hat jede Person die Freiheit, ihre Religion selbst zu bestimmen. Artikel 20 der Verfassung von 1973 garantiert die freie Religionsausübung. Die Rechtsordnung schränkt die Freiheit, die Religion zu wechseln, nicht ein. Für Apostasie – Abfall vom Islam – gibt es in Pakistan keine strafrechtliche Bestimmung. Die Gesellschaft akzeptiert Apostasie aber in keiner Weise [vgl. dazu Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.] (AA 21.8.2018).
Per Gesetz ist es Madrassen verboten, interkonfessionellen oder interreligiösen Hass oder Gewalt zu propagieren. Es wurde gesetzlich vorgeschrieben, dass sich Madrassen in einem von fünf Verbänden oder direkt bei der Regierung registrieren lassen und ihre Finanzierung nachweisen müssen. Anführer der Zivilgesellschaft sagen, dass die Lehre religiöser Intoleranz weiterhin weit verbreitet ist. Es gibt Berichte, dass einzelne Madrassen Gewalt oder extremistische Inhalte lehren. Der nationale Aktionsplan gegen Terror sieht explizit die Bekämpfung von Hassreden vor. Einige Fälle wurden strafrechtlich verfolgt. Auch wurde die Bewegungs- und Redefreiheit von Klerikern eingeschränkt, denen vorgeworfen wird, religiösen Hass zu verbreiten (USDOS 29.5.2018).
Laut Vertretern der Minderheitsreligionsgemeinschaften hindert die Regierung organisierte religiöse Gruppen prinzipiell nicht daran, Gebetsstätten zu errichten und ihre Geistlichen auszubilden, jedoch verweigern lokale Behörden Ahmadis regelmäßig notwendige Baubewilligungen. Die Religionszugehörigkeit wird in Pässen angegeben und bei einem Antrag auf eine Identitätskarte wird danach gefragt (USDOS 29.5.2018).
Ehen, die gegen die Vorgaben des Islam geschlossen werden, werden nicht anerkannt. So wäre z.B. eine Heirat einer muslimischen Frau mit einem nicht-muslimischen Mann nicht gültig, der umgekehrte Fall dagegen schon. Im Allgemeinen gibt es in Pakistan keine dem österreichischen Rechtssystem vergleichbare zivile Ehe: Muslime heiraten nach islamischem Recht und lassen ihre Ehe in der Folge vor staatlichen Stellen registrieren; für andere Religionsangehörige gelten wiederum eigene Regelungen (ÖB 10.2018).
Von den 342 Sitzen im Parlament sind zehn für Angehörige religiöser Minderheiten reserviert (NAP 25.2.2019; vgl. USDOS 29.5.2018). Im Senat sind vier der 104 Sitze für religiöse Minderheiten reserviert – je einer für jede Provinz (USDOS 29.5.2018). Reservierte Sitze für religiöse Minderheiten bestehen auch in den Provinzversammlungen; vier in Khyber Pakhtunkhwa, acht im Punjab, neun im Sindh und drei in Belutschistan (Pakistan Constitution §106). Die gewählten Parteien und nicht die Minderheitenversammlungen bestimmen die Minderheitenvertreter (USDOS 29.5.2018). In den lokalen Regierungen ist ein Minimum von einem Sitz pro Zila (Distrikt) und pro Tehsil (~Bezirk) vorgesehen, in Belutschistan mindestens zwei (BFA 10.2014 S 75).
Im Rahmen der Umsetzung der 18. Verfassungsänderung wurden in allen Provinzen Ministerien zur Wahrung der Rechte der Minderheiten eingerichtet (AA 21.8.2018). Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten und interkonfessionelle Harmonie organisiert die Teilnahme am Hajj und anderen islamischen Pilgerfahrten. Das Budget des Ministeriums deckt auch finanzielle Hilfen für autochthone Minderheiten ab; darunter die Renovierung von Glaubensstätten, kleine Entwicklungsprojekte, Stipendien und die Durchführung religiöser Feiertage (USDOS 29.5.2018).
