Entscheidungsdatum
13.02.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
L527 2173140-2/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bangladesch, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH – ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.11.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, stellte am 17.09.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den das Bundesverwaltungsgericht im Rechtsmittelweg mit am 28.11.2017 mündlich verkündetem Erkenntnis sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet abwies. Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. Die Behandlung einer dagegen an den Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde lehnte dieser nach Art 144 Abs 2 B-VG ab.
Der Beschwerdeführer hielt und hält sich weiterhin im österreichischen Bundesgebiet auf.
Mit Antrag vom 09.07.2019 begehrte der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) die Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG; die Abschiebung sei aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenden Gründen unmöglich. Er habe sich nachweislich um die Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments bemüht; am 04.07.2019 sei er bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch in Österreich persönlich vorstellig gewesen. In diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer auf ein dem Antrag angeschlossenes Busticket.
Nach der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme/Gewährung von Parteiengehör, worauf der Beschwerdeführer nicht reagierte, erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, mit dem sie den Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete abwies. Am 12.11.2019 erfolgte ein Zustellversuch (RSa), die Abholfrist begann am 13.11.2019, der Beschwerdeführer behob die Sendung nicht. Am 15.11.2019 übernahm der Beschwerdeführer den Bescheid persönlich in der Polizeiinspektion XXXX .
In der gegen den Bescheid mit E-Mail vom 05.12.2019 erhobenen gegenständlichen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer im Wesentlich vor, dass die belangte Behörde seit nahezu zwei Jahren versuche, ein Heimreisezertifikat zu erlangen. Es sei nicht damit zu rechnen, dass für ihn zeitnah ein Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Er habe seine Identität niemals verschleiert, immer mit der Fremdenpolizeibehörde kooperiert und am Verfahren mitgewirkt. Am 04.07.2019 sei er vom Portier der Botschaft seines Heimatlandes abgewiesen worden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Volksrepublik Bangladesch, seine Identität steht nicht fest und er verfügt über kein Reise-/Identitätsdokument (Verwaltungsverfahrensakt INT- Internationaler Schutz [VA INT] AS 206 f, 219, Verwaltungsverfahrensakt DEF – Durchsetzung und Effektuierung Ausreiseentscheidung [VA DEF] AS 39).
1.2. Den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf internationalen Schutz wies das Bundesverwaltungsgericht im Rechtsmittelweg sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten als unbegründet ab. Es erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, sprach die Zulässigkeit der Abschiebung nach Bangladesch aus und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest. (BVwG 18.01.2018, L519 2173140-1/11E, mündlich verkündet am 28.11.2017, L519 2173140-1/8Z)
1.3. Der Beschwerdeführer leistete seiner aus diesem Erkenntnis resultierenden Ausreiseverpflichtung nicht Folge und hielt und hält sich weiterhin – unrechtmäßig – im Bundesgebiet auf (VA DEF AS 11, 65, 77; OZ 6).
1.4. In seinem Antrag auf Ausstellung einer Duldungskarte gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG und, noch ausführlicher, in der gegenständlichen Beschwerde bringt der Beschwerdeführer – tatsachenwidrig – vor, er habe sich nachweislich um die Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments bemüht (VA DEF AS 11, 74 f), er sei sehr wohl bereit, sich an den Anstrengungen der Behörde, ein Heimreisezertifikat zu erreichen, zu beteiligen (VA DEF AS 74 f), und habe seine Mitwirkungspflichten erfüllt (VA DEF AS 75). Namentlich sei er am 04.07.2019 bei der Botschaft seines Landes vorstellig geworden (VA DEF AS 11, 74); dort sei die Ausstellung eines Passes verweigert worden (VA DEF AS 11) bzw. sei er vom Portier abgewiesen worden und habe keine Möglichkeit gehabt, mit dem Botschafter zu sprechen (VA DEF AS 74). Um sein Vorbringen zu untermauern, legte der Beschwerdeführer ein Busticket für eine Fahrt am 04.07.2019 von XXXX (Abfahrtszeit: 16:00 h) nach Wien (Ankunftszeit: 18:25 h) vor (VA DEF AS 13 f).
