Entscheidungsdatum
10.02.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L515 1255995-2/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
1.) Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. H. LEITNER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , StA. Armenien, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG, Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz), BGBl I 33/2013 idgF, § 88 FPG 2005, BGBl 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrenshergang
I.1. Die beschwerdeführende Partei (in weiterer Folge kurz als „bP“ bezeichnet), ein armenischer Staatsangehöriger, welcher derzeit über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht in Österreich verfügt (Daueraufenthalt–EU; Karte gültig bis zum 30.09.2021), stellte am 16.09.2019 bei der belangten Behörde (in weiterer Folge "bB") einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses. Verwendet wurde hierfür das entsprechende Formular und wurde hierbei die Rubrik für die beantragte Ausstellung eines Fremdenpasses für ausländische Staatsangehörige, die die Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ erfüllen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument zu beschaffen gemäß § 88 Abs. 1 Z. 3 FPG markiert. In der Rubrik „Ergänzende Angaben – Fremdenpass für subsidiär Schutzberechtigte“ findet sich der handschriftliche Zusatz „Arm. Militärdienst, Unzumutbarkeit etc. Ich will den Pass für Zwecke der Fortbildung in meinem Studium um für Österreich ein korrekter Jurist zu sein“. Die bP legte eine Stellungnahme bei, in der sie nochmals ausführte, warum sie keinen armenischen Reisepass erlangen könne und für welche Zwecke sie den Fremdenpass benötige. Weiters wurden eine Bestätigung des Studienerfolgs, ein abgelaufener armenischer Reisepass, eine Bescheinigung des Aufenthaltstitels, eine Meldebestätigung und das Schreiben der armenischen Botschaft mit den Voraussetzungen zur Erlangung eines armenischen Reisepasses beigelegt.
I.2. Das BFA als belangte Behörde („bB“) übermittelte daraufhin dem Beschwerdeführer ein als „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ bezeichnetes Schriftstück vom 19.09.2019, in welchem die bP davon in Kenntnis gesetzt wurde, dass die bB beabsichtige, den Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses gem. § 88 Abs 1 Z. 3 FPG abzuweisen, mit dem Hinweis, dass eine Bestätigung darüber fehlt, dass die bP nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen. Die bB räumte der bP eine Frist von 14 Tagen ab nachgewiesener Zustellung des Schriftstücks für die Abgabe einer Stellungnahme zur Beweisaufnahme und zur Vorlage einer Bestätigung, dass der bP kein gültiges Reisedokument ausgestellt werden kann und es ihr deshalb nicht möglich ist, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, ein. Seitens der bP wurden weder eine einschlägige Bestätigung noch eine Stellungnahme innerhalb der Frist vorgelegt.
I.3. Der Antrag auf Ausstellung des Fremdenpasses wurde in der Folge seitens der bB mit der Begründung abgewiesen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen zur Ausstellung eines solchen Passes nicht vorliegen. So falle der Beschwerdeführer nicht unter dem Personenkreis, denen ein Fremdenpass gem. § 88 Abs. 1 Z. 3 FPG ausgestellt werden kann, da die bP in der Lage gewesen wäre, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und in Bezug auf das Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses in diesem Fall nicht gegeben ist, zumal persönliche oder wirtschaftliche Interessen der bP nicht zu berücksichtigen sind.
I.4. Dagegen wurde mit Schriftsatz vom 09.12.2019 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.
Begründend führte die bP im Wesentlichen aus, dass das Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses jedenfalls aufgrund der Integration der bP in Österreich und aufgrund von Reisebewegungen zum Ausbildungszweck als Student des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften gegeben sei.
Zudem sei die bP seit 3 Jahren nicht in der Lage, sich ein armenisches Reisedokument zu beschaffen, da für die Ausstellung ein Militärnachweis oder ein Registrierungszertifikat vorgelegt werden müsse. Der bP sei das Ableisten des Militärdienstes in Armenien nicht möglich, da sie ihren Lebensmittelpunkt nicht einfach verlegen könne und zu Armenien keinerlei Beziehungen habe. Auch eine Freistellung vom Militärdienst sei nicht möglich, weshalb ihr ein Fremdenpass iSd § 88 Abs. 1 Z. 2 FPG auszustellen sei.
