TE Bvwg Erkenntnis 2020/2/27 L508 1316743-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.02.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2
FPG §55 Abs2

Spruch

L508 1316743-4/28E

Schriftliche Ausfertigung des am 28.01.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Pakistan, vertreten durch MigrantInnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 11.12.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 28.01.2020, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte II., III., VI. und VII. wird gemäß den § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 idgF sowie § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

II. Spruchpunkt § 55 Abs. 2 FPG hat zu lauten: Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der Volksgruppe der Syed sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 18.03.2007 einen Asylantrag in Österreich. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen machte er als Fluchtgrund parteipolitische Probleme geltend.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.10.2007 wurde der Asylantrag des BF gemäß § 3 Abs. 1 AsylG abgewiesen, zugleich wurde ihm im Spruchpunkt II. gemäß 8 Abs. 1 Z. 1 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan nicht zuerkannt. In Spruchpunkt III. wurde er gemäß § 10 Abs. 1 Z. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Pakistan ausgewiesen. Dies im wesentlichen mit der mangelnden Glaubwürdigkeit seines Fluchtvorbringens.

3. Einem Wiedereinsetzungsantrag in den vorigen Stand vom 05.11.2007 gegen den vom Bundesasylamt erlassenen Bescheid vom 04.10.2007, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 19.12.2007, AZ 07 02.702/1-BAE, nach einem durchgeführten Ermittlungsverfahren, stattgegeben.

4. Der Asylgerichtshof wies die offene Beschwerde mit Erkenntnis vom 23.09.2008, Zl. C8 316.743-1/2008/2E gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet ab. Diese Erkenntnis erwuchs am 28.09.2008 in Rechtskraft.

5. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10.12.2008 wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008 abgewiesen. Des Weiteren wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

6. Am 03.03.2009 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme hinsichtlich des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008, Zl. C8 316.743-1/2008/2E abgeschlossenen Asylverfahrens ein. Dem Antrag beigelegt wurden eine Kopie der Mitgliedschaft der PPP, eine Kopie eines Schreibens des Bruders des Beschwerdeführers und eine Kopie eines Schreibens, wonach die Familie des Beschwerdeführers immer wieder Drohanrufe erhält. Diesen Wiederaufnahmeantrag hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.04.2009 gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen

7. Am 26.05.2014 stellte der BF einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund machte er seine bisherigen parteipolitischen Fluchtgründe sowie seit dem Jahr 2011 nunmehr auch dazugekommene Probleme wegen seiner Zugehörigkeit zur Glaubensgemeinde der Schiiten geltend.

8. Mit Bescheid des BFA vom 29.06.2016 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt.

9. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 13.07.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht.

10. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.07.2016 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 29.06.2016 die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt.

11. Mit Erkenntnis des BVwG vom 20.09.2016 wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wurde aber insofern sich diese gegen Spruchpunkt III. und IV. des bekämpften Bescheides richtete stattgegeben und wurde Spruchpunkt III. gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG sowie Spruchpunkt IV. gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG behoben.

Begründend wurde hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde gemäß § 3 AsylG 2005 ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen als unglaubwürdig gewertet werde und wurden die Gründe hierfür umfassend dargetan. Überdies wurde als Eventualbegründung das Bestehen einer innerstaatlichen Fluchtalternative herangezogen. Ferner wurde umfassend dargetan, warum dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Absatz 1 Ziffer 1 AsylG nicht zu erteilen sei.

