TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/2 L509 1226382-7

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Veröffentlicht am 02.03.2020
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Entscheidungsdatum

02.03.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L509 1226382-7/37E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Ewald HUBER-HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. Iran, vertreten durch ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.04.2018 und am 04.07.2018, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend BF), ein Staatsangehöriger des Iran, reiste erstmals im Jahr 2000 illegal nach Österreich ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser erste Asylantrag wurde zunächst mit Bescheid des Bundesasylamtes als unbegründet abgewiesen und die dagegen erhobene Berufung vom Unabhängigen Bundesasylsenat als verspätet zurückgewiesen. Nachdem seinem dazu eingebrachten Antrag auf Wiedereinsetzung stattgegeben worden war, zog der BF in der Folge die Berufung zurück und er kehrte im Februar 2003 freiwillig in den Iran zurück.

2. Im Juli 2006 reiste der BF neuerlich illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Dieser wurde zunächst wiederum mit Bescheid des Bundesasylamtes und anschließend mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 06.08.2009 gem. §§ 3, 8, 10 AsylG als unbegründet abgewiesen.

3. Mit Urteil des LG für Strafsachen Graz vom XXXX , GZ XXXX , wurde der BF wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gem. § 28a Abs. 1 5. Fall und Abs. 4 Z 3 SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gem. § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt.

Am 15.05.2013 wurde der BF unter Anordnung der Bewährungshilfe und unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren aus der Strafhaft bedingt entlassen.

4. Am 10.06.2013 stellte der BF seinen dritten, nunmehr gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Bei der am selben Tag von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung gab der BF an, dass die alten Gründe von seinem letzten Asylantrag weiterhin bestehen würden und er diese aufrecht halte. Zudem habe er neue Fluchtgründe. Er habe im Jahr 2009 seine Religion vom Islam zum Christentum gewechselt und habe sich auch taufen lassen. Im Iran sei es Gesetz, dass Muslime, die ihre Religion ändern, umgebracht würden.

Den neuerlichen Asylantrag stelle er erst jetzt, da er am 15.01.2010 verhaftet und bis Mai 2013 im Gefängnis gewesen sei.

5. Am 24.06.2013 wurde der BF vom Bundesasylamt niederschriftlich befragt. Dabei führte er aus, dass er das letzte Mal im Jahr 2006 nach Österreich eingereist sei und sich seitdem durchgehend hier aufhalte.

Der BF sei über Landsleute mit der XXXX in Kontakt gekommen und einmal in der Woche dorthin gegangen. Der Islam sei für ihn nur fanatisch, radikal und hart.

6. Am 30.09.2014 wurde der BF vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden BFA), RD Steiermark, niederschriftlich befragt.

Der BF brachte vor, dass er der amerikanischen Kirche in Wien angehöre und im Winter 2009 getauft worden sei. Manchmal besuche er die Kirche und zünde eine Kerze an, weiters versuche er zu beten und nicht zu lügen. Zeugen für seine christlichen Betätigungen seien die Schwester und die Arbeitskollegen des BF. Mit diesen besuche er auch gelegentlich die römisch-katholische Kirche in XXXX .

Bei einer Rückkehr in den Iran würde der BF bestraft, da er der Spionage verdächtigt werde und zum Christentum konvertiert sei.

7. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX RD Steiermark, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gem. § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Iran nicht zuerkannt (Spruchpunkt II). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF gem. §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gem. § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gem. § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF in den Iran gem. § 46 FPG zulässig ist. Ebenso wurde festgehalten, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gem. § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III).

In der Begründung dieses Bescheides führte das BFA aus, dass der BF in Österreich wegen eines besonders schweren Verbrechens zu einer Freiheitstrafe von 5 Jahren verurteilt worden und die Gewährung von internationalem Schutz daher ausgeschlossen sei. Somit seien die Asylgründe des BF nicht mehr zu prüfen.

