TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/14 L527 2182985-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.02.2020
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Entscheidungsdatum

14.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §55

Spruch

L527 2182985-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH – ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.01.2020, zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Die Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin ist mit XXXX (L527 2182979-1) in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2182976-1) ist die gemeinsame leibliche minderjährige Tochter der Beschwerdeführerin und ihres Ehegatten, XXXX (L527 2182983-1) der gemeinsame leibliche minderjährige Sohn.

Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsangehörige, wurde im Iran geboren und wuchs dort auf. Im Jahr 2007 heiratete sie ihren (jetzigen) Ehegatten und lebte in der Folge mit diesem in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ihr Ehegatte, ebenfalls iranischer Staatsangehöriger, hatte schon zuvor dort gelebt.

Gemeinsam mit ihrem Ehegatten und der Tochter reiste die Beschwerdeführerin am XXXX 2015 legal mit einem Visum der Kategorie C aus den Vereinigten Arabische Emiraten in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 13.04.2015 stellten die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte und die Tochter jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fanden die Erstbefragungen statt.

Nach der Geburt des bereits erwähnten Sohnes im Jahr 2016 in Österreich stellte die Beschwerdeführerin für diesen einen Antrag auf internationalen Schutz.

Am 13.06.2017 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) einvernommen. Ihren Antrag auf internationalen Schutz begründete die Beschwerdeführerin im verwaltungsbehördlichen Verfahren – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt: Zwei bis drei Jahre vor ihrer Ausreise aus den Vereinigten Arabischen Emiraten habe sie dort zunächst eine iranische protestantische Kirche, dann eine namentlich genannte katholische Kirche besucht, bei der sie auch an Sitzungen teilgenommen habe. Verfolgt oder bedroht sei sie deshalb nicht worden, aber sie habe immer alles verstecken müssen und das Gefühl gehabt, dass sie jemand verfolge. Als ihr Mann dann Probleme am Arbeitsplatz bekommen habe bzw. sein Visum für ungültig erklärt worden sei, wobei ihr Visum vom Visum des Mannes abhängig gewesen sei, haben sie beschlossen, die Vereinigten Arabischen Emirate zu verlassen. Im Iran sei ihr Leben in Gefahr, weshalb sie dort auch nicht leben könnten. In Österreich habe sich die Beschwerdeführerin der römisch-katholischen Kirche angeschlossen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status der Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status der subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI). Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Beschwerdeführerin und ihr Ehegatte im Iran einer asylrelevanten Verfolgung hinsichtlich der Religion unterliegen. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Hinwendung der Beschwerdeführerin zum christlichen Glauben auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruhe.

Dagegen erhob die – im gesamten Beschwerdeverfahren durch eine Rechtsberatungsorganisation vertretene – Beschwerdeführerin die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses beraumte für 27.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und ersuchte die Beschwerdeführerin in der – ca. fünf Wochen vor der Verhandlung zugestellten – Ladung um Mitwirkung am Verfahren (Geltendmachung/Vorlage von bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen und Beweismitteln sowie wesentlichen Änderungen/Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bis spätestens drei Wochen vor der Verhandlung). Die Beschwerdeführerin erstattete daraufhin keine Stellungnahme und stellte auch keinen Beweisantrag. Erst in der Verhandlung legte die Beschwerdeführerin zahlreiche Bescheinigungsmittel vor und beantragte (durch die anwesende Vertreterin der Rechtsberatungsorganisation) die Einvernahme eines stellig gemachten Zeugen. Das Bundesverwaltungsgericht vernahm in der Verhandlung neben der Beschwerdeführerin und ihrem Ehegatten den – von „Amts“ wegen – geladenen Pfarrassistenten der römisch-katholischen Pfarre XXXX und den stellig gemachten Vorsitzenden des Liturgieausschusses der Pfarre als Zeugen ein. Auch der belangten Behörde stellte das Bundesverwaltungsgericht die Ladung zur Verhandlung ca. fünf Wochen im Voraus zu. In der Ladung wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass es der Beschwerdeführerin das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran (Stand: 14.06.2019) übermittelt habe und räumte der Behörde dezidiert die Möglichkeit ein, dieses beim Bundesverwaltungsgericht anzufordern. Die belangte Behörde machte davon nicht Gebrauch. Sie teilte mit Fax vom 24.01.2020 (!) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung nicht möglich sei, und führte aus: „Sollte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der vom AsylGH und VwGH entwickelten Kriterien zur Aktualität von zur Entscheidungsfindung herangezogenen Quellen davon ausgehen, dass die vom BFA/BAA verwendeten Quellen zwischenzeitig nicht mehr als aktuell zu betrachten wären bzw. erwägt das Bundesverwaltungsgericht weitere Quellen heranzuziehen, welche am Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens Zweifel aufkommen lassen, so beantragt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Einholung einer aktuellen Stellungnahme der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gem. § 5 Abs. 3 BFA-G. Dies wird damit begründet, dass es sich bei der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufgrund der gesetzlichen Vorgaben um eine hinreichend kompetente Stelle handelt, deren Stellungnahmen im Asylverfahren entsprechende Aktualität, Objektivität und Beweiskraft zukommt.“

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Beschwerdeführerin:

1.1.1. Die Beschwerdeführerin führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Ihre Identität steht fest. Sie ist iranische Staatsangehörige und seit ca. 13 Jahren mit XXXX (L527 2182979-1), geb. XXXX , verheiratet. XXXX (L527 2182976-1), geb. XXXX , ist die minderjährige - leibliche - Tochter der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes, XXXX (L527 2192983-1), geb. XXXX , ist deren minderjähriger - leiblicher - Sohn.