Tatsächlich ist der Beschwerdeführer nicht ausreisewillig und wirkt auch nicht daran mit, dass für ihn ein (Ersatz-)Reisedokument oder Heimreisezertifikat ausgestellt werde. Dem Beschwerdeführer fehlt es an persönlicher Glaubwürdigkeit.
1.5. Die belangte Behörde begründet die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers einerseits im Wesentlichen damit, dass die Behörde mehrmals die Erlangung eines Heimreisezertifikats urgiert habe, zuletzt am 09.10.2019, und dass mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments nach wie vor zu rechnen sei (AS 37, 38, 40, 42). Beweismittel oder sonstige Ermittlungsergebnisse, die diesen Standpunkt tragen würden, enthalten die von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten überhaupt nicht. Auch aus der Begründung des Bescheids erschließt sich nicht einmal ansatzweise, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zur genannten Anschauung gelangt ist.
Andererseits scheint die Behörde die Abweisung des Antrags auch darauf zu stützen, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiere und an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments notwendigen Schritten nicht mitwirke oder diese vereitle (VA DEF AS 40 ff). Der Beschwerdeführer zeige sich nach wie vor ausreiseunwillig und habe zu keiner Zeit eigene Schritte zur Beschaffung von Reisedokumenten, seiner Ausreise und zur Herstellung eines rechtskonformen Zustands unternommen (VA DEF AS 40). Worauf sich die die Auffassung, dass der Beschwerdeführer seine Identität verschleiere, gründet, ist, da es insoweit an (hinreichenden und tauglichen) Ermittlungen bzw. Beweismitteln und einer Begründung mangelt, nicht nachvollziehbar. Im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Mitwirkung vertritt die belangte Behörde den Standpunkt, dass ein Busticket lediglich dazu geeignet sein könnte, eine Reisebewegung nachzuweisen, nicht aber eine Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokuments bei einer Botschaft. Ferner stelle der Beschwerdeführer in Gesamtschau seines Verhaltens erneut unter Beweis, dass er mit allen Mitteln eine Ausreise zu verhindern suche.
1.6. Die Behörde versucht, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen waren auf Grundlage der von der belangten Behörde vorgelegten Akten (VA INT und VA DEF) sowie des Akts des Bundesverwaltungsgerichts zum gegenständlichen Verfahren (L527 2173140-2) sowie zum Verfahren zur Beschwerde gegen die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz (L519 2173140-1) zu treffen. Die jeweiligen Aktenbestandteile sind bei den Feststellungen, soweit möglich, unter Nennung der Schriftstücke, Aktenseiten (AS) oder Ordnungszahlen (OZ) angegeben.