Hinsichtlich der Behebung von Spruchpunkt III wurde wie folgt ausgeführt:

…….“3.3.2.1. Im angefochtenen Bescheid wird zum Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers festgestellt: "Im Bundesgebiet habe Sie Ihre Lebensgefährtin. Ihre Familie befindet sich in Pakistan. Sie haben in Österreich keine sozialen Kontakte, die Sie an Österreich binden." Beweiswürdigend wird diesbezüglich ausgeführt: „Unzweifelhaft waren Ihre diesbezüglichen Behauptungen glaubhaft, zumal sämtliche Ihrer Angaben dazu keinerlei Vorteil für Sie erbringen. Sie sind ledig und haben keine Sorgepflichten. Sie haben keine Familienangehörigen in Österreich, noch befinden Sie sich in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Es besteht auch kein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis zu in Österreich lebenden Personen.“ In der rechtlichen Würdigung wird weiter dargelegt: "Sie haben keine Familienangehörigen in Österreich. Ihre Angehörigen leben in Pakistan. Es besteht daher kein Eingriff in Ihr Familienleben. […] Sie sprechen kein Deutsch. Sie haben keine sonstigen privaten Bindungen in Österreich. Sie befinden sich zudem erst seit sehr kurzer Zeit in Österreich. […] Es sind im Verfahren keine Ansatzpunkte hervorgetreten, die die Vermutung einer besonderen Integration Ihrer Person in Österreich rechtfertigen würden, zumal Sie kaum Deutsch sprechen noch über private Kontakte verfügen, die Sie an Österreich binden könnten. Auch Ihr erst kurzer Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet spricht gegen eine solche.“

Diesen Ausführungen der belangten Behörde kann sich das Bundesverwaltungsgericht nicht anschließen. Zunächst ist festzustellen, dass die belangte Behörde den Akteninhalt teilweise völlig ignoriert hat. So erscheint es auffallend, dass die belangte Behörde im bekämpften Bescheid mehrfach von einem kurzen Aufenthalt des BF im österreichischen Bundesgebiet ausgeht, obwohl dem Akteninhalt entnommen werden kann, dass der BF bereits im März 2007 in Österreich einreiste und das Bundesgebiet zwischenzeitlich offenbar nicht mehr verlassen hat. Dem Bundesamt wurde im Zuge der Einvernahme im Mai 2016 vom BF auch mitgeteilt, dass er in Österreich zumindest zweitweise beruflich tätig war und beispielsweise als Werbemittelverteiler arbeitete oder Malerarbeiten ausführte. Die belangte Behörde unterließ es aber, diesbezügliche nähere Erkundigungen beim BF einzuholen oder Nachforschungen anzustellen, sondern wurde seine berufliche Tätigkeit im Ergebnis faktisch ignorierte. Selbiges gilt für den Umstand, wonach der BF gemeinsam mit vier pakistanischen Freunden über eine gemeinsame Wohnung verfügt. Schließlich trug der Umstand, dass die belangte Behörde keine näheren Fragen zu der vom BF in Österreich möglicherweise geführten Beziehung zu seiner „Freundin“ tätigte, ohne dass also diesbezüglich von der belangten Behörde irgendwelche Ermittlungs- oder Verfahrensschritte gesetzt worden wären, dazu bei, dass zum Entscheidungszeitpunkt kein aktuelles Bild von den tatsächlichen Verhältnissen gegeben war. Des Weiteren wird von der belangten Behörde ohne nähere Begründung ausgeführt, dass der BF kaum die deutsche Sprache beherrsche, wobei die vorgelegte Kursbesuchsbestätigung A1.1. ebenfalls völlig ignoriert wurde. Die belangte Behörde hat es insoweit großteils unterlassen, sich über das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausreichend zu informieren und sich in der Folge mit diesem auseinanderzusetzen.

Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt III unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf verschiedene grundlegende Fragen. Damit hat das Bundesamt im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt. Bei allem Verständnis für die Notwendigkeit eines effizienten asylrechtlichen Verfahrens dürfen die Grundsätze des rechtsstaatlichen Verfahrens doch nicht außer Acht gelassen werden. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit den persönlichen Umständen des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen haben und dabei insbesondere eine nähere Überprüfung des Privat- und Familienlebens des BF vornehmen müssen.