Die meisten Minderheitengruppen berichten von Diskriminierungen bei Anstellungen in der öffentlichen Verwaltung und bei der Aufnahme an Hochschulen. Im staatlichen Bereich gilt auf nationaler Ebene eine 5-Prozent-Quote für Minderheiten. Diese wird allerdings nach Aussage von Minderheitenvertretern nicht durchgesetzt. Vertreter religiöser Minderheiten berichten von einer „Gläsernen Decke“, die verhindert, dass Nicht-Muslime in höhere Positionen im öffentlichen Dienst befördert würden. Auch im Militärdienst gibt es zwar keine offiziellen Hinderungsgründe, jedoch würden Angehörige von religiösen Minderheiten nur selten in Dienstgrade höher als Colonel [Oberst] aufsteigen (USDOS 29.5.2018; vgl. AA 21.8.2018).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan—innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019
? BBC News (12.7.2017): Pakistan’s secret atheists, https://www.bbc.com/news/magazine-40580196, Zugriff 25.2.2019
? BFA – Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (10.2014): Pakistan – Challenges and Perspectives, https://www.ecoi.net/en/file/local/1095862/1729_1413272641_pakistan.pdf, Zugriff 25.2.2019
? CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 21.2.2019
? NAP – National Assembly of Pakistan (25.2.2019): Composition, http://www.na.gov.pk/en/composition.php, Zugriff 25.2.2019
? ÖB – Österreichische Botschaft Islamabad (10.2018): Asylländerbericht Pakistan [Arbeitsversion]
? Pakistan Constitution (1973, amend. 2016): Constitution of the Islamic Republic of Pakistan (1973) As Amended by The Constitution Twenty Second Amendment Act, 2016 Article: 227 Provisions relating to the Holy Quran and Sunnah, https://pakistanconstitutionlaw.com/article-227-provisions-relating-to-the-holy-quran-and-sunnah/, Zugriff 25.2.2019
? Pakistan Constitution (o.D.): 106. Constitution of Provincial Assemblies, http://www.pakistani.org/pakistan/constitution/part4.ch2.html, Zugriff 25.2.2019
? PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017b): Population by Religion, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION%20BY%20RELIGION.pdf, Zugriff 25.2.2019
? PIPS - Pakistan Institute for Peace Studies (7.1.2018): Pakistan Security Report 2017, https://pakpips.com/app/reports/wp-content/uploads/2018/03/sr2017.pdf, Zugriff 8.4.2019
? PIPS – Pak Institute for Peace Studies (7.1.2019): Pakistan Security Report 2018, https://pakpips.com/app/reports/396, Zugriff 8.1.2019
? UNHCR – United Nations High Commissioner for Refugees (1.2017): Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Members of Religious Minorities from Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/1407844/90_1490341007_2017-01-unhcr-pakistan-religious-minorities.pdf, Zugriff 25.2.2019
? USCIRF - United States Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 1 Countries (Recommended for CPC Designation): Pakistan, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008197/Tier1_PAKISTAN_2019.pdf, Zugriff 15.5.2019
? USDOS - US Department of State (11.12.2018): Religious Freedom Designations – Press Statement, https://www.state.gov/secretary/remarks/2018/12/288006.htm, Zugriff 25.2.2019
? USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 International Religious Freedom Report – Pakistan, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436800.html, Zugriff 25.2.2019
? USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019
Christen
Laut Ergebnis der pakistanischen Volkszählung 2017 sind 1,59 % der ca. 207 Millionen Einwohner Christen [Anm.: ca. 3,3 Millionen]. Der Anteil der Christen an der Gesamtbevölkerung ist in Punjab (2,31 %) und in Islamabad (4,07 %) am höchsten (PBS 2017b). Etwa 60 % von ihnen sind Katholiken und 40 % gehören protestantische Konfessionen an (AA 21.8.2018). Etwa 90 % der Christen leben im Punjab, davon ca. zwei Millionen im Raum Lahore-Faisalabad und eine halbe Million im übrigen Punjab. Große christliche Gemeinden gibt es u.A. auch in Karatschi (UKHO 9.2018).
