Entscheidungsdatum
14.02.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L527 2182979-1/17E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Christian AUFREITER, LL.B. als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Iran, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH – ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 30.11.2017, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.01.2020, zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX , geb. XXXX , gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX , geb. XXXX , damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
II. Die Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids werden ersatzlos behoben.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist mit XXXX (L527 2182985-1) in aufrechter Ehe verheiratet. XXXX (L527 2182976-1) ist die gemeinsame leibliche minderjährige Tochter des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, XXXX (L527 2182983-1) der gemeinsame leibliche minderjährige Sohn.
Der Beschwerdeführer ist iranischer Staatsangehöriger, verbrachte aber den Großteil seines Lebens in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Im Jahr 2007 heiratete er seine (jetzige) Ehegattin und lebte dann mit ihr in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Gemeinsam mit seiner Ehegattin und der Tochter reiste der Beschwerdeführer am XXXX 2015 legal mit einem Visum der Kategorie C aus den Vereinigten Arabischen Emiraten in das österreichische Bundesgebiet ein. Am 13.04.2015 stellten der Beschwerdeführer, seine Ehegattin und die Tochter jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fanden die Erstbefragungen statt.
Für den im Jahr 2016 in Österreich geborenen Sohn stellte die Ehegattin des Beschwerdeführers einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 13.06.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: [belangte] Behörde) einvernommen. Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer im verwaltungsbehördlichen Verfahren – auf das Wesentliche zusammengefasst – wie folgt: Sowohl er selbst als auch seine Frau seien im Herzen Christen geworden. Er habe am Flughafen in XXXX , Vereinigte Arabische Emirate, gearbeitet und über den dienstlichen PC christliche Inhalte aus dem Internet heruntergeladen. Seine Arbeitskollegen bzw. der Direktor der Abteilung, in der der Beschwerdeführer gearbeitet habe, habe(n) davon erfahren. Er hätte entlassen werden sollen, wodurch auch die Visa für die Vereinigten Arabischen Emirate ungültig geworden wären. Er habe Angst gehabt, dass ihn die Polizei verhaften und zum iranischen Konsulat bringen würde und dass dieses vom Entlassungsgrund erfahren würde. Sie hätten in den Iran zurückkehren sollen. Da ihre Leben auch dort in Gefahr gewesen seien, habe der Beschwerdeführer, gemeinsam mit seiner Ehefrau, beschlossen nach Österreich zu kommen. In Österreich habe sich der Beschwerdeführer der römisch-katholischen Kirche angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I und II). Die belangte Behörde erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III), erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV), sprach die Zulässigkeit der Abschiebung in den Iran aus (Spruchpunkt V) und setzte für die freiwillige Ausreise eine Frist von zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung fest (Spruchpunkt VI). Es habe nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer im Iran einer asylrelevanten Verfolgung hinsichtlich der Religion unterliege. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Hinwendung des Beschwerdeführers zum christlichen Glauben auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht auf Opportunitätserwägungen beruhe.
Dagegen erhob der – im gesamten Beschwerdeverfahren durch eine Rechtsberatungsorganisation vertretene – Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Dieses beraumte für 27.01.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung an und ersuchte den Beschwerdeführer in der – ca. fünf Wochen vor der Verhandlung zugestellten – Ladung um Mitwirkung am Verfahren (Geltendmachung/Vorlage von bislang nicht vorgebrachten bzw. neuen Tatsachen und Beweismitteln sowie wesentlichen Änderungen/Ergänzungen zum bisherigen Vorbringen bis spätestens drei Wochen vor der Verhandlung). Der Beschwerdeführer erstattete daraufhin keine Stellungnahme und stellte auch keinen Beweisantrag. Erst in der Verhandlung legte der Beschwerdeführer zahlreiche Bescheinigungsmittel vor und beantragte (durch die anwesende Vertreterin der Rechtsberatungsorganisation) die Einvernahme eines stellig gemachten Zeugen. Das Bundesverwaltungsgericht vernahm in der Verhandlung neben dem Beschwerdeführer und seiner Ehegattin den – von „Amts“ wegen – geladenen Pfarrassistenten der römisch-katholischen Pfarre XXXX und den stellig gemachten Vorsitzenden des Liturgieausschusses der Pfarre als Zeugen ein. Auch der belangten Behörde stellte das Bundesverwaltungsgericht die Ladung zur Verhandlung ca. fünf Wochen im Voraus zu. In der Ladung wies das Bundesverwaltungsgericht darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer das aktuelle Länderinformationsblatt für den Iran (Stand: 14.06.2019) übermittelt habe und räumte der Behörde dezidiert die Möglichkeit ein, dieses beim Bundesverwaltungsgericht anzufordern. Die belangte Behörde machte davon nicht Gebrauch. Sie teilte mit Fax vom 24.01.2020 (!) mit, dass die Teilnahme eines informierten Vertreters an der Verhandlung nicht möglich sei, und führte aus: „Sollte das Bundesverwaltungsgericht aufgrund der vom AsylGH und VwGH entwickelten Kriterien zur Aktualität von zur Entscheidungsfindung herangezogenen Quellen davon ausgehen, dass die vom BFA/BAA verwendeten Quellen zwischenzeitig nicht mehr als aktuell zu betrachten wären bzw. erwägt das Bundesverwaltungsgericht weitere Quellen heranzuziehen, welche am Ergebnis des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens Zweifel aufkommen lassen, so beantragt das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Einholung einer aktuellen Stellungnahme der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gem. § 5 Abs. 3 BFA-G. Dies wird damit begründet, dass es sich bei der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl aufgrund der gesetzlichen Vorgaben um eine hinreichend kompetente Stelle handelt, deren Stellungnahmen im Asylverfahren entsprechende Aktualität, Objektivität und Beweiskraft zukommt.“
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Kopf der Entscheidung genannten Namen und wurde zum dort angegebenen Datum geboren. Seine Identität steht fest. Er ist iranischer Staatsangehöriger und seit ca. 13 Jahren mit XXXX (L527 2182985-1), geb. XXXX , verheiratet. XXXX (L527 2182976-1), geb. XXXX , ist die minderjährige - leibliche - Tochter des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau, XXXX (L527 2192983-1), geb. XXXX , ist deren minderjähriger - leiblicher - Sohn.
Der Beschwerdeführer wurde im Iran geboren und lebte seit früher Kindheit mit seiner Familie in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nach der Eheschließung lebte der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Ehefrau und später auch mit der Tochter in XXXX , Vereinigte Arabische Emirate. Gemeinsam reisten sie am XXXX 2015 legal mit einem Visum der Kategorie C in das österreichische Bundesgebiet ein. Der Beschwerdeführer stellte am 13.04.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf.
1.2. Das Bundesverwaltungsgericht erkannte der Ehefrau des Beschwerdeführers mit Erkenntnis vom heutigen Tag den Status der Asylberechtigten zu. Die Ehe bestand bereits vor der Einreise in das Bundesgebiet. Die Eheleute und ihre beiden gemeinsamen Kinder leben in Österreich in einem gemeinsamen Haushalt. Gegen die Ehefrau des Beschwerdeführers ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten anhängig.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren vor der belangten Behörde (AS 1, 63 f) und dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 14, S 32). Bereits die belangte Behörde kam – aufgrund des sichergestellten (AS 25 ff) und von der Landespolizeidirektion XXXX einer Dokumentenprüfung unterzogenen Reisepasses (AS 47) – zu dem Ergebnis, dass die Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers feststehen (AS 246). Angesichts seiner gleichbleibenden und nachvollziehbaren Angaben im gesamten bisherigen Verfahren (AS 5 ff, 64) sowie seiner Antworten auf Fragen zur Beziehung zu seiner Ehefrau und seinen Kindern in der Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 14, S 34) und einer im behördlichen Verfahren im Original vorgelegten und von der Landespolizeidirektion XXXX überprüften Personenstandsurkunde (AS 225 f) waren die Feststellung zur Geburt im Iran, dem Aufenthalt in den Vereinigten Arabischen Emiraten sowie zum Familienstand zu treffen.
Dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung des Beschwerdeführers aufscheint, ergibt sich aus dem entsprechenden aktuellen Auszug aus diesem Register (OZ 15).
Wann der Beschwerdeführer den Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, ist in einer unbedenklichen Urkunde dokumentiert (AS 1 ff) und wurde nicht in Zweifel gezogen. Das Datum der Ausreise aus den Vereinigten Arabischen Emiraten und der Einreise in das Bundesgebiet hat der Beschwerdeführer stets gleichbleibend benannt (AS 7; OZ 14, S 36). Diese Angaben stehen im Einklang mit den Eintragungen im Reisepass des Beschwerdeführers (AS 29) und sind überdies auch angesichts des von der österreichischen Botschaft in XXXX erteilten Visums plausibel (AS 29; OZ 13).
2.2. Dass und wann das Bundesverwaltungsgericht der Ehefrau des Beschwerdeführers den Status der Asylberechtigten zuerkannt hat, ergibt sich unzweifelhaft aus dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts zur Zahl L527 2182985-1, konkret aus dem darin enthaltenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom heutigen Tag. Dass seit der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten mit Erkenntnis vom heutigen Tag bereits ein Verfahren zur Aberkennung eingeleitet worden wäre, ist nicht ersichtlich.