Zu prüfen sei jedoch, ob die vom BF geltend gemachten Gründe ein Abschiebehindernis darstellen würden. Im Hinblick auf die bereits früher geltend gemachten Gründe seien diese im früheren Asylverfahren rechtskräftig als nicht glaubhaft beurteilt worden, weswegen diesbezüglich eine entschiedene Sache vorliege und die Gründe nicht nochmals zu prüfen gewesen seien. Den Angaben des BF zu seinem neuen Asylgrund, der Konversion zum Christentum, könne kein Glauben geschenkt werden. Es sei nämlich aufgrund der Ausführungen des BF davon auszugehen, dass er tatsächlich von der inneren Einstellung her nicht konvertiert und seine Scheinkonversion auch den iranischen Behörden nicht zur Kenntnis gelangt sei, weswegen nicht angenommen werden könne, dass dem BF bei einer Rückkehr in den Iran eine Gefahr wegen Konversion drohe.

8. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

9. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde vom Vertreter des BF mit Schriftsatz vom 26.01.2015 innerhalb offener Frist in vollem Umfang Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.

Darin wird zunächst ausgeführt, dass sich die Behörde eingehender mit dem Vorbringen des BF auseinandersetzen und insbesondere die von ihm genannten Zeugen für seinen Übertritt zum christlichen Glauben, sowie für seine innere Überzeugung hiervon, laden und einvernehmen hätte müssen. Zudem seien die von der belangten Behörde herangezogenen Länderberichte teilweise nicht aktuell und unvollständig bzw. unvollständig ausgewertet worden. Hinsichtlich des vermeintlichen Vorliegens eines Asylausschlussgrundes habe es die Behörde weiters verabsäumt, die von der höchstgerichtlichen Judikatur geforderte Einzelfallprüfung vorzunehmen. So genüge es nicht, dass ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt worden sei, sondern wäre vielmehr auch eine konkrete Prüfung des Einzelfalls durchzuführen und festzustellen gewesen, ob sich die Tat im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweise.

10. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.02.2015, Zl. L509 1226382-5/3E, wurde der bekämpfte Bescheid in Erledigung der Beschwerde behoben und die Rechtssache gem. § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

Begründend wurde dabei unter anderem darauf hingewiesen, dass sich das BFA im fortgesetzten Verfahren damit auseinanderzusetzen habe, welche (Verfolgungs)Gefahr dem BF im Iran droht und diesbezüglich die aufgezeigten, bisher versäumten Ermittlungstätigkeiten nachholen müsse, um im Anschluss daran das Ermittlungsergebnis einer schlüssigen Beweiswürdigung zu unterziehen zu können. Sollte das BFA (erneut) zu dem Ergebnis gelangen, dass die Konversion des BF nicht glaubhaft ist, wird es dies nachvollziehbar zu begründen und sich in Zusammenhang mit der Rückkehrsituation damit auseinanderzusetzen haben, ob dem BF – selbst unter der Annahme, dass er bloß zum Schein konvertiert ist – im Falle einer Rückkehr in den Iran mit maßgeblichen asylrelevanten Verfolgungshandlungen zu rechnen hat. Dazu bedarf es einer konkreten Einschätzung des Verfolgungsrisikos dahingehend, inwieweit Behörden oder Personen im Iran die Praktiken des BF im Ausland bekannt geworden sind und ob daran - trotz einer bloßen Scheinkonversion – mit ernst zu nehmender Wahrscheinlichkeit Verfolgungshandlungen, etwa durch Unterstellung einer echten Konversion, geknüpft sind.

Anschließend wird das BFA im Rahmen der von § 6 Abs. 1 Z 2 AsylG geforderten Güterabwägung die Schwere der Tat, wegen der der BF verurteilt wurde, und die Folgen eines Ausschlusses einander gegenüberstellen zu haben, was im bisherigen Verfahren unterlassen wurde und ist die gegenständliche Beschwerde daher im Recht, wenn in ihr genau dieser Umstand moniert wird.

Erst danach wird eine umfassende Entscheidung, ob ein Asylausschlussgrund vorliegt bzw. vor allem, ob dieser geeignet ist, dass der BF trotz möglicherweise bestehender Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat von der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten ausgeschlossen wird, möglich sein.

11. Am 05.08.2015 wurde der BF erneut vom BFA niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm nach Darstellung des bisherigen Ablaufes des Verfahrens mitgeteilt, dass seinen Angaben hinsichtlich der Konversion Glauben geschenkt werde. Aufgrund seiner Vorstrafen sei jedoch ein Asylausschlussgrund gegeben und auch subsidiärer Schutz ausgeschlossen. Seine Abschiebung sei gem. § 8 Abs. 3 AsylG als unzulässig anzusehen, weshalb ihm in Österreich eine Duldung zukomme.

