Entscheidungsdatum
13.08.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W185 2222340-1/2E
Im namen der republik!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard PRÜNSTER als Einzelrichter nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Pretoria vom 15.07.2019, ZI. Pretoria-ÖB/KONS/0479/2019, aufgrund des Vorlageantrages der XXXX , geb. XXXX , StA. Südafrika, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Pretoria vom 07.05.2019, übernommen am 14.05.2019, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige aus Südafrika, stellte am 15.04.2019 bei der Österreichischen Botschaft Pretoria (im Folgenden: „ÖB Pretoria“) einen Antrag auf Ausstellung eines Schengen-Visums der Kategorie C mit einer Gültigkeit von 88 Tagen. Als Hauptzweck der Reise wurde „Besuch von Familienangehörigen oder Freunden“ angegeben. Als geplantes Ankunftsdatum im Schengen-Raum wurde der 30.04.2019, als geplantes Abreisedatum der 29.07.2019 angegeben. Als einladende Person wurde XXXX , angeführt. Die Reisekosten und die Lebenshaltungskosten während des Aufenthalts würden von der Einladerin getragen. Im Zuge der Antragstellung gab die Beschwerdeführerin weiters an, „Domestic worker“ zu sein und „getrennt“ zu leben.
Mit dem Antrag legte die Beschwerdeführerin folgende Dokumente vor:
- Flugreservierung ( XXXX Johannesburg-München-Graz am 29.04.2019 bzw. 30.04.2019 und Graz-München-Johannesburg XXXX am 26.07.2019 bzw. 27.07.2019)
- Polizze über Abschluss einer Reisekrankenversicherung für die Beschwerdeführerin
- Einladungsschreiben von XXXX vom 20.03.2019
- Zustimmungserklärung des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin zu deren dreimonatiger Absenz in der Firma
- Gehaltszettel der Beschwerdeführerin für März 2019
- Schreiben der Stadt XXXX betreffend Gemeindeabgaben für das Mietwohngrundstück der Einladerin in XXXX
- Schreiben der Bank betreffend das Kontoguthaben der Einladerin, Stand 01.04.2019
- Kopien der Reisepässe der Beschwerdeführerin und der Einladerin
- Kontoauszüge der Beschwerdeführerin
Eine elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) der Einladerin wurde nachgereicht:
Verpflichtete: XXXX , geb. XXXX , Österreichische Staatsbürgerin, Beziehung zur Eingeladenen: Freundschaft; seit 2002 Pensionistin, sonstiges Vermögen: gemeinsames Konto mit Ehemann mit Guthaben von 147.792,54 Euro; Kreditverbindlichkeiten betragen 150,- Euro pro Monat; weiteres Haushaltseinkommen: Ehemann ist in Pension; keine Sorgepflichten angeführt. Bemerkung der Behörde: Hauptwohnsitz der Einladerin liegt in Wien – XXXX , Wien XXXX . Wohnt derzeit bei ihrem Ehegatten, da dieser derzeit ein Pflegefall ist.
Am 26.04.2019 nahm die ÖB Pretoria Kontakt mit der Beschwerdeführerin und der Einladerin auf. Auf dem Visumsantrag hielt die Mitarbeiterin der ÖB handschriftlich folgendes Ergebnis des Telefonats mit der Beschwerdeführerin fest:
Antragstellerin hat 3 Kinder (23, 22 bzw 17 Jahre alt), die während der Abwesenheit der Antragstellerin bei einer Cousine wohnen werden. Die Antragstellerin hat bei der Einladerin in Südafrika als Haushaltshilfe gearbeitet. Laut Auskunft ist der Gatte der Einladerin ein Pflegefall. Es ist anzunehmen, dass die Antragstellerin im Haushalt der Einladerin arbeiten wird. Eine telefonische Kontaktaufnahme seitens der ÖB mit der Einladerin sei nicht möglich gewesen, da diese bereits bei der 1. Frage begonnen hätte, mit der Botschaftsmitarbeiterin zu schreien.
Mit „Aufforderung zur Stellungnahme“ vom 26.04.2019, zugestellt am 29.04.2019, wurde der Beschwerdeführerin seitens der ÖB Pretoria in der Folge Parteiengehör eingeräumt und mitgeteilt, dass folgende Bedenken gegen die Erteilung des beantragten Visums bestünden:
„Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden. Es bestehen begründete Zweifel an der Glaubwürdigkeit Ihrer Angaben.
Genaue Begründung: Da Sie bis Anfang April im Haushalt der Familie XXXX in Südafrika gearbeitet haben und Herr XXXX pflegebedürftig zu sein scheint, ist anzunehmen, dass Sie in Österreich ebenfalls als Haushaltshilfe tätig sein werden. Sie waren bisher noch nicht im Besitz eines Visums für Österreich.“
Der Beschwerdeführerin wurde Gelegenheit gegeben, innerhalb einer Frist von einer Woche in schriftlicher Form und in deutscher Sprache diese Bedenken durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
Die Beschwerdeführerin erstattete keine schriftliche Stellungnahme.
