TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/19 W161 2230026-1

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Veröffentlicht am 19.05.2020
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Entscheidungsdatum

19.05.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z1
AsylG 2005 §4a
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §61

Spruch

W161 2230026-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , staatenlos, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.03.2020, Zl. 1260859502-200189637, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 4a, 10 Abs. 1 Z 1, 57 AsylG 2005 i.d.g.F., § 9 BFA-VG und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der staatenlose Beschwerdeführer brachte am 16.02.2020 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. Eine EURODAC-Abfrage ergab 2 Treffer der Kategorie 1, und zwar einen Treffer mit Italien vom 27.05.2013 sowie einen Treffer mit Deutschland vom 18.07.2019.

3. Bei der Erstbefragung am 18.02.2020 gab der Beschwerdeführer im Wesentlichen an, er habe eine Thrombose, könne der Einvernahme jedoch ohne Probleme folgen. Er habe seinen Herkunftsstaat Palästina im Jahr 2009 verlassen.

Seine Reiseroute gab der Beschwerdeführer an wie folgt: Palästina – Ägypten (Durchreise) – Frankreich (Aufenthalt vier Tage) – Norwegen (Aufenthalt 2009 bis 2013) – Italien (Aufenthalt ab Mai 2013 ca. ein Jahr) – Norwegen (Aufenthalt ca. 1,5 Jahre) – Italien (Aufenthalt ein Monat) – Deutschland (Aufenthalt 100 Tage) – Italien (Aufenthalt drei Monate) – Österreich. Er habe in Norwegen, Italien, Deutschland und Österreich um Asyl angesucht. Von Deutschland habe er einen negativen Asylbescheid bekommen. In Norwegen habe er eine Arbeitserlaubnis erhalten. In Italien dürfe er fünf Jahre bleiben. Die Italiener hätten nicht gewusst, dass er nach Norwegen ausgereist sei, um dort Papiere zu erhalten. Als er das zweite Mal in Norwegen gewesen wäre, habe er nach 17 Monaten einen negativen Asylbescheid bekommen, weshalb er aus Norwegen ausgereist wäre. In Deutschland habe er einen negativen Bescheid bekommen, weshalb er zurück nach Italien gereist wäre. In Italien habe er eine Thrombose bekommen und niemand hätte ihm helfen wollen. Er sei in Italien ärztlich behandelt worden, jedoch habe alles so lang gedauert. Es sei therapiert worden und habe Medikamente erhalten, jedoch nicht zu seiner Zufriedenheit. Er hätte eine Behandlung in Italien bekommen wollen, jedoch wären immer mehrere Probleme aufgetaucht. Er habe Probleme mit der Atmung bekommen, aber im Krankenhaus hätte ihm niemand helfen wollen. Als Fluchtgrund nannte er die Regierung in Palästina. Er habe dort nicht bleiben können.

4. Mit Schreiben vom 21.02.2020 richtete das BFA ein Wiederaufnahmeersuchen nach Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin-III-VO an Italien.

Mit Schreiben vom 26.02.2020 teilten die italienischen Dublinbehörden mit, dass die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers von Italien nicht akzeptiert werden könne. Dem Beschwerdeführer sei in Italien internationaler Schutz gewährt worden und eine Aufenthaltsbewilligung für Asylberechtigte, gültig bis 24.02.2024, ausgestellt worden.

5. Bei der niederschriftlichen Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA, EAST West am 02.03.2020, gab der Beschwerdeführer an, er fühle sich physisch und psychisch in der Lage, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe bisher im Verfahren der Wahrheit entsprechende Angaben getätigt. Auf die Frage, wie es ihm gesundheitlich gehe, gab der Beschwerdeführer an:

„VP: Nicht gut. Ich bin zurzeit in Behandlung, es ist gefährlich, weil der Arzt sagte, dass sich eventuell ein Blutgerinnsel in Richtung Lunge bewegen könnte. Ich habe sehr oft Atemnot, mit Kopfschmerzen und gerate in Panik, weil ich weiß, dass das eine neue Thrombose sein könnte.

LA: Haben Sie med. Unterlagen?

AW legt eine Bestätigung XXXX vor (nicht zum Akt).

VP: Das ist eine Bestätigung, dort war ich zwei Tage stationiert, dann wurde ich entlassen, weil ich nicht rechtmäßig aufhältig war.

AW legt weitere med. Unterlagen auf Deutsch und italienisch vor (in Kopie zum Akt)

VP: Ich habe in Italien nicht die notwendige med. Behandlung bekommen, weil man mich auf der Straße ausgesetzt hat, ich habe am 22.12.2019…

Ich habe von 2013 bis 2019 ein Permesso erhalten, aber keine Unterkunft und keine med. Versorgung, deshalb ging ich nach Norwegen…

AW wird ersucht beim Gesundheitszustand zu bleiben.

LA: Welche med. Behandlung benötigen Sie?

VP: Im Jahr 2013 reiste ich nach Italien ein und hatte einen Abszess in der Axel. Ich habe vier Jahre Schmerzen gehabt und es wurde nicht operiert. Erst im Jahr 2018 wurde es in Norwegen operativ entfernt. Ich habe in Norwegen eine Ablehnung bekommen und bin nach Italien zurückgekehrt um meine Papiere zu erneuern.

Die norwegische Regierung wusste nicht, dass ich italienische Papiere hatte.

In diesen elf Jahren habe ich meine Familienmitglieder nur einmal gesehen…

AW wird neuerlich ersucht beim Gesundheitszustand zu bleiben.

VP: Die Beule hat immer weh getan…

LA: Ich dachte, die wurde entfernt. Bleiben Sie bitte bei den gegenwärtigen Problemen.

VP: Ich habe ca. 17 Tage lang in Italien eine Thrombose gehabt, wurde aber von einem Zahnarzt behandelt, der sich gleichzeitig als Allgemeinmediziner ausgab. Ich war mehrmals bei ihm und sagte, dass der Schmerz vom Knöchelbereich aufwärts wandert. Er sagte, dass das Röntgenbild 40 Euro kostet. Da ich es nicht zahlen konnte, wurde es nicht gemacht.