Die Beschwerdeführerin wurde im Iran geboren und wuchs dort auf. Nach der Verehelichung lebte sie gemeinsam mit ihrem Ehegatten und später auch ihrer Tochter in XXXX , Vereinigte Arabische Emirate. Gemeinsam reisten sie am XXXX 2015 legal mit einem Visum der Kategorie C in das österreichische Bundesgebiet ein. Die Beschwerdeführerin stellte am 13.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf die Beschwerdeführerin keine Verurteilung auf.

1.1.2. Die Beschwerdeführerin war ursprünglich muslimischen Glaubens. Sie hat sich bereits im Iran für den christlichen Glauben interessiert und kam damit nach ihrer Einreise in die Vereinigten Arabischen Emirate erstmals etwas näher in Berührung. Sie lernte dort das Christentum zunächst protestantischer und später katholischer Strömung kennen. In dieser Zeit wuchs das Interesse der Beschwerdeführerin am christlichen Glauben stetig und sie beschäftigte sich intensiver damit.

Nach ihrer Einreise ins österreichische Bundesgebiet im März 2015 fand die Beschwerdeführerin im Mai 2015 Zugang zur römisch-katholischen Kirche. Konkret nahm sie zunächst regelmäßig am Glaubensunterricht in der XXXX katholischen Gemeinde der Erzdiözese XXXX teil und wurde im Juni 2015 in den Katechumenat aufgenommen. Nach einem Unterkunftswechsel fand die Beschwerdeführerin ebenfalls im Frühjahr 2015 Zugang zur römisch-katholischen Pfarre XXXX . Nach (einer sich über mehrere Monate erstreckenden) Vorbereitung wurde die Beschwerdeführerin am 27.03.2016 nach dem Ritus der römisch-katholischen Kirche getauft. Gleichzeitig erhielt sie die Erstkommunion und die Firmung, außerdem erneuerten sie und ihr Ehegatte bei dieser Gelegenheit ihr Eheversprechen.

Die Beschwerdeführerin nimmt nach wie vor regelmäßig öffentlichkeitswirksam am Leben der katholischen Pfarre XXXX teil und befasst sich weiter mit dem christlichen Glauben. Sie ist in die Pfarrgemeinde integriert. Soweit die Betreuung ihrer Kinder, insbesondere ihres Sohnes dem nicht entgegenstehen, nimmt sie dort am Sonntagsgottesdienst teil, im Ergebnis zumindest jede zweite Woche. Im Gottesdienst hat sie vereinzelt den Lektorendienst übernommen. Außerdem nimmt sie an christlichen Festen und anderen kirchlichen Aktivitäten in der Pfarre teil. Sie engagiert sich in der Gemeinde, z. B. indem sie sich um den Blumenschmuck kümmert oder bei kirchlichen Veranstaltungen hilft und putzt.

Die Beschwerdeführerin lebt und bezeugt ihren christlichen Glauben konsequent und ist praktizierende Christin.

Es ist davon auszugehen, dass sich die Beschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt und dementsprechend im Falle der Rückkehr in den Iran nicht zum Islam zurückkehren, sondern Christin bleiben und ihren Glauben aktiv leben würde.

Es kann vor dem Hintergrund der unten angeführten Länderfeststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran wegen des Glaubenswechsels mit asylrelevanten Verfolgungshandlungen seitens iranischer Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen hat.

1.2. Zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Die Konversion vom Islam zu einer anderen Religion wird im Iran als Abtrünnigkeit vom Islam gewertet (Apostasie), ist verboten und mit langen Haftstrafen und Todesstrafe bedroht. Trotzdem nimmt die Zahl der Konversionen weiter zu. Zumeist werden Konvertierte allerdings nicht wegen Apostasie bestraft, sondern wegen anderer Delikte, z. B. „moharebeh“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“.

Konkret werden christliche Konvertiten normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern Fälle von Konversion werden als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und diese werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen, keine geläufige Bestrafung. Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen. Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass gegen christliche Konvertiten hohe Haftstrafen auch tatsächlich verhängt werden.

Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten folgen (z. B. Missionierung oder Unterricht im Glauben), kann das zu einem Problem führen.

Ebenso wenig kann in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Welche Konsequenzen Iraner, die im Ausland zum Christentum konvertiert sind und in den Iran zurückkehren, erwarten, hängt vom konkreten Einzelfall ab (insbesondere von der religiösen und konservativen Einstellung des Umfelds). Die Rückkehr in den Iran ist kein Problem, wenn die betreffende Person den Behörden nicht bereits bekannt war. Außerdem werden konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, für die Behörden nicht von Interesse sein; bei Konvertiten, die bereits vor ihrer Ausreise den Behörden bekannt waren, ist das anders zu beurteilen. Im Übrigen hängt es auch vom Verhalten des konvertierten Rückkehrers ab, ob die Behörden auf ihn aufmerksam werden. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn die betreffende Person über ihre Konversion sehr freimütig in den sozialen Medien berichtet. Dann kann es bei der Rückkehr zu Verhaftungen und Befragungen kommen. Die weiteren Konsequenzen hängen wiederum vom Einzelfall ab, namentlich davon, was der Rückkehrer den Behörden erzählt. Harsche Strafen sind zumindest bei missionarischen Tätigkeiten oder anderen Aktivitäten, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, nicht ausgeschlossen. Ansonsten kann eine Veröffentlichung der Konversion in den sozialen Medien die Beobachtung durch die Behörden zur Konsequenz haben, zu einer Verfolgung führt sie jedoch nicht. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, wird sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um z. B. Nachteile des Islams mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden.

