TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/5 W152 2233490-1

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Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W152 2233490-1/3Z

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen Spruchpunkt IX des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.06.2020,
Zl. 1102043501-200399555, zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG idgF die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG idgF nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer stellte erstmalig am 14.01.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, worauf eine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 15.01.2016 erfolgte.

Das diesbezügliche Asylverfahren wurde mit Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Steiermark, am 13.05.2016 gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 eingestellt.

Der Beschwerdeführer stellte am 13.05.2020 abermals einen Antrag auf internationalen Schutz.

Es erfolgte sodann eine Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 13.05.2020, wobei er u.a. vorbrachte, sein Vater habe in Afghanistan Alkohol verkauft und sei bereits verstorben. Der Beschwerdeführer sei im Iran (Teheran) geboren und habe auch dort gelebt. Er habe in Afghanistan niemanden. Seine Mutter und seine Schwester würden im Iran leben.

Im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 04.06.2020 brachte er im Wesentlichen vor, er sei niemals in Afghanistan gewesen, er sei nämlich im Iran geboren und aufgewachsen, wo er mit seiner Mutter gelebt habe. Seine Mutter lebe mit seiner Schwester weiterhin im Iran. In Afghanistan kenne er niemanden, weil er nie dort gewesen sei.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 30.06.2020, Zahl: 1102043501-200399555, wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), wobei auch gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan abgewiesen wurde (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde hiebei gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 9 BFA-VG wurde eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V). Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1, 2 FPG wurde gegen den Antragssteller ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VII). Weiters wurde gemäß § 13 Abs 2 Z 1 AsylG 2005 ausgesprochen, dass der Antragssteller sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 11.05.2018 verloren habe (Spruchpunkt VIII). Gleichzeitig wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IX).

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben, wobei einerseits auf die schlechte Sicherheitslage in Afghanistan – auch in den Städten Herat, Mazar-e Sharif und Kabul – und andererseits darauf hingewiesen wurde, dass afghanische Rückkehrer außerhalb des Familienverbandes auf größere Schwierigkeiten stoßen als Rückkehrer, die in Familienverbänden geflüchtet seien und in einem solchen zurückkehren, weil ihnen das notwendige soziale oder familiäre Netzwerk sowie die erforderlichen Kenntnisse der örtlichen Verhältnisse fehlen. Eine Neuansiedlung in anderen Landesteilen, insbesondere in den Städten Kabul, Herat oder Mazar-e Sharif, sei dem Beschwerdeführer aufgrund der fehlenden familiären sowie sozialen Netzwerke nicht möglich.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 22/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß
§ 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, unberührt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen, und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptungen des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich hiebei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es – im Sinne einer Grobprüfung – von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben als „vertretbare Behauptungen“ zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Der Beschwerdeführer macht ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen – insbesondere im Hinblick auf Art. 3 EMRK – geltend. Dieser relevierte nämlich, dass er im Iran (Teheran) geboren sei, dort auch mit seiner Mutter gelebt habe und in Afghanistan niemanden habe bzw. kenne. Dem Beschwerdeführer sei somit eine Neuansiedlung in Afghanistan – auch vor dem Hintergrund der schlechten Sicherheitslage – aufgrund der fehlenden familiären sowie sozialen Netzwerke nicht möglich. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann derzeit nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass es sich hiebei um „vertretbare Behauptungen“ handelt.

Da eine Gefährdung des Beschwerdeführers im Sinne des § 18 Abs. 5 BFA-VG derzeit nicht mit der in diesem Zusammenhang erforderlichen Sicherheit von vornherein auszuschließen ist, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W152.2233490.1.00

Im RIS seit

30.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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