Zu den Feststellungen unter 1.4. ist hervorzuheben: Dass er sich nachweislich um die Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments bemüht habe, begründet der Beschwerdeführer im gesamten Verfahren einzig damit, dass er sich am 04.07.2019 zur Botschaft seines Herkunftsstaats, Volksrepublik Bangladesch, in Wien begeben habe. Dass er auch allfällige andere Schritte unternommen hätte, um ein Reise-/Ersatzreisedokument zu erlangen oder um anderweitig im Sinne der § 46 Abs 2 und § 46a Abs 3 Z 3 FPG mitzuwirken, bringt nicht einmal der Beschwerdeführer selbst vor. Das – insbesondere in der Beschwerde erstattete – Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine angeblichen Bemühungen und seine angebliche Mitwirkung ist – auch und gerade in Zusammenschau mit dem von ihm vorgelegten Busticket – gänzlich unglaubhaft. Selbst wenn der Beschwerdeführer unter Verwendung des vorgelegten Bustickets am 04.07.2019 nach Wien gefahren sein und in der Folge die Botschaft seines Herkunftsstaats aufgesucht haben sollte, kann darin keinesfalls ein Bemühen zur Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments oder eine Mitwirkung im Verfahren erblickt werden. Denn der Bus, mit dem sich der Beschwerdeführer am 04.07.2019 nach Wien begeben haben will, kam – laut Busticket (VA DEF AS 13 f) – am 04.07.2019, einem Donnerstag, um 18:25 h (!) in Wien, Westbahnhof, an und die Bürozeiten („office time“) der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch in Wien sind Montag bis Freitag von jeweils 09:00 bis 17:00 h (http://www.bangladeshembassy.at/contact-us/ [11.02.2020]; https://mofa.gov.bd/site/page/002c0677-2bd4-4cb1-a0ba-20bf615493b0 [11.02.2020]). So der Beschwerdeführer am 04.07.2019 überhaupt bei der Botschaft gewesen sein sollte, was unter den gegebenen Umständen äußerst fraglich erscheint, kann dies nur außerhalb der Bürozeiten gewesen sein. Ein Aufsuchen der Botschaft außerhalb der Bürozeiten, das somit von Vornherein ungeeignet ist, zur Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments beizutragen, kann nicht als Bemühen zur Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments oder Mitwirkung betrachtet werden. Die Darstellung des Beschwerdeführers erweist sich damit als gänzlich unzutreffend. Dass der Beschwerdeführer ein derart verfehltes, nicht den Tatsachen entsprechendes Vorbringen erstattet, indiziert zum einen, dass es ihm an persönlicher Glaubwürdigkeit fehlt. Zum anderen wird dadurch auch deutlich, dass der Beschwerdeführer nicht davor zurückschreckt, zu versuchen, durch unwahre Angaben gegenüber der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht seinen Aufenthalt im Bundesgebiet faktisch zu prolongieren, mag eine allfällige Duldung auch nicht zu einem rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet führen (§ 31 Abs 1a Z 3 FPG) und an der Ausreiseverpflichtung nichts ändern (§ 46a Abs 1 letzter Satz FPG). Unter Bedachtnahme auf diese Erwägungen muss das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss kommen, dass der Beschwerdeführer tatsächlich nicht gewillt ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen.
Zur Feststellung unter 1.6. führt das Bundesverwaltungsgericht noch aus: Die Akten enthalten zwar, wie unter 1.5. festgestellt, keine Beweismittel oder sonstigen Ermittlungsergebnisse, die insbesondere den Standpunkt tragen könnten, dass mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments nach wie vor zu rechnen sei. Nach der Aktenlage scheint aber unter den Parteien des Beschwerdeverfahrens unstrittig (vgl. VA DEF AS 37, 74 f, 77), dass die Behörde versuche, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen. Dass die Parteien einen Grund haben könnten, insofern übereinstimmend ein tatsachenwidriges Vorbringen zu erstatten, ist nicht zu erkennen, weshalb das Bundesverwaltungsgericht die Feststellung unter 1.6. treffen konnte.
Im Ergebnis ist der Sachverhalt aktenkundig bzw. unstrittig, unzweifelhaft und deshalb erwiesen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
3.1. Eingangs hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass die am 05.12.2019 bei der belangten Behörde eingebrachte Beschwerde rechtzeitig ist (§ 7 Abs 4 VwGVG), geht man nun von der (Wirksamkeit der) Zustellung des angefochtenen Bescheids durch Hinterlegung (Datum der Zustellung gemäß § 17 Abs 3 ZustellG: 13.11.2019; VA DEF AS 55) oder von der (Wirksamkeit der) Zustellung des angefochtenen Bescheids durch Ausfolgung (Datum der Zustellung gemäß § 24 ZustellG: 15.11.2019) aus. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, zu ergründen, ob bereits die Zustellung durch Hinterlegung wirksam war und die Zustellung durch Ausfolgung keine Rechtswirkungen (mehr) auslösen konnte (§ 6 ZustellG).