Es gibt keine speziellen Gesetze, die Christen diskriminieren (UKHO 9.2018). Im Unterschied zu den Ahmadis sind Christen in der Regel frei in der öffentlichen Ausübung ihres Glaubens, insoweit aber verwundbarer, als sie fast ausschließlich der wirtschaftlichen Unterschicht angehören. Es gibt so gut wie keine christliche Mittelschicht, dafür eine breite Unterschicht, die sich mit Gelegenheitsarbeiten durchschlägt. Viele Christen und Angehörige anderer Minderheiten leben in ausbeuterischen und schuldknechtschaftlichen Arbeitsverhältnissen. Auf dem Lande befindet sich die Mehrzahl der Christen als einfache Pächter in einem Abhängigkeitsverhältnis zu Großgrundbesitzern; kleine Landbesitzer leben häufig in rein oder überwiegend christlichen Siedlungen. Während die Mehrzahl der pakistanischen Christen aus der Armut nicht herauskommt, versucht die kleine christliche Oberschicht vielfach, das Land zu verlassen (AA 21.8.2018).
Das Verhältnis zwischen der muslimischen Mehrheit und der christlichen Minderheit ist nicht konfliktfrei. Diskriminierung im wirtschaftlichen Bereich, im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt ist verbreitet (AA 21.8.2018). Christen aus unteren sozioökonomischen Schichten sind größerer Diskriminierung ausgesetzt als jene aus höheren (UKHO 9.2018).
Es gibt regelmäßig Berichte, dass christliche Frauen und Mädchen, meist im Alter zwischen 12 und 25, Opfer von Entführungen, Zwangskonvertierungen zum Islam und Zwangsverheiratungen mit muslimischen Männern werden (UKHO 9.2018). Die christliche NGO Open Doors schätzt, dass jährlich ca. 700 christliche Mädchen und Frauen entführt, oft auch vergewaltigt, mit muslimischen Männern zwangsverheiratet und zum Islam zwangskonvertiert werden (OD 11.2018).
Religiöse Minderheiten sind durch den Missbrauch der Blasphemie-Gesetze überproportional betroffen. Anzeigen wegen Blasphemie durch nicht-staatliche Akteure gegen Christen sind häufig motiviert durch persönliche oder geschäftliche Streitigkeiten, Streitigkeiten um Besitz oder Grund; auch bestimmte politische Ereignisse können Anlass für eine Anzeige sein (UKHO 9.2018). Im Oktober 2018 wurde die Christin Asia Bibi, die 2010 wegen Blasphemie zum Tode verurteilt wurde, vom Obersten Gericht freigesprochen. In Folge des Freispruches kam es zu landesweiten Protesten (USDOS 13.3.2019). Für weiterführende Informationen zum Blasphemiegesetz siehe Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden..
Auch infolge zunehmender radikalislamischer Strömungen besteht ein wachsender Druck auf christliche Gemeinden. Christen werden immer wieder Opfer radikalislamischer Gewalt (AA 21.8.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Im Jahr 2018 kam es insgesamt zu zwei terroristischen Anschlägen auf Christen, bei denen sechs Menschen ums Leben kamen. Beide Anschläge fanden im April in Quetta statt und wurden vom Islamischen Staat begangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018).
Die Polizei versagt oft darin, Mitglieder der religiösen Minderheiten, u.a. Christen, vor Angriffen zu schützen aber es gibt auch Verbesserungen in der Professionalität der Polizei und Beispiele, dass lokale Behörden Minderheitenangehörige auch unter großem persönlichen Risiko vor Diskriminierung und Gewalt schützen konnten (USDOS 13.3.2019). Zu speziellen Anlässen wie Versammlungen und Prozessionen werden seit 2013 von der Polizei präventive Schutzmaßnahmen ergriffen, was das Risiko von Gewalt zwar nicht eliminiert, aber reduziert hat. Die Polizei schützt auch christliche Enklaven in den Großstädten. Insgesamt erscheint der Staat sowohl willig als auch fähig, Christen effektiv zu schützen (UKHO 9.2018).
Quellen:
? AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019
? OD – Open Doors (11.2018): Länderprofil Pakistan - Berichtszeitraum: 1. November 2017 – 31. Oktober 2018, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/pakistan, Zugriff 29.3.2019
? PBS - Pakistan Bureau of Statistics (2017b): Population by Religion, http://www.pbs.gov.pk/sites/default/files//tables/POPULATION%20BY%20RELIGION.pdf, Zugriff 25.2.2019
? UKHO – UK Home Office (9.2018): Country Policy and Information Note Pakistan: Christians and Christian converts, https://www.ecoi.net/en/file/local/1443679/1226_1537341825_pakistan-christians-cpin-v3-0-september-2018.pdf, Zugriff 29.3.2019
? USDOS – US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices for 2018 – Pakistan https://www.state.gov/documents/organization/289500.pdf, Zugriff 14.3.2019
Grundversorgung
Pakistan ist mit ca. 207 Millionen Einwohnern (PBS 2017a) der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Erde. Über die Hälfte der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, der Abhängigenquotient [Bevölkerung bis 14 und ab 65 Jahre / Bevölkerung 15-64 Jahre] liegt bei 65 % (CIA 5.2.2019).
