TE Vwgh Beschluss 1997/10/17 96/19/0420

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Veröffentlicht am 17.10.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;
VwGG §51;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde der C L in W, geboren 1970, vertreten durch Dr. Aleksa Paunovic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 17/20, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 1996, Zl. 304.712/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Jänner 1996 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 15. November 1994 gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Mit diesem Bescheid war der Antrag der Beschwerdeführerin vom 27. Mai 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung abgewiesen worden.

In der Begründung ging die belangte Behörde - nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen - davon aus, daß die Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsrecht für Österreich gemäß § 12 AufG gehabt habe, das für Staatsangehörige von Bosnien-Herzegowina, die aufgrund der bewaffneten Konflikte in ihrer Heimat diese verlassen mußten, erteilt worden sei. Im Verfahren habe sie jedoch einen vom 4. März 1994 bis 4. März 1999 gültigen Reisepaß des Staates Jugoslawien vorgewiesen. Sie sei "somit kein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina". Die Beschwerdeführerin habe gemäß § 6 Abs. 2 AufG einen "Erstantrag vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu stellen". Aus diesem Grund und infolge der Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 AufG sei die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Mit Eingabe vom 7. Juli 1997, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 9. Juli 1997, teilte die Beschwerdeführerin mit, daß ihr mittlerweile mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 12. April 1997 eine Aufenthaltsbewilligung für den Zeitraum vom 12. April 1997 bis 12. April 1998 erteilt worden sei. Die Beschwerdeführerin führte weiters aus, die gegenständliche Beschwerde sei nicht mehr "aktuell". Sie könne "klaglos gestellt" werden.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.

Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 10. Dezember 1980, Slg. NF. Nr. 10.332/A, vom 23. Mai 1985, Zl. 84/04/0080 = ZfVB 1986/2/749, vom 23. Mai 1989, Zl. 84/08/0189 = ZfVB 1990/3/1282, vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/10/0006 = ZfVB 1992/6/2166, und vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061). Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für die Beschwerdeführerin - auch unter Berücksichtigung ihrer Erklärung, klaglosgestellt zu sein - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Dies im Hinblick darauf, daß die Beschwerdeführerin bis 31. August 1997 aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 299/1996 durchlaufend zum Aufenthalt berechtigt war und ihr die in Rede stehende Bewilligung nach dem AufG mit Wirkung vom 12. April 1997 erteilt wurde. Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt zwar die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch (an die Beschwerdeführerin) gemäß § 56 VwGG nicht vor. Allerdings kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da der angefochtene Bescheid auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in vergleichbaren Fällen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1996, Zlen. 95/19/0912 bis 0915, vom 26. Juni 1997, Zl. 95/18/0815) aufzuheben gewesen wäre, war die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn die Beschwerdeführerin obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG wäre. Ersatz betreffend Stempelgebührenaufwand war jedoch nur für die Beschwerde in zweifacher Ausfertigung und den angefochtenen Bescheid (in einfacher Ausfertigung) zuzusprechen.

Schlagworte

Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung gemäß VwGG §56 erster Satz

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996190420.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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