3.2. Gemäß § 46a Abs 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 FPG weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs 1 Satz 1 FPG geduldet ist, bleibt unberührt.
Vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) liegen nach § 46a Abs 3 FPG jedenfalls (das bedeutet, dass nach dem Gesetz auch andere Gründe/Umstände in Betracht kommen können) vor, wenn er seine Identität verschleiert (Z 1), einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt (Z 2) oder an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt (Z 3).
§ 46a Abs 4 FPG normiert, dass die belangte Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs 1 FPG von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen hat. Im Antrag ist der Grund der Duldung gemäß § 46a Abs 1 Z 1, 2, 3 oder 4 FPG zu bezeichnen.
Gemäß § 46 Abs 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann, – vorbehaltlich des § 46 Abs 2a FPG (Auferlegung von Mitwirkungspflichten in Verbindung mit behördlichen Amtshandlungen) – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. § 46 Abs 2 Satz 1 und 2 FPG gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a FPG geduldet ist.
3.3. § 37 iVm § 39 Abs 2 AVG verpflichtet die Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen. Näher dazu und unter Verweis auf zahlreiche Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 7, 19 ff (Stand 1.7.2005, rdb.at).
Auch die Verfassung enthält Vorgaben zum behördlichen Ermittlungsverfahren. So liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ein willkürliches Verhalten, das in die Verfassungssphäre eingreift, etwa im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes; vgl. VfGH 20.02.2015, E 1278/2014 mwN.
Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide grundsätzlich zu begründen. In der Begründung sind die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (§ 60 AVG; vgl. mit Verweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 60 Rz 18 f [Stand 1.7.2005, rdb.at]).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 58 und § 60 AVG hat ein ordnungsgemäß begründeter Bescheid aus drei logisch aufeinander aufbauenden und formal zu trennenden Elementen zu bestehen, nämlich erstens in einer im Indikativ gehaltenen Tatsachenfeststellung, zweitens in der Beweiswürdigung und drittens in der rechtlichen Beurteilung. Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei über die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund; vgl. z. B. VwGH 04.09.2013, 2013/08/0113, 15.09.2016, Ra 2016/02/0135, 22.03.2019, Ra 2017/04/0135.
3.4. Wie unter 1.5. festgestellt, führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass sie mehrmals die Erlangung eines Heimreisezertifikats urgiert habe, zuletzt am 09.10.2019, und dass mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments nach wie vor zu rechnen sei. Also versucht die Behörde, die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers damit zu begründen, dass dessen Abschiebung nach wie vor möglich erscheine und deshalb die Voraussetzungen für eine Duldung nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG nicht vorliegen.
Insoweit ist die belangte Behörde den Anforderungen an ein vollständiges und mangelfreies Ermittlungsverfahren in gravierender Weise nicht gerecht geworden. Das von der Behörde geführte (Ermittlungs)verfahren ist insofern grob mangelhaft; die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt insoweit nicht (hinreichend) ermittelt. Die Behörde hat den entscheidungsrelevanten Sachverhalt insoweit (folglich) auch nicht vollständig und nachvollziehbar festgestellt. Schließlich verstößt auch die „Begründung“ des angefochtenen Bescheids gravierend gegen die rechtlichen Vorgaben. Beweismittel oder sonstige Ermittlungsergebnisse, die den Standpunkt, die Behörde habe mehrmals die Erlangung eines Heimreisezertifikats urgiert, zuletzt am 09.10.2019, und mit der Ausstellung eines Ersatzreisedokuments sei nach wie vor zu rechnen, tragen würden, enthalten die von der belangten Behörde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Akten nämlich überhaupt nicht. Auch aus der Begründung des Bescheids erschließt sich nicht einmal ansatzweise, aufgrund welcher Erwägungen die Behörde zur genannten Anschauung gelangt ist. Die genannten Ausführungen im Bescheid erweisen sich damit als gänzlich unsubstantiierte Behauptungen, die jeglicher Grundlage entbehren. Die Verfahrensführung durch die Behörde und die Bescheidbegründung, die eine grobe Verletzung der unter 3.3. dargestellten rechtlichen Vorgaben bedeuten, sind gerade angesichts der Ausführungen im Bescheid zum vom Beschwerdeführer vorgelegten Busticket höchst erstaunlich. Soweit die Behörde nämlich ausführt, das Busticket könnte lediglich dazu geeignet sein, eine Reisebewegung nachzuweisen, nicht aber eine Antragstellung auf Ausstellung eines Reisedokuments bei einer Botschaft, ist sie darauf hinzuweisen, dass Sätze wie „In Ihrem Fall ist nach wie vor mit einer Ausstellung eines Ersatzreisedokuments zu rechnen. Die diesbezüglich zuletzt durchgeführte Urgenz erfolgt am 09.10.2019“ (VA DEF AS 42), die weder nachvollziehbar begründet noch von Ermittlungen getragen sind, überhaupt nicht dazu geeignet sind, die Auffassung zu stützen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach wie vor möglich erscheine.