Der Beschwerde wurden zwei Schreiben der armenischen Botschaft vom 07.06.2017 und 29.07.2019 mit den formellen Voraussetzungen für die Ausstellung eines armenischen Reisepasses und ein Schreiben der Botschaft inklusive beglaubigter Übersetzung vom 19.09. 2016, in welchem nochmals auf die formellen Voraussetzung zur Erlangung eines armenischen Reisepasses hingewiesen wird, und dass die bP diese nicht erfüllen konnte, weshalb ihr Antrag auf Ausstellung eines Reisepasses abgelehnt wurde, beigelegt. Ebenso wurde der E-Mail-Verkehr der Rechtsvertretung mit der armenischen Botschaft und ein persönliches, an das Bundesverwaltungsgericht gerichtetes Schreiben der bP, in welchem sie nochmals die Sachlage als auch die Reisezwecke schildert, beigelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt)
Bei der beschwerdeführenden Partei handelt es sich um einen Staatsbürger der Republik Armenien und hält sich seit 2004 in Österreich auf. Die bP verfügt über einen unbefristeten Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EU“ und ist zurzeit an der Universität Salzburg als Student des Diplomstudiums der Rechtswissenschaften inskribiert. Es besteht kein Hinweis, dass die bP staatenlos ist oder aus dem armenischen Staatsverband ausschied.
Die bP stammt aus einen Staat, welcher die Existenz seiner Bürger, sowie Personenstandsfälle dokumentiert und –falls ein armenischer Staatsbürger unter Bekanntgabe seiner wahren Identität bei den armenischen Behörden vorspricht- bescheinigt. Diese Möglichkeit steht auch der bP offen.
Die bP erbrachte nicht den Nachweis, dass sie nicht in der Lage sei, ein gültiges Reisedokument für Armenien zu erlangen. Im Interesse der Republik Österreich gelegene Umstände bezüglich der Ausstellung eines Fremdenpasses für den Beschwerdeführer liegen nicht vor.
Im Strafregister der Republik Österreich scheinen in Bezug auf die bP folgende Verurteilungen auf:
„01) LG XXXX vom 22.08.2017 RK 13.03.2018
§ 91 (1) StGB
Datum der (letzten) Tat 04.12.2016
Schuldspruch unter Vorbehalt der Strafe, Probezeit 3 Jahre
Junge(r) Erwachsene(r)
Als armenischer Staatsbürger erhält die bP im Falle einer Antragstellung grundsätzlich vorbehaltlich der bereits nachfolgenden Ausführungen einen armenischen Reisepass (vgl. Art. 4 des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes).
Entsprechend für die bB und die bP notorisch bekannter Länderberichte besteht in Armenien die Möglichkeit der Rückstellung aus sozialen Gründen. Männliche Armenier ab 16 Jahren sind zur Wehrregistrierung verpflichtet. Sofern sie sich im Ausland aufhalten und sich nicht vor dem Erreichen des 16. Lebensjahres aus Armenien abgemeldet haben, müssen sie zur Musterung nach Armenien zurückkehren; andernfalls darf ihnen kein Reisepass ausgestellt werden. Nach der Musterung kann die Rückkehr ins Ausland erfolgen. Ab dem 18. Lebensjahr muss entweder der Wehrdienst abgeleistet werden oder eine Rückstellung erfolgen. Die Einberufung zu jährlichen Reserveübungen ist möglich. Laut Informationen des Verteidigungsministeriums soll es für Personen mit legalem Daueraufenthalt im Ausland auf Antrag Befreiungsmöglichkeiten auch im wehrpflichtigen Alter geben: Eine interministerielle Härtefall-Kommission prüft die Anträge auf Befreiung vom Wehrdienst (Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Armenien; Stand: Mai 2019).
2. Beweiswürdigung
II.2.1. Der festgestellte Sachverhalt in Bezug auf den bisherigen Verfahrenshergang steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage fest und ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.