Das BFA wird sich im fortgesetzten Verfahren daher hinreichend mit dem individuellen Vorbringen des Beschwerdeführers zu seinem Privat- und Familienleben auseinanderzusetzen haben und wird das BFA jedenfalls eingehende Ermittlungen zu diesem Vorbringen zu tätigen haben. Das BFA wird somit unter Berücksichtigung sämtlicher Bescheinigungsmittel und Ausführungen des BF konkrete und umfangreiche Feststellungen zum Privat- und Familienleben zu treffen haben. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird dem BF das Ermittlungsergebnis zur Kenntnis zu bringen und ihm die Gelegenheit einzuräumen zu haben, sich hierzu zu äußern. In weiterer Folge wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl das Ermittlungsergebnis unter Berücksichtigung sämtlicher vorhandener Bescheinigungsmittel einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen und individuelle Feststellungen zu treffen zu haben, welche als Basis für die rechtliche Beurteilung hinsichtlich Spruchpunkt III. dienen.

3.3.2.2. Im gegenständlichen Verfahren liegt daher hinsichtlich der bekämpften Entscheidung des BFA zur Frage der Erteilung eines Aufenthaltstitels und Erlassung einer Rückkehrentscheidung eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.

Mangels Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zur Rückkehrentscheidung, auf dessen Grundlage tragfähige Feststellungen zu wesentlichen Tatbestandsmerkmalen der im Spruchpunkt III. genannten Bestimmungen erst möglich wären, wurde insofern aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes der entscheidungswesentliche Sachverhalt für die abschließende Beurteilung, ob gegen den BF eine Rückkehrentscheidung zu erlassen ist, erst gar nicht ermittelt, weshalb sich das Bundesverwaltungsgericht zur Behebung der bekämpften Entscheidung in Spruchpunkt III. und Zurückverweisung des Verfahrens diesbezüglich an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl veranlasst sieht.“……..

Hinsichtlich der Behebung von Spruchpunkt IV. wurde wie folgt ausgeführt:

„Die Behebung des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheids hatte in Entsprechung des § 28 Abs. 5 VwGVG notwendigerweise auch die Behebung von Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids (keine Frist für die freiwillige Ausreise) zur Folge, da Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides bei Aufhebung des III. Spruchpunktes (Rückkehrentscheidung) keinen Bestand haben kann (vgl. § 55 FPG).“

12. Am 21.11.2018 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und dabei insbesondere zu seinem Privat- und Familienleben befragt. Dabei gab der Beschwerdeführer insbesondere an, dass er keine Verwandten in Österreich habe. Befragt zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes gab er an, dass er Zeitungszusteller gewesen sei. Ab 2011 habe er keinen Ausweis mehr gehabt und habe er folglich ein Gewerbe als Kleintransporter begonnen. Es könne sein, dass er demnächst wieder als Zeitungszusteller zu arbeiten beginne. Das Problem sei, dass er ohne weiße Karte keinen Vertrag bekomme. Er verdiene ca. 6.000 bis 7.000 Euro netto im Monat und habe auch einen Fahrer. Er habe Schulden bei der Sozialversicherung gehabt, weswegen eine Beschwerde an die Wirtschaftskammer ergangen sei und er das Gewerbe nicht weiterführen habe können. Er habe die Schulden aber beglichen und einen neuen Antrag auf Gewerbeausübung gestellt und würde er seit Juli 2018 das Gewerbe nun wieder weiterführen. Mitglied in einem Verein oder ehrenamtlich tätig sei er nicht. In seiner Freizeit gehe er spazieren und treffe sich mit Freunden. Auch würde er abends Deutsch lernen.

13. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 11.12.2018 wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Einer Beschwerde gegen die Entscheidung über den Antrag des BF auf internationalen Schutz wurde gem. § 18 Abs. 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG bestehe keine Frist für die freiwillige Ausreise. Gemäß § 13 Absatz 2 Asylgesetz wurde festgestellt, dass der Antragsteller sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 08.11.2016 verloren habe. Gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. Nr. 100/2005 (FPG) idgF, wurde gegen den Antragsteller ein auf die Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