Zu den Feststellungen zum Zusammenleben des Beschwerdeführers mit seiner Ehegattin und den Kindern in Österreich ist ergänzend zu den Ausführungen unter 2.1. noch auf die Aussagen der Ehegattin vor dem Bundesverwaltungsgericht (OZ 13, S 14 ff) sowie die aktuellen Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (OZ 13; 2182985-1/12; 2182976-1/11; 2182983-1/11) zu verweisen.
2.3. Mit Blick auf die Feststellungen unter 1.1 sowie 1.2. und die unten dargelegte Rechtslage ist eine Auseinandersetzung mit dem vom Beschwerdeführer vorgebrachten „Fluchtgrund“ (AS 9, 66 ff), seinen Ausführungen, weshalb er den Iran verlassen und in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe (OZ 14, S 39 f), sowie insbesondere mit dem behaupteten Religionswechsel und der Frage, ob eine echte, innere Konversion oder eine Scheinkonversion vorliegt, nicht erforderlich. Vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418. Es erübrigt sich daher auch, auf die Beweiswürdigung im angefochtenen Bescheid und das Beschwerdevorbringen näher einzugehen. Ohne dass daran Rechtsfolgen geknüpft wären, ist dennoch festzuhalten: Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nicht darauf beschränkt, die aktuelle Glaubensüberzeugung des Beschwerdeführers allein anhand seiner Aussagen und der von ihm vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, sondern das Bundesverwaltungsgericht hat darüber hinaus – wie im Lichte der höchstgerichtlichen Judikatur (z. B. VwGH 26.03.2019, Ra 2018/19/0530) im gegenständlichen Fall geboten – den Pfarrassistenten der römisch-katholischen Pfarre XXXX als Zeugen einvernommen. Auch den Vorsitzenden des Liturgieausschusses der Pfarre hat das Bundesverwaltungsgericht als Zeugen einvernommen. Ferner hat sich das Bundesverwaltungsgericht mit den nach der Judikatur (vgl. etwa VwGH 14.03.2019, Ra 2018/18/0455) für die Beurteilung eines Glaubenswechsels relevanten Aspekten wesentlich eingehender befasst als die belangte Behörde (AS 66 ff, insbesondere AS 70, vs. OZ 14, S 36 ff). Nach alledem hat das Bundesverwaltungsgericht erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Konversion des Beschwerdeführers. Exemplarisch erwähnt sei, dass der Beschwerdeführer nicht schlüssig angeben konnte, wie es zu der Entscheidung kam, zum christlichen Glauben zu konvertieren (OZ 14, S 37 f). Weder den Grund noch den Anlass für die angebliche Entscheidung für das Christentum legte der Beschwerdeführer dar. So gab er an, von seiner Frau und seiner Schwester etwas über das Christentum gehört zu haben. Er habe auch selbst darüber gelesen. Mit der Zeit sei es dann irgendwie passiert. Dass das angeblich im Islam vorherrschende Müssen und der angebliche Zwang in dieser Religion ausschlaggebend gewesen sein sollen, will schon deshalb nicht einleuchten, weil der Beschwerdeführer keinen Zweifel daran ließ, dass er davon nicht betroffen war und sich mit dem Islam nicht näher befasst hatte, arg.: „[…] Was ich immer gehört habe […]“ (OZ 14, S 37; Hervorhebung durch das Bundesverwaltungsgericht) „Meine Familie war nicht religiös […]. Wir waren frei. […]“ (OZ 14, S 40). Auch der Umstand, dass der Beschwerdeführer andere Fragen zu seinem Interesse und seiner Hinwendung zum Christentum nur vage beantworten und den persönlichen Bezug zum christlichen Glauben vielfach nicht darlegen konnte (z. B. OZ 14, S 37, 41 ff), indiziert, dass die Angaben betreffend die angebliche Hinwendung zum Christentum nicht den Tatsachen entsprechen. Hinzukommt, dass der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit Fragen zu den Umständen seines angeblichen Religionswechsels sehr oft auf seine Frau verwies (z. B. OZ 14, S 37, 38, 43), so auch in der Antwort auf die Frage nach dem Grund für die Entscheidung für die römisch-katholische Kirche. Dass er sich, wie er auch sagte, u. a. deshalb für die römisch-katholische Kirche entschieden habe, weil die katholische Konfession vollkommen sei, ist keineswegs schlüssig, denn der Beschwerdeführer konnte – selbst auf Nachfrage – nicht nachvollziehbar erklären, was er unter einer vollkommenen Konfession verstehe und warum er die katholische als eine solche betrachte. (OZ 14, S 43 f). Dass die sieben Sakramente der katholischen Kirche insofern von entscheidender Bedeutung für den Beschwerdeführer wären, ist angesichts seiner oberflächlichen Aussagen zu zwei dieser Sakramente nicht plausibel (OZ 14, S 44 f). Daher kann das Bundesverwaltungsgericht nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer seine Motivation für den Glaubenswechsel schlüssig dargelegt hätte. Die abschließende Beurteilung des Vorbringens des Beschwerdeführers konnte jedoch, wie erwähnt, unterbleiben; vgl. abermals VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Stattgabe der Beschwerde:
3.1. Gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz iSd § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Nach Art 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß § 34 Abs 2 iVm Abs 5 AsylG 2005 hat das Bundesverwaltungsgericht aufgrund eines Antrags eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Erkenntnis den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist und gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist.