Strenger als (bloße) Konversion werden missionarische Tätigkeiten unter Muslimen geahndet. Missionarische Tätigkeiten sind generell verboten und können als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden.

Hauskirchen sind im Iran zwar verboten und werden teils überwacht, ihre Anzahl steigt aber. Erlangen Behörden Kenntnis von einer Hauskirche (z. B. durch Nachbarn), wird eine Überwachung veranlasst. Eine dauerhafte flächendeckende Überwachung ist nicht möglich, die Behörden haben jedoch eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen. Ein sofortiges Eingreifen ist unwahrscheinlich, weil die Behörden (zunächst) nähere Informationen gewinnen wollen (über die Mitglieder und deren Aktivitäten). Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Im Fokus der Behörden stehen vor allem die Organisatoren von Hauskirchen; ihnen droht, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Sie werden mit dem Ziel festgenommen, die Gemeinschaft zu schwächen. Aber auch einfache Mitglieder von Hauskirchen werden bisweilen verfolgt. Dabei spielt eine Rolle, welchen Aktivitäten das Mitglied nachgeht und ob es im Ausland bekannt ist. Üblicherweise werden Mitglieder bei ihrer ersten Festnahme nach ca. 24 Stunden wieder freigelassen, mitunter unter der Bedingung, sich vom Missionieren fernzuhalten. Leisten sie der Bedingung Folge, hören die Behörden meist auf, Informationen über die betreffenden Personen zu sammeln. Ansonsten riskieren die Mitglieder von Hauskirchen, von den Behörden zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden. Das Ziel ist, die Personen zu schikanieren und einzuschüchtern. In den letzten Jahren gab es jedenfalls mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet.

Die dargestellte Lage betrifft ausnahmslos den gesamten Iran. Regionale oder lokale Ausnahmen, z. B. dergestalt, dass in bestimmten Gebieten des Irans die Konversion vom Islam zum Christentum erlaubt wäre, sind nicht feststellbar.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Rechtliche Grundlagen für die Feststellung des Sachverhalts und die Beweiswürdigung:

2.1.1. Zur Begründung von Anträgen auf internationalen Schutz braucht die behauptete Verfolgung nicht bewiesen, sondern gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 lediglich glaubhaft gemacht zu werden.

Dies bedeutet zum einen eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Antragstellers bzw. Beschwerdeführers. Dieser hat nämlich initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der betreffenden Fakten spricht und diesbezüglich konkrete Umstände anzuführen, die objektive Anhaltspunkte für deren Vorliegen liefern; vgl. z. B. VwGH 15.09.2004, 2002/04/0201.

Zum anderen wird, wenn eine Tatsache (lediglich) glaubhaft gemacht werden muss, das Beweismaß herabgesetzt; vgl. Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 1 (Stand 1.8.2017, rdb.at); zur Relevanz dieser Bestimmung im Verwaltungsverfahren: Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht6 (2018) Rz 206. Für die Glaubhaftmachung (im Unterschied zum vollen Beweis) genügt es, dass die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des Vorliegens einer bestimmten Tatsache überzeugt ist. Die Glaubhaftmachung hat also das Ziel, die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit bestimmter Tatsachenbehauptungen zu vermitteln. Glaubhaftmachung ist somit der Nachweis einer Wahrscheinlichkeit. Dafür genügt ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit als der, der die Überzeugung von der Gewissheit rechtfertigt; VwGH 29.05.2006, 2005/17/0252. Im Gegensatz zum strikten Beweis bedeutet Glaubhaftmachung ein reduziertes Beweismaß und lässt durchwegs Raum für gewisse Einwände und Zweifel an dem Vorbringen des Asylwerbers. Entscheidend ist, ob die Gründe, die für die Richtigkeit der Sachverhaltsdarstellung sprechen, überwiegen oder nicht. Dabei ist eine objektivierte Sichtweise anzustellen. Ob die Glaubhaftmachung behaupteter Tatsachen gelungen ist oder nicht, ist das Ergebnis richterlicher Beweiswürdigung und keine Frage der rechtlichen Beurteilung; so mwN Rechberger in Fasching/Konecny3 III/1 § 274 ZPO Rz 5 (Stand 1.8.2017, rdb.at).

2.1.2. Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und der Prüfung einer Scheinkonversion kommt es nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung des Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist; z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441, und VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530. Eine Zeugeneinvernahme ist allerdings, wie der Verwaltungsgerichtshof mehrmals ausgesprochen hat, keineswegs in allen Fällen geboten; vgl. z. B. VwGH 25.02.2019, Ra 2019/19/0017, VwGH 23.01.2019, Ra 2018/19/0453, und VwGH 21.06.2018, Ra 2017/01/0381.

2.1.3. Von Bedeutung ist weiters, dass sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs alleine mit der Unglaubwürdigkeit (wohl gemeint: Unglaubhaftigkeit) des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen lässt, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien; vgl. VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091.