Mit angefochtenem Bescheid vom 07.05.2019, übernommen am 14.05.2019, verweigerte die ÖB Pretoria die Erteilung des beantragten Visums mit folgender Begründung:
„Ihre Absicht, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden.“
Gegen diesen Bescheid wurde am 27.05.2019, eingelangt bei der ÖB Pretoria am 31.05.2019, fristgerecht Beschwerde eingebracht. Darin wurde zunächst moniert, dass eine Geschäftszahl der Entscheidung nicht erkennbar sei, was auf massive Verfahrensmängel hinweisen würde. Dies werde durch den Umstand erhärtet, dass dem Akt ein Visum einer (namentlich genannten) anderen Person beigelegt gewesen sei; möglicherweise sei diese positive Entscheidung für die Beschwerdeführerin bestimmt gewesen. Den Antragsunterlagen sei eine Darstellung der Vermögenssituation der Einladerin sowie eine Deklaration der Kostenübernahme für die Reise und den Aufenthalt beigelegt worden. Sollte die Behörde dies nicht für ausreichend befunden haben, wäre die Beschwerdeführerin davon in Kenntnis zu setzen gewesen, um entsprechende weitere Nachweise vorlegen zu können. Die Beschwerdeführerin hätte vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt werden müssen. Auch weise die negative Entscheidung keine Begründung auf. Es sei somit nicht ersichtlich, worauf sich die Annahme, die Beschwerdeführerin werde vor Ablauf des Visums nicht ausreisen, stütze. Die Einladerin habe eine EVE abgegeben. Daraus sei ersichtlich, dass die Einladerin über ein entsprechendes Bankguthaben und eine Eigentumswohnung verfüge. Die Einladerin habe sich auch bereit erklärt, für die Kosten des Aufenthaltes der Beschwerdeführerin sowie für deren Reisekosten aufzukommen. Auch sei ein gebuchtes Rückflugticket vorgelegt worden.
Am 15.07.2019 erließ die ÖB Pretoria eine Beschwerdevorentscheidung und wies die Beschwerde gegen den Bescheid vom 07.05.2019 gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet ab.
Die Behörde führte darin aus, dass aufgrund von Zweifeln am Wahrheitsgehalt der Angaben der Beschwerdeführerin diese am 26.04.2019 telefonisch interviewt worden sei. Dabei habe diese angegeben, unbezahlten Urlaub zu nehmen und drei Kinder zu haben, welche während ihrer Abwesenheit von einer Cousine betreut werden würden. Die Beschwerdeführerin habe als Haushaltshilfe für die Familie der Einladerin in Südafrika gearbeitet. Die Beschwerdeführerin wisse, dass der Ehemann der Einladerin pflegebedürftig sei, trotzdem wolle sie einen rein freundschaftlichen Besuch in Österreich machen und sich drei Monate die Schönheiten der XXXX ansehen. Ein (versuchtes) Telefonat mit der Einladerin sei an derem Verhalten gescheitert. Es hätten erhebliche Zweifel am Bestehen einer freundschaftlichen Beziehung zwischen der Beschwerdeführerin und der Einladerin bestanden, zumal die Einladung erst erfolgt sei, als der Gatte der Einladerin pflegebedürftig geworden sei. Festzuhalten bleibe auch, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs keine Stellungnahme abgegeben habe. Betreffend die Ausführung in der Beschwerde, der Bescheid sei ohne Begründung ausgestellt worden, führte die ÖB an, dass nach Art 32 Abs 1 lit b Visakodex zwingend das Standardformular nach Anhang VI zu verwenden sei, was auch der VwGH in ständiger Rechtsprechung nicht bemängle. Betreffend das Fehlen einer Geschäftszahl des Bescheids und der Beilage eines Visums einer anderen Person als der Beschwerdeführerin räumte die ÖB Pretoria ein, dass es sich hiebei um Fehler gehandelt habe; diese hätten jedoch keinen Einfluss auf die Entscheidung der belangten Behörde gehabt. Sofern in der Beschwerde beanstandet würde, dass die Einladerin über ausreichend finanzielle Mittel verfüge, übersehe die Beschwerdeführerin, dass das Visum nicht aus diesem Grund verweigert worden sei. Die Visumsverweigerung stütze sich auf den Umstand, dass Zweifel an der Wiederausreiseabsicht der Beschwerdeführerin bestünden. Zweifel würden zu Lasten des Fremden gehen. Gegenständlich seien keine Beweise für eine wirtschaftliche Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Heimatstaat vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin habe zwar angegeben, Hausangestellte zu sein; es erscheine jedoch nach der Lebenserfahrung unwahrscheinlich, drei Monate Urlaub nehmen zu können. Es seien auch keine aktuellen Arbeitsnachweise vorgelegt worden. Die Beschwerdeführerin verfüge auch nicht nachweislich über finanzielle Mittel oder (Grund-)Besitz in der Heimat. Auch aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin in Südafrika bereits für die Familie der Einladerin als Haushaltshilfe gearbeitet habe und nunmehr ein Familienmitglied pflegebedürftig geworden sei, sei ein dreimonatiger touristischer Besuch als tatsächlicher Reisezweck unglaubwürdig. Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. a sublit. ii Visakodex sei es Aufgabe des Antragstellers, den Zweck und die Bedingungen des Aufenthalts zu begründen. Die Begründungspflicht liege somit gegenständlich bei der Beschwerdeführerin. Gemäß Art. 21 Abs. 7 Visakodex habe sich die Prüfung eines Antrags u.a. auf den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit der Aussagen des Antragstellers zu stützen. Gerade dieser Wahrheitsgehalt/diese Glaubwürdigkeit würde im vorliegenden Fall nicht gegeben sein. Auch eine ausreichend soziale Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Heimatland sei nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin habe zwei volljährige Kinder, das dritte Kind sei auch bereits 17 Jahre alt. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass selbst eine verifizierbare Flugbuchung nicht geeignet sei, die übrigen, für einen beabsichtigten dauerhaften Verbleib der Fremden in Österreich sprechende Anhaltspunkte, maßgeblich zu entkräften. Es bestünden nach dem Gesagten auf dem Boden konkreter Anhaltspunkte begründete Zweifel iSd Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex an der Absicht der Beschwerdeführerin, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Es sei der Beschwerdeführerin nicht gelungen, die sich ergebenden Bedenken durch unter Beweis zu stellendes geeignetes Vorbringen zu zerstreuen. Bei der Beurteilung des Versagungsgrundes iSd Art 32 Abs 1 lit b Visakodex komme den Behörden ein weiter Beurteilungsspielraum zu.