Ich ging zweimal ins Spital, bekam nur Schmerzmittel, weil man mir als Flüchtling, kein Röntgenbild machen wollte. Ich bekam auch Medikamente für die Muskelentspannung. Dann hat mich die Organisation bei der ich untergebracht war, in ein radiologisches Zentrum überwiesen und sie sagten, dass ich einen Muskelriss hätte. Sie wüssten nicht was die Ursache wäre. Dann haben sie das Röntgengerät auf Thrombose umgestellt und eine Thrombose festgestellt.

Am 01. und am 11.01.2020 war ich bei der Gesundheitsbehörde für Asylwerber und mir wurde das Röntgenbild verweigert. Am 11.01. wurde ich mit der Rettung in ein Spital gebracht und die Ärzte gaben mir präventiv etwas gegen Thrombose und verweigerten mir die Überweisung zu einem Gefäßspezialisten.

LA: Sie waren in Österreich auch schon im Krankenhaus?

VP: Ja, in XXXX . Ich wurde mit der Rettung vom XXXX abgeholt, weil ich plötzlich keine Luft mehr bekam. Ich war psychisch belastet und geriet in Panik und hatte zuvor meine Spritze eingenommen.

LA: Wieso wurden Sie aus dem Krankenhaus XXXX entlassen.

LA: Ich war zwei Tage dort und wurde dann entlassen, weil ich nicht versichert war. Das war noch vor der Erstbefragung. Die Polizei blieb drei Stunden bei mir im Krankenhaus. Ich hätte nach Italien rücküberstellt werden sollen.

LA: Nehmen Sie aktuell Medikamente ein.

VP: Ja, für Blutgerinnung, die Tabletten Lexiana.

AW legt einen Therapiepass vor (in Kopie zum Akt)

VP: Im Spital XXXX bekam ich aber Lovenox-Spritzen (80mg), die sollte ich weiter nehmen, weil sie aber pro Stück fast 80 Euro kosten, bekam ich nur die Tabletten, weil ich nicht versichert war.

LA: Seit wann nehmen Sie die Tabletten?

VP: Seit dem 18.02., nachgefragt gebe ich an, dass ich sie nehme seit ich in Österreich bin.

LA: Was haben Sie in Italien wegen der Thrombose eingenommen?

VP: Nach der Diagnose bekam ich Spritzen (40mg), das ist aber nicht richtig. Ich hätte 80mg bekommen sollen, weil es nach dem Körpergewicht geht.

LA: Verfügen Sie über andere Dokumente oder Bescheinigungsmittel?

VP: Ich habe noch zwei Bestätigungen, dass mir das Röntgen in Italien verweigert wurde (in Kopie zum Akt). Ich bekam auch Medikamente wegen der Schilddrüse, ich weiß aber nicht, welche Diagnose ich habe. Es gab auch kein Röntgenbild für die Schilddrüse.

Ich bekam auch die falschen Stützstrümpfe. Nicht gegen Thrombose, sondern die für alte Menschen und musste mir die richtigen selber kaufen. Am 25.01. war ich dann beim Arzt, ich bekam kaum Luft, ich habe stark gehustet, kam auf die Intensivstation, weil ich seit 20 Tagen eine falsche Diagnose und Therapie hatte. Dann sagte man mir, dass die Lungen-Arterien verstopft wären und ich eine Thrombose hätte.

Ich bekam dann täglich mehrere Arixtara-Spritzen.

LA: Können wir uns darauf einigen, dass Sie bezüglich der Thrombose in Italien behandelt wurden?

VP: Nein, sie hatten lange die Behandlung verweigert und dann falsche Diagnosen gemacht.

LA: Aber am Schluss wurden Sie behandelt, oder?

VP: Nein, auch nach der richtigen Diagnose bekam ich nicht die richtige Therapie und wäre fast viermal gestorben. Das war der Grund, warum ich Italien verlassen habe. Ich habe Wirtschaft studiert und habe recherchiert und festgestellt, dass man eine Thrombose anders behandelt.“

Der Beschwerdeführer gab weiters an, sein Onkel mütterlicherseits sei vor zwei Jahren in XXXX verstorben, dessen Kinder und Ehefrau seien österreichische Staatsbürger und würden in XXXX leben. Er habe mit diesen derzeit keinen Kontakt. Den Onkel habe er zuletzt im Jahr 2007 gesehen. Befragt, ob er über ein Aufenthaltsrecht in Italien verfüge, gab der Beschwerdeführer an, er hätte einen Konventionspass gehabt, dieser sei im April 2019 abgelaufen. Über Vorhalt, dass er laut Angaben der italienischen Behörde bis Februar 2024 Asyl in Italien hätte, gab der Beschwerdeführer an, er habe in Norwegen einen Asylantrag gestellt, dieser sei abgelehnt worden, er habe Beschwerde eingereicht, deshalb sei er im europäischen SIS-System gesperrt worden, das sei der Grund gewesen, weshalb ihm die italienischen Behörden kein Dokument mehr ausstellen wollten. Über Vorhalt, dass das mit seinem Aufenthaltsrecht nichts zu tun habe, dieses gelte bis 2024, gab der Beschwerdeführer an:
„Ja, aber ich habe kein Dokument, das ich vorzeigen kann. Die italienischen Behörden, bei denen ich zweimal in Rom war, wollten mit Norwegen nicht kommunizieren, dass ich in Italien diesen Aufenthaltstitel habe, weil die Norweger nicht wussten, dass ich in Italien diesen Aufenthalt habe.“

Er gab in der Folge an, die italienische Polizei habe Norwegen über sein Aufenthaltsrecht in Italien nicht informiert. Er selbst habe das auch nicht gemacht, er habe nicht zurück nach Italien wollen, weil er dort obdachlos gewesen wäre. Befragt, ob er in Österreich, abgesehen von seinem Asylantrag mit der Polizei oder Gerichten zu tun gehabt hätte, gab der Beschwerdeführer an:

„Ich möchte einen Punkt klarstellen: Es gab eine verbale Auseinandersetzung mit einem Polizisten. Der Polizist sagte, dass ich ins Gefängnis komme, er hat mich bei der Jacke gepackt. Ich hatte starke Schmerzen und dann haben zwei ältere Polizisten die Rettung gerufen. …Ich wurde noch nie so behandelt zuvor. Es gab kein Verfahren.“

In der Folge gab der Beschwerdeführer an, er wolle nie zurück nach Italien. Die Flüchtlinge in Italien würden auf den Straßen schlafen und nicht die nötige medizinische Behandlung bekommen. Das habe er selber erlebt, die Flüchtlinge hätten auch keine Rechte. In Italien werde keine Statistik über die Menge der Flüchtlinge im Land geführt. Es gebe einen großen Unterschied zwischen Realität und Theorie. Er möchte noch angeben, er sei 25 Tage lang in einer kalten Unterkunft untergebracht gewesen. Es habe Freiwillige gegeben, die ihm dorthin Essen gebracht hätten. Es sei nicht geheizt gewesen und habe es auch keine Teppiche am Boden gegeben. Es gebe keine Menschenrechte.