2.2. Zu den Feststellungen zur Beschwerdeführerin:

2.2.1. Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin ergeben sich aus ihren Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde und dem Bundesverwaltungsgericht (AS 1, 102; OZ 13, S 12). Bereits die belangte Behörde kam – aufgrund des sichergestellten und von der Landespolizeidirektion XXXX einer Dokumentenprüfung unterzogenen (AS 49) Reisepasses – zu dem Ergebnis, dass die Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin feststehen (AS 180). Angesichts ihrer gleichbleibenden und nachvollziehbaren Angaben im gesamten bisherigen Verfahren (AS 5, 7, 102), ihrer Antworten auf Fragen zur Beziehung zu ihrem Ehemann und ihren Kindern in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 13, S 12, 14) und einer im behördlichen Verfahren im Original vorgelegten und von der Landespolizeidirektion XXXX überprüften Personenstandsurkunde (AS 155 ff), waren die Feststellung zur Geburt und zum Aufwachsen im Iran, zum Aufenthalt nach der Eheschließung in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie zum Familienstand zu treffen (vgl. auch AS 113).

Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung der Beschwerdeführerin aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 14).

Wann die Beschwerdeführerin den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 1 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Das Datum der Ausreise aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Einreise in das Bundesgebiet hat die Beschwerdeführerin stets gleichbleibend benannt (AS 7; OZ 13, S 18). Diese Angaben stehen im Einklang mit den Eintragungen im Reisepass der Beschwerdeführerin (AS 31) und sind überdies auch angesichts des von der österreichischen Botschaft in XXXX erteilten Visums plausibel (AS 23).

2.2.2. Die belangte Behörde vernahm die Beschwerdeführerin einmal ein, und zwar am 13.06.2017. Die Einvernahme dauerte – inklusive Rückübersetzung (AS 107) – von 13:00 bis 16:15 h, wobei sich mit dem Großteil der gestellten Fragen, wie das Bundesverwaltungsgericht sogleich näher darlegen wird, die Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel bestenfalls im Ansatz ermitteln lassen. Zwischen der behördlichen Einvernahme und der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2020 liegen also mehr als zweieinhalb Jahre. Dass sich die religiöse Überzeugung innerhalb dieses Zeitraums verändert oder sich aus Interesse für das Christentum eine Identifikation mit demselben entwickelt, erscheint keineswegs ausgeschlossen.

Hinzukommt, dass das Bundesverwaltungsgericht, insbesondere durch die eingehende Befragung der Beschwerdeführerin in der Verhandlung, wesentlich gründlicher als die belangte Behörde ermittelt hat, ob die Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel vorliegen (AS 105 f vs. OZ 13, S 19 ff). Maßgeblich sind nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens- bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel; vgl. z. B. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0441. Eine dieser und der unter 2.1.2. skizzierten Judikatur entsprechende Befragung hat die belangte Behörde im gegenständlichen Fall weitgehend unterlassen. Nur wenige der in der behördlichen Einvernahme gestellten Fragen erscheinen dazu geeignet, die (damals) aktuelle Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin zu ergründen. Der Schwerpunkt der Befragung in Bezug auf die aktuelle Glaubensüberzeugung lag auf einer kurzen Überprüfung von christlichem Wissen (AS 105 f). Die diesbezüglichen Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz zur Beweiswürdigung der Behörde erweisen sich damit als zutreffend (AS 303; AS 235, 236 f). Im angefochtenen Bescheid räumte die belangte Behörde sogar selbst ein, dass die Beschwerdeführerin diese (einfachen) Fragen habe ad hoc beantworten können. Es handle sich um Wissen, welches mit einem gewissen Selbststudium und unter Mithilfe von erfahrenen Personen (wie z. B. in Taufvorbereitungskursen) angeeignet werden könne (AS 235). Insofern schien schon die belangte Behörde der Beschwerdeführerin zuzugestehen, dass sich diese mit dem Christentum befasse. Besonders bemerkenswert ist, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst darlegt, dass es bei einer geltend gemachten religiösen Verfolgungsgefährdung wegen eines vorgenommenen Glaubenswechsels vom Islam zum Christentum grundsätzlich einer Prüfung der inneren, religiös-persönlichkeitsprägenden Beweggründe bedürfe (AS 237), und die entsprechende Befragung im konkreten Fall aber gerade unterlassen hat.

Im Unterschied zur belangten Behörde hat sich das Bundesverwaltungsgericht auch nicht damit begnügt, die aktuelle Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin allein anhand ihrer Aussagen und der von ihr vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus – wie im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur im gegenständlichen Fall geboten – den Pfarrassistenten der römisch-katholischen Pfarre XXXX als Zeugen geladen und einvernommen. Überdies kam das Bundesverwaltungsgericht auch dem kurzfristig gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des Vorsitzenden des Liturgieausschusses dieser Pfarre nach.

Insgesamt hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den nach der Judikatur für die Beurteilung eines Glaubenswechsels relevanten Aspekten wesentlich eingehender befasst als die belangte Behörde. Damit kann das Bundesverwaltungsgericht seine Feststellungen aufgrund umfassenderer Ermittlungen und Informationen treffen; das Bundesverwaltungsgericht hat sich von der aktuellen Glaubensüberzeugung ein breiteres Bild verschafft als die belangte Behörde und konnte dementsprechend auch zu einem anderen Ergebnis kommen.