Am 28.07.2019 brachte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Vorlageantrag ein. Darin wurde ausgeführt, dass eine ausreichende soziale und familiäre Verwurzelung der Beschwerdeführerin in ihrem Heimatland vorliege. Hätte die Behörde zur Ermittlung des Sachverhaltes Kontakt mit der Beschwerdeführerin aufgenommen, so wäre sie zur Erkenntnis gelangt, dass alle Kinder der Beschwerdeführerin studieren und damit auch weiterhin Unterstützung durch die Mutter erwarten würden. Die jüngste Tochter beginne gerade ihr Medizinstudium. Die familiäre Verwurzelung der Beschwerdeführerin in der Heimat liege sohin vor. Es sei seitens der Behörde keine entsprechende Auseinandersetzung und Würdigung der finanziellen Zusagen der Einladerin erfolgt. Die Feststellung eines unfreundlichen Telefongespräches der Botschaft mit der Einladerin werde bestritten. Es sei nicht verwunderlich, dass ein Anruf einer Behörde eine im Alter fortgeschrittene Person in Aufregung versetzen würde, was bei der Mitarbeiterin der ÖB einen subjektiven, aber unzutreffenden Eindruck hinterlassen haben dürfte. Im Sinne eines ausreichenden Ermittlungsverfahrens wäre es geboten gewesen, die an die Einladerin zu richtenden Fragen auf schriftlichem Weg zu stellen. Die Vermutung, der wahre Grund für die Einladung wäre der Pflegebedarf des Ehemannes der Einladerin gewesen, gehe ins Leere, da dieser verstorben sei. Der Genannte sei bis zu seinem Tod in Österreich von drei Pflegepersonen betreut worden. Es sei noch auf die Unvollständigkeit des Spruches der Entscheidung der Behörde hinzuweisen, da dieser lediglich die verfahrensrechtliche Norm des § 14 Abs. 1 VwGVG zitiere, nicht aber die materiellrechtliche Grundlage des Art. 31 Abs. 1 lit. a des Visakodex. Eine Sterbeurkunde des Ehemannes der Einladerin sowie die Bestätigung über dessen Betreuung wurde dem Vorlageantrag beigelegt.
Mit Schreiben vom 29.07.2019 berichtete die ÖB Pretoria dem BMI und dem BMEIA im Zusammenhang mit dem o.a. Vorlageantrag, dass die Beschwerdeführerin im telefonischen Interview am 26.04.2019 angegeben habe, zwei erwachsene Kinder sowie eine minderjährige Tochter zu haben, die während ihrer Abwesenheit von einer Verwandten versorgt werden würde. Von einem Studium der Kinder sei nie die Rede gewesen. Wie diese während der Abwesenheit ihrer Mutter finanziell versorgt hätten werden sollen, bleibe offen. Der finanzielle Hintergrund der Einladerin sei nicht in Frage gestellt worden, die Ablehnung des Visums auch nicht aufgrund fehlender finanzieller Mittel erfolgt. Die Einladerin habe beim Telefonat mit der ÖB am 26.04.2019 keine Fragen zugelassen, sondern lautstark ihren Unmut kundgetan, dass da Visum noch nicht ausgestellt sei. Da die Einladerin keine Parteistellung habe, sei in der Folge nur mehr mit der Beschwerdeführerin kommuniziert worden. Zum Zeitpunkt der Beantragung des Visums sei der Ehemann der Einladerin noch am Leben, jedoch ein Pflegefall gewesen. Betreffend die Pflegeunterstützung sei die Botschaft der Meinung gewesen, dass die Beschwerdeführerin als Haushalts- und Pflegehilfskraft tätig wäre, wenn sie für rund drei Monate nach Österreich reisen würde. Die Einladerin habe ihren Hauptwohnsitz in Wien und nicht bei ihrem Gatten in XXXX . Handschriftlich wurde noch ergänzt, dass die Ausführungen hinsichtlich der Verwurzelung der Beschwerdeführerin im Heimatland ungeachtet dessen, dass der Gatte der Einladerin verstorben sei, weiterhin aufrecht bleiben würden.
Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 08.08.2019, beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 13.08.2019, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Südafrikas, stellte am 15.04.2019 via externem Dienstleister VFS GLOBAL bei der ÖB Pretoria einen Antrag auf Ausstellung eines 88 Tage gültigen Visums „C“ für den deklarierten Hauptzweck „Besuch von Familienangehörigen oder Freunden“.
Als Einladerin wurde XXXX , geb. XXXX , Österreichische Staatsangehörige, angeführt, welche auch eine elektronische Verpflichtungserklärung (EVE) abgab. Die EVE wurde als tragfähig qualifiziert.
Die Beschwerdeführerin lebt im Heimatsstaat nicht in einer Lebensgemeinschaft („getrennt“) und hat drei (mittlerweile) volljährige Kinder. Dass diese studieren und von der Beschwerdeführerin (finanziell) abhängig wären, wurde nicht nachweislich belegt. Zu den Lebensumständen und der Beziehung der Kinder zur Beschwerdeführerin wurde nichts berichtet. Zu weiteren Angehörigen, etwa Eltern, oder sonstigen Verwandten der Beschwerdeführerin in der Heimat, wurden keine Ausführungen erstattet.
Die Beschwerdeführerin gab als berufliche Tätigkeit „domestic worker“ an; sie ist bei der XXXX , Südafrika, beschäftigt und verdiente dort in den Monaten vor Visaantragstellung zwischen ca 3.300,-- und 4000,-- ZAR pro Monat (entspricht etwa 160,-- bis 200,-- Euro). Sie war auch für die Familie der Einladerin als Haushaltshilfe tätig, wenn sich diese in Südafrika aufhielte (Anm: zuletzt bis Anfang April 2019). Die Beschwerdeführerin verfügte am 11.04.2019 über ein Bankguthaben in Höhe von ca ZAR 2.000.--. (etwa € 100,00).
Der Ehegatte der Einladerin war zum Zeitpunkt der Visumsantragstellung noch am Leben und ein Pflegefall. Er wohnte in XXXX und war auch seine Gattin zu dieser Zeit dort aufhältig. Die Pflege des Genannten wurde seit 10.04.2019 durch Mitarbeiter des Hilfswerks durchgeführt; während des laufenden Visumsverfahrens verstarb der Gatte der Einladerin.
Eine besondere familiäre, soziale oder beruflich/wirtschaftliche Verwurzelung der Beschwerdeführerin in der Heimat konnte nicht erkannt werden. Die Absicht der Beschwerdeführerin, vor Ablauf der Gültigkeit des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auszureisen, konnte nicht festgestellt werden.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt der ÖB Pretoria, insbesondere aus den in Vorlage gebrachten Unterlagen/Dokumenten. Den getroffenen Feststellungen zum Verfahrensablauf wurde nicht substantiiert entgegengetreten.
Vorweg ist anzumerken, dass die EVE seitens der Behörde als tragfähig erachtet wurde, wie sich aus einer diesbezüglichen Feststellung im AV der Behörde ergibt. Die Ablehnung des Visumsantrags wurde dementsprechend auch nicht mit dem „Fehlen ausreichender Mittel“ begründet.
Die Feststellungen zur persönlichen und privaten Situation der Beschwerdeführerin im Herkunftssaat beruhen auf deren eigenen Angaben im telefonischen Interview seitens der ÖB Pretoria am 26.04.2019. Dass die Beschwerdeführerin nicht in einer Lebensgemeinschaft lebt, ergibt sich aus deren eigenen insofern glaubhaften Angaben. Geburtsurkunden der Töchter der Beschwerdeführerin wurden ebenso wenig in Vorlage gebracht wie Nachweise, dass diese studieren würden oder bei der Beschwerdeführerin wohnhaft seien. Eine, wie von der Beschwerdeführerin vorgebrachte, finanzielle Abhängigkeit der Töchter als Studentinnen ist nicht als erwiesen anzusehen bzw könnte eine solche auch durch finanzielle Zuwendungen durch die Beschwerdeführerin aus dem Ausland erfolgen.
Die Art der beruflichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin in der Heimat und deren daraus erzieltes monatliches Einkommen (zw. 3.300,-- und 4.000,- Südafrikanische Rand, ZAR) ist einem Schreiben des Arbeitgebers der Beschwerdeführerin vom 03.04.2019 bzw den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Bankauszügen zu entnehmen. Aus diesen ergibt sich auch ein Guthaben der Beschwerdeführerin mit Stichtag 11.04.2019 in Höhe von ZAR 2.000.--.
Dass die Beschwerdeführerin in Südafrika bereits als Haushaltshilfe bei der Familie der Einladerin gearbeitet hatte, leitet sich aus dem von der Behörde dokumentierten Inhalt des Interviews mit der Beschwerdeführerin vom 26.04.2019 sowie einer Überweisung seitens der Einladerin in Höhe von ZAR 1.000,00 an die Beschwerdeführerin am 05.04.2019 ab.