In Italien sei ihm die Behandlung mehrmals verweigert worden, weil er Flüchtling sei, sein Bein sei angeschwollen gewesen, er habe viermal die Rettung angerufen, da er aber schlecht Italienisch gesprochen habe, habe man viermal aufgelegt. Er möchte zu seiner Niederschrift noch ergänzen, dass der Polizist in XXXX seine Jacke zerrissen habe. Zu dem Schmerz im Knöchel sei es so gewesen, dass der Arzt gesagt habe, er würde kein Röntgen machen. Er habe dann recherchiert und herausgefunden, dass es 40,-- Euro kosten würde, deshalb sei es vermutlich nicht gemacht worden. Ansonsten habe er keine Einwände gegen die Niederschrift.

Vom Beschwerdeführer wurde vorgelegt ein Entlassungsbrief XXXX über einen stationären Aufenthalt vom 16.02.2020 bis 18.02.2020. Er wurde dort behandelt wegen einer ausgedehnten Thrombose der V. femoralis superficialis rechts. Bei der Entlassung wurde ihm die Einnahme von drei verschiedenen Medikamenten oral empfohlen.

Vom Beschwerdeführer wurden auch medizinische Unterlagen aus Italien vorgelegt.

6. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz gemäß § 4a AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass sich die beschwerdeführende Partei nach Italien zurückzubegeben habe (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der beschwerdeführenden Partei ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchtpunkt II.) sowie die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge die Abschiebung nach Italien gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.).

Dieser Bescheid legt in seiner Begründung insbesondere auch ausführlich die Lage für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte in Italien dar. Im Einzelnen lauten die Länderfeststellungen folgendermaßen (unkorrigiert, gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):

1. Schutzberechtigte

Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung für fünf Jahre. Um die Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, brauchen die Schutzberechtigten eine Meldeadresse, was manchmal ein Problem sein kann. Manche, aber nicht alle Questuras akzeptieren bei wohnungslosen Schutzberechtigten die Adresse einer Hilfsorganisation als Meldeadresse. Verlängerungen des Aufenthalts müssen postalisch beantragt werden. Dies kann mehrere Monate in Anspruch nehmen (AIDA 4.2019).

Mit Einführung von Gesetzesdekret Nr. 113 vom 4.10.2018 (in Verbindung mit dem Umwandlungsgesetz Nr. 132 vom 1.12.2018; auch als „Salvini-Dekret“ bzw. „Salvini-Gesetz“ bekannt), wurde der humanitäre Schutz weitgehen umgestaltet. Letzterer wurde zuvor für die Dauer von zwei Jahren gewährt, wenn „besondere Gründe“, insbesondere „humanitären Charakters“, vorlagen. Zwischen 2014 und 2018 war der humanitäre Schutz die häufigste in Italien zuerkannte Schutzform. Nach der neuen Rechtslage ist der Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen an eine restriktive und vor allem taxative Liste von Gründen gebunden, aus denen eine befristete Aufenthaltserlaubnis (unterschiedlicher Dauer) erteilt werden kann:
1. für medizinische Behandlung („cure mediche“) (1 Jahr gültig; verlängerbar);
2. Spezialfälle („casi speciali“ ):
a) für Opfer von Gewalt oder schwerer Ausbeutung
b) Für Opfer häuslicher Gewalt (1 Jahr gültig);
c) bei außergewöhnlichen Katastrophen im Herkunftsland (6 Monate gültig; verlängerbar);
d) in Fällen besonderer Ausbeutung eines ausländischen Arbeitnehmers, der eine Beschwerde eingereicht hat und an einem Strafverfahren gegen den Arbeitgeber mitwirkt;
e) bei Handlungen von besonderem zivilem Wert (zu genehmigen vom Innenminister auf Vorschlag des zuständigen Präfekten) (2 Jahre gültig; verlängerbar);
f) wenn zwar kein Schutz gewährt wurde, der Antragsteller aber faktisch nicht außer Landes gebracht werden kann („protezione speciale“ = non-refoulement).

Die Territorialkommissionen der nationalen Asylbehörde sind nach der neuen Rechtslage nicht mehr für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig. Wenn kein Asylstatus oder subsidiärer Schutz zuerkannt wird, prüfen sie nur noch, ob Gründe gegen eine Ausweisung vorliegen. Ist das der Fall, leiten sie dies an die Quästuren weiter, welche für die Prüfung der humanitären Gründe zuständig sind. Begründet wurde dieser Schritt damit, dass ein zu weiter Ermessensspielraum in der Vergangenheit zu einem Ausufern der humanitären Aufenthaltstitel geführt hat (rund 40.000 in den letzten drei Jahren), jedoch zumeist ohne dass eine soziale und berufliche Eingliederung der Betroffenen stattgefunden hätte (VB 22.2.2019).

Es kommt jedoch zu keiner Aberkennung bestehender humanitärer Titel. Diejenigen, die bereits einen (alten) Titel aus humanitären Gründen zuerkannt bekommen haben, können weiterhin alle damit verbundenen Ansprüche geltend machen. Abgelaufene (alte) Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen, werden jedoch nicht erneuert (VB 22.2.2019) und können auch durch rechtzeitigen Antrag nicht mehr verlängert werden. Sie können jedoch bei rechtzeitiger Antragstellung und Erfüllung der Voraussetzungen, in einen anderen Titel umgewandelt werden, etwa Aufenthaltstitel für Arbeit, Familienzusammenführung, etc. oder in einen humanitären Titel neuer Rechtslage (VB 25.2.2019; vgl. AIDA 4.2019). Ansonsten läuft der Titel ab und der Aufenthalt in Italien ist nicht mehr rechtmäßig (VB 22.2.2019).

