TE OGH 2020/9/24 10Nc11/20d

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Nowotny, MMag. Matzka, Dr. Steger und Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers DI (FH) H***** S*****, wegen Gewährung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO zu AZ 10 Ob 27/19x des Obersten Gerichtshofs, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Im Verfahren, dessen Wiederaufnahme angestrebt wird, begehrte die Marktgemeinde L***** als Eigentümerin eines Straßengrundstücks, gestützt auf § 523 ABGB und das Fehlen der erforderlichen Vereinbarung gemäß § 18 NÖ Straßengesetz 1999, LGBl 8500-3 (NÖ StrG), vom Beklagten und nunmehrigen Antragsteller (in der Folge: Antragsteller) die Entfernung eines hohlen Zaunpfostens mit darauf angebrachten Steckdosen samt Betonfundament von ihrem Grundstück, weiters die Unterlassung der Nutzung ihres Grundstücks zur Installation eines solchen Zaunpfostens oder ähnlicher Vorrichtungen.

Mit Beschluss vom 21. 1. 2020 zu AZ 10 Ob 27/19x wies der Oberste Gerichtshof die vom Antragsteller erhobene Revision gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 7. 1. 2019, GZ 58 R 78/18w-25, womit das klagsstattgebende Urteil des Bezirksgerichts Baden vom 24. 7. 2018, GZ 15 C 1160/17t-13, bestätigt wurde, ebenso zurück wie den Antrag des Antragstellers auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).

Der im wiederaufzunehmenden Verfahren erkennende Senat führte zusammengefasst aus, das Vorliegen eines Gebrauchsrechts nach dem NÖ Gebrauchsabgabegesetz 1973, LGBl 3700-8 (NÖ GebrauchsabgG), ersetze nicht die nach § 18 Abs 1 NÖ StrG erforderliche, in Form einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Straßenverwaltung und Sondernutzer durch Abschluss einer privatrechtlichen Vereinbarung zu erteilende – hier unstrittig nicht vorliegende – Zustimmung der Straßenverwaltung. Dass die Ladestelle öffentlich zugänglich sei, habe der Antragsteller erstmals in der Revision behauptet und sei eine unbeachtliche Neuerung.

Dagegen beabsichtigt der Antragsteller die Einbringung einer Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO und beantragt, ihm dazu Verfahrenshilfe zu gewähren.

Rechtliche Beurteilung

Für die beabsichtigte Wiederaufnahmsklage ist der Oberste Gerichtshof zuständig (§ 532 Abs 1 ZPO). Dieser ist daher auch zur Entscheidung über die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer solchen Klage zuständig (§ 65 Abs 2 ZPO; vgl 8 Nc 15/18z).

Verfahrenshilfe ist einer Partei nach § 63 Abs 1 ZPO so weit zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen als sie außer Stande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten, und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als mutwillig ist die Rechtsverfolgung besonders anzusehen, wenn eine nicht die Verfahrenshilfe beanspruchende Partei bei verständiger Würdigung aller Umstände des Falls, besonders auch der für die Eintreibung ihres Anspruchs bestehenden Aussichten, von der Führung des Verfahrens absehen oder nur einen Teil des Anspruchs geltend machen würde.

Offenbar aussichtslos ist eine Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, die schon ohne nähere Prüfung der Angriffs- oder Abwehrmittel als erfolglos erkannt werden kann (RS0036094 [T1]; 7 Ob 83/06s mwN).

Dies ist hier der Fall.

Nach § 530 Abs 1 Z 4 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn sich der Richter bei der Erlassung der Entscheidung oder einer der Entscheidung zugrunde liegenden früheren Entscheidung in Beziehung auf den Rechtsstreit zum Nachteil der Partei einer nach dem Strafgesetzbuch zu ahndenden Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht hat.

Auch bei einer auf den Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO gestützten Klage muss der Sachverhalt, also das tatsächliche Geschehen, das den Anfechtungsgrund herstellt, vorgebracht werden (vgl RS0044604).

Der Antragsteller bringt zusammengefasst vor, die an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des 10. Senats hätten sich dadurch eines Amtsmissbrauchs schuldig gemacht, dass sie die Richtlinie 2014/94/EU über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (Abl 2014/307, 1) und das diese Richtlinie umsetzende Bundesgesetz zur Festlegung einheitlicher Standards beim Infrastrukturaufbau für alternative Kraftstoffe (BGBl I 2018/38) ignoriert und wissentlich falsch interpretiert und den Antragsteller dadurch vorsätzlich geschädigt hätten. Sie hätten das auf Verlangen einer Partei zwingend durchzuführende Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH unbegründet verweigert.

Damit wird kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund dargelegt:

Der Umstand, dass der Antragsteller über keine Bewilligung des Grundeigentümers für die Aufstellung eines Pfostens verfügt, oder auf welchen Rechtsgrund die Benützung fremden Grundes gestützt werden könnte, und worin daher in der Bestätigung der Stattgebung der Eigentümerklage ein wissentlicher Befugnismissbrauch liegen sollte, wird im Antrag nicht erwähnt. Auch dass die Behauptung des Antragstellers im wiederaufzunehmenden Verfahren, er betreibe eine öffentliche Ladestelle, eine unbeachtliche erst in der Revision erstattete Neuerung war, wird im Antrag nicht in Frage gestellt. Warum daher die Richtlinie 2014/94/EU, die sich nur auf öffentliche Ladepunkte bezieht, oder das Bundesgesetz BGBl I 2018/38, das zur Frage der zivilrechtlichen Berechtigung zum Betreiben von Ladepunkten auf öffentlichem Grund keine Aussagen trifft, für das Verfahren von Bedeutung gewesen sein sollten, und inwiefern die Mitglieder des im wiederaufzunehmenden Verfahren erkennenden Senats insofern wissentlich ihre Befugnisse missbraucht hätten, indem sie die Richtlinie und das zu ihrer Umsetzung ergangene Gesetz ohne Anfrage nach § 267 AEUV falsch angewandt hätten, ist nicht erkennbar.

Insgesamt wird damit kein Sachverhaltssubstrat ins Treffen geführt, das für eine hinreichend positive Einschätzung der Erfolgsaussichten des angestrebten Wiederaufnahmeverfahrens erforderlich wäre.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist somit als offenbar aussichtslos zu qualifizieren, weshalb der Verfahrenshilfeantrag abzuweisen war (RS0036094).

Textnummer

E129419

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2020:0100NC00011.20D.0924.000

Im RIS seit

30.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

24.03.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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