Dass die Beschwerdeführerin (und auch die Behörde) spätestens am 26.04.2019 - somit bereits zu einem Zeitpunkt vor Bescheiderlassung - vom Pflegebedarf des Gatten der Einladerin in Kenntnis waren, ergibt sich aus dem dokumentierten Inhalt des Botschaftsinterviews sowie den Angaben der Einladerin in der EVE vom 26.04.2019.
Das im Vorlageantrag erstattete Vorbringen bzw die unter einem vorgelegten Unterlagen zur Pflege bzw dem Todeszeitpunkt des Gatten der Einladerin unterfallen dem Neuerungsverbot (§ 11a Abs 2 FPG).
Die Behörde gelangte im Ergebnis zu Recht zu der Annahme, dass begründete Zweifel an der Absicht der Beschwerdeführerin bestünden, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder zu verlassen (siehe hiezu weiter unten).
3. Rechtliche Beurteilung:
§§ 11, 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11. (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. In Verfahren zur Erteilung eines Visums gemäß § 20 Abs 1 Z 9 sind Art 9 Abs 1 erster Satz und Art 14 Abs 6 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung sind auch die Rechtsmittelinstanz und die Rechtsmittelfrist anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
(9) Für die Entscheidungenüber die Erteilung eines Visums für Saisoniers (§2 Abs 4 Z 13) oder Praktikanten (§2 Abs 4 Z13a) ist Art 23 Abs 1 bis 3 Visakodex sinngemäß anzuwenden.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des europäischen Parlaments und des Rates (Visakodex) idgF der Verordnung (EU) 2019/1155 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 lauten wie folgt:
Prüfung der Einreisevoraussetzungen und Risikobewertung
Art. 21 (1) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein einheitliches Visum ist festzustellen, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen nach Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben a, c, d und e des Schengener Grenzkodexes erfüllt, und ist insbesondere zu beurteilen, ob bei ihm das Risiko der rechtswidrigen Einwanderung besteht, ob er eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt und ob er beabsichtigt, vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen.
(2) Zu jedem Antrag wird das VIS gemäß Artikel 8 Absatz 2 und Artikel 15 der VIS-Verordnung abgefragt. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Suchkriterien gemäß Artikel 15 der VIS-Verordnung voll und ganz verwendet werden, um falsche Ablehnungen und Identifizierungen zu vermeiden.
(3) Bei der Kontrolle, ob der Antragsteller die Einreisevoraussetzungen erfüllt, prüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden,
a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
b) ob die Angaben des Antragstellers zum Zweck und zu den Bedingungen des beabsichtigten Aufenthalts begründet sind und ob er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des beabsichtigten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt oder in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
c) ob der Antragsteller im Schengener Informationssystem (SIS) zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
d) ob der Antragsteller keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Nummer 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats darstellt und ob er insbesondere nicht in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist;
e) ob der Antragsteller, soweit erforderlich, im Besitz einer angemessenen und gültigen Reisekrankenversicherung ist, die für den Zeitraum des geplanten Aufenthalts, oder, falls ein Visum für die mehrfache Einreise beantragt wird, für den Zeitraum des ersten geplanten Aufenthalts gilt.
(4) Das Konsulat oder die zentrale Behörden prüfen gegebenenfalls anhand der Dauer früherer und geplanter Aufenthalte, ob der Antragsteller die zulässige Höchstdauer des Aufenthalts im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht überschritten hat, ungeachtet etwaiger Aufenthalte, die aufgrund eines nationalen Visums für den längerfristigen Aufenthalt oder eines Aufenthaltstitels genehmigt wurden.
(5) Die Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts während des geplanten Aufenthalts werden nach der Dauer und dem Zweck des Aufenthalts und unter Zugrundelegung der Ausgaben für Unterkunft und Verpflegung in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) nach Maßgabe eines mittleren Preisniveaus für preisgünstige Unterkünfte bewertet, die um die Zahl der Aufenthaltstage multipliziert werden; hierzu werden die von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Schengener Grenzkodexes festgesetzten Richtbeträge herangezogen. Der Nachweis einer Kostenübernahme und/oder einer privaten Unterkunft kann ebenfalls das Vorhandensein ausreichender Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts belegen.
(6) Bei der Prüfung eines Antrags auf ein Visum für den Flughafentransit überprüfen das Konsulat oder die zentralen Behörden insbesondere Folgendes: a) dass das vorgelegte Reisedokument nicht falsch, verfälscht oder gefälscht ist; b) den Ausgangs- und Zielort des betreffenden Drittstaatsangehörigen und die Kohärenz der geplanten Reiseroute und des Flughafentransits; c) den Nachweis der Weiterreise zum Endbestimmungsland.
(7) Die Prüfung eines Antrags stützt sich insbesondere auf die Echtheit und Vertrauenswürdigkeit der vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen und den Wahrheitsgehalt und die Glaubwürdigkeit seiner Aussagen.
(8) Im Verlauf der Prüfung eines Antrags können das Konsulat oder die zentralen Behörden den Antragsteller in begründeten Fällen befragen und zusätzliche Unterlagen anfordern.
(9) Die Ablehnung eines früheren Visumantrags bewirkt nicht automatisch die Ablehnung eines neuen Antrags. Der neue Antrag wird auf der Grundlage aller verfügbaren Informationen beurteilt.
Visumverweigerung
Art. 32 (1) Unbeschadet des Artikels 25 Absatz 1 wird das Visum verweigert,
a) wenn der Antragsteller:
i) ein Reisedokument vorlegt, das falsch, verfälscht oder gefälscht ist;
ii) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
iia) den Zweck und die Bedingungen des geplanten Flughafentransits nicht begründet;
iii) nicht den Nachweis erbringt, dass er über ausreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts sowohl für die Dauer des geplanten Aufenthalts als auch für die Rückreise in den Herkunfts- oder Wohnsitzstaat oder für die Durchreise in einen Drittstaat, in dem seine Zulassung gewährleistet ist, verfügt, bzw. nicht in der Lage ist, diese Mittel rechtmäßig zu erwerben;
iv) sich im laufenden Zeitraum von 180 Tagen bereits 90 Tage im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten auf der Grundlage eines einheitlichen Visums oder eines Visums mit räumlich beschränkter Gültigkeit aufgehalten hat;
v) im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
vi) als eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit im Sinne von Artikel 2 Absatz 19 des Schengener Grenzkodexes oder für die internationalen Beziehungen eines Mitgliedstaats eingestuft wird, insbesondere wenn er in den nationalen Datenbanken der Mitgliedstaaten zur Einreiseverweigerung aus denselben Gründen ausgeschrieben worden ist; oder
vii) nicht nachweist, dass er, soweit erforderlich, über eine angemessene und gültige Reisekrankenversicherung verfügt; oder
b) wenn begründete Zweifel an der Echtheit der von dem Antragsteller vorgelegten Belege oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhalts, an der Glaubwürdigkeit seiner Aussagen oder der von ihm bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
(2) Eine Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung werden dem Antragsteller unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI in der Sprache des Mitgliedstaates, der die endgültige Entscheidung über den Antrag getroffen hat, und in einer anderen Amtssprache der Organe der Union mitgeteilt.
(3) Antragstellern, deren Visumantrag abgelehnt wurde, steht ein Rechtsmittel zu. Die Rechtsmittel sind gegen den Mitgliedstaat, der endgültig über den Visumantrag entschieden hat, und in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht dieses Mitgliedstaats zu führen. Die Mitgliedstaaten informieren die Antragsteller über das im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels zu befolgende Verfahren nach Anhang VI.
[ … ]
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
Vorweg bleibt Folgendes festzuhalten:
Art. 32 Abs. 2 Visakodex bestimmt, dass dem Antragsteller die Entscheidung über die Verweigerung und die entsprechende Begründung unter Verwendung des Standardformulars in Anhang VI mitgeteilt werden.
Der angefochtene Bescheid leidet daher nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel, weil er sich auf das Ankreuzen von Textbausteinen beschränkte, ohne auf den konkreten Fall Bezug zu nehmen und dazu Feststellungen zu treffen. Diese Vorgangsweise entspricht vielmehr - sofern der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt im Akt nachvollziehbar ist - den besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. § 11 FPG und dazu grundlegend VwGH vom 24.10.2007, Zl. 2007/21/0216) und steht, wie oben angeführt, mit dem Art. 32 Abs. 2 iVm Anhang VI des Visakodex im Einklang (VwGH vom 17.11.2011, Zl. 2010/21/0423, mwN).
Die – auch von der Behörde eingeräumten – vorliegenden formalen Fehler (Beilage eines Visums eine andere Person als die Beschwerdeführerin betreffend bzw Nichtanführung einer GZ) beruhen auf redaktionellen Versehen und sind nicht als entscheidungsrelevant zu qualifizieren.
Gemäß Art. 32 Abs. 1 lit. b) Visakodex ist ein Visum dann zu verweigern, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen.
Schon das Abstellen auf "begründete Zweifel" in Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex macht deutlich, dass nicht ohne weiteres - generell - unterstellt werden darf, dass Fremde unter Missachtung der fremdenrechtlichen Vorschriften im Anschluss an die Gültigkeitsdauer eines Visums weiterhin im Schengenraum (unrechtmäßig) aufhältig bleiben. Es wird daher konkreter Anhaltspunkte in diese Richtung bedürfen, und die Behörde kann die Versagung eines Visums nicht gleichsam mit einem "Generalverdacht" zu Lasten aller Fremden begründen. Regelmäßig wird daher, wenn nicht gegenteilige Indizien bekannt sind, davon auszugehen sein, dass der Fremde vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums wieder ausreisen wird (vgl. VwGH vom 29.09.2011, Zl. 2010/21/0344 mit Hinweis auf E 20.12.2007, 2007/21/0104).
Nach dem Urteil des EuGH vom 19.12.2013, C-84/12 verlangt diese Bestimmung von der Behörde nicht, Gewissheit zu erlangen, ob der Antragsteller beabsichtigt, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen. Die Behörde hat vielmehr festzustellen, ob begründete Zweifel an dieser Absicht bestehen. Zu diesem Zweck hat die Behörde eine individuelle Prüfung des Antrages vorzunehmen. Dabei sind zum einen die allgemeinen Verhältnisse im Wohnsitzstaat des Antragstellers und zum anderen seine persönlichen Umstände – insbesondere seine familiäre, soziale und wirtschaftliche Situation, seine Bindungen im Wohnsitzstaat und in den Mitgliedstaaten – zu berücksichtigen.