Nach frühestens fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts besteht für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, einen langfristigen Aufenthalt zu erhalten. Anträge auf Familienzusammenführung sind für Schutzberechtigte ohne Zeitlimit möglich. Schutzberechtigte dürfen sich frei im Land niederlassen, wenn sie sich selbst erhalten können. Asylwerber haben nach Zuerkennung von internationalem Schutz Zugang zu den Unterbringungseinrichtungen der 2. Stufe (SIPROIMI). Nähere Bestimmungen für diesen Übergang fehlen allerdings. Ein Verbleib in einer Erstaufnahmeeinrichtung oder im CAS ist für Schutzberechtigte nicht vorgesehenen, kann aber je nach Zentrum für einen Tag bis hin zu mehreren Monaten gewährt werden. Die diesbezügliche Praxis ist entsprechend unterschiedlich (AIDA 4.2019).

SIPROIMI (Sistema di protezione per titolari di protezione internazionale e minori stranieri non accompagnati)

Diese Einrichtungen zur Unterbringung von Schutzberechtigten (und unbegleiteten Minderjährigen) sind der Nachfolger des vormaligen SPRAR-Systems. Es besteht mehr oder weniger aus denselben öffentlich finanzierten, kleinteiligen, dezentral organisierten und von lokalen Behörden und NGOs betriebenen Unterbringungseinrichtungen, welche auch Unterstützung und Integrationsmaßnahmen bieten. Es gibt mit Stand Jänner 2019 875 Einzelprojekte mit insgesamt 35.650 Plätzen (davon 3.730 Plätze in 155 Projekten für unbegleitete Minderjährige und 704 Plätze in 49 Projekten für psychisch beeinträchtigte Personen). International Schutzberechtigte können dort für sechs Monate ab Statuszuerkennung bleiben (AIDA 4.2019; vgl. SFH 8.5.2019). In diesen Einrichtungen werden zusätzlich zu den Leistungen der Erstaufnahme auch Maßnahmen mit dem Ziel einer umfassenden Integration (Gesellschaft, Arbeitsmarkt, Sprache, etc.) geboten (VB 19.2.2019).

Rechtlich haben anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte Zugang zu Sozialwohnungen, zum Arbeitsmarkt und zu Sozialleistungen im selben Ausmaß wie italienische Staatsbürger. In manchen Regionen ist dieser Zugang an eine bestimmte ununterbrochene Mindestmeldezeit in der Region gebunden (z.B. fünf Jahre in Friaul) (AIDA 4.2019).

Manchmal ist es Asylwerbern und Flüchtlingen, die illegaler Arbeit nachgehen, besonders in großen Städten nicht möglich Wohnungen zu mieten. Oft leben sie unter schlechten Bedingungen in besetzten Gebäuden. Die Regierung unternimmt begrenzte Versuche, Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren (USDOS 13.3.2019).

Im Feber 2018 waren in ganz Italien geschätzt mindestens 10.000 Personen von der Unterbringung faktisch ausgeschlossen, darunter Asylwerber und Schutzberechtigte. Sie leben nicht selten in besetzen Gebäuden, von denen mittlerweile durch Involvierung von Regionen oder Gemeinden aber auch viele legalisiert wurden. Die NGO Baobab Experience betreibt in Rom ein informelles Migrantencamp und betreut nach eigenen Angaben eine steigende Zahl von Inhabern eines Schutztitels (MSF 8.2.2018).

Wie Asylwerber, müssen sich Personen mit einem Schutzstatus in Italien beim italienischen Nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung wie italienische Staatsbürger. Die Registrierung gilt für die Dauer der Aufenthaltsberechtigung und erlischt auch nicht in der Verlängerungsphase. Probleme beim Zugang zu medizinischer Versorgung für Schutzberechtigte können durch das Fehlen einer Meldeadresse entstehen. In einigen Regionen Italiens sind Schutzberechtigte nicht mehr von der Praxisgebühr („Ticket“) ausgenommen, während in anderen Regionen die Befreiung weiter gilt, bis die Schutzberechtigten einen Arbeitsplatz finden (AIDA 4.2019).

Schutzberechtigte müssen ihren Wohnsitz anmelden, um Zugang zu medizinischer Versorgung zu erhalten. Um dieses Recht auch in der Praxis durchzusetzen, brauchen sie aber oft die Hilfe von NGOs oder Rechtsbeiständen, da in den Ämtern die diesbezügliche Rechtslage oft nicht bekannt ist (SFH 8.5.2019).

Quellen:

- AIDA - Asylum Information Database (4.2019): Association for Legal Studies on Immigration (ASGI) / European Council on Refugees and Exiles (ECRE): Country Report: Italy, http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_it_2017update.pdf, Zugriff 23.9.2019

- MSF – Médecins Sans Frontières (8.2.2018): “Out of sight” – Second edition, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424506.html, Zugriff 8.10.2019

- SFH – Schweizerische Flüchtlingshilfe (8.5.2019): Aktuelle Situation für Asylsuchende in Italien, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008993/190508-auskunft-italien.pdf, Zugriff 25.9.2019

- USDOS – US Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017: Italy, https://www.ecoi.net/de/dokument/1430262.html, Zugriff 24.9.2018

- VB des BM.I Italien (25.2.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

- VB des BM.I Italien (22.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail

- VB des BM.I Italien (19.2.2019): Bericht des VB, per E-Mail

Die Identität des Beschwerdeführers stehe mit ausreichender Sicherheit fest. Dieser leide an keinen Erkrankungen, die seiner Überstellung nach Italien im Wege stünden. Es werde festgestellt, dass der Antragsteller in Italien anerkannter Flüchtling sei. Besonders enge familiäre oder andere enge private Anknüpfungspunkte bzw. Abhängigkeiten zu in Österreich aufenthaltsberechtigten Personen hätten nicht festgestell twerden können. Ebenso wenig eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich. Der Antragsteller halte sich erst wenige Tage in Österreich auf.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, zum Gesundheitszustand sei festzuhalten, dass der Antragsteller nach seiner Einreise nach Österreich ins LKH XXXX gebracht worden sei. Dort sei er nach zwei Tagen wieder entlassen worden. Aus dem Entlassungsbrief des LKH XXXX gehe hervor, dass der Antragsteller am 18.02.2020 in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen worden wäre. Aus dem Entlassungsbrief gehe auch hervor, dass keine Hinweise auf eine Pulmonalembolie vorlägen. Im gesamten Verfahren seien keine Hinweise auf eine schwere, lebensbedrohende Erkrankung hervorgekommen.