In der Begründung wurde ausgeführt, die beschwerdeführende Partei erfülle nicht die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005, der Erlassung einer Rückkehrentscheidung stehe - nach umfassender individueller Abwägung der privaten (Aufenthaltsdauer, sprachliche, soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Integration, sowie Familienleben) und öffentlichen Interessen (geordnetes Fremdenwesen, illegale Einreise, fehlende Integration) - das Recht auf Achtung des Privat- oder Familienlebens angesichts der kurzen Aufenthaltsdauer, mangelnder wirtschaftlicher und sozialer Integration) und des Fehlens von familiären oder privaten Bindungen im Inland nicht entgegen. Gründe, die gegen die Zulässigkeit einer Abschiebung des Antragstellers nach Pakistan sprechen würden, seien nicht ersichtlich und auch nicht behauptet worden. Ferner wurde erläutert, weshalb der BF sein Recht zum Aufenthalt gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG ab dem 08.11.2016 verloren habe, weshalb gemäß § 55 Absatz 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe, weshalb das BFA ausgesprochen habe, dass einer Beschwerde gegen diese Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 und 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt werde und weshalb gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen werde.

14. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine rechtsfreundliche Vertretung fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. In der Beschwerde werden lediglich, ohne jegliche Konkretisierung, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der BF lebe seit dem 18.03.2007, somit mehr als 11 Jahre, in Österreich. Er verfüge über eine Wohnung und habe seinen Lebensunterhalt zunächst durch den Verkauf von Zeitungen und in weiterer Folge durch die Ausübung eines Gewerbes als Kleintransporters bestritten. Gemäß der Rechtsprechung des VwGH sei ein Aufenthalt von mehr als 10 Jahren ein Indiz dafür, dass ein Aufenthaltsrecht zu gewähren sei. Die Rückkehrentscheidung sei aufgrund der Integration des BF unzulässig. Auch die Abschiebung sei unzulässig, da er im Falle dieser, wie im Vorverfahren angegeben, mit dem Umbringen bedroht werde. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei, insbesondere aufgrund der langen Aufenthaltsdauer, offensichtlich verfehlt. Der Ausspruch über den Verlust des Aufenthaltsrechts sei überflüssig und zu eliminieren. Auch die Verhängung eines Einreiseverbotes sei völlig unangemessen.

14.2. Es wurden die Anträge gestellt,

-        einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen;

-        festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung unzulässig sei;

-        festzustellen, dass die Abschiebung nach Pakistan unzulässig sei

-        kein Einreiseverbot zu erlassen

-        eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen

14.3. Hinsichtlich des detaillierten Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

15. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.01.2019 wurde der Beschwerde gegen den Bescheid des BFA vom 11.12.2018 die aufschiebende Wirkung gem. § 18 Abs. 5 BFA-VG zuerkannt; dies insbesondere mit der Begründung, dass eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden könne und im Sinne einer Grobprüfung – nur um eine solche könne es sich bei der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung handeln –im Hinblick auf den vorliegende Sachverhalt nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass es sich dabei um vertretbare Behauptungen im Sinne des Artikel 3 und 8 EMRK handle, respektive könne nicht ohne detaillierte Überprüfung von der Rechtmäßigkeit der seitens des BFA getroffenen Entscheidung ausgegangen werden.

16. Über die gegen den Bescheid des BFA vom 11.12.2018 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. März 2019, L508 1316743-4/6E, wie folgt entschieden: Unter Spruchpunkt I wurde die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II., III., VI. und VII. wird gemäß den § 10 Abs. 1 Ziffer 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 FPG 2005 idgF sowie § 13 Absatz 2 AsylG und § 53 Absatz 1 iVm Absatz 2 FPG idgF als unbegründet abgewiesen. Unter Spruchpunkt II wurde wie folgt festgehalten: Spruchpunkt V. hat zu lauten: Gemäß § 55 Abs. 2 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Ferner wurde die Revision für nicht zulässig erklärt. In diesem Erkenntnis wurde insbesondere ausgeführt, warum dem BF ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Artikel 8 EMRK und aus Gründen der §§ 55, 57 AsylG nicht erteilt werde und diese Entscheidung gem. § 10 Abs. 3 AsylG und § 52 Abs. 3 FPG mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden war.