12. Mit Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX RD Steiermark, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I). Gemäß § 8 Abs. 3a iVm § 9 Abs. 2 AsylG wurde der Antrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und festgehalten, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF aus dem österreichischen Bundesgebiet in den Iran gem. § 8 Abs. 3a AsylG iVm § 9 Abs. 2 AsylG unzulässig sei (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gem. §§ 57 AsylG wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.).

Begründend wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde nach nochmaliger Prüfung zu der Ansicht gelangt sei, dass die vom BF hinsichtlich seiner Konversion zum Christentum gemachten Angaben als schlüssig und somit als glaubhaft zu werten seien. Es stelle sich als glaubhaft dar, dass ihm im Iran Verfolgung wegen Konversion und letztlich die Todesstrafe drohe. Wie dem Strafregisterauszug zu entnehmen sei, ist der BF in Österreich wegen eines besonders schweren Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden. Die Gewährung von internationalem bzw. subsidiärem Schutz sei daher ausgeschlossen.

13. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gem. § 52 Abs. 1 BFA-VG für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.

14. Gegen diesen Bescheid des BFA wurde vom Vertreter des BF mit Schriftsatz vom 14.03.2016 innerhalb offener Frist Beschwerde gegen Spruchpunkt I (Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten) wegen Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens, infolge dessen eine mangelhafte Beweiswürdigung und eine unrichtige rechtliche Beurteilung vorgenommen worden seien, sowie infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben.

Wie das BFA richtig festgestellt habe, drohe dem BF im Iran wegen seiner Konversion zum Christentum asylrelevante Verfolgung, bis hin zur Todesstrafe. Hinsichtlich des vom BFA angenommenen Vorliegens eines Asylausschlussgrundes werde bemängelt, dass sich dieses in seiner rechtlichen Beurteilung auf eine Verurteilung nach § 28a Abs. 4 Z 1 SMG beziehe. Der BF sei jedoch nach § 28a Abs. 1 5. Fall und Abs. 4 Z 3 SMG sowie wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gem. § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall SMG verurteilt worden. Die Ansicht des BFA, der BF sei wegen eines besonders schweren Verbrechens iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG verurteilt worden, sei unrichtig. Bei der Frage, ob ein besonders schweres Verbrechen vorliege, müssten auch die Umstände des entsprechenden Einzelfalles berücksichtigt werden. Der BF habe zwar nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein abstrakt als „schwer“ einzustufendes Delikt verübt, jedoch habe das BFA nicht geprüft, ob sich die Tat im konkreten Einzelfall als objektiv und subjektiv besonders schwerwiegend erweise. Beispielsweise hätte berücksichtigt werden müssen, dass das Gericht eine Strafe verhängt habe, die nur ein Drittel des Strafrahmens umfasse, was darauf hindeute, dass Umstände vorgelegen seien, welche die Schwere der Tat zumindest in subjektiver Sicht gemindert hätten. Ebenso habe sich das BFA nicht mit der Zukunftsprognose für den BF auseinandergesetzt. Das BFA hätte feststellen müssen, dass der BF bereits am 15.05.2013 unter Anordnung der Bewährungshilfe und unter Setzung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt aus der Strafhaft entlassen worden sei. Seither habe sich der BF in strafrechtlicher Hinsicht nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Auch seine Bewährungszeit sei bereits in zwei Monaten beendet. Auch habe das BFA die von der Judikatur geforderte Güterabwägung, ob die Interessen des Zufluchtsstaates jene des Flüchtlings überwiegen, gänzlich unterlassen. Spruchpunkt I. des Bescheides sei somit aufgrund von erheblichen Verfahrensfehlern und einer unrichtigen Rechtsanwendung erlassen worden und daher unzulässig. Bei richtiger Würdigung hätte das BFA zum Schluss kommen müssen, dass im Falle des BF kein Asylausschlussgrund gegeben sei und ihm daher der Status eines Asylberechtigten zu gewähren sei.

Der Beschwerde beigefügt wurde zudem ein Schreiben des Bewährungshelfers des BF.

15. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.04.2016, Zl. L509 1226382-6/3E, wurde Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverwiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die notwendigen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG leide. So sei etwa keine Zukunftsprognose getroffen und die Gemeingefährlichkeit nicht beurteilt worden und sei zudem keine Güterabwägung zwischen den öffentlichen Interessen an der Rückschiebung und den Interessen des BF am Weiterbestand des Schutzes durchgeführt worden. Hinsichtlich der Ausführungen zu den Verurteilungen des BF habe sich das BFA offenbar lediglich auf einen Auszug aus dem Strafregister gestützt, ohne sich näher mit dem entsprechenden Urteil auseinanderzusetzen.

16. Am 24.05.2016 wurde der BF vom BFA niederschriftlich befragt.

Dabei gab er an, dass er sich seit 2006 in Österreich aufhalte, hier zum Christentum konvertiert sei und den christlichen Glauben auch praktiziere. Im Jahr 2010 sei er zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und 2013 wegen guter Führung entlassen worden. Mittlerweile sei auch die Bewährungsfrist abgelaufen.

17. Mit dem hier angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX , Zl. XXXX , wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter gem. § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Ausgeführt wurde, dass dem BF in seinem Herkunftsstaat Verfolgung drohe, da er in Österreich zum Christentum konvertiert sei. Seine Angaben zur Konversion seien schlüssig und daher glaubwürdig. Jedoch liege ein Asylausschlussgrund iSd § 6 Abs. 1 Z 4 AsylG vor, da der BF wegen eines besonders schweren Verbrechens rechtskräftig zu einer Haftstrafe von fünf Jahren verurteilt worden sei und die erschwerenden Gründe die Milderungsgründe überwiegen würden.

18. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben. Begründend wurde zusammengefasst im Wesentlichen ausgeführt, dass sich das BFA nicht genauer mit der Tat des BF beschäftigt habe, da abermals nicht umfassend auf die objektive und subjektive Schwere der Tat, sondern nur auf die Strafhöhe eingegangen worden sei. So würden etwa auch Ausführungen dazu fehlen, warum der BF auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle. Weiters sei auch nicht darauf eingegangen worden, dass der BF seit seiner Entlassung aus der Haft keinerlei Probleme mit dem Gesetz mehr gehabt, sich in der Haft von seiner Drogensucht befreit habe und auch die Bewährungshilfe mit der Wandlung des BF sehr zufrieden gewesen sei. Der BF versuche, in Österreich Arbeit zu finden, spreche sehr gut Deutsch und sei seit seiner Entlassung nicht mehr mit dem Gesetz in Konflikt geraten, weswegen auch eine positive Zukunftsprognose gegeben sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die dazugehörigen Vorakten sowie durch Anhörung des BF in einer mündlichen Beschwerdeverhandlung am 12.04.2018 und Durchführung einer weiteren mündlichen Beschwerdeverhandlung am 04.07.2018, bei der Zeugen einvernommen wurden, der BF selbst jedoch trotz ordnungsgemäßer Zustellung der Ladung ohne Angabe von Gründen nicht erschienen ist. Die Verhandlung wurde allerdings in Anwesenheit seiner bevollmächtigten Vertreterin, Fr. XXXX , ARGE Rechtsberatung, durchgeführt. Der BF wurde schließlich mit Schreiben vom 13.02.2020 zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert, die am 20.02.2020 einlangte.

1. Feststellungen:

1.1. Der BF trägt den im Spruch angeführten Namen und ist an dem angegebenen Datum geboren. Er ist iranischer Staatsangehöriger. Es kann von einer feststehenden Identität des BF ausgegangen werden.

1.2. Es kann nicht festgestellt werden, dass der BF aus innerer Überzeugung und mit Nachhaltigkeit vom Islam zum Christentum konvertiert ist. Religion stellt für den BF kein unverzichtbares Identitätsmerkmal dar. Es kann daher auch nicht festgestellt werden, dass der BF im Herkunftsland Islamische Republik Iran aus asylrelevanten Gründen verfolgt wird.

1.3. Beschwerde wurde ausschließlich gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides erhoben. Die Entscheidung, dass der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, die Abschiebung des BF in das Herkunftsland Iran jedoch gemäß §§ 8 Abs. 3 a und 9 Abs. 2 AsylG unzulässig (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides) ist, wurde am 29.02.2016 in erster Instanz rechtskräftig.