Zu der Behauptung in der Einvernahme am 02.03.2020, wonach der Antragsteller in Italien nicht medizinisch versorgt worden wäre, sei festzuhalten, dass dieser selbst ausführlich von verschiedenen Behandlungen in Italien berichtet habe. Aufgrund der Länderinformation stehe außerdem fest, dass er in Italien, wenn er sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registriere, er dieselben Rechte und Pflichten in Bezug auf medizinische Versorgung habe wie italienische Staatsbürger.

Weiters sei darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen nicht geeignet sei, eine konkret gegen den Antragsteller persönlich drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Falle einer Überstellung nach Italien aufzuzeigen. Unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Umstände gehe das Bundesamt daher zweifeslfrei davon aus, dass für den Antragsteller in Italien ausreichende Versorgung gewährleistet sei.

7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher im Wesentlichen ausgeführt wird, dem Beschwerdeführer drohe bei einer Überstellung nach Italien aufgrund der Obdachlosigkeit ohne Chance auf Zugang zu irgendeiner Form von staatlicher Unterstützung mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK. Darüber hinaus riskiere der Beschwerdeführer derzeit aufgrund der sich schnell ausbreitenden Epidemie auch eine Ansteckung mit dem COVID-19-Virus, zumal er dort ohne geeignete Unterbringungsmöglichkeit auch die lebensnotwendigen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen nicht ergreifen bzw. einhalten könne.

Der Beschwerdeführer sei als bereits gesundheitlich angeschlagener Mann als besonders vulnerabel anzusehen und wäre im gegenständlichen Fall, vor allem aufgrund der derzeitigen Situation in Italien jedenfalls eine Einzelfallzusicherung seitens der italienischen Behörden einzuholen gewesen. Eine solche sei jedoch von der belangten Behörde im gegenständlichen Fall nicht vorgenommen worden und das Verfahren damit mit Mangelhaftigkeit belastet. Bei Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens hätte die belangte Behörde zum Schluss kommen müssen, dass die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers nach Italien eine Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK und Art. 4 GRC gewährleisteten Rechte darstellen würde. Dies vor allem aufgrund seiner gesundheitlichen Situation und der allgemeinen Situation in Italien.

8. Am 11.05.2020 wurde vom Beschwerdeführer ohne weiteres Vorbringen dazu ein Laborbefund des Klinikums XXXX vom 23.04.2020 über eine ambulant vorgenommene Elektroneurographie/Elektromyographie nach Zuweisungsdiagnose: Z.n. tiefer Beinvenenthrombose rechts. Die Beurteilung im Befund lautet: „Es zeigt sich ein kompletter neurophysiologischer Normalbefund für die Nerven und Muskeln, eine neuromuskuläre Läsion kann nicht nachgewiesen werden.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer verließ seinen Herkunftsstaat bereits im Jahr 2009 und gelangte eigenen Angaben zufolge über Frankreich in das Gebiet der europäischen Union. In der Folge gelangte er über Norwegen nach Italien, wo er am 27.05.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte und in der Folge den Status eines Asylberechtigten erhielt. Dennoch reiste er von Italien wieder nach Norwegen, wo er sich etwa eineinhalb Jahre aufhielt. Nach seiner Rückkehr nach Italien begab er sich weiter nach Deutschland, wo er am 18.07.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, bevor er wieder nach Italien zurückkehrte. Am 16.02.2020 stellte er letztlich einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen lebensbedrohlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die einer Überstellung nach Italien entgegenstünden. Er wurde nach seiner Einreise in Österreich zwei Tage im LKH XXXX wegen einer Thrombose behandelt und dort am 18.02.2020 in gutem Allgemeingemeinzustand nach Hause entlassen.

Am 16.04.2020 wurde er im Landeskrankenhaus – Universitätsklinikum XXXX ambulant behandelt.

Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet bestehen nicht.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des Bundesamtes, insbesondere den Niederschriften, den EURODAC Treffern sowie aus dem Schreiben der italienischen Behörden, und wurden von der beschwerdeführenden Partei nicht substantiiert bestritten.

Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat ergibt sich aus den umfangreichen und durch hinreichend aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen.

Die Feststellungen über den Gesundheitszustand ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren und den von ihm vorgelegten ärztlichen Befunden. Das BFA hielt dazu völlig richtig fest, dass medizinische Versorgung grundsätzlich auch in Italien gewährleistet ist. Die persönliche Einschätzung des medizinisch nicht ausgebildeten Beschwerdeführers ist nicht geeignet darzustellen, dass das Gesundheitssystem für Asylberechtigte in Italien unzureichend wäre und er dort nicht entsprechend behandelt worden wäre.

Die vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen sind grundsätzlich ausreichend aktuell, sie zeichnen allerdings angesichts der derzeit sich schnell ändernden Gegebenheiten in Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 naturgemäß ein Bild der (medizinischen) Versorgung von Asylwerbern in Italien, welches sich auf den Zeitraum vor Ausbruch der Pandemie bezieht. Es ist notorisch, dass die Mitgliedstaaten allesamt wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß vom Ausbruch der Pandemie betroffen sind und hier vor großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich stehen. Diesbezüglich wurden und werden in den einzelnen Ländern tagesaktuell entsprechende Maßnahmen gesetzt (beispielsweise die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen sowie teilweise die Vornahme von Grenzschließungen und Einschränkungen im Personen- und Warenverkehr), die die Ausbreitung von COVID-19 hintanhalten und gleichzeitig die medizinische Versorgung der Bevölkerung seien es nun eigene Staatsbürger oder dort ansässige Fremde möglichst sicherstellen sollen. Für den hier gegenständlichen Anwendungsbereich der Dublin-III-VO bedeutet dies konkret, dass zahlreiche Mitgliedstaaten die Durchführung von Überstellungen temporär ausgesetzt haben bzw. keine sog. Dublin-Rückkehrer übernehmen, wobei die Mitgliedstaaten aufgrund der dynamischen Entwicklung der Situation im engen Austausch miteinander stehen, ebenso mit der Europäischen Kommission. Es ist davon auszugehen, dass Überstellungen erst dann wieder durchgeführt werden, wenn sich die Lage entspannt, sich die einzelnen Mitgliedstaaten wieder dazu im Stande sehen, die von ihnen übernommenen sog. Dublin-Rückkehrer potentiell auch medizinisch zu versorgen und insofern insgesamt eine Situation eintritt, die mit jener vor Ausbruch der Pandemie vergleichbar ist.