Überdies steht außer Frage, dass die Beschwerdeführerin mit iranischen Behörden keine Probleme gehabt hatte, keinen Übergriffen und Misshandlungen durch Vertreter von Behörden im Iran ausgesetzt war, im Iran keine Probleme wegen ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, politischen Gesinnung und Religion gehabt hatte und dass im Iran kein Verfahren gegen sie anhängig ist, nicht nach ihr gefahndet wird sowie dass ihre Familie nicht ihretwegen Probleme mit den iranischen Behörden bekommen hat (AS 103; OZ 13, S 18 f). Ebenso unzweifelhaft ist, dass die Beschwerdeführerin auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten keiner persönlichen Verfolgung und Bedrohung ausgesetzt war (AS 105; OZ 13, S 29). Aus den in der Beweiswürdigung im Bescheid vorzufindenden Passagen, die (in unterschiedlichen Formulierungen) sinngemäß oder dezidiert besagen, die Beschwerdeführerin habe keine reale Bedrohung oder reale Gefährdung angeben können (AS 233, 235 f), ist daher für die Frage der Glaubhaftigkeit des Vorbringens bzw. einer Verfolgung(sgefahr) nichts zu gewinnen. Nach der unter 2.1.2., 2.2.2. und 3.1. zitierten Judikatur ist nämlich entscheidend, ob (glaubhaft ist, dass) die Beschwerdeführerin bei weiterer Ausführung ihres (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle ihrer Rückkehr in ihren Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden.

2.2.3. Schon die Behörde musste einräumen, dass die Beschwerdeführerin getauft sei (AS 180; Taufschein: AS 109). Zum Zeitpunkt ihrer Einvernahme vor der belangten Behörde hatte die Beschwerdeführerin, wie die Behörde ebenfalls zugestand (AS 235, 237), zumindest einfaches Wissen über das Christentum (AS 105 f). In der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht konnte die Beschwerdeführerin zwar nicht alle Wissensfragen bzw. Fragen, deren Beantwortung auch Wissen erforderten, auf Anhieb und stets fundiert beantworten, im Ergebnis lassen die Antworten in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht aber durchaus den Schluss zu, die Beschwerdeführerin habe sich mit dem christlichen Glauben und der katholischen Konfession näher befasst (z. B. OZ 13, S 19, 23, 28). Nicht außer Acht zu lassen ist ferner, dass an das Wissen eines (angeblichen) Konvertiten über dessen (angeblichen) neuen Glauben keine überzogene Erwartungshaltung zu stellen ist; vgl. VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455.

Dass die Beschwerdeführerin im Frühjahr 2015 Zugang zur römisch-katholischen Kirche in Österreich fand, der Besuch des Glaubenskurses, die Aufnahme in den Katechumenat, der regelmäßige Besuch von Gottesdiensten, das Engagement in einer katholischen Pfarrgemeinde, die Taufe, die Erstkommunion, die Firmung und die Erneuerung des Eheversprechens erscheinen unstrittig und ergeben sich aus den glaubhaften Aussagen der Beschwerdeführerin (AS 106, OZ 13, S 26 f), schriftlichen Bestätigungen der katholischen Pfarrgemeinde XXXX bzw. des Pfarrassistenten, des Pfarrgemeinderats und dessen Fachausschusses für Liturgie sowie des Vorsitzenden des Liturgieausschusses, des Generalsekretärs der Erzdiözese XXXX sowie von sonstigen Gemeindemitgliedern (AS 115, 131 ff, 345 ff) und der glaubhaften Aussagen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung am 27.01.2020 (OZ 13, Beilage Z, S 3, Beilage Z 2, S 3). Auch die belangte Behörde befand es für glaubhaft, dass die Beschwerdeführerin Gottesdienste besuche und in der Gemeinde ehrenamtlich aktiv sei (AS 181, 183). Diese äußeren Umstände müssen freilich nicht zwingend bedeuten, dass sich die Beschwerdeführerin tatsächlich aus innerer Überzeugung dem Christentum angeschlossen hat und sich zu diesem bekennt. Im Zusammenhang mit folgenden Tatsachen und Erwägungen ergibt sich jedoch die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer echten Konversion der Beschwerdeführerin:

Die Beschwerdeführerin ließ in ihren Ausführungen mehrfach erkennen, dass Religion in ihrem Leben einen gewissen Stellenwert hat und sie auf der Suche nach einer Möglichkeit war, ihr individuelles Bedürfnis nach Religiosität zu befriedigen (OZ 13, S 22). In diesem Zusammenhang legte die Beschwerdeführerin – sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht – nachvollziehbar dar, dass sie, als sich erste Berührungspunkte mit dem Christentum ergaben, zunächst neugierig gewesen sei (AS 105; OZ 13, S 19, 21). Im Laufe der Zeit boten sich, wie die Beschwerdeführerin einleuchtend schilderte, verschiedene Gelegenheiten, den christlichen Glauben unterschiedlicher Konfessionen etwas näher kennen zu lernen. Im Zuge dessen wuchs das Bedürfnis, die kennengelernten Glaubensinhalte, etwa Geschichten in der Bibel, auch zu verstehen. (AS 105; OZ 13, S 19 ff) Zu bedenken ist weiters, dass, nachdem die Beschwerdeführerin im Frühjahr 2015 Zugang zur römisch-katholischen Kirche in Österreich gefunden hatte, noch ca. neun Monate bis zur Taufe vergingen. In dieser Zeit hat sich die Beschwerdeführerin wiederum intensiver mit dem christlichen Glauben beschäftigt, z. B. durch den Besuch eines Glaubenskurses. (AS 125; OZ 13, S 26; AS 109; vgl. auch AS 121) Bis die Beschwerdeführerin getauft und in die katholische Kirche offiziell als Mitglied aufgenommen wurde, verging somit ein längerer Zeitraum, innerhalb dessen sich die Beschwerdeführerin ernsthaft und näher mit dem christlichen Glauben beschäftigte. Wäre es das alleinige Interesse der Beschwerdeführerin gewesen, nach ihrer Einreise in das Bundesgebiet eine christliche Kirche zu finden, um den christlichen Glauben zum Schein, zur Erlangung von Asyl, (öffentlichkeitswirksam) zu praktizieren, hätte sie gewiss einen „einfacheren Weg“ gehen können. Es trat somit insgesamt glaubhaft zu Tage, dass ihr Interesse am Christentum über einen längeren Zeitraum gereift ist und dass sie sich über einen längeren Zeitraum mit dem Christentum befasst hat, ehe sie sich dafür entschied bzw. selbst als Christin sah (OZ 13, S 23). Auch die Motive für ihren Glaubenswechsel konnte die Beschwerdeführerin in diesem Kontext insgesamt plausibel darlegen (OZ 13, S 22 ff).

