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E1ENorm
B-VG Art133 Abs4Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Mag.a Merl und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, in der Revisionssache des H H in L, vertreten durch Dr. Karl Schelling, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schulgasse 22, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 7. Februar 2020, LVwG-302-8/2019-R9, betreffend Anträge gemäß § 16 Raumplanungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevertretung der Gemeinde Lech; weitere Partei: Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 2. Oktober 2019, soweit damit seine Anträge auf Erteilung einer Bewilligung für die Nutzung mehrerer Appartements eines auf einem näher bezeichneten Grundstück bestehenden Gebäudes als Ferienwohnung als unzulässig zurückgewiesen worden waren, keine Folge gegeben und der Bescheid mit einer Maßgabe im Spruch bestätigt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
5 Begründend stellte das Verwaltungsgericht zunächst fest, dass der Revisionswerber österreichischer Staatsbürger und Alleineigentümer des gegenständlichen Grundstückes sei. Weiters hielt das Verwaltungsgericht im Wesentlichen fest, dass die Bewilligungstatbestände nach § 16 Abs. 4 und 4a Raumplanungsgesetz (im Folgenden: RPG) in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 22/2015, auf welche sich die gegenständlichen Anträge ausdrücklich stützten, mit Inkrafttreten der besagten Novelle ersatzlos entfallen seien. Dass im Revisionsfall von dem Grundsatz, wonach das Verwaltungsgericht seiner Entscheidung die zum Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Sach- und Rechtslage zugrunde zu legen habe, aus europarechtlichen Erwägungen abgewichen werden müsse, könne nicht erkannt werden (wird näher ausgeführt).
6 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 9. Juni 2020, E 1003/2020-5, deren Behandlung ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Begründend hielt der Verfassungsgerichtshof unter anderem fest, dass für ihn nicht erkennbar sei, dass die Bestimmungen des § 16 RPG und die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde L. vom 13. Juli 2015 gemäß § 16 Abs. 8 RPG - soweit diese im vorliegenden Fall präjudiziell seien - gegen die unionsrechtlichen Grundfreiheiten verstoßen würden, weswegen eine verfassungsrechtlich unzulässige Inländerdiskriminierung von vornherein nicht vorliegen könne.
7 Soweit sich der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung der vorliegenden Revision gegen die erfolgte Zurückweisung seiner Anträge wendet und dazu vorbringt, „die Behörde“ habe ausgehend von ihrer falschen Rechtsansicht, wonach auf die vorliegenden Anträge die „neue Rechtslage“ anzuwenden sei, zu Unrecht einen diesbezüglichen Verbesserungsauftrag erteilt und hätte „mangels Erfüllung dieses Verbesserungsauftrages im Bereich des EU-Rechtes“ die Anträge nicht zurückweisen dürfen, ist zum einen auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Frage, welche Rechtslage nach dem Inkrafttreten der in Rede stehenden Novelle LGBl. Nr. 22/2015 zum RPG auch in vor diesem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahrens anzuwenden ist, bereits geklärt hat; dazu wird gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Beschlüsse VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, und VwGH 25.1.2018, Ra 2017/06/0251, verwiesen. Dass das Verwaltungsgericht von dieser hg. Judikatur abgewichen sei, legt die Revision nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Zum anderen wird mit diesem Zulässigkeitsvorbringen auch deshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt, weil es sich nicht auf den konkreten Revisionsfall bezieht, in welchem die Zurückweisung der Anträge des Revisionswerbers nicht wegen Nichterfüllung eines Verbesserungsauftrages, sondern wegen des Wegfalls der Rechtsgrundlage erfolgte, wobei sich der Revisionswerber mit den dazu ergangenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes nicht auseinandersetzt.
8 Zudem ist - entgegen der vom Revisionswerber vertretenen Ansicht - ein Verwaltungsgericht schon deshalb nicht vorlagepflichtig, weil es nicht als letztinstanzliches Gericht im Sinn des Art. 267 Abs. 3 AEUV anzusehen ist, wenn seine Entscheidungen noch mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können (vgl. wiederum VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, mwN). Im Übrigen ergeben sich weder aus dem vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt noch aus der Zulässigkeitsbegründung Anhaltspunkte dafür, dass fallbezogen ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, weshalb der Revisionswerber mit seiner Argumentation zu europarechtlichen Grundfreiheiten keine Rechtsfrage aufzeigt, die im gegenständlichen Verfahren entscheidungsrelevant sein könnte (vgl. etwa neuerlich VwGH 27.7.2016, Ra 2016/06/0003, mwN; zur behaupteten Inländerdiskriminierung vgl. auch den oben zitierten Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes). Wegen des fehlenden Auslandsbezuges besteht für den VwGH auch keine Veranlassung, dem EuGH - wie seitens des Revisionswerbers angeregt - unionsrechtliche Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen und die Revision aus diesem Grund zuzulassen (vgl. dazu etwa VwGH 3.2.2020, Ra 2019/02/0254, mwN).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 8. Oktober 2020
Gerichtsentscheidung
EuGH 61994CJ0029 Aubertin VORABEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020060177.L00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020