Es obliegt dem Antragsteller, Unterlagen zur Beurteilung seiner Rückkehrabsicht vorzulegen und etwaige Zweifel zu entkräften.
Das Bundesverwaltungsgericht geht – wie auch die Behörde – davon aus, dass begründete Zweifel an der von der Beschwerdeführerin bekundeten Absicht bestehen, vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zu verlassen. Hiefür liegen konkrete Anhaltspunkte vor und ist es der Beschwerdeführerin nicht gelungen, den diesbezüglichen Bedenken substantiiert entgegen zu treten bzw. diese zu entkräften.
Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen des Parteiengehörs vom 26.04.2019 darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass Zweifel an ihrer Absicht bestünden, vor Ablauf des Visums das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten wieder zu verlassen, da sie bis Anfang April (2019) im Haushalt der Familie der Einladerin in Südafrika gearbeitet habe; es sei aufgrund der Pflegebedürftigkeit des Ehemannes der Einladerin anzunehmen, dass die Beschwerdeführerin in Österreich ebenfalls als Haushaltshilfe tätig sein werde.
Zu diesen Bedenken der Behörde hat die Beschwerdeführerin nicht Stellung genommen.
Mag zwar die von der Behörde gewählte Formulierung ihrer Bedenken hinsichtlich eines Verbleibs der Beschwerdeführerin im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über den Gültigkeitszeitraum des beantragten Visums hinaus nicht ganz stringent erscheinen, ist ihr im Ergebnis aufgrund folgender Erwägungen jedoch nicht entgegen zu treten:
Es ist der Beschwerdeführerin, wie bereits oben angeführt, nicht gelungen, eine besondere familiäre, soziale, berufliche und/oder wirtschaftliche Verwurzelung in der Heimat darzutun.
In Bezug auf ihren Familienstand gab die Beschwerdeführerin im Visumsantrag an, „getrennt“ zu leben. Auch im weiteren Verlauf des Verfahrens kam nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin etwa in einer Lebensgemeinschaft leben oder eine sonstige relevante Beziehung führen würde.
Den Ausführungen der Beschwerdeführerin im Rahmen des telefonischen Interviews mit der ÖB am 26.04.2019 war zu entnehmen, dass sie zwei volljährige Kinder und eine 17-jährige Tochter habe, die während ihrer Abwesenheit von einer Cousine versorgt werden würden. Aus dieser Formulierung könnte man schließen, dass zurzeit ein gemeinsamer Haushalt der Beschwerdeführerin mit ihren angeführten volljährigen Kindern besteht; Belege für einen solchen gemeinsamen Haushalt (etwa Meldebestätigungen oder dgl) wurden jedoch nicht in Vorlage gebracht. Im Übrigen fehlt es bereits auch an Nachweisen hinsichtlich der tatsächlichen Existenz der von der Beschwerdeführerin angeführten Kinder; ein solcher Nachweis wäre etwa in Form der Vorlage von Geburtsurkunden leicht zu führen gewesen. Nachweise des Vorliegens einer besonderen Beziehungsintensität zu ihren volljährigen Kindern bzw hinsichtlich einer besonderen (finanziellen oder sonstigen) wechselseitigen Abhängigkeit oder eines Pflegebedarfs hat die Beschwerdeführerin nicht vorgelegt.
Im Vorlageantrag gab die Beschwerdeführerin dann noch an, alle ihre Kinder würden studieren, weshalb diese auf die (finanzielle) Unterstützung durch die Beschwerdeführerin angewiesen seien. Hiezu ist zunächst anzumerken, dass die Ausführungen im Vorlageantrag dem Neuerungsverbot gemäß §11a Abs. 2 2. Satz FPG unterfallen und somit grundsätzlich außer Betracht zu bleiben haben. Davon abgesehen wurden auch keinerlei Nachweise betreffend ein Studium der Kinder (etwa in Form einer Inskriptionsbestätigung oder eines Auszugs aus dem Studienbuch) vorgelegt.
Es wäre jedenfalls an der Beschwerdeführerin gelegen, ihre Angaben in Hinblick auf die familiäre bzw soziale Verwurzelung in der Heimat durch die Vorlage entsprechender, nachprüfbarer Dokumente zu belegen. Konkrete Anhaltspunkte für eine besondere familiäre und soziale Verwurzelung der Beschwerdeführerin in Südafrika sind für das erkennende Gericht nicht ersichtlich.
Festzuhalten bleibt, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine alleinstehende Frau handelt, deren (angebliche) Kinder mittlerweile volljährig sind. Über weitere Angehörige (Eltern) bzw Verwandte und Freunde, zu denen eine enge Beziehung oder Abhängigkeiten bestünden, wurde nicht berichtet.
Zum Nachweis der beruflichen Tätigkeit legte die Beschwerdeführerin ein Schreiben ihres Arbeitgebers vom 03.04.2019 betreffend dessen Einverständnis mit ihrer geplanten dreimonatigen Abwesenheit und der Einstellungszusage nach Rückkehr sowie einen Gehaltsnachweis für März 2019 über 3.348,18 Südafrikanische Rand ZAR (derzeit umgerechnet rund 173,- Euro) vor. Aus den weiters vorgelegten Kontoauszügen ist in den Monaten Jänner bis März 2019 ein monatlicher Eingang (Salary/Wage) zwischen etwa 3.300,-- und 4.000,-- ZAR ersichtlich. Seit wann die Beschwerdeführerin bei der genannten Firma beschäftigt ist, wurde nicht bekannt gegeben. Eine besondere berufliche Verwurzelung in der Heimat ist aus den vorgelegten Unterlagen jedenfalls nicht ableitbar.
Per 11.04.2019 belief sich das Bankguthaben der Beschwerdeführerin laut den vorgelegten Kontoauszügen auf 2.020,77 ZAR (derzeit umgerechnet rund 105,- Euro), wobei zu beachten ist, dass am 05.04.2019 1.000,- ZAR – und somit insgesamt beinahe die Hälfte des Guthabens per Stichtag 11.04.2019 – seitens der Einladerin überwiesen wurden. Über nennenswertes weiteres Vermögen oder Eigentum in Südafrika berichtete die Beschwerdeführerin nicht. Eine relevante wirtschaftliche Verwurzelung der Beschwerdeführerin in der Heimat kann sohin nicht festgestellt werden.
Die Behörde gelangte im Ergebnis jedenfalls zu Recht zu der Annahme, dass begründete Zweifel an der Absicht der Beschwerdeführerin bestehen würden, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des Visums wieder zu verlassen. Die aufgezeigten Zweifel konnten seitens der Beschwerdeführerin letztlich auch nicht ausgeräumt werden.
Die Ausführungen der Beschwerdeführerin hinsichtlich der beabsichtigten Wiederausreise vor Ablauf des Visums erschöpften sich in einer bloßen diesbezüglichen Behauptung. In diesem Zusammenhang ist noch anzuführen, dass aus den vorgelegten Flugreservierungen kein tatsächlicher Kauf der Tickets hervorgeht; Zahlungsbestätigungen bzw. entsprechende Belege wurde nicht vorgelegt. Bei einer, wie hier vorliegend, (bloßen) Reservierung für ein Hin- und Rückflugticket handelt es sich lediglich um einen Anhaltspunkt für eine Wiederausreise, ist jedoch nicht notwendiger Weise geeignet, andere für einen beabsichtigten dauerhaften Verbleib der Antragstellerin in Österreich sprechende Anhaltspunkte (siehe hiezu oben) zu entkräften (siehe VwGH 17.11.2011, 2010/21/0213).
Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.12.2007, 2007/21/0104 führt unmissverständlich aus, dass (im Gegensatz zur alten Rechtslage) die Visumerteilung positiv voraussetzt, dass die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint. War es bisher (alte Rechtslage) Sache der Behörde, Anhaltspunkte für ein Verbleiben des Fremden in Österreich über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus darzutun, andernfalls das beantragte Visum zu erteilen war, muss sich ein derartiges Verbleiben – soll es zu einer Visumerteilung kommen – als unwahrscheinlich erweisen. Zweifel gehen, anders als nach der alten Rechtslage, daher nunmehr zu Lasten des Fremden.
Nach dem Gesagten kann im gegenständlichen Fall nicht davon ausgegangen werden, dass es sich gegenständlich um einen „Generalverdacht“ handle, der zur Versagung des Visums geführt hätte. Vielmehr liegen begründete Anhaltspunkte für die Annahme eines Verbleibens der Beschwerdeführerin im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über die Gültigkeitsdauer des Visums hinaus, vor. Im Hinblick auf den vorliegenden Sachverhalt hat die Behörde mit der Feststellung des Vorliegens der genannten Gründe für die Verweigerung des Visums den ihr zustehenden weiten Beurteilungsspielraum (EuGH C-84/12 vom 19.12.2013) nicht überschritten. Es ist es der Beschwerdeführerin letztlich nicht gelungen, die Bedenken der Behörde durch unter Beweis zu stellendes geeignetes Vorbringen zu zerstreuen.
Abschließend ist nochmals darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen in der Beschwerde und dem Vorlageantrag dem Neuerungsverbot gemäß § 11a FPG unterliegt. Gemäß § 11a FPG ist klargestellt, dass für die Rechtsmittelverfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden bestimmte Sonderregelungen, wie etwa die Unzulässigkeit einer mündlichen Verhandlung oder ein umfassendes Neuerungsverbot, vorgesehen ist. Da es in Visaverfahren jederzeit möglich ist, neue Visaanträge zu stellen, und dies gegenüber der Führung eines Beschwerdeverfahrens rascher und kostensparender ist, kann das Beschwerdeverfahren in sachgerechter Weise, auf die bereits bei der ursprünglichen Antragstellung vorgebrachten Tatsachen und Beweise beschränkt werden (Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht §22b BFA-VG, Stand 01.01.2015).
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG waren das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
begründete Zweifel Einreisetitel familiäre Situation WiederausreiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W185.2222340.1.00Im RIS seit
30.10.2020Zuletzt aktualisiert am
30.10.2020