17. Gegen dieses Erkenntnis des BVwG vom 11. März 2019, L508 1316743-4/6E, wurde fristgerecht das Rechtsmittel der außerordentlichen Revision eingebracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Erkenntnis des BVwG erhobene außerordentliche Revision mit Beschluss vom 19.09.2019, Ra 2019/21/0100-10, wie folgt entschieden:

Die Revision wurde zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 sowie gegen den Ausspruch nach § 13 Abs. 2 AsylG 2005 richtete. Hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers sowie des Einreiseverbotes, wurde der Revision stattgegeben und wurde das angefochtene Erkenntnis in diesen Spruchpunkten wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies im wesentlichen mit der Begründung der Verletzung der Verhandlungspflicht, folglich dem Erfordernis, sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer und dessen Integration in Österreich zu machen.

18. Am 28.01.2020 wurde vor dem BVwG eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten, an welcher der Beschwerdeführer, seine rechtsfreundliche Vertretung sowie ein Vertreter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl teilnahmen. Im Verlauf der mündlichen Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt, Erörterung der Länderberichte zur Situation in Pakistan sowie ergänzende Einvernahme des Beschwerdeführers als Partei.

19. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie der am 28.01.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem BVwG.

Das erkennende Gericht hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben und ein ergänzendes Ermittlungsverfahren sowie eine Beschwerdeverhandlung durchgeführt.

Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes, des Ergebnisses des ergänzenden Ermittlungsverfahrens sowie der Beschwerdeverhandlung ist das erkennende Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Syed an und ist schiitischen Glaubens.

Die Identität und Nationalität des Antragstellers konnte mangels Vorlage von geeigneten Dokumenten nicht festgestellt werden.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstandes, dass der Antragsteller für Pakistan gebräuchliche Sprachen spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.

Der BF lebte vor seiner Ausreise aus seinem Herkunftsstaat in Gujranwala. Er besuchte in Pakistan für mehrere Jahre die Schule und ein College. Der BF verließ Pakistan im Jänner 2007 in Richtung Türkei und reiste in der Folge schlepperunterstützt etwa Mitte März 2007 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein. Seine Mutter und mehrere Geschwister leben nach wie vor in Pakistan. Er ging vor seiner Ausreise aus Pakistan einer Beschäftigung als Vertreter in einer Lebensmittelfabrik nach und war in Österreich als Werbemittelverteiler tätig und führte Gelegenheitsjobs aus.

Der Beschwerdeführer stellte am 18.03.2007 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Bereits mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 04.10.2007 wurde dieser Asylantrag in allen Spruchpunkten abgewiesen. Auch der Asylgerichtshof wies die offene Beschwerde mit Erkenntnis vom 23.09.2008, Zl. C8 316.743-1/2008/2E gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 und 10 Abs. 1 AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 als unbegründet ab. Diese Erkenntnis erwuchs am 28.09.2008 in Rechtskraft.

Der Ausreiseverpflichtung nach Pakistan kam er nicht nach.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10.12.2008 wurde der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen die Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008 abgewiesen. Des Weiteren wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen.

Am 03.03.2009 brachte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiederaufnahme hinsichtlich des mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008, Zl. C8 316.743-1/2008/2E abgeschlossenen Asylverfahrens ein. Auch diesen Wiederaufnahmeantrag hat der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom 24.04.2009 gemäß § 69 Abs. 1 Z 2 AVG abgewiesen

Der BF kam seiner seit September 2008 bestehenden Ausreiseverpflichtung nach Pakistan nicht nach und stellte am 26.05.2014 abermals einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des BFA vom 29.06.2016 in allen Spruchpunkten abgewiesen wurde. Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des BVwG vom 20.09.2016 gegen die Spruchpunkte I. und II. gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1 AsylG 2005 idgF. als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wurde aber insofern sich diese gegen Spruchpunkt III. und IV. des bekämpften Bescheides richtete stattgegeben und wurde Spruchpunkt III. gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG sowie Spruchpunkt IV. gemäß § 28 Abs. 5 VwGVG behoben.