Die skizzierten derzeit bestehenden Überstellungshindernisse sind aus jetziger Sicht aller Wahrscheinlichkeit nach zeitlich begrenzt; es ist davon auszugehen, dass Reisebewegungen jedenfalls in der Maximalfrist der Verordnung (vgl. die in Art. 29 Dublin-III-VO geregelte grundsätzlich sechsmonatige Überstellungsfrist) wieder aufgenommen werden können.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist die Heranziehung der Länderfeststellungen zu Italien nicht zu beanstanden; einerseits aufgrund der Annahme, dass dann und nur dann Überstellungen durchgeführt werden, wenn Italien wieder für die Einhaltung der einschlägigen asyl- und fremdenrechtlichen Standards garantieren kann und die Länderfeststellungen insofern wieder volle Gültigkeit haben, und andererseits aufgrund des Umstandes, dass keine Anzeichen dafür vorliegen, dass der Beschwerdeführer aktuell im besonderen Maße auf eine medizinische Versorgung angewiesen wäre.

Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in Italien hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht. Es wurde somit insgesamt kein Vorbringen erstattet, das geeignet wäre, Art. 3 EMRK zu tangieren.

Dass der Beschwerdeführer über keine besonders ausgeprägten privaten, familiären oder beruflichen Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich ebenfalls aus seinen eigenen Angaben. Hinweise auf eine Integrationsverfestigung haben sich im Verfahren nicht ergeben und ist eine solche angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet auch nicht zu erwarten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.1. Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 56/2018 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:

„§ 4a (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn dem Fremden in einem anderen EWR-Staat oder der Schweiz der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und er dort Schutz vor Verfolgung gefunden hat. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, in welchen Staat sich der Fremde zurück zu begeben hat. § 4 Abs. 5 gilt sinngemäß.

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 57 (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

§ 58 (1) Das Bundesamt hat die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 von Amts wegen zu prüfen, wenn

1.       der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

…“

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

„§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 56/2018 lautet:

„§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. …

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.“

3.2. Zur Frage der Unzulässigkeit des gegenständlichen Asylantrages ist davon auszugehen, dass das BFA zu Recht eine Zurückweisung nach § 4a AsylG 2005 vorgenommen hat.

Die seit dem 01.01.2014 anwendbare Dublin III-VO geht, wie sich aus der Legaldefinition in ihrem Art. 2 lit. f ergibt, nunmehr von einem einheitlichen Status für Begünstigte internationalen Schutzes aus, welcher gleichermaßen Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte umfasst. Die Dublin III-VO gilt nur für Asylwerber während des laufenden Asylverfahrens und nach einem - sowohl hinsichtlich des Asyls als auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes - negativen Abschluss des Verfahrens. Auf Personen, denen bereits in einem Mitgliedstaat Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wurde und deren Asylverfahren zu beiden Fragen rechtskräftig abgeschlossen ist, findet die Dublin III-VO im Fall eines neuerlichen Antrages auf internationalen Schutz in einem anderen Mitgliedstaat keine Anwendung. Denn laut Art. 2 lit. c Dublin III-VO bezeichnet der Ausdruck „Antragsteller“ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde. In den Fallgruppen des Art. 18 Abs. 1 lit. a bis d Dublin III-VO betreffend die Wiederaufnahme von Asylwerbern werden zwar in der lit. d die Personen angeführt, deren Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Asyls als auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes rechtskräftig negativ entschieden wurde, nicht aber jene, deren Antrag hinsichtlich eines dieser beiden Punkte positiv entschieden wurde (vgl. dazu Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, K 22 zu Art. 2).

Demgegenüber war die bis 31.12.2013 anwendbare Dublin II-VO zwar ebenfalls auf Asylberechtigte, die in einem anderen Mitgliedstaat einen neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz stellten, nicht anzuwenden, fand jedoch nach ihrem Wortlaut sowie der Staatenpraxis Anwendung auf subsidiär Schutzberechtigte. Dementsprechend wurden in Österreich bis Ende 2013 Asylanträge von Personen, die bereits in einem anderen Mitgliedstat asylberechtigt waren, gemäß § 4 AsyG 2005, hingegen Anträge von Personen, die in einem anderen Mitgliedstaat bereits subsidiär schutzberechtigt waren, gemäß § 5 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen.

Im Protokoll der Europäischen Kommission über die Sitzung des Dublin-Kontakt-Komitees vom 24.02.2014 vertrat die Kommission zu dieser Frage die Auffassung, dass nach Art. 6 Abs. 2 erster Satz Rückführungsrichtlinie 2008/115/EG Drittstaatsangehörige, die sich illegal im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates aufhalten und Inhaber eines gültigen Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates sind, zu verpflichten sind, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses anderen Mitgliedstaates zu begeben. Einen neuerlichen Asylantrag dieser Personen können die Mitgliedstaaten nach Art. 33 Abs. 2 lit. a Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU als unzulässig betrachten, wenn ein anderer Mitgliedstaat internationalen Schutz gewährt hat.

3.3.1. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK :

Gemäß Art. 4 GRC und Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art. 3 EMRK haben die Vertragsstaaten der EMRK aufgrund eines allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsatzes - vorbehaltlich ihrer vertraglichen Verpflichtungen einschließlich der EMRK - das Recht, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu regeln. Jedoch kann die Ausweisung eines Fremden durch einen Vertragsstaat ein Problem nach Art. 3 EMRK aufwerfen und damit die Verantwortlichkeit dieses Staates nach der EMRK auslösen, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme vorliegen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Abschiebung mit einer realen Gefahr rechnen muss, im Zielstaat einer dem Art. 3 widersprechenden Behandlung unterworfen zu werden. Unter diesen Umständen beinhaltet Art. 3 die Verpflichtung, die betreffende Person nicht in diesen Staat abzuschieben (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 30; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 124-125).