Ferner ist zu berücksichtigten, dass die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in unterschiedlichen Zusammenhängen einen persönlichen Zugang zum Christentum und insbesondere eine individuelle Bedeutung des christlichen Glaubens, glaubhaft machen konnte. Antworten auf vom Richter gestellte Fragen ließen nachvollziehbar erkennen, dass und weshalb es für die Beschwerdeführerin von persönlicher Bedeutung ist, den christlichen Glauben zu praktizieren, sowie dass sie eine affektive Bindung zum Christentum hat. (OZ 13, S 24 f, 27)

Hinzu kommt, dass sowohl der Pfarrassistent der römisch-katholischen Pfarre XXXX als auch der Vorsitzende des Liturgieausschusses der Pfarre nicht nur schriftlich zu den Glaubensaktivitäten und zur Glaubensüberzeugung der Beschwerdeführerin Stellung genommen haben (AS 131 ff, 345 ff). Vielmehr haben sich beide in diesem Sinne – unter Wahrheitspflicht – auch bei ihrer Einvernahme als Zeuge vor dem Bundesverwaltungsgericht am 27.01.2020 geäußert (OZ 13, Beilage Z, S 3 f, Beilage Z 2, S 3 f). Freilich übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass die Aussagen der Zeugen teils eher oberflächlich gehalten waren (z. B. OZ 13, Beilage Z, S 3 f) und naturgemäß nur den persönlichen Eindruck, den die Zeugen von der Beschwerdeführerin haben, wiedergeben konnten. Auch obliegt es (im Beschwerdeverfahren) grundsätzlich allein dem Bundesverwaltungsgericht, zu beurteilen, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt (vgl. etwa VwGH 11.12.2019, Ra 2019/20/0538). Die Aussagen der Zeugen über das religiöse Interesse der Beschwerdeführerin und deren Engagement in der christlichen Gemeinde sowie die Bedeutung christlicher Werte fügt sich aber in das Bild, das die Beschwerdeführerin in ihren Aussagen und mit ihrem Aussageverhalten selbst vermittelte, nämlich, dass sie ein wahrhaftiges Interesse am christlichen Glauben hat und dementsprechend bemüht ist, ihre Kenntnisse zu erweitern. Dies wiederum spricht aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts im gegebenen Gesamtkontext (!) dafür, dass sich die Beschwerdeführerin dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen hat. Es legt nahe, dass die Beschwerdeführerin die Gottesdienste nicht deswegen regelmäßig besucht, um außenwirksam ein (angebliches) Interesse am christlichen Glauben zu dokumentieren. Gleiches gilt für ihr Engagement in der kirchlichen Gemeinde.

2.2.4. Im Ergebnis konnte die Beschwerdeführerin also jedenfalls im Beschwerdeverfahren eine ernsthafte Konversion zum Christentum glaubhaft machen. Dass in einzelnen Details nach wie vor gewisse Zweifel am Vorbringen der Beschwerdeführerin bestehen mögen (etwa im Lichte der Aussagen zu einem angeblichen einprägsamen Erlebnis [OZ 13, S 19, 22] und angesichts der durchaus befremdlich wirkenden Aussage, das Christentum sei keine Religion, sondern ein Weg [OZ 13, S 24]), steht dieser Schlussfolgerung im Ergebnis nicht entgegen. Die Beschwerdeführerin erweckte in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht durchaus den Eindruck, sich dem christlichen Glauben aus innerer Überzeugung angeschlossen zu haben. Bei dieser Beurteilung ist insbesondere ihr Aussageverhalten bei der Beantwortung der einzelnen Fragen berücksichtigt.

2.3. Zu den Feststellungen zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner:

Diese Feststellungen waren auf der Grundlage der Ausführungen zu „Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen“ im Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran (S 47 ff), Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, zu treffen. Die Feststellungen geben freilich die Informationen aus dem Länderinformationsblatt nur insoweit wieder, als sie im konkreten Fall entscheidungsrelevant sind. Die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen erscheinen durchwegs schlüssig, vollständig und richtig, sie sind auch hinreichend aktuell.

Das Bundesverwaltungsgericht hat das Länderinformationsblatt der Beschwerdeführerin mit der Ladung zur Verhandlung zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt. Davon machte die Beschwerdeführerin nicht Gebrauch.

Beim vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationsblatt handelt es sich um eine aktualisierte Version des bereits von der belangten Behörde herangezogenen Länderinformationsblatts der Staatendokumentation (AS 183 ff). Die in der jeweiligen Version des Länderinformationsblatts enthaltenen Darstellungen zum christlichen Glauben im Iran und insbesondere zur Apostasie blieben aber grundsätzlich dieselben. Schon aus diesem Grund war dem von der Behörde gestellten Antrag auf Einholung einer aktuellen Stellungnahme der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (OZ 11) nicht nachzukommen; vgl. im Übrigen zu diesem Beweisantrag die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts unter 3.