1.4. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid nicht näher ausgeführt, warum sie die Angaben des BF zur Konversion für schlüssig und glaubwürdig hält.

1.5. Zur Religionsfreiheit im Herkunftsland Iran wird festgestellt:

In Iran leben ca. 82 Millionen Menschen, von denen ungefähr 99% dem Islam angehören. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% sind Sunniten und der Rest verteilt sich auf Christen, Juden, Zoroastrier, Baha‘i, Sufis, Ahl-e Haqq und nicht weiter spezifizierte religiöse Gruppierungen (BFA Analyse 23.5.2018). Der Islam schiitischer Prägung ist in Iran Staatsreligion. Gleichwohl dürfen die in Art. 13 der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) ihren Glauben im Land relativ frei ausüben. In Fragen des Ehe- und Familienrechts genießen sie verfassungsrechtlich Autonomie. Jegliche Missionstätigkeit kann jedoch als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden. Auch unterliegen Vertreter religiöser Minderheiten Beschränkungen beim Zugang zu höheren Staatsämtern. Nichtmuslime sehen sich darüber hinaus im Familien- und Erbrecht nachteiliger Behandlung ausgesetzt, sobald ein Muslim Teil der relevanten Personengruppe ist (AA 12.1.2019, vgl. ÖB Teheran 12.2018).

Anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, (v.a. armenische und assyrische) Christen – werden diskriminiert. Nicht anerkannte religiöse Gruppen – Bahá‘í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi (Derwisch-Orden), Atheisten – werden in unterschiedlichem Ausmaß verfolgt. Sunniten werden v.a. beim beruflichen Aufstieg im öffentlichen Dienst diskriminiert. Vertreter von anerkannten religiösen Minderheiten betonen immer wieder, wenig oder kaum Repressalien ausgesetzt zu sein. Sie sind in ihrer Religionsausübung – im Vergleich mit anderen Ländern der Region – nur relativ geringen Einschränkungen unterworfen (religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste in Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten) . Darüber hinaus haben sie gewisse anerkannte Minderheitenrechte, etwa – unabhängig von ihrer zahlenmäßigen Stärke – eigene Vertreter im Parlament sowie das Recht auf Alkoholkonsum bei religiösen Riten und im Privatbereich, wenn keine Muslime anwesend sind (ÖB Teheran 12.2018). Fünf von 290 Plätzen im iranischen Parlament sind Vertretern von religiösen Minderheiten vorbehalten (BFA Analyse 23.5.2018, vgl. FH 4.2.2019). Zwei dieser fünf Sitze sind für armenische Christen reserviert, einer für chaldäische und assyrische Christen und jeweils ein Sitz für Juden und Zoroastrier. Nichtmuslimische Abgeordnete dürfen jedoch nicht in Vertretungsorgane, oder in leitende Positionen in der Regierung, beim Geheimdienst oder beim Militär gewählt werden (BFA Analyse 23.5.2018).

Auch in einzelnen Aspekten im Straf-, Familien- und Erbrecht kommen Minderheiten nicht dieselben Rechte zu wie Muslimen. Es gibt Berichte von Diskriminierung von Nichtschiiten aufgrund ihrer Religion, welche von der Gesellschaft/Familien ausgeht und eine bedrohliche Atmosphäre kreiert. Diskriminierung geht jedoch hauptsächlich auf staatliche Akteure zurück (ÖB Teheran 12.2018).

Das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit wird sowohl durch Gesetze als auch im täglichen Leben systematisch verletzt. Die Behörden zwingen weiterhin Personen aller Glaubensrichtungen einen Kodex für Verhalten in der Öffentlichkeit auf, der auf einer strikten Auslegung des schiitischen Islams gründet. Muslime, die keine Schiiten sind, dürfen weder für das Amt des Präsidenten kandidieren noch andere hochrangige politische Ämter bekleiden. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übertreten, können hohe Gefängnisstrafen erhalten, die in einigen Fällen von zehn bis 15 Jahren reichen. Es gibt weiterhin Razzien in Hauskirchen (AI 22.2.2018).

Anerkannten ethnisch christlichen Gemeinden ist es untersagt, konvertierte Christen zu unterstützen. Gottesdienste in der Landessprache sind in Iran verboten, ebenso die Verbreitung christlicher Schriften. Teilweise werden einzelne Gemeindemitglieder vorgeladen und befragt. Unter besonderer Beobachtung stehen insbesondere auch hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden (AA 12.1.2019).

Schiitische Religionsführer, die die Politik der Regierung oder des Obersten Führers Khamenei nicht unterstützen, können sich auch Einschüchterungen und Repressionen bis hin zu Haftstrafen gegenübersehen (US DOS 29.5.2018).

Laut der in den USA ansässigen NGO „United for Iran“ waren 2017 mindestens 102 Mitglieder von religiösen Minderheiten aufgrund ihrer religiösen Aktivitäten inhaftiert, 174 Gefangene wegen „Feindschaft gegen Gott“, 23 wegen „Beleidigung des Islam“ und 21 wegen „Korruption auf Erden“ (US DOS 15.8.2017).

Personen, die sich zum Atheismus bekennen, können willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und anderweitig misshandelt werden. Sie laufen Gefahr, wegen "Apostasie" (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden (AI 22.2.2018).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 31.5.2019

- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 31.5.2019

- BFA Analyse (23.5.2018): Iran – Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 31.5.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 31.5.2019

- ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 31.5.2019

- US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 31.5.2019

15.1.Christen

Glaubwürdige Schätzungen sprechen von 100.000 bis 300.000 Christen in Iran, von denen der Großteil den armenischen Christen angehört. Diese leben hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die armenischen Christen gehören zu den anerkannten religiösen Minderheiten, die in der Verfassung genannt werden. Ihnen stehen zwei der 290 Sitze im iranischen Parlament zu. Laut den konsultierten Quellen können armenische Christen – solange sie sich an die Gesetze der Islamischen Republik Iran halten – ihren Glauben relativ frei ausüben. Es gibt Kirchen, die auch von außen als solche erkennbar sind. Sie haben das Recht, religiöse Riten und Zeremonien abzuhalten, Ehen nach den eigenen religiösen Gesetzen zu schließen und auch Privatschulen zu betreiben. Persönliche Angelegenheiten und religiöse Erziehung können dem eigenen religiösen Kanon nach geregelt werden. Es gibt aber auch Einschränkungen, mit denen auch anerkannte religiöse Minderheiten zu leben haben, beispielsweise Nachteile bei der Arbeitssuche, islamische Bekleidungsvorschriften und Benachteiligungen insbesondere im Familien- und Erbrecht. Eine wichtige Einschränkung ist das Proselytismusverbot, das für alle religiösen Minderheiten gilt. Missionierung kann im Extremfall mit dem Tod bestraft werden (BFA Analyse 23.5.2018). Nicht einmal Zeugen Jehovas missionieren in Iran (DIS/DRC 23.2.2018).

Das Christentum ist in der iranischen Verfassung als Religion anerkannt. Den historisch ansässigen Kirchen, die vorwiegend ethnische Gruppierungen abbilden (die armenische, assyrische und chaldäische Kirche) wird eine besondere Stellung anerkannt. Religiöse Aktivitäten sind nur in den jeweiligen Gotteshäusern und Gemeindezentren erlaubt; christliche Gottesdienste auf Farsi sowie missionarische Tätigkeiten sind generell verboten (ÖB Teheran 2018), ebenso die Verbreitung christlicher Schriften (AA 12.1.2019). Sonstige zahlenmäßig bedeutende Gruppen stellen Katholiken und Protestanten, die ihren Ursprung in der Zeit des Schah-Regimes haben. Die Mitglieder sind meist Konvertiten aus dem Islam. Grundrechtlich besteht „Kultusfreiheit“ innerhalb der Mauern der Gemeindezentren und der Kirchen. Jedoch haben Nichtmuslime keine Religionsfreiheit in der Öffentlichkeit, weder Freiheit der Meinungsäußerung noch Versammlungsfreiheit (Proselytismusverbot). Jegliche missionarische Tätigkeit inklusive des öffentlichen Verkaufs von werbenden Publikationen und der Anwerbung Andersgläubiger ist verboten und wird streng bestraft. Das Strafgesetz sieht für Proselytismus die Todesstrafe vor. Infolge des Proselytismusverbots wird gegen evangelikale Gruppen („Hauskirchen“) oft hart vorgegangen (Verhaftungen, Beschlagnahmungen, vor ein paar Jahren auch angeblich vollstreckte Todesurteile). Autochthone Kirchen halten sich meist penibel an das Verbot (ÖB Teheran 12.2018).

Da Konversion vom Islam zu einer anderen Religion verboten ist, erkennt die Regierung nur armenische oder assyrische Christen an [abgesehen von Juden und Zoroastriern], da diese Gruppen schon vor dem Islam im Land waren, bzw. es sich um Staatsbürger handelt, die beweisen können, dass ihre Familien schon vor 1979 [Islamische Revolution] Christen waren. Sabäer-Mandäer werden auch als Christen geführt, obwohl sie sich selbst nicht als Christen bezeichnen. Staatsbürger, die nicht den anerkannten Religionsgemeinschaften angehören, oder die nicht beweisen können, dass ihre Familien schon vor der Islamischen Revolution Christen waren, werden als Muslime angesehen. Mitglieder der anerkannten Minderheiten müssen sich registrieren lassen (US DOS 29.5.2018).

Im Weltverfolgungsindex 2019 von Christen von Open Doors befindet sich Iran auf dem neunten Platz. Im Beobachtungszeitraum wurden 67 Christen verhaftet (Open Doors 2019).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

- BFA Analyse (23.5.2018): Iran – Situation armenischer Christen, https://www.ecoi.net/en/file/local/1431384/5818_1525418941_iran-analyse-situation-armenischer-christen-2018-05-03-ke.pdf, Zugriff 3.6.2018

- DIS/DRC – Danish Immigration Service/Danish Refugee Council (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

- ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

- Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

- US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

15.2.Apostasie, Konversion zum Christentum, Proselytismus, Hauskirchen

Apostasie (d.h. Religionswechsel weg vom Islam) ist im Iran zwar nicht im Strafgesetzbuch aber aufgrund der verfassungsrechtlich verankerten islamischen Jurisprudenz verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht (ÖB Teheran 12.2018). Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „mohareb“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „mofsid-fil-arz/fisad-al-arz“ („Verdorbenheit auf Erden“), oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der Hinrichtungen in den letzten zehn Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie ein bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Hingegen gab es mehrere Exekutionen wegen „mohareb“ (ÖB Teheran 12.2018, vgl. DIS/DRC 23.2.2018). Die Todesstrafe ist bei Fällen, die mit Konversion zusammenhängen keine geläufige Bestrafung. Allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt (DIS/DRC 23.2.2018). Schon seit vielen Jahren wurde kein Christ mehr vom Regime getötet, wahrscheinlich aus Angst vor den daraus resultierenden internationalen Folgen (Open Doors 2019). Anklagen lauten meist auf „Organisation von Hauskirchen“ und „Beleidigung des Heiligen“, wohl um die Anwendung des Scharia-Rechts und damit die Todesstrafe wegen Apostasie zu vermeiden (AA 12.1.2019). Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Fälle von Konversion gelten daher als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit und werden vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Nach anderen Quellen wurden im Jahr 2017 gegen mehrere christliche Konvertiten hohe Haftstrafen (10 und mehr Jahre) verhängt [Anmerkung der Staatendokumentation: Verurteilungsgrund unklar] (AA 12.1.2019, vgl. AI 22.2.2018). Laut Weltverfolgungsindex 2019 wurden im Berichtszeitraum viele Christen, besonders solche mit muslimischem Hintergrund, vor Gericht gestellt und zu langen Gefängnisstrafen verurteilt bzw. warten noch auf ihren Prozess. Ihre Familien sind während dieser Zeit öffentlichen Demütigungen ausgesetzt (Open Doors 2019).

Missionstätigkeit unter Muslimen kann eine Anklage wegen Apostasie und Sanktionen bis zur Todesstrafe nach sich ziehen. Muslime dürfen daher nicht an Gottesdiensten anderer Religionen teilnehmen. Trotz des Verbots nimmt die Konversion weiter zu. Unter den Christen in Iran stellen Konvertiten aus dem Islam mit schätzungsweise mehreren Hunderttausend inzwischen die größte Gruppