TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/17 96/19/0418

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Veröffentlicht am 17.10.1997
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7 Abs1;
AsylG 1991 §8;
AufG 1992 §1 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6 Abs2;
AufG 1992 idF 1995/351 §6;
AufG Anzahl der Bewilligungen 1995 §3 Z3;
FrG 1993 §37;
FrG 1993 §54;
FrG 1993 §7 Abs7;
MRK Art8 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des 1968 geborenen MY in W, vertreten durch die zur Verfahrenshilfe bestellte Rechtsanwältin Dr. Michaela Tulipan, 1100 Wien, Keplerplatz 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. August 1995, Zl. 107.499/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 14. Juni 1994 stellte der Beschwerdeführer einen als Verlängerungsantrag bezeichneten Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Aus seiner dem Antrag beigelegten Sachverhaltsdarstellung geht hervor, daß er irakischer Staatsangehöriger und Asylwerber sei. Gegen den abweislichen Berufungsbescheid im Asylverfahren habe er sowohl beim Verwaltungs- als auch beim Verfassungsgerichtshof Beschwerde eingelegt und es sei ihm von beiden Gerichtshöfen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde in dem Umfang bewilligt worden, daß er in jene Rechtsstellung zurückversetzt worden sei, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides innegehabt habe, also in den Zustand der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 3 des Asylgesetzes 1991. Da ihm die Rückkehr in den Irak unabhängig vom Ausgang seines Asylverfahrens nicht möglich und kein anderes Land als Österreich zu seiner Aufnahme bereit sei, stelle er den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag sei als rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag zu werten. Eine andere Möglichkeit der Regelung seines Aufenthaltes für den Fall eines negativen Abschlusses seines Asylverfahrens bestehe nicht, da er mangels entsprechender Dokumente nicht zur Stellung eines Erstantrages ins Ausland reisen könne und es ihm nicht zugemutet werden könne, die irakische Botschaft aufzusuchen, würde diese doch so auf seinen Aufenthalt in Österreich aufmerksam gemacht werden. In der Botschaft habe er aufgrund ihrer Exterritorialität auch keinen Schutz vor Übergriffen der Bediensteten und Auslieferung an die Behörden seines Heimatlandes.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 1. September 1994 gemäß den §§ 6 Abs. 1 und 1 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG ab. In seiner dagegen erhobenen Berufung bezog sich der Beschwerdeführer vor allem auf das Rundschreiben des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994, wonach in Fällen wie dem vorliegenden eine Inlandsantragstellung möglich sei und wies darauf hin, daß sein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung insofern rechtzeitig gestellt worden sei, als er ihn noch während der Gültigkeitsdauer seiner wiederaufgelebten vorläufigen Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz eingebracht habe.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 9. August 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 des Fremdengesetzes (FrG) und § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Begründet wurde dies damit, daß nach der auch auf den eigenen Angaben des Beschwerdeführers beruhenden Aktenlage dieser im Jahre 1992 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist und sein Asylantrag rechtskräftig negativ beschieden worden sei. Damit liege ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund im Sinn des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG vor.

Zudem sei ein Erstantrag auf Erteilung einer Bewilligung gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet zu stellen; dieses zwingende Erfordernis sei jedoch vom Beschwerdeführer nicht erfüllt worden. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien Fremde, die sich den Zugang zum Bundesgebiet unter Umgehung der Grenzkontrolle verschafften und einen unberechtigten Asylantrag stellten, nicht besser zu stellen, als Fremde, die keinen Antrag gestellt hätten. Die Versagung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG stelle einen zulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben auch im Hinblick auf Art. 8 MRK dar; es erübrige sich somit jedes weitere Eingehen darauf.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. In der Beschwerde wird zugestanden, daß der Beschwerdeführer hinsichtlich der Verlängerbarkeit von vor dem 1. Jänner 1993 (gemeint wohl: 1. Juli 1993) begründeten asylrechtlichen Aufenthaltsberechtigungen im Inland nach § 13 Abs. 1 AufG von einer irrigen Rechtsauffassung ausgegangen sei, dies in Anlehnung an ein Rundschreiben des Bundesministers für Inneres vom 6. April 1994. Im vorliegenden Fall hätte die belangte Behörde aber erkennen müssen, daß der Landeshauptmann von Wien sachlich nicht zur Behandlung des auf § 13 Abs. 1 AufG gestützten Antrages des Beschwerdeführers zuständig gewesen sei, weil die vom Beschwerdeführer im Inland beantragte Bewilligung aufgrund der §§ 13 Abs. 2 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG sowie aufgrund von § 6 Abs. 2 AufG vom Landeshauptmann de iure nicht erteilt habe werden können. Hingegen wäre der Beschwerdeführer aber in der Lage gewesen, einen Sichtvermerk nach § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 und 4 FrG erteilt zu erhalten, weshalb er vom Landeshauptmann von Wien an die zur Erteilung solcher Sichtvermerke zuständige Bundespolizeidirektion Wien verwiesen hätte werden müssen. Der Beschwerdeführer habe nämlich unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, nicht zur Ausreise aus dem Bundesgebiet (zwecks Erstantragstellung nach § 6 AufG) in der Lage zu sein, andererseits aber der positiven Regelung seines Aufenthaltes für den Fall des Abschlusses seines Asylverfahrens in Österreich zu bedürfen. Die Behörde hätte angesichts der Ausführungen des Beschwerdeführers im Verfahren erkennen müssen, daß die Fremdenpolizeibehörde zur Entscheidung über das Aufenthaltsgesuch des Beschwerdeführers sachlich zuständig sei, weil die dargelegten Umstände die Erteilung eines Sichtvermerkes nach § 7 Abs. 1 FrG rechtfertigen würden, während die Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz a priori ausgeschlossen sei. Der Beschwerdeführer halte sich seit dem 19. Dezember 1992 im Bundesgebiet auf und habe bereits einen Wohnsitz begründet. Er benötige daher nicht mehr gemäß § 1 Abs. 1 AufG zur Begründung eines Wohnsitzes eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, da der in seinem Fall zu erteilende Sichtvermerk nach dem Fremdengesetz nicht der Begründung eines (neuen) Wohnsitzes, sondern der Aufrechterhaltung eines bereits bestehenden Wohnsitzes dienen sollte.

Des weiteren sei die belangte Behörde zu Unrecht von einer unter Umgehung der Grenzkontrolle erfolgten Einreise des Beschwerdeführers ins Bundesgebiet ausgegangen. Dem Beschwerdeführer sei nämlich, nachdem er am 20. Dezember 1992 die Grenzkontrollstelle am Flughafen Wien-Schwechat aufgesucht hatte, auf seinen Asylantrag hin gemäß § 6 Abs. 2 Asylgesetz formlos die Einreise ins Bundesgebiet gestattet worden. Ein zwingender Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG liege somit nicht vor, sodaß in Anlehnung an die ständige Judikatur bei der Behandlung von Sichtvermerks- bzw. Aufenthaltsanträgen auch eine Abwägung öffentlicher Interessen gegen private Interessen des Antragstellers gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK vorzunehmen gewesen wäre.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat hierüber erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Erlassung des angefochtenen Bescheides (24. August 1995) ist für die Überprüfung des Bescheides auf seine Rechtmäßigkeit das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich. Die im vorliegenden Fall einschlägigen Bestimmungen des AufG lauten wie folgt:

"§ 1.

...

(3) Keine Bewilligung brauchen Fremde, wenn sie

...

6. aufgrund des Asylgesetzes 1991, BGBl. Nr. 8/1992, zum Aufenthalt in Österreich berechtigt sind.

...

§ 5.(1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

...

§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Begründet eine Einbringung auf dem Postweg oder durch Vertreter die Vermutung, daß diese Regelung umgangen werden soll, kann die persönliche Einbringung verlangt werden. Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Fall des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; ... schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden.

...

(4) Über den Antrag entscheidet, außer in den Fällen des § 7, der nach dem beabsichtigten Aufenthalt zuständige Landeshauptmann.

...

§ 13.(1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 und Abs. 4 genannten Fremden keine Anwendung. Für diese kommt eine Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 in Betracht."

§ 7 Abs. 7 und § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG lauten:

"§ 7.

...

(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß dem § 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen.

§ 10.(1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

7. sich der Sichtvermerkswerber nach Umgehung der Grenzkontrolle im Bundesgebiet aufhält."

..."

Die Beschwerde stützt sich darauf, daß die Behörde erster Instanz nicht zur Behandlung des auf § 13 Abs. 1 AufG gestützten Antrages zuständig gewesen sei, "weil die vom Beschwerdeführer im Inland beantragte Bewilligung aufgrund von §§ 13 Abs. 2 in Verbindung mit 1 Abs. 3 Z. 6 AufG sowie aufgrund von § 6 Abs. 2 AufG de iure nicht erteilt hätte werden können". Gemäß § 6 AVG hätte die Behörde erster Instanz den Antrag als auf Erteilung eines Sichtvermerkes gemäß § 7 Abs. 1 FrG in Verbindung mit § 10 Abs. 3 und 4 FrG gerichtet werten und diesen an die zuständige Bundespolizeidirektion Wien weiterleiten müssen.

Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren unzweifelhaft die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, nicht aber eines Sichtvermerkes gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG beantragt. Dies geht aus dem Text des verwendeten Formblattes ("Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz") ebenso hervor wie aus der dem Antrag beiliegenden Sachverhaltsdarstellung, wo der Beschwerdeführer - unabhängig vom Ausgang seines Asylverfahrens - einen längerfristigen Aufenthalt in Österreich ankündigt und ausdrücklich um die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ersucht. Dabei hat der Beschwerdeführer den vorliegenden Antrag als rechtzeitig eingebrachten Verlängerungsantrag bezeichnet und die Unmöglichkeit der Stellung eines Erstantrages vom Ausland aus dargelegt.

Gemäß § 6 AVG hat die Behörde ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Nur wenn bei ihr Anbringen einlangen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist, hat sie diese entweder an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Die Behörde ist somit verpflichtet, bei ihr einlangende Anträge dahin zu überprüfen, ob sie zur Behandlung der dem Antrag zugrunde liegenden Sache zuständig ist. Für ein Vorgehen gemäß § 6 AVG lag bei der gemäß § 6 Abs. 4 AufG für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen in erster Instanz sachlich und örtlich zuständigen Behörde, dem Landeshauptmann von Wien, angesichts des eindeutigen Wortlautes des Antrages keine Veranlassung vor. Die Behörde erster Instanz war aufgrund des vorliegenden unzweifelhaften Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zuständig, über diesen Antrag eine Entscheidung zu treffen.

Aus dem Berufungsantrag, die Behörde erster Instanz aufgrund des in der Berufung geschilderten Sachverhaltes zur Erteilung der beantragten Aufenthaltsbewilligung zu veranlassen, ist weiters zu erkennen, daß der Beschwerdeführer seinen im erstinstanzlichen Verfahren gestellten Antrag auf Erteilung einer solchen Bewilligung mit seinem Berufungsvorbringen weiter aufrecht erhielt, sodaß die belangte Behörde zu einer meritorischen Erledigung dieses Antrages zuständig blieb und ihn nicht etwa infolge Änderung des Antrages (z. B. auf Erteilung eines Sichtvermerkes nach § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG) an die zuständige Behörde weiterzuleiten hatte.

Lag dem Verfahren aber eindeutig ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem AufG zugrunde, war die Behörde nicht gehalten zu prüfen, ob allenfalls ein Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z. 1 FrG hätte erteilt werden können. Auch der in der Beschwerde genannte § 7 Abs. 7 FrG war im gegenständlichen Fall nicht anzuwenden, weil diese Bestimmung im Fall der Antragstellung auf Erteilung eines Sichtvermerkes nach dem Fremdengesetz eine Weiterleitung des Antrages an die nach dem AufG zuständigen Behörden in den Fällen vorsieht, in denen der Antragsteller eine Aufenthaltsbewilligung (§ 1 Abs. 1 AufG) benötigt. Im vorliegenden Fall war der Antrag aber (bereits) auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gerichtet, weshalb für die Anwendung des § 7 Abs. 7 FrG kein Platz war. Die in der Beschwerde diesbezüglich vertretene Ansicht, aus § 7 Abs. 7 FrG folge im Gegenschluß, daß dem Beschwerdeführer aufgrund des vorliegenden Antrages ein Sichtvermerk zu erteilen sei, da er keine Aufenthaltsbewilligung benötige, findet im Gesetz keine Deckung. Sollte der Beschwerdeführer tatsächlich dieser Ansicht sein, wäre es ihm während des Verfahrens jederzeit freigestanden, den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zurückzuziehen und einen Antrag auf Erteilung eines Sichtvermerkes zu stellen.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens war daher - wie oben dargelegt - der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz. Soweit sich die Beschwerdeausführungen darauf beziehen, daß dem Beschwerdeführer ein Sichtvermerk erteilt hätte werden können, gehen sie am Gegenstand des Verfahrens vorbei, weshalb sich ein Eingehen darauf erübrigt.

In der Beschwerde wird ausdrücklich zugestanden, daß der Beschwerdeführer "von einer irrigen Rechtsauffassung" ausgegangen sei, als er meinte, seine asylrechtlich begründete Aufenthaltsberechtigung sei durch Antragstellung vom Inland aus verlängerbar. Diese Rechtsauffassung ist tatsächlich unzutreffend.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes findet § 13 Abs. 1 AufG gemäß § 13 Abs. 2 auf die in § 1 Abs. 3 und 4 AufG genannten Fremden keine Anwendung. Diese können vor oder nach Ablauf der Geltungsdauer ihrer Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung nicht unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften beantragen. Für die Erteilung einer Bewilligung im Anschluß an eine Aufenthaltsberechtigung ist demnach § 6 Abs. 2 AufG maßgeblich. Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestritten im Inland gestellt hat, ist die Voraussetzung des § 6 Abs. 2

erster Satz AufG, den Antrag vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen, nicht erfüllt. Bei der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG handelt es sich grundsätzlich um eine Voraussetzung, deren Nichterfüllung zwingend die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. u.a. hg. Erkenntnisse vom 25. April 1997, Zl. 95/19/1321, und vom 30. Mai 1997, Zl. 95/19/1327).

Auch auf die Ausnahmebestimmung des § 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 kann sich der Beschwerdeführer nicht berufen, weil er über keine Aufenthaltsbewilligung verfügte.

§ 3 Z. 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 lautete:

"§ 3. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

3. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist, und deren Familienangehörige im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten und

..."

Mit "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 3 der Verordnung BGBl. Nr. 408/1995 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 3, erster Satzteil, etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 3 leg. cit. (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0743). Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 fällt daher nicht unter den Begriff "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne des § 3 Z. 3 der in Rede stehenden Verordnung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0738).

Da der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen im Inland gestellt hat, ist die Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG, den Antrag vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen, nicht erfüllt. Die belangte Behörde hat ihren Bescheid daher nicht mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie - gestützt auf den Abweisungsgrund des § 6 Abs. 2 AufG - den Antrag des Beschwerdeführers abwies.

Selbst bei Zutreffen der Behauptung des Beschwerdeführers, ihm sei nicht nur die Rückkehr in sein Heimatland (vgl. hiezu die §§ 37 und 54 FrG), sondern auch die Ausreise in einen anderen Staat (und die Stellung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung aus diesem) verwehrt, macht er damit keine Umstände geltend, die bei einer Antragstellung nach dem AufG mit dem Zweck der Begründung eines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet (vgl. § 1 Abs. 1 AufG) zu berücksichtigen wären (vgl. hg. Erkenntnis vom 8. August 1997, Zl. 95/19/1593).

Insoweit der Beschwerdeführer auf die mangelnde Berücksichtigung privater Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides ca. zweieinhalbjähriger Aufenthalt im Inland) verweist, ist ihm folgendes zu entgegnen:

Der Gesetzgeber der Aufenthaltsgesetz-Novelle BGBl. Nr. 351/1995 hat in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG bereits auf die während eines berechtigten Aufenthaltes nach dem Asylgesetz begründeten privaten und familiären Interessen eines Fremden im Inland Bedacht genommen und sich bewußt dafür entschieden, Inlandsantragstellungen nur im Falle des Verlustes des Asyls zu gestatten. Eine weitere Bedachtnahme durch den Rechtsanwender kommt daher nicht in Betracht. Verfassungsmäßige Bedenken gegen die Determinierung des Rechtes auf Inlandsantragstellung auf den Fall des Verlustes von Asyl bestehen aus folgenden Gründen nicht: Die aus den Erläuternden Bemerkungen zum Aufenthaltsgesetz (vgl. RV 525 BlgNR 18. GP) abzuleitende Zielvorstellung dieses Gesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutz der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, einen abgewiesenen Asylwerber in Ansehung seiner privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0371). Eine Einschränkung des - allenfalls - durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Neuzuwanderung zur Wahrung der durch einen Voraufenthalt begründeten persönlichen oder familiären Interessen durch § 6 Abs. 2 AufG ist - aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt. Ein dem Beschwerdefall, der dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, zugrunde lag, vergleichbarer Fall liegt hier nicht vor.

Mangels Vorliegens der Bewilligungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 2 AufG erübrigte sich ein Eingehen auf den ebenfalls von der Behörde herangezogenen Abweisungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 7 FrG.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190418.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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