Auf welchen (konkreten) Inhalt des von der Behörde herangezogenen Länderinformationsblatts, das sich insoweit mit der aktuelleren Version, die das Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebracht hat, deckt, die Behörde ihre in der Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid – unbegründet und unsubstantiiert – vertretene Auffassung, der Beschwerdeführerin stünde bei einem angenommenen Wahrheitsgehalt ihres Vorbringens die innerstaatliche Fluchtalternative offen (AS 237), stützt, erschließt sich nicht einmal ansatzweise. Sowohl aus der von der Behörde herangezogenen Version des Länderinformationsblatts als auch aus der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Version geht unzweifelhaft hervor, dass in Bezug auf das verfahrensgegenständliche Vorbringen keine innerstaatliche Fluchtalternative im Iran besteht. Der gegenteilige Standpunkt im angefochtenen Bescheid erweist sich – im Lichte sowohl der von der belangten Behörde herangezogenen Länderinformationen (insbesondere AS 206 ff) als auch der vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen – als verfehlt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zum Beweisantrag in der Eingabe der belangten Behörde vom 24.01.2020, OZ 11:

Wie in der Darstellung des Verfahrensgangs bereits ausgeführt, wies das Bundesverwaltungsgericht die belangte Behörde in der ca. fünf Wochen vor der Verhandlung zugestellten Ladung darauf hin, dass es der Beschwerdeführerin das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran (Stand: 14.06.2019) übermittelt habe, und räumte der Behörde dezidiert die Möglichkeit ein, dieses beim Bundesverwaltungsgericht anzufordern. Die belangte Behörde machte davon nicht Gebrauch. Sie teilte mit Fax vom 24.01.2020 (!) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung nicht möglich sei, und führte aus: „Sollte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der vom AsylGH und VwGH entwickelten Kriterien zur Aktualität von zur Entscheidungsfindung herangezogenen Quellen davon ausgehen, dass die vom BFA/BAA verwendeten Quellen zwischenzeitig nicht mehr als aktuell zu betrachten wären bzw. erwägt das Bundesverwaltungsgericht weitere Quellen heranzuziehen, welche am Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens Zweifel aufkommen lassen, so beantragt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Einholung einer aktuellen Stellungnahme der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gem. § 5 Abs. 3 BFA-G. Dies wird damit begründet, dass es sich bei der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufgrund der gesetzlichen Vorgaben um eine hinreichend kompetente Stelle handelt, deren Stellungnahmen im Asylverfahren entsprechende Aktualität, Objektivität und Beweiskraft zukommt.“

Zu diesem Beweisantrag ist ergänzend zu den Ausführungen unter 2.3. noch festzuhalten:

Die Tatsache, dass die belangte Behörde den Beweisantrag erst mit Fax vom 24.01.2020 stellte, lässt angesichts der ca. fünf Wochen vor der Verhandlung am 27.01.2020 zugestellten Ladung, in der die vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen angegeben waren, daran zweifeln, ob die belangte Behörde ihrer Mitwirkungsobliegenheit (vgl. mwN Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 16 [Stand 1.7.2005, rdb.at]) und Verfahrensförderungspflicht (§ 17 VwGVG in Verbindung mit § 39 Abs 2a AVG) nachgekommen ist. Hinzukommt, dass der von der Behörde gestellte Antrag nicht den Schluss zulässt, die Behörde habe sich mit den vom Bundesverwaltungsgericht übermittelten Informationen auseinandergesetzt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte der Behörde nämlich bereits mitgeteilt, dass es das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation für den Iran, Gesamtaktualisierung am 14.06.2019, in das Verfahren eingebracht hat. Beim Beweisantrag handelt es sich sichtlich um einen Textbaustein. Es scheint, dass die Behörde den Beweisantrag gewohnheitsmäßig stellt und dazu den Textbaustein ebenso gewohnheitsmäßig verwendet, ohne auf das konkrete Verfahren Bedacht zu nehmen. Dafür spricht insbesondere auch die Formulierung „[…] vom BFA/BAA verwendeten Quellen […]“ (OZ 11), hat den angefochtenen Bescheid doch unzweifelhaft das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl („BFA“), und nicht das Bundesasylamt („BAA“), erlassen. Darüber hinaus weist das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass es der belangten Behörde freistand, das – freilich ohnedies von der vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl geführten Staatendokumentation (§ 5 Abs 1 BFA-G) erstellte Länderinformationsblatt (!), das das Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren als Beweismittel einbrachte – anzufordern und dazu – insbesondere in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht – Stellung zu nehmen.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. mwN VwGH 30.01.2019, Ra 2018/03/0131) gilt auch in den Verfahren vor den Verwaltungsgerichten das Amtswegigkeitsprinzip des § 39 Abs 2 AVG und damit insbesondere auch der Grundsatz der Erforschung der materiellen Wahrheit. Eine antizipierende Beweiswürdigung sei dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren fremd. Eine unzulässige antizipierende Beweiswürdigung liege vor, wenn ein vermutetes Ergebnis noch nicht aufgenommener Beweise vorweggenommen wird. Folglich können Beweisanträge bzw. eine Aufnahme von Beweisen von Amts wegen prinzipiell nur dann abgelehnt werden, wenn die Beweistatsachen als wahr unterstellt werden, es auf sie nicht ankommt oder das Beweismittel - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - untauglich bzw. an sich nicht geeignet ist, über den beweiserheblichen Gegenstand einen Beweis zu liefern. Aus dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung folge außerdem, dass Beweisanträge nicht mehr berücksichtigt werden müssen, wenn sich das Verwaltungsgericht aufgrund der bisher vorliegenden Beweise/Ergebnisse des bisher durchgeführten Ermittlungsverfahrens ein klares Bild über die maßgebenden Sachverhaltselemente machen kann; vgl. mit Verweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 23 (Stand 1.7.2005, rdb.at). Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH 24.06.2016, Ra 2016/02/0189) ausgesprochen, dass die Beachtlichkeit eines Beweisantrages die ordnungsgemäße Angabe des Beweisthemas, das mit dem Beweismittel unter Beweis gestellt werden soll, somit jener Punkte und Tatsachen voraussetze, die durch das angegebene Beweismittel geklärt werden sollen. Erheblich sei ein Beweisantrag dann, wenn Beweisthema eine für die Rechtsanwendung mittelbar oder unmittelbar erhebliche Tatsache ist. In der Unterlassung der Beweisaufnahme ist kein Verfahrensmangel gelegen, wenn das von der Partei im Beweisantrag genannte Beweisthema unbestimmt ist; vgl. VwGH 29.03.2017, Ra 2016/15/0023, 24.10.2016, Ra 2016/02/0189, 14.10.2016, Ra 2016/18/0260. Ein Erkundungsbeweis ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässig; VwGH 11.05.2017, Ro 2016/21/0012.