Die Auffassung des Beschwerdeführers, es sei „notorisch bekannt“, dass die Botschaft Bangladeschs nur sehr unregelmäßig und erst nach unzähligen Urgenzen Heimreisezertifikate ausstelle, weshalb nicht damit gerechnet werden könne, dass für den Beschwerdeführer zeitnah eines ausgestellt werde, (VA DEF AS 77) kann das Bundesverwaltungsgericht allerdings auch nicht teilen. Denn „notorisch“ (nicht: „notorisch bekannt“) sind Tatsachen, die allgemein bekannt oder zumindest der Behörde bekannt, also amtsbekannt, sind. Allgemein bekannt sind Tatsachen, deren Richtigkeit der allgemeinen Überzeugung entsprechend der Behörde bekannt ist. Das sind Tatsachen, die aus der allgemeinen Lebenserfahrung eines Durchschnittsmenschen ohne besondere Fachkenntnisse hergeleitet werden können, z. B. geographische Fakten oder Ereignisse des Zeitgeschehens. Die Annahme, die Umstände und Häufigkeit der Ausstellung von Heimreisezertifikaten durch die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch können gleichermaßen aus der allgemeinen Lebenserfahrung eines Durchschnittsmenschen ohne besondere Fachkenntnisse hergeleitet werden wie geographische Fakten oder Ereignisse des Zeitgeschehens, erscheint geradezu absurd. Amtsbekannt ist eine Tatsache, wenn sie der Behörde im Zuge ihrer Amtstätigkeit bekannt und dadurch bei der Behörde notorisch geworden ist. Gerade hinsichtlich der nur amtsbekannten Tatsachen sind die konkrete Feststellung in der Bescheidbegründung sowie die Erörterung mit den Parteien für die Wahrung des Parteiengehörs von wesentlicher Bedeutung. Vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 45 Rz 4 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Soweit der Beschwerdeführer als amtsbekannt ansehen sollte, dass die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch nur sehr unregelmäßig und erst nach unzähligen Urgenzen Heimreisezertifikate ausstelle, so verträte er damit eine Auffassung, die mit dem aktenkundigen Standpunkt der belangten Behörde nicht in Einklang zu bringen wäre. Mangels näherer Ausführungen des Beschwerdeführers ist nicht nachvollziehbar, wieso jene (vermeintlichen) Tatsachen gerade bei der Behörde amtsbekannt sein sollten, die diese Behörde selbst sichtlich nicht für amtsbekannt hält.
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass das verwaltungsbehördliche Verfahren in Bezug auf die Ermittlung jener Sachverhaltselemente, die erforderlich sind, um begründet und nachvollziehbar darüber absprechen zu können, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers nach wie vor möglich erscheine, grob mangelhaft ist. Auf Grundlage des von der Behörde geführten Verfahrens und der vorliegenden Akten kann daher nicht beurteilt werden, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers nach wie vor möglich erscheine. Der Antrag des Beschwerdeführers kann daher auch nicht mit der Begründung abgewiesen werden, dass seine Abschiebung nach wie vor möglich erscheine. Dass das Bundesverwaltungsgericht dennoch feststellen konnte und festgestellt hat, die Behörde versuche, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen, vermag daran nicht zu ändern.
Gäbe es für die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers keine taugliche und tragfähige Alternativbegründung, wäre der angefochtene Bescheid nach § 28 Abs 3 Satz 2 VwGVG aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
3.5. Den folgenden Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts liegt daher die Annahme zugrunde, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen Gründen unmöglich erscheine. Davon ausgehend wäre die Abweisung seines Antrags rechtswidrig, wenn überdies die tatsächlichen Gründe, aus denen die Abschiebung unmöglich erscheine, nicht vom Beschwerdeführer zu vertreten wären.
3.5.1. Dass vom Beschwerdeführer zu vertretende Abschiebungshindernisse deshalb vorlägen, weil dieser seine Identität verschleiere, kann das Bundesverwaltungsgericht auf Grundlage der verwaltungsbehördlichen Akten nicht erkennen. Dem Akteninhalt ist lediglich zu entnehmen, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht feststehe und er über kein Reise-/Identitätsdokument verfüge (siehe 1.1.). Diese Umstände allein reichen jedoch nicht aus, um die Ansicht zu rechtfertigen, der Beschwerdeführer verschleiere seine Identität. Andere/weitere Umstände kann das Bundesverwaltungsgericht den Akten allerdings nicht entnehmen. Worauf die Behörde ihren Standpunkt, der Beschwerdeführer verschleiere seine Identität, stützt, erschließt sich dem Bundesverwaltungsgericht – infolge des Fehlens einer entsprechenden Begründung im angefochtenen Bescheid – nicht. Die Auffassung, dass der Beschwerdeführer falsche Angaben über seine Identität gemacht habe, trägt der Akteninhalt nicht und wird von der Behörde auch nicht (dezidiert) vertreten. Dass der Beschwerdeführer keinen unbedenklichen Identitätsnachweis vorgelegt habe, könnte ihm nur dann zum Vorwurf gemacht werden, wenn er tatsächlich über einen solchen verfügt hätte oder ein solcher beschaffbar gewesen wären; vgl. mwN VwGH 30.06.2015, Ra 2014/21/0040. Dergleichen hat die Behörde allerdings weder ermittelt noch (nachvollziehbar) festgestellt. Im Übrigen stünde die Verschleierung der Identität der Duldung ohnedies nur dann entgegen, wenn deshalb die Unmöglichkeit der Abschiebung bewirkt werden würde; vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0078. Dass dies der Fall wäre, ist auch nicht ersichtlich und hat die belangte Behörde ebenso wenig dargelegt. Auch im Hinblick auf das von ihr angenommene Abschiebungshindernis nach § 46a Abs 3 Z 1 FPG hat die Behörde ihre unter 3.3. dargestellten Pflichten betreffend Sachverhaltsermittlung und Bescheidbegründung grob verletzt.
3.5.2. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer behauptet, dass er seine Identität nie verschleiert habe (dazu bereits 3.5.1.), begründet er, dass er die mangelnde Ausstellung eines Reisedokuments nicht zu vertreten haben, allein mit seiner angeblichen Kooperation mit der Fremdenpolizeibehörde und der angeblichen Mitwirkung im Verfahren. Dazu führt der Beschwerdeführer ausschließlich ins Treffen, dass er am 04.07.2019 bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch vorstellig geworden sei. (VA DEF AS 75) Anders formuliert: Sein Verhalten sei für die von ihm behauptete Unmöglichkeit der Abschiebung deshalb nicht kausal (vgl. VwGH 30.06.2016, Ra 2016/21/0078), weil er, indem er am 04.07.2019 bei der Botschaft der Volksrepublik Bangladesch vorstellig geworden sei, am Verfahren mitgewirkt habe.
Dass der Beschwerdeführer mitgewirkt habe, entspricht jedoch, wie das Bundesverwaltungsgericht unter 1.4. festgestellt und in der Beweiswürdigung eingehend begründet hat, nicht den Tatsachen. Das Bundesverwaltungsgericht hebt noch einmal hervor: Selbst für den Fall, dass der Beschwerdeführer am 04.07.2019 die Botschaft der Volksrepublik Bangladesch aufgesucht haben sollte, kann darin keine Mitwirkung im Sinne der § 46 Abs 2 und § 46a Abs 3 Z 3 FPG erblickt werden, weil der Beschwerdeführer – nach seinem eigenen Vorbringen und dem von ihm vorgelegten Busticket – am 04.07.2019 frühestens um 18:25 h – und damit fast eineinhalb Stunden nach Ende der Bürozeiten der Botschaft – in Wien angekommen sein kann. Ein Aufsuchen der Botschaft außerhalb der Bürozeiten, das somit von Vornherein ungeeignet ist, zur Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments beizutragen, kann nicht als Bemühen zur Erlangung eines Reise-/Ersatzreisedokuments oder Mitwirkung betrachtet werden.
Dass er anderweitig mitgewirkt oder sich seine angebliche Kooperation mit der Fremdenpolizeibehörde in anderer Form geäußert hätte, bringt der Beschwerdeführer nicht einmal selbst vor und ist auch im Übrigen nicht ersichtlich.
Gegenständlich relevante rechtliche Verpflichtungen hat der Beschwerdeführer damit grob und mehrfach verletzt. Ergänzend zu den bisherigen Ausführungen hält das Bundesverwaltungsgericht fest: Der ihm mit der Rückkehrentscheidung rechtskräftig auferlegten Ausreiseverpflichtung kommt der Beschwerdeführer seit über zwei Jahren nicht nach, er missachtet sie beharrlich. Entgegen den gesetzlichen Vorgaben (vgl. insbesondere § 46 Abs 2 FPG) zeigte der Beschwerdeführer bis dato tatsächlich auch keinerlei Eigeninitiative, bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Reisedokument einzuholen. Dass ihm dies aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen nachweislich nicht möglich wäre, trat nicht zu Tage, geschweige denn erbrachte der Beschwerdeführer den vom Gesetz geforderten Nachweis. Nach der rechtskräftigen Abweisung seines Antrags vor über zwei Jahren wäre es dem Beschwerdeführer fraglos zumutbar, sich zur Erlangung entsprechender Dokumente mit der Vertretungsbehörde seines Heimatstaates in Verbindung zu setzen, wobei dies nicht darin bestehen kann, die Vertretungsbehörde, wenn überhaupt, innerhalb von zwei Jahren ein einziges Mal aufzusuchen, und das außerhalb der Bürozeiten. Im Ergebnis hat der Beschwerdeführer in keiner Weise im Sinne der § 46 Abs 2 und § 46a Abs 3 Z 3 FPG mitgewirkt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann mangelnde Eigeninitiative ein Anhaltspunkt für die Annahme sein, dass der Fremde das Erlangen von Identitäts- bzw. Heimreisedokumenten selbst verhindert habe; vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2018/21/0153, mit Verweis auf VwGH 31.08.2017, Ro 2016/21/0019. In seinem Erkenntnis vom 06.07.2018, I416 1427652-4/2E, führte das Bundesverwaltungsgericht als vom Beschwerdeführer zu vertretenden Grund der Unmöglichkeit der Abschiebung insbesondere auch das Fehlen jeglicher Eigeninitiative zur Erlangung von Identitäts- bzw. Heimreisedokumenten ins Treffen. Selbst wenn der Beschwerdeführer bereits seine richtige Identität angegeben haben sollte, könne nämlich davon ausgegangen werden, dass eine persönliche Vorsprache bei der Botschaft – anders als die bloß schriftliche Kontaktaufnahme durch die belangte Behörde – möglicherweise zur Ausstellung eines Reisedokuments geführt hätte. Die Beurteilung, dass der Beschwerdeführer bzw. in der Folge Revisionswerber die Unmöglichkeit seiner Abschiebung insgesamt im Sinne des § 46a Abs 3 FPG selbst zu vertreten habe, erschien dem Verwaltungsgerichtshof zumindest nicht als unvertretbar. Er wies die Revision mit Beschluss vom 07.03.2019, Ra 2018/21/0153, zurück.