Es ist auch ständige Rechtsprechung des EGMR, dass die verbotene Behandlung ein Mindestmaß an Schwere erreichen muss, um in den Anwendungsbereich des Art. 3 EMRK zu fallen. Die Festsetzung dieses Mindestmaßes ist naturgemäß relativ; es hängt von allen Umständen des Einzelfalles ab, wie etwa der Dauer der verbotenen Behandlung, ihren physischen oder psychischen Auswirkungen und in manchen Fällen vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers, etc. Das Leid, das sich aus einer natürlich auftretenden Krankheit ergibt, kann von Art. 3 EMRK erfasst sein, wenn es durch eine Behandlung - seien es Haftbedingungen, eine Ausweisung oder sonstige Maßnahmen - verschlimmert wird, für welche die Behörden verantwortlich gemacht werden können (z. B. EGMR, Große Kammer, 27.05.2008, 26565/05, N., Rn. 29; Große Kammer, 28.02.2008, 37201/06, Saadi, Rn. 134).

Die Beschwerdeausführungen sind letztlich nicht geeignet, eine Anordnung zur Außerlandesbringung als unzulässig erscheinen zu lassen. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass die allgemeine Lage von nach Italien überstellten Drittstaatsangehörigen keineswegs die reale Gefahr einer gegen menschenrechtliche Bestimmungen verstoßenden Behandlung glaubhaft erscheinen lässt.

Nach den Länderberichten zu Italien kann letztlich nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass ein Drittstaatsangehöriger im Fall einer Überstellung nach Italien konkret Gefahr liefe, dort einer gegen das Folterverbot des Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung unterworfen zu werden. Die Befürchtungen der beschwerdeführenden Partei im Hinblick auf mangelnde Arbeitsmöglichkeiten oder Sozialleistungen in Italien stellen sich letztlich als in hohem Maße spekulativ dar. Da das italienische System nach den Feststellungen mit der Gewährung des Schutzstatus auch den Zugang zum Arbeitsmarkt einräumt, liegt die Sicherung seiner Versorgung zunächst in der Verantwortung des Beschwerdeführers.

Dem Beschwerdeführer wurde in Italien Asyl gewährt. Aus den Länderfeststellungen folgt, dass anerkannte Flüchtlinge und subsidiäre Schutzberechtigte in Italien Aufenthaltsberechtigungen für jeweils fünf Jahre, bei humanitärem Aufenthalt für jeweils zwei Jahre erhalten.

Der Beschwerdeführer hat trotz der Tatsache, dass ihm in Italien bereits Asylgewährt wurde, eigenen Angaben zufolge noch in 3 weiteren Ländern (Norwegen, Deutschland und Österreich) Asylanträge gestellt. Das Asylsystem in Europa sieht jedoch nicht vor, dass sich Flüchtlinge nach Gewährung von Asyl in einem Staat noch weitere Staaten aussuchen können, in denen sie lieber Asylstatus hätten.

Der EGMR kam in jüngster Zeit mehrfach zu der Beurteilung, dass in Italien eine Situation systemischer Mängel wie in Griechenland nicht vorliegt (z. B. EGMR 02.04.2013, 27725/10, Mohammed Hussein u. a.). Es sprach der EGMR in seinem Urteil vom 04.11.2014, Große Kammer, 29217/12, Tarakhel, Rn. 114, neuerlich ausdrücklich aus, dass die Lage in Italien in keiner Weise mit der in Griechenland zum Zeitpunkt des Urteils M.S.S. verglichen werden kann, als es weniger als 1.000 Unterbringungsplätze für zehntausende Asylwerber gab und in großem Umfang Bedingungen äußerster Armut bestanden. Zuletzt hat der EGMR in seiner Entscheidung vom 05.02.2015, A.M.E./Niederlande, wiederholt, dass die gegenwärtige Situation in Italien nicht mit der Situation in Griechenland zur Zeit der Entscheidung M.M.S./Belgien vergleichbar ist und dass die generelle Aufnahmesituation nicht ein Hindernis für die Überstellung von allen Asylwerbern bilde.

Jedenfalls hat die beschwerdeführende Partei die Möglichkeit, etwaige konkret drohende oder eingetretene Verletzungen in ihren Rechten, etwa durch eine unmenschliche Behandlung im Sinn des Art. 3 EMRK, bei den zuständigen Behörden in Italien und letztlich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geltend zu machen.

Nach der Rechtsprechung des EGMR, des VfGH sowie des VwGH zu Art. 3 EMRK im Zusammenhang mit der Abschiebung von Kranken hat im Allgemeinen kein Fremder das Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil desselben gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche würden etwa vorliegen, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt werden würde, unter qualvollen Umständen zu sterben. Bei der Ausweisung und Abschiebung Fremder in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union ist auch zu berücksichtigen, dass dieser Mitgliedstaat zur Umsetzung der Aufnahmerichtlinie verpflichtet ist. Nach Art. 15 dieser Richtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass Asylwerber die erforderliche medizinische Versorgung, welche zumindest die Notversorgung und die unbedingt erforderliche Behandlung von Krankheiten umfasst, erhalten bzw. dass Asylsuchende mit besonderen Bedürfnissen die erforderliche medizinische oder sonstige Hilfe erlangen. Dennoch könnte der Transport vorübergehend oder dauerhaft eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, etwa bei fortgeschrittener Schwangerschaft oder der Erforderlichkeit eines ununterbrochenen stationären Aufenthalts (EGMR 22.06.2010, 50068/08, Al-Zawatia/Schweden; 27.05.2008 (GK), 26565/05, N./Vereinigtes Königreich; 03.05.2007, 31246/06, Goncharova und Alekseytsev/Schweden; 07.11.2006, 4701/05, Ayegh/Schweden; 04.07.2006, 24171/05, Karim/Schweden; 10.11.2005, 14492/03, Paramsothy/Niederlande; VfGH 21.09.2009, U 591/09; 06.03.2008, B 2400/07; VwGH 31.03.2010, 2008/01/0312; 23.09.2009, 2007/01/0515).

Der Beschwerdeführer leidet - wie festgestellt – aktuell unter keinen gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Laut den Länderberichten ist die die medizinische Versorgung von Asylwerbern in Italien weiterhin gewährleistet. Es wurde oft kritisiert, dass durch das neue Gesetz Asylwerber von der medizinischen Versorgung abgeschnitten würden, weil deren Registrierung bei den Gemeinden („residenza“) nicht mehr vorgesehen ist. Letzteres ist grundsätzlich richtig, allerdings unterscheidet Italien beim „Wohnsitz“ zwischen „residenza“ und „domicilio“ (VB 19.2.2019). Nach der neuen Rechtslage ist die Einschreibung beim Nationalen Gesundheitsdienst für Asylwerber auf Basis des „domicilio“ garantiert (CILD 1.2.2019), welcher üblicherweise im Aufnahmezentrum liegt. Somit ist auch für Asylwerber weiterhin die Ausstellung einer Gesundheitskarte („tessera sanitaria“) möglich, mit welcher sie Zugang zu den Leistungen erhalten. Zusätzlich sind in den Erstaufnahmezentren Ärzte beschäftigt, die neben medizinischen Erstuntersuchungen und Notfallmaßnahmen auch die nationalen Gesundheitsdienste entlasten sollen. Der Zugang zu medizinischer Notversorgung in öffentlichen Spitälern bleibt weiterhin bestehen, auch für illegale Migranten (VB 19.2.2019).

Da nach den Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheids in Italien der Zugang zur Gesundheitsversorgung somit gesichert ist, kann davon ausgegangen werden, dass für den Fall, dass der Beschwerdeführer im Zielstaat eine Behandlung benötigen sollte, eine solche gewährleistet ist.

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Fremdenpolizeibehörde bei der Durchführung einer Abschiebung im Falle von bekannten Erkrankungen des Fremden durch geeignete Maßnahmen dem jeweiligen Gesundheitszustand Rechnung zu tragen hat. Insbesondere erhalten kranke Personen eine entsprechende Menge der benötigten verordneten Medikamente. Anlässlich einer Abschiebung werden von der Fremdenpolizeibehörde auch der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen entsprechende Maßnahmen gesetzt. Bei Vorliegen schwerer psychischer Erkrankungen und insbesondere bei Selbstmorddrohungen werden geeignete Vorkehrungen zur Verhinderung einer Gesundheitsschädigung getroffen.

3.3.2. Zu einer möglichen Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. Art. 7 GRC:

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

Nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutze der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine nahen Verwandten. Ein unzulässiger Eingriff in ein bestehendes Familienleben gemäß Art 8 Abs 1 EMRK kann daher nicht festgestellt werden. Der durch die Anordnung der Außerlandesbringung der beschwerdeführenden Partei aus dem Bundesgebiet erfolgende Eingriff in ihr Privatleben ist durch ein Überwiegen des öffentlichen Interesses im Vergleich zu deren Privatinteresse am Verbleib im Bundesgebiet gedeckt.

Die gegenständliche aufenthaltsbeendende Maßnahme stützt sich unbestrittenermaßen auf eine gesetzliche Bestimmung und sie verfolgt Ziele, die mit der EMRK in Einklang stehen, nämlich insbesondere die Verteidigung der Ordnung im Bereich des Fremden- und Asylwesens sowie das wirtschaftliche Wohl des Landes.

Es bleibt noch zu überprüfen, ob diese Maßnahme in einer demokratischen Gesellschaft notwendig, das heißt durch ein vorrangiges soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere in Bezug auf das verfolgte legitime Ziel verhältnismäßig ist (EGMR 02.08.2001, 54273/00, Boultif, Rn. 46; 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f; 16.04.2013, 12020/09, Udeh, Rn. 45; VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

In diesem Sinn ordnet auch § 9 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 144/2013 an:

„Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.“

Nach diesem Regelungssystem ist somit anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles eine Interessenabwägung am Maßstab des Art. 8 EMRK durchzuführen. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme darf nur erlassen werden, wenn die dafür sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen und seiner Familie an dessen weiterem Verbleib in Österreich. Bei dieser Interessenabwägung sind folgende Kriterien nach der Methode des beweglichen Systems in einer Gesamtbetrachtung zu bewerten, indem das unterschiedliche Gewicht der einzelnen Kriterien zueinander in eine Beziehung zu setzen und eine wechselseitige Kompensation der einzelnen Gewichte vorzunehmen ist (vgl. EGMR 18.10.2006, Große Kammer, 46410/99, Üner, Rn. 57f):

die Art und Schwere der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten;

die seit der Begehung der Straftaten vergangene Zeit und das Verhalten des Beschwerdeführers in dieser Zeit;

die Aufenthaltsdauer im ausweisenden Staat;

die Staatsangehörigkeit der einzelnen Betroffenen;

die familiäre Situation des Beschwerdeführers und insbesondere gegebenenfalls die Dauer seiner Ehe und andere Faktoren, welche die Effektivität eines Familienlebens bei einem Paar belegen;

die Frage, ob der Ehegatte von der Straftat wusste, als die familiäre Beziehung eingegangen wurde;

die Frage, ob aus der Ehe Kinder hervorgegangen sind und welches Alter sie haben;

die Schwierigkeiten, denen der Ehegatte im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers begegnen könnte;

das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwierigkeiten, denen die Kinder des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat begegnen könnten;

die Festigkeit der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufenthaltsstaat und zum Herkunftsstaat.

Der Grad der Integration manifestiert sich nach der Rechtsprechung insbesondere in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben und der Beschäftigung (VfGH 29.09.2007, B 1150/07).

Diese sowie einige weitere von der Rechtsprechung einzelfallbezogen herausgearbeiteten Kriterien für die Interessenabwägung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK werden auch in § 9 Abs. 2 BFA-VG aufgezählt:

„(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.“

Im vorliegenden Fall ergibt die durchgeführte Interessenabwägung, dass die für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechenden öffentlichen Interessen schwerer wiegen als die persönlichen Interessen des Drittstaatsangehörigen an einem Verbleib im Bundesgebiet.

Denn die beschwerdeführende Partei verbrachte den Großteil des Lebens im Herkunftsstaat. Er verfügte zu keinem Zeitpunkt über einen regulären Aufenthaltstitel in Österreich, sondern stützte den Aufenthalt vielmehr von Anfang an nur auf einen unzulässigen Antrag auf internationalen Schutz.

Gemäß Art. 3 Abs. 1 letzter Satz Dublin III-Verordnung wird jeder Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den K

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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