Der von der belangten Behörde gestellte - unsubstantiierte - Antrag legt nicht dar, welche konkreten Tatsachen bewiesen werden sollen und weshalb diese für den vorliegenden Fall relevant seien. Es bleibt auch völlig im Dunkeln, was aus einer Stellungnahme der Staatendokumentation zu einem Länderinformationsblatt – ebenfalls der Staatendokumentation – überhaupt an Aussagen über entscheidungserhebliche Vorgänge oder Tatsachen zu gewinnen sein sollte. Schließlich hält das Bundesverwaltungsgericht fest, dass seine Entscheidung, läge es dieser die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Länderinformationen zugrunde, nicht anders ausfiele. Dass das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde stattgibt, liegt nicht daran, dass sich seit Erlassung des angefochtenen Bescheids die Lage von Konvertiten im Iran, soweit für den gegenständlichen Fall relevant, geändert hätte oder die Lage in den vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Länderinformationen anders dargestellt werden würde, sondern daran, dass das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens – ein solches hatte die Behörde, wie unter 2.2.2. ausgeführt, unterlassen – zu dem Schluss gelangte, dass sich die Beschwerdeführerin aus innerer Überzeugung zum Christentum bekennt.

Aus den genannten Gründen war dem Beweisantrag nicht nachzukommen, wobei ein Abspruch darüber in Form eines gesondert anfechtbaren Beschlusses (§ 31 VwGVG) nicht vorgesehen ist; vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 22 und § 52 RZ 11 (Stand 1.7.2005, rdb.at).

Zu A) Stattgabe der Beschwerde:

3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Gemäß § 3 Abs 3 AsylG 2005 ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen, wenn dem Fremden eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 offen steht oder der Fremde einen Asylausschlussgrund iSd § 6 AsylG 2005 gesetzt hat.

Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits – durch die Taufe – erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend vgl. VwGH 30.06.2005, 2003/20/0544, und VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210, zum Herkunftsstaat Marokko; diese Judikatur scheint mit der aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs im Einklang zu stehen; siehe EuGH 04.10.2018, C-56/17.

3.2. Nach dem im Iran vorherrschenden islamischem Verständnis bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem. Wie das Bundesverwaltungsgericht festgestellt hat, hat sich die Beschwerdeführerin (jedenfalls zwischenzeitlich) aus innerer Überzeugung zum christlichen Glauben hingewandt und würde ihn auch im Falle ihrer Rückkehr in den Iran weiterhin leben. Aus den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Konversion vom Islam zum Christentum und den Folgen im Iran bzw. für Iraner wiederum folgt, dass die Beschwerdeführerin – unter den konkreten, individuell ihre Person betreffenden Umständen – bei einer Rückkehr in den Iran tatsächlich dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt wäre.

Daher ist für die Beschwerdeführerin von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen, auszugehen.

Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass die Beschwerdeführerin aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes ihres Herkunftsstaats zu bedienen.

Im Verfahren haben sich keine Hinweise auf das Vorliegen der in Artikel 1 Abschnitt C und F GFK genannten Endigungs- und Ausschlussgründe und der Ausschlussgründe nach § 6 AsylG 2005 ergeben.

Da der Beschwerdeführerin die genannten Verfolgungshandlungen im gesamten Iran drohen würden, kann eine innerstaatliche Fluchtalternative iSd § 11 AsylG 2005 nicht erkannt werden. Mit ihrer im angefochtenen Bescheid vertretenen gegenteiligen Auffassung verkennt die belangte Behörde die Sachlage (siehe bereits 2.3.).

3.3. Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status einer Asylberechtigten gegeben. Vor diesem Hintergrund erübrigt sich - wie bereits ausgeführt - eine (noch) nähere Auseinandersetzung mit den ursprünglichen Ausreisegründen und das weitere Vorbringen der Beschwerdeführerin war damit nicht mehr zu beurteilen.

Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass der Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Da mit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt der Beschwerdeführerin das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung hing in erster Linie davon ab, ob das konkrete Vorbringen der Beschwerdeführerin als glaubhaft zu qualifizieren war. Hierbei handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Frage der Beweiswürdigung im Einzelfall. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Apostasie asylrechtlich relevante Verfolgung Christentum ersatzlose Teilbehebung Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft Konversion religiöse Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2182985.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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