Familienangehöriger iSd § 34 Abs 2 AsylG 2005 ist u. a., wer Ehegatte eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bereits vor der Einreise bestanden hat (§ 2 Abs 1 Z 22 AsylG 2005).
Gemäß § 2 Abs 3 AsylG 2005 ist ein Fremder iSd § 34 Abs 2 AsylG 2005 straffällig geworden, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist (Z 2), rechtskräftig verurteilt worden ist.
3.2. Subsumiert man den festgestellten Sachverhalt den genannten Rechtsvorschriften, erweist sich, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs 1 iVm § 34 Abs 2 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen ist. Dass sich die Zuerkennung rechtlich u. a. auf § 34 Abs 2 AsylG 2005 stützt, ist in den Spruch des vorliegenden Erkenntnisses aber nicht aufzunehmen; vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418.
Der Beschwerdeführer hat einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. Er ist Ehegatte der Beschwerdeführerin im Verfahren L527 2182985-1, der das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom heutigen Tag den Status der Asylberechtigten zuerkannt hat. Die Ehe besteht seit ca. 13 Jahren, also bestand sie bereits vor der Einreise in das Bundesgebiet Ende März 2015. Im Strafregister der Republik Österreich scheint in Bezug auf den Beschwerdeführer keine Verurteilung auf. Er ist also nicht straffällig geworden. Gegen die Beschwerdeführerin ist kein Verfahren zur Aberkennung des Status der Asylberechtigten anhängig. Damit sind die Voraussetzungen dafür, dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, erfüllt.
Im Hinblick auf die jüngste Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs war, wie unter 2.3. bereits ausgeführt, auf die Fluchtgründe des Beschwerdeführers nicht näher einzugehen, da dem Beschwerdeführer bereits im Familienverfahren der Asylstatus zuerkannt wird; vgl. VwGH 30.04.2018, Ra 2017/01/0418. Jedenfalls vor diesem Hintergrund erübrigt es sich auch, auf den von der belangten Behörde in der Eingabe vom 24.01.2020, OZ 12, gestellten Beweisantrag einzugehen. Ungeachtet der Frage, welche konkreten Tatsachen bewiesen werden sollten, kam es im gegenständlichen Verfahren auf die vom Bundesverwaltungsgericht in das Verfahren eingebrachten Länderinformationen nicht an, sodass dem Beweisantrag schon deshalb nicht zu entsprechen war; vgl. VwGH 30.01.2019, Ra 2018/03/0131, wobei ein Abspruch darüber in Form eines gesondert anfechtbaren Beschlusses (§ 31 VwGVG) nicht vorgesehen ist; vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 39 Rz 22 und § 52 RZ 11 (Stand 1.7.2005, rdb.at).
Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Da mit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten die rechtliche Voraussetzung für die Erlassung der Spruchpunkte II bis VI des angefochtenen Bescheids wegfällt, sind diese Spruchpunkte ersatzlos zu beheben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.4. Da der verfahrensgegenständliche Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15.11.2015 gestellt wurde, kommt dem Beschwerdeführer das dauernde Einreise- und Aufenthaltsrecht gemäß § 2 Abs 1 Z 15 AsylG 2005 idF vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl I 24/2016 zu (§ 75 Abs 24 AsylG 2005).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die für die Entscheidung relevanten Rechtsfragen sind entweder durch Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs geklärt oder von Vornherein klar. Vgl. die zitierten Entscheidungen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Asylgewährung von Familienangehörigen Christentum ersatzlose Teilbehebung Familienverfahren Flüchtlingseigenschaft Konversion religiöse GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L527.2182979.1.00Im RIS seit
23.10.2020Zuletzt aktualisiert am
23.10.2020