Seit Abschluss des ersten Asylverfahrens durch Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 23.09.2008 (Rechtskraft seit 28.09.2008) bis zur neuerlichen Asylantragstellung im Mai 2014, folglich knapp 6 Jahre, hielt sich der Beschwerdeführer jedenfalls unrechtmäßig in Österreich auf. Zuvor und nach seiner zweiten Asylantragstellung im Mai 2014 war der Aufenthalt des BF aufgrund des Asylverfahrens als rechtmäßig zu qualifizieren.

Er verfügte noch nie über ein Aufenthaltsrecht für Österreich außerhalb des Asylverfahrens. Gegen ihn bestand seit September 2008 eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung. Der Ausreiseverpflichtung nach Pakistan kam er nicht nach.

Der Beschwerdeführer stellte in Österreich zweimal einen Antrag auf internationalen Schutz; alle zwei Anträge wurden abgewiesen. Auch brachte er Wiederaufnahme- und Wiedereinsetzungsanträge ein, welche ebenfalls abgewiesen wurden. Er verfügt ab dem Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung wiederum über keinen gültigen Aufenthaltstitel für Österreich.

Der BF wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 09.12.2015 (Rechtskraft 15.12.2015) nach § 223 Abs. 2 StGB zu einer bedingen Freiheitsstrafe von einem Monat unter einer Probezeit von drei Jahren verurteilt.

Der BF wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 02.11.2016 (Rechtskraft 08.11.2016) rechtskräftig nach § 223 Abs. 1 StGB zu keiner Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf das Urteil vom 09.12.2015 verurteilt.

Mit Entscheidung des Verwaltungsgerichthofes vom 19.09.2019, Ra 2019/21/0100 wurde die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 11. März 2019, L508 1316743-4/6E, zurückgewiesen, soweit sie sich gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 sowie gegen den Ausspruch nach § 13 Abs. 2 AsylG 2005 richtete. Hinsichtlich der Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Festsetzung einer Ausreisefrist und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers sowie des Einreiseverbotes, wurde der Revision stattgegeben und wurde das angefochtene Erkenntnis in diesen Spruchpunkten wegen Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Dies im wesentlichen mit der Begründung der Verletzung der Verhandlungspflicht, folglich dem Erfordernis, sich einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer und dessen Integration in Österreich zu machen.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Er hat keine Familienangehörigen in Österreich und führt auch keine Ehe oder Lebensgemeinschaft.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich zwei Deutschkurse auf dem Niveau A1 und A2 besucht und absolviert, wobei jedoch anzumerken ist, dass sich seine Deutschkenntnisse, trotz der langjährigen Aufenthaltsdauer auf äußerst niedrigem Niveau befinden (vgl. VH-Schrift Seite 8 und 9).

Er verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Er leistet jedoch keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit und ist nicht Mitglied in Vereinen. Unterstützungserklärungen von Privatpersonen wurden vorgelegt.

Der Beschwerdeführer war während seines ersten Asylverfahrens im Zeitraum zwischen den Jahren 2007 und 2011 als Zeitungszusteller tätig. Ob er im Rahmen dieser Tätigkeit seiner Steuer- und Versicherungspflicht nachgekommen ist, kann nicht festgestellt werden, da der BF keine diesbzgl. Unterlagen in Vorlage bringen konnte. Im Rahmen seines nunmehr gegenständlichen Asylverfahrens war der BF in der Vergangenheit gelegentlich als Zeitungszusteller tätig. Für den Zeitraum Februar und März 2016 konnte er dies auch durch die Vorlage von Monatsabrechnung der XXXX belegen. Gemäß seinen Angaben verfügte er im Jahr 2017 über einen Gewerbeschein. Seither verfügt der BF über keinen Gewerbeschein und ist er auch nicht im Besitz einer Beschäftigungsbewilligung. Seit 01.12.2018 bis dato besteht ein Verteilervertrag zwischen dem BF und der XXXX . Der BF bezieht durch diese Tätigkeit ein Monatseinkommen von rund 1.000 bis 1.200 Euro und ist selbsterhaltungsfähig. Da der Beschwerdeführer weder einen Gewerbeschein noch eine Beschäftigungsbewilligung besitzt, verrichtet er diese Tätigkeit illegal. Auch kommt der Beschwerdeführer weder seiner Versicherungs- noch seiner Steuerpflicht nach.