Mit Blick auf diese Judikatur erweist sich die Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Karte für Geduldete nach § 46a Abs 1 Z 3 FPG – trotz gravierender Mängel im verwaltungsbehördlichen Verfahren – im Ergebnis als rechtmäßig. Dass die Behörde versuche, ein Heimreisezertifikat für den Beschwerdeführer zu erlangen, war nicht anzuzweifeln. Infolge der insbesondere unter 3.4. und 3.5.1. aufzeigten Mängel kann das Bundesverwaltungsgericht nicht beurteilen, ob die Abschiebung des Beschwerdeführers im Sinne des § 46a Abs 1 Z 3 FPG möglich erscheine oder nicht. Dies kann jedoch im vorliegenden Fall deshalb dahingestellt bleiben, weil mit Blick auf die gänzlich fehlende Eigeninitiative, der nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung im Lichte des § 46a Abs 1 Z 3 FPG große Bedeutung zukommt, jedenfalls davon auszugehen ist, dass wesentliche Ursache für eine allfällige Unmöglichkeit der Abschiebung das Unterlassen der gebotenen Mitwirkung durch den Beschwerdeführer ist. Dem Beschwerdeführer ist die schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen. Nicht außer Acht zu lassen ist, dass sich der Beschwerdeführer sowohl seiner Verpflichtungen, namentlich seiner Ausreiseverpflichtung und der Verpflichtung, sich eigeninitiativ um die Erlangung eines Reisedokuments zu bemühen, als auch der Tatsache, dass er diesen Verpflichtungen nicht einmal ansatzweise nachgekommen ist, und somit auch des Umstands, dass er selbst maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass bislang kein (Ersatz-)Reisedokument ausgestellt wurde, bewusst sein muss, hätte er doch ansonsten nicht vorgegeben, er wirke am Verfahren mit. Sichtlich versucht(e) der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren sogar, seine fehlende Mitwirkung und seine Ausreiseunwilligkeit zu verschleiern.
Die Voraussetzung des § 46a Abs 1 Z 3 FPG für eine Duldung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, nämlich dass seine Abschiebung aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, ist daher nicht erfüllt. Deshalb war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.6. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Nach § 24 Abs 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
Weder die belangte Behörde noch der Beschwerdeführer beantragten eine mündliche Verhandlung. Außerdem ergab sich aus den bisherigen Ermittlungen bzw. der Aktenlage, dass das – entscheidungswesentliche – Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei bereit, mit der Behörde zusammenarbeiten und habe am Verfahren mitgewirkt, nicht den Tatsachen entspricht. Es ergab sich auch kein Hinweis auf eine allfällige Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Parteien zu erörtern. Deshalb konnten in der gegebenen Konstellation – trotz der gravierenden Mängel des verwaltungsbehördlichen Verfahrens – sowohl eine Aufhebung des angefochtenen Bescheids und Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde als auch eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die für die Entscheidung bedeutsamen Rechtsfragen sind – wie sich aus den oben angeführten Zitaten eindeutig ergibt – hinreichend geklärt. Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts steht mit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs in Einklang. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Duldung Heimreisezertifikat Karte für Geduldete mangelnde Ausreisewilligkeit Mitwirkungspflicht ReisedokumentEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2173140.2.00Im RIS seit
23.10.2020Zuletzt aktualisiert am
23.10.2020