Pakistans Wirtschaft hat wegen einer günstigen geographischen Lage, Ressourcenreichtum, niedrigen Lohnkosten, einer jungen Bevölkerung und einer wachsenden Mittelschicht Wachstumspotenzial. Dieses Potenzial ist jedoch aufgrund jahrzehntelanger Vernachlässigung der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, periodisch wiederkehrender makroökonomischer sowie politischer Instabilität und schwacher institutioneller Kapazitäten nicht ausgeschöpft. Als größte Wachstumshemmnisse gelten Korruption, ineffiziente Bürokratie, ein unsicheres regulatorisches Umfeld, eine trotz Verbesserungen in den letzten Jahren relativ teure bzw. unzureichende Energieversorgung und eine – trotz erheblicher Verbesserung seit 2014 – teils fragile Sicherheitslage (AA 5.3.2019).
Der wichtigste Wirtschaftssektor in Pakistan ist der Dienstleistungssektor (Beitrag zum BIP 59 %; der Sektor umfasst u. a. auch den überproportional großen öffentlichen Verwaltungsapparat). Auch der Industriesektor ist von Bedeutung (Beitrag zum BIP 21 %). Der bei weitem wichtigste Exportsektor ist die Textilbranche. Einen dem Industriesektor vergleichbaren Beitrag zum BIP (20 %) leistet die Landwirtschaft, in der jedoch 42 % der arbeitenden Bevölkerung tätig ist. Etwa 60 % der ländlichen Bevölkerung hängen direkt oder indirekt vom landwirtschaftlichen Sektor ab. Die Provinz Punjab gehört unter anderem bei Getreideanbau und Viehzucht zu den weltweit größten Produzenten (AA 5.3.2019; vgl. GIZ 2.2019a).
Die pakistanische Wirtschaft wächst bereits seit Jahren mit mehr als vier Prozent. Für 2018 gibt der Internationale Währungsfonds (IWF) sogar ein Plus von 5,6 Prozent an. Das Staatsbudget hat sich stabilisiert und die Börse in Karatschi hat in den vergangenen Jahren einen Aufschwung erlebt. Erreicht wurde dies durch einschneidende Reformen, teilweise unterstützt durch den IWF. In der Vergangenheit konnte Pakistan über die Jahrzehnte hinweg jedoch weder ein solides Wachstum halten noch die Wirtschaft entsprechend diversifizieren. Dies kombiniert mit anderen sozioökonomischen und politischen Faktoren führte dazu, dass immer noch etwa ein Drittel der pakistanischen Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt (GIZ 2.2019a).
Die Arbeitslosigkeit in Pakistan liegt Stand 2017 offiziell etwa bei 6 % (CIA 5.2.2019). CIA hält fest, dass die offiziellen Arbeitslosenzahlen die Situation nicht vollständig beschreiben können, da ein großer Teil der Wirtschaft informell und die Unterbeschäftigung hoch ist (CIA 5.2.2019a; vgl. GIZ 2.2019). Kritisch ist vor allem die Situation von jungen erwerbslosen/arbeitslosen Männern zwischen 15 und 30 Jahren. Als Folge dieser hohen Arbeitslosigkeit gepaart mit einer Verknappung natürlicher Ressourcen, vor allem auf dem Land, kommt es zu einer verstärkten Arbeitsmigration nicht nur in die großen Städte, sondern traditionell auch in die Golfstaaten. Rücküberweisungen von Arbeitsmigranten und Gastarbeitern nach Pakistan belaufen sich gegenwärtig auf ca. 5% des BIP (GIZ 2.2019a). Für das Finanzjahr 2019 (Juli 2018 bis Juni 2019) werden Rücküberweisungen von 22 Milliarden US-Dollar erw