II.2.2. Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zum unbefristeten Aufenthaltsrecht und zum Studium der bP sind insoweit dem unstrittigen Akteninhalt zu entnehmen.
II.2.3. Der Inhalt des armenischen Staatsbürgerschaftsgesetzes wird für die bP als armenischer Staatsbürger und die bB als Spezialbehörde als notorisch bekannt vorausgesetzt und ergibt sich hieraus, dass die bP zweifelsfrei armenischer Staatsbürger ist. Dies ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Ausstellung eines Reisepasses an die Ableistung des Militärdienstes geknüpft wird und es sich beim Militärdienst um eine Verpflichtung handelt, welche ausschließlich männliche Staatsbürger trifft. Zudem wurde der bP bereits ein (jetzt abgelaufener) armenischer Reisepass ausgestellt.
II.2.4. In Bezug auf den weiteren festgestellten Sachverhalt ist anzuführen, dass der objektive Aussagekern der von der belangten Behörde vorgenommenen freien Beweiswürdigung (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76; Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305) im hier dargestellten Rahmen im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze im Wesentlichen in sich schlüssig und stimmig ist.
Die Ausführungen der bB sind für sich im Rahmen de oa. Ausführungen als tragfähig anzusehen, weshalb sich das ho. Gericht diesen anschließt und –soweit sich aus den nachfolgenden Ausführungen nichts Gegenteiliges ergibt- im zitierten Umfang zu den Ausführungen des gegenständlichen Erkenntnisses erhebt und stellten die nachfolgenden Erwägungen des ho. Gerichts lediglich Konkretisierungen und Abrundungen hierzu dar.
II.2.5. Da sich die bP seit Einbringung der Beschwerdeschrift nicht mehr äußerte, geht das ho. Gericht davon aus, dass in Bezug auf den entscheidungsrelevanten Sachverhalt keine Änderung eintrat, zumal die bP eingehend über ihre Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren belehrt wurde. Es ist daher davon auszugehen, dass sie im Rahmen ihrer ihnen bekannten Obliegenheit zur initiativen Mitwirkung im Verfahren eine Änderung des maßgeblichen Sachverhalts dem ho. Gericht mitgeteilt hätte, wenn eine solche Änderung eingetreten wäre. Da die bP keinerlei Mitteilungen diese Richtung erstattete, kann das ho. Gericht daraus den Schluss ziehen, dass im Vergleich zum Sachverhalt, wie er zum Zeitpunkt der Einbringung der Beschwerde vorlag, keine Änderung eintrat.
II.2.6. Wenn die bP davon ausgeht, dass anhand des Schreibens der armenischen Botschaft vom 19.09.2016 ersichtlich ist, dass es ihr Antrag auf Ausstellung eines armenischen Reisepasses als abgelehnt gilt, so ist anzumerken, dass zwar der konkrete Antrag der bP aufgrund eines fehlenden Militärnachweises oder eines Registrierungszertifikats abgelehnt wurde, sich daraus jedoch keine generelle Unmöglichkeit der Erlangung eines armenischen Reisepasses ableiten lässt.
3. Rechtliche Beurteilung
II.3.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Mangels einer von oa. Bestimmung abweichenden Rechtsnorm liegt im gegenständlichen Fall die Zuständigkeit des Einzelrichters vor.
II.3.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
II.3.3. Prüfungsumfang
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
II.3.4. Weitere relevante Bestimmungen des FPG
„Ausstellung von Fremdenpässen
§ 88. (1) Fremdenpässe können, sofern dies im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist, auf Antrag ausgestellt werden für
1. Staatenlose oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen;
2. ausländische Staatsangehörige, die über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet verfügen und nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen;
3. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen und bei denen im Übrigen die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45 NAG) gegeben sind;
4. ausländische Staatsangehörige, die nicht in der Lage sind, sich das für die Auswanderung aus dem Bundesgebiet erforderliche Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen oder
5. ausländische Staatsangehörige, die seit mindestens vier Jahren ununterbrochen ihren Hauptwohnsitz im Bundesgebiet haben, sofern der zuständige Bundesminister oder die Landesregierung bestätigt, dass die Ausstellung des Fremdenpasses wegen der vom Fremden erbrachten oder zu erwartenden Leistungen im Interesse des Bundes oder des Landes liegt.
(2) Fremdenpässe können auf Antrag weiters ausgestellt werden für Staatenlose, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, oder Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit, die kein gültiges Reisedokument besitzen und sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.
2a) Fremdenpässe sind Fremden, denen in Österreich der Status eines Subsidiär Schutzberechtigten zukomme und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen“
In § 88 Abs. 1 FPG sind 5 Tatbestände angeführt, bei deren Erfüllung die Ausstellung eines Fremdenpasses in Betracht kommt. In allen Fällen ist Voraussetzung, dass die Ausstellung des Fremdenpasses im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen ist. Für die Ausstellung eines Fremdenpasses kommt es somit nicht bloß darauf an, dass diese im Interesse des Fremden gelegen ist, sondern es muss auch ein positives Interesse der Republik Österreich an der Ausstellung eines Fremdenpasses für diesen Fremden bestehen. Österreich eröffnet mit der Ausstellung eines Fremdenpasses dem Inhaber die Möglichkeit zu reisen und übernimmt damit auch eine Verpflichtung gegenüber den Gastländern. Diese an sich nur gegenüber Staatsbürgern einzunehmende Haltung erfordert einen restriktiven Maßstab (vgl. etwa das Erkenntnis des VwGH vom 11. Mai 2009, Zlen. 2007/18/0659 bis 0661; ebenso Erk. d. VwGH vom 15.11.2011, 2009/21/0288).
Kein solches öffentliches Interesse liegt im Wunsch der bP, zukünftig bloß Reisen durchführen zu wollen, vor (vgl. etwa Erk. d. VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070), ebensowenig im Bestreben der Schaffung klarer passrechtlicher Verhältnisse oder zur Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft und für die Eheschließung (vgl. Erk. d. VwGH vom 3.5.2005, 2005/18/0070). Ein öffentliches Interesse wird jedoch anzunehmen sein, wenn die Republik sich zur Ausstellung eines Reisedokuments gemeinschaftsrechtlich verpflichtet hat oder wenn Geschäfts- oder Dienstreisen unternommen werden müssen. (vgl. Szymanski in Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht, 2014, § 88 FPG Anm 1 mwN; ist die zweite Variante sichtlich auch im Rahmen der gebotenen restriktiven Auslegung dahingehend zu qualifizieren, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses nur dann vorliegen, wenn das Unterbleiben der Geschäfts- oder Dienstreise durch die konkrete Partei einen relevanten Schaden für die Republik herbeiführen würde; es ist die zweite Variante sichtlich auch im Rahmen der gebotenen restriktiven Auslegung dahingehend zu qualifizieren, dass die Voraussetzungen zur Ausstellung eines Fremdenpasses nur dann vorliegen, wenn das Unterbleiben der Geschäfts- oder Dienstreise durch die konkrete Partei einen relevanten Schaden für die Republik herbeiführen würde).
Im gegenständlichen Fall ergab sich weder aus dem Vorbringen der bP (im Rahmen eines antragsbedürftigen Verfahrens ergibt sich der von der Behörde zu prüfende maßgebliche Sachverhalt gem. § 37 AVG aus der Begründung der Partei und hat sie darüber hinaus nicht in alle erdenklichen Richtungen zu ermitteln) noch aus den sonstigen bekannten Tatsachen, dass ein Interesse der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses vorliegt. Wie bereits oben angeführt, liegt im Wunsch, in Zukunft die von der bP genannten Reisen durchführen zu wollen, kein öffentliches Interesse, zumal auch eine gute juristische Ausbildung bzw. deren Abschluss an der Universität ohnehin nicht von etwaigen Auslandsreisen abhängig ist.
Da die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z. 1 – 5 für die Ausstellung eines Fremdenpasses zusammen mit dem Interesse der Republik daran vorliegen müssen und wie oben bereits dargelegt dieses Interesse der Republik nicht gegeben ist, ist der Antrag der bP auf Ausstellung eines Fremdenpasses abzuweisen. Die bP begründete ihren Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses damit, dass sie nicht in der Lage ist, sich ein gültiges, armenisches Reisedokument zu verschaffen. Da dies nicht der Fall ist, scheidet eine Ausstellung eines Fremdenpasses auf Basis des § 88 Abs. 1 Z. 2 FPG ebenso aus.
Der Vollständigkeit halber sei auszuführen, dass die bP die armenische Staatsbürgerschaft besitzt und somit im gegenständlichen Fall schon a priori die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z. 1 ausscheidet, da sie weder staatenlos ist noch ihre Staatsangehörigkeit ungeklärt ist.
Ebenso scheidet die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z 4 und Z 5 FPG aus, da die bP weder ihre beabsichtigte Auswanderung kundgetan hat noch eine Erklärung eines Bundesministers oder einer Landesregierung über ein aus vom Beschwerdeführer erbrachten oder zu erwartenden Leistungen resultierendes Interesse des Bundes oder des Landes an der Ausstellung vorliegt.
Aus Sicht des erkennenden Gerichtes scheidet im gegenständlichen Fall auch die Anwendung des § 88 Abs. 1 Z 2 und des § 88 Abs. 1 Z 3 FPG aus, welche an die fehlende Möglichkeit, sich ein nationales Reisedokument zu beschaffen, anknüpfen. Der Beschwerdeführer verfügt zwar über ein unbefristetes Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet (Daueraufenthalt-EU), jedoch liegt keine Unmöglichkeit vor, sich ein armenisches Reisedokument zu beschaffen.
Hierzu ist ergänzend auszuführen, dass wenn sich die bP auf § 88 Abs. 1 Z. 2 FPG beruft und behauptet, sie sei nicht in der Lage, sich ein armenisches Reisedokument zu beschaffen, da es ihr nicht zumutbar sei, den armenischen Militärdienst abzuleisten, dem entgegenzutreten ist. Die bP schildert in ihrem Vorbringen, dass ihr mangels Ableistung des Militärdienstes in Armenien die Ausstellung eines Reisepasses verweigert wird. Dies stellt jedoch keine Unmöglichkeit dar, sich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen, zumal es sich bei der Verpflichtung, Wehrdienst oder auch Wehrersatzdienst zu leisten um eine zumutbare Verpflichtung handelt, von der alle wehrpflichtigen und wehrtauglichen männliche armenische Staatsbürger betroffen sind.
Aus dem bereits Gesagten ergibt sich, dass die bP auf keine unüberwindbaren und ihr unzumutbare administrative Hürden trifft, welche sie von der Ausstellung eines armenischen Reisepasses abhalten.
Soweit der Beschwerdeführer daher im gegenständlichen Verfahren einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses stellt, ohne taugliche Nachweise darüber vorzulegen, dass die Ausstellung im öffentlichen Interesse der Republik Österreich steht und auch die Voraussetzungen des § 88 Abs. 1 Z 1 bis 5; Abs. 2 und Abs 2a FPG nicht gegeben sind, und sich derartiges auch nicht im Rahmen der amtswegigen Ermittlungen ergab ist -wie die bB richtig ausführte- diesbezüglich der Antrag der bP auf Ausstellung eines Fremdenpasses abzuweisen.
Insgesamt gesehen kann daher der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ausführt, dass beim Beschwerdeführer die Voraussetzungen des § 88 FPG nicht vorliegen.
II.3.5. Eine Übersetzung der maßgeblichen Stellen des des gegenständlichen Erkenntnisses konnte aufgrund der Sprachkenntnisse der bP unterbleiben.
Da bereits das Vorliegen des Interesses der Republik an der Ausstellung eines Fremdenpasses verneint wurde, stellte sich die Frage, ob sich die bP ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen kann, nicht. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass diese Frage seitens des ho. Gerichts nicht zu verneinen ist, zumal keine Hinweise darauf bestehen, dass es der bP –wie jedem anderen männlichen armenischen Staatsbürger auch- nicht zumutbar wäre, den Wehr- oder Zivildienst abzuleisten oder bei der Härtekommission die Befreiung von der Wehrpflicht zu beantragen. Ein entsprechender, die bP betreffender qualifizierter Sachverhalt wurde seitens der bP nicht vorgetragen und ergab sich auch nicht im Rahmen der amtswegigen Ermittlungen. Ebenso wenig liegt es nicht im Interesse Österreichs, dass sich die bP ihren in ihrem Herkunftsstaat Armenien bestehenden, aus ihrer Staatsbürgerschaft ergebenden Verpflichtungen entzieht.
Aufgrund der bereits getätigten Ausführungen erübrigt sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, ob sich die Delinquenz der bP im gegenständlichen Fall auf die Interessen der Republik auswirkt.
II.4. Absehen von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung
§ 24 VwGVG lautet:
„(1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG, BGBl I Nr. 68/2013 idgF kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn
- der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint
oder
- sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.
Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Im gegenständlichen Fall ließen die die Akten erkennen, dass Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.
Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH sind für das Absehen einer mündlichen Verhandlung gem. § 21 Abs. 7 BFA-VG wegen geklärten Sachverhalts allgemein folgende Kriterien beachtlich vgl. Erk. d. VwGH vom 28.5.2014, Ra 2014/20/0017, Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10):
- Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt wurde von der bB vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben und weist dieser bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das ho. Gericht noch immer die gebotene Aktualität und Vollständigkeiten auf.
- Die bP musste die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das ho. Gericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen-
- In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des Behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der bB festgestellten Sachverhalts ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, welches gegen das Neuerungsverbot gem. § 20 BFA-VG verstößt.
- Auf verfahrensrechtliche Besonderheiten ist Bedacht zu nehmen.
Da die oa. Kriterien im gegenständlichen Fall erfüllt sind, konnte eine Beschwerdeverhandlung unterbleiben. Abrundungen zu den als tragfähig erachteten Ausführungen durch das ho. Gericht sind im hier durchgeführten Umfang zulässig, zumal das ho. Gericht die Ausführungen der bB für sich alleine als tragfähig erachtete (Beschluss des VwGH vom 25.4.2017, Ra 2016/18/0261-10).
Soweit nochmals die persönliche Einvernahme beantragt wird, ist festzustellen, dass in der Beschwerde nicht angeführt wird, was bei einer solchen konkret an entscheidungs-relevantem und zu berücksichtigendem Sachverhalt noch hervorkommen hätte können. So argumentiert auch der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass schon in der Beschwerde darzulegen ist, welche wesentlichen Umstände (Relevanzdarstellung) dadurch hervorgekommen wären (zB. VwGH 4.7.1994, 94/19/0337). Wird dies –so wie im gegenständlichen Fall- unterlassen, so besteht keine Verpflichtung zur neuerlichen Einvernahme iSe hier weiteren Beschwerdeverhandlung.
Aufgrund der oa. Ausführungen konnte die Durchführung einer Verhandlung unterbleiben.
B.) Zur Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Aus den dem gegenständlichen Erkenntnis entnehmbaren Ausführungen geht hervor, dass das ho. Gericht in seiner Rechtsprechung im gegenständlichen Fall nicht von der bereits zitierten einheitlichen Rechtsprechung des VwGH zu den Voraussetzungen der Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. dem eindeutigen Gesetzeswortlaut, welcher keine andere als die hier gewählte Auslegung zulässt, abgeht. Ebenso löst das ho. Gericht die Frage, ob eine Verhandlung stattzufinden hatte im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur.
Im Falle verfahrensrechtlicher Neuordnungen wird auf die einheitliche Judikatur zu den Vorgängerbestimmungen verwiesen, soweit diese im gegenständlichen Verfahren noch anwendbar sind (z. B. in Bezug auf § 88 FPG die entsprechenden Bestimmungen der §§ 76 bzw. 55 FPG aF).
Aufgrund der oa. Ausführungen war die Revision nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fremdenpass Reisedokument VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L515.1255995.2.00Im RIS seit
23.10.2020Zuletzt aktualisiert am
23.10.2020