Der BF verrichtet keine gemeinnützigen Arbeiten.

Der Beschwerdeführer ist gesund. Er leidet weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Erkrankung.

In einer Gesamtschau konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Festzuhalten ist zudem, dass der Beschwerdeführer die oben genannten Integrationsbemühungen großteils zu einem Zeitpunkt setzte, als er nicht mehr darauf vertrauen konnte, sein derart begründetes Privatleben in Österreich dauerhaft fortsetzen zu können.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen.

Es konnten auch keine Umstände festgestellt werden, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pakistan unzulässig wäre. Der BF ist männlich, im erwerbsfähigen Alter und gesund. Ihm würde im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat kein reales Risiko einer Verletzung der Art. 2 oder 3 EMRK drohen. Dass sein allgemeiner Gesundheitszustand erheblich beeinträchtigt wäre, hat der BF im Verfahren weder behauptet, noch ist es dem erkennenden Gericht sonst wie bekannt geworden. Es ist daher anzunehmen, dass der BF im Herkunftsstaat in der Lage sein wird, sich notfalls mit Hilfstätigkeiten ein ausreichendes Auskommen zu sichern und daher nicht in eine hoffnungslose Lage zu kommen, zumal er über soziale Anknüpfungspunkte (Familie) und Berufserfahrung verfügt. Der Beschwerdeführer spricht zudem Punjabi und Urdu.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

Zur Lage in der Islamischen Republik Pakistan werden folgende - im Zuge der mündlichen Verhandlung in das Verfahren eingeführte - Länderfeststellungen (LIB Pakistan der Staatendokumentation vom 16.05.2019) dem Verfahren zugrunde gelegt:

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir (Betrifft Abschnitte 2. Politische Lage)

Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).

Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außen- wie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in Neu-Delhi dar (ARTE 7.8.2019).

Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).

Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine „Hinduisierung“ des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).

Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).

Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).

Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als „nicht akzeptabel“ und „nicht bindend“ bezeichnet (SCMP 7.8.2019).

Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).

Anmerkung:

Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).

Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].

Quellen:

-        ARTE – (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut? https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-erneut, Zugriff 8.8.2019

-        BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370: What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019

-        BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370: Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019

-        DS – Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus, https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-aus-toter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019

-        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad-16321737.html, Zugriff 8.8.2019

-        HP – Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistan-suspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019

-        IT – India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory, https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-2019-08-06, Zugriff 7.8.2019

-        NZZ – Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-des-sonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019

-        ORF – Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019

-        SCMP – South China Morning Post (7.8.2019): China calls India’s move to scrap Kashmir’s special status ‘not acceptable’ and not binding, https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrap-kashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019

-        SO – Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung, https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-das-gebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019

-        TNYT – The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation, https://www.nytimes.com/2019/08/06/world/asia/jammu-kashmir-india.html, Zugriff 7.8.2019

-        ZO – Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/kaschmir-konflikt-pakistan-indischer-botschafter-ausweisung-hasan, Zugriff 8.8.2019

KI vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militär und PTM (Betrifft Abschnitte Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Ethnische Minderheiten/Paschtunen; Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition; Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.. Sicherheitslage/Khyber Pakhtunkhwa)

Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).

Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen – darunter fünf Soldaten – verletzt (Dawn 26.5.2019).

PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).

Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die örtliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).

In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).

Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019)

Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass „ihre Zeit vorbei“ sei, und dass diese die „roten Linien“ nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine „Kriegserklärung“ sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).

Quellen:

1.       AI – Amnesty International (27.5.2019): Pakistan: Investigate North Waziristan killings, https://www.amnesty.org/en/latest/news/2019/05/pakistan-investigate-north-waziristan-killings/, Zugriff 28.5.2019

2.       Dawn (26.5.2019): 3 people killed, 5 soldiers injured in exchange of fire at check post in North Waziristan, https://www.dawn.com/news/1484709, Zugriff 28.5.2019

3.       Dawn (27.5.2019): MNA Ali Wazir produced before ATC, remanded in CTD custody for 8 days, https://www.dawn.com/news/1484918, Zugriff 28.5.2019

4.       Dawn (30.4.2019): Foreign spy agencies fund PTM, says army, https://www.dawn.com/news/1479321/foreign-spy-agencies-fund-ptm-says-army, Zugriff 28.5.2019

5.       PT – Pakistan Today (27.5.2019): 3 killed, 15 injured in ‘PTM-Army clash’ in North Waziristan, https://www.pakistantoday.com.pk/2019/05/26/3-killed-15-injured-in-ptm-army-clash-in-north-waziristan/, Zugriff 28.5.2019

6.       Standard, der (28.5.2019): Amnesty fordert Untersuchung des Todes von Demonstranten in Pakistan, http://derstandard.at/2000103942873/Amnesty-fordert-Untersuchung-des-Todes-von-Demonstranten-in-Pakistan, Zugriff 28.5.2019

7.       VOA – Voice of America (26.5.2019): 3 Killed in Skirmish Between Pakistan Security Forces, Rights Activists, https://www.voanews.com/a/killed-in-skirmish-between-pakistan-security-forces-rights-activists/4933709.html, Zugriff 28.5.2019

Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie (“Line of Control”) zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad (“Islamabad Capital Territory”) bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan ca. 207,8 Millionen Einwohner ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit-Baltistan (PBS 2017a), wo zusammengerechnet weitere ca. 5,5 Millionen Menschen leben (AJK PDD 2017 + Khan 2017 S 88-89). Das Land ist der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 5.2.2019).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf (USDOS 13.3.2019), jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019) insbesondere gegen die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League–Nawaz (PML-N) (FH 1.2019). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlverlauf als transparent und gut durchgeführt ein, jedoch erschwerte die Selbstzensur der Berichterstatter das Treffen von qualifizierten Wahlentscheidungen für die Wähler (EUEOM 27.7.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Der Fokus der PTI-Koalitionsregierung liegt laut offizieller Darstellung auf dem Kampf gegen Korruption, der Sanierung von Wirtschaft und Finanzen sowie einem besseren Bildungs- und Gesundheitssystem (AA 1.2.2019a). In der Praxis dominiert das Militär wichtige Politikbereiche, insbesondere innere sowie äußere Sicherheit und Beziehungen zu - für Pakistans äußere Sicherheit zentralen - Staaten wie Afghanistan, Indien und USA (AA 21.8.2018; vgl. FH 1.2019). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des Inter-Services Intelligence (ISI) gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).

Quellen:

8.       AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (1.2.2019a): Pakistan: Staatsaufbau und Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/pakistan-node/pakistan—innenpolitik/205010, Zugriff 25.2.2019

9.       AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (21.8.2018): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik PAKISTAN (Stand: August 2018), https://www.ecoi.net/en/file/local/1442726/4598_1536328003_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-pakistan-stand-august-2018-21-08-2018.pdf, Zugriff 21.2.2019

10.      AJK PDD – Azad Government of the State of Jammu and Kashmir – Planning & Development Department (2017): Azad Jammu & Kashmir at a Glance 2017, https://pndajk.gov.pk/uploadfiles/downloads/At%20a%20Glance%202017.pdf, Zugriff 4.4.2019

11.      CIA - Central Intelligence Agency (5.2.2019): World Factbook - Pakistan, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/pk.html, Zugriff 21.2.2019

12.      Dawn (2.7.2018): Mechanism for filling reserve

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten