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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, in der Beschwerdesache des JS in W, geboren 1962, vertreten durch Dr. Richard Soyer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Februar 1995, Zl. 104.266/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.740,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16. Februar 1995 wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen die Aufenthaltsbewilligung versagenden Bescheid des Landeshauptmannes von Wien gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes abgewiesen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde wurde von diesem abgelehnt und mit Beschluß vom 21. November 1996, B 1069/95-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Nach Einleitung des Vorverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof teilte die belangte Behörde mit Schriftsatz vom 15. Juli 1997 mit, daß dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Unselbständige Erwerbstätigkeit" für den Zeitraum vom 10. Juni 1997 bis 9. Juni 1998 erteilt wurde.
Mit Schriftsatz vom 4. August 1997 erklärte der Beschwerdeführer, dadurch klaglos gestellt zu sein.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluß eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. N.F. Nr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluß vom 9. April 1980, darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat (vgl. die hg. Beschlüsse vom 10. Dezember 1980, Slg. NF. Nr. 10.322/A, vom 23. Mai 1985, Zl. 84/08/0080 = ZfVB 1986/2/749, vom 23. Mai 1989, Zl. 84/08/0189 = ZfVB 1990/3/1282, vom 16. Dezember 1991, Zl. 91/10/0006 = ZfVG 1992/6/2166 und vom 23. Februar 1996, Zl. 95/17/0026). Ob in letzterem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden, dieser habe das rechtliche Interesse an seiner Beschwerde verloren. Andernfalls wäre es in die Hand einer beschwerdeführenden Partei gegeben, anstelle einer Zurückziehung der Beschwerde auf eine Gegenstandslosigkeitserklärung auszuweichen und damit die Kostenfolgen einer Zurückziehung zu vermeiden (vgl. Erkenntnis vom 2. Oktober 1991, Zl. 88/07/0061).
Im Hinblick auf das geschilderte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer - auch unter Berücksichtigung seiner Erklärung, klaglos gestellt zu sein - kein rechtliches Interesse mehr an einer Sacherledigung des Verwaltungsgerichtshofes in der vorliegenden Beschwerdesache. Dies in Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer bis 31. August 1997 aufgrund der Verordnung BGBl. Nr. 299/1996 durchlaufend zum Aufenthalt berechtigt war und ihm die in Rede stehende Bewilligung nach dem AufG mit Wirkung vom 10. Juni 1997 erteilt wurde.
Die Beschwerde war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt zwar die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch (an den Beschwerdeführer) gemäß § 56 VwGG nicht vor. Allerdings kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist.
Der angefochtene Bescheid stützte sich auf den Umstand, daß der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas, einen Reisepaß der Republik Jugoslawien erhalten und somit nicht mehr Staatsangehöriger Bosnien-Herzegowinas sei; damit falle er nicht mehr in den Anwendungsbereich der gemäß § 12 AufG erlassenen Verordnungen betreffend die Staatsbürger Bosnien-Herzegowinas und sei zur Antragstellung im Ausland vor der Einreise ins Bundesgebiet verpflichtet. Da der angefochtene Bescheid auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen wegen der Unterlassung von Feststellungen über den Verlust der Staatsbürgerschaft Bosnien-Herzegowinas (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1996,
Zlen. 95/19/0912 bis 0915, und vom 26. Juni 1997, Zl. 95/18/0815) aufzuheben gewesen wäre, war die Frage des Anspruches auf Aufwandersatz so zu beurteilen, wie wenn der Beschwerdeführer obsiegende Partei im Sinne des § 47 Abs. 1 VwGG wäre.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996193416.X00Im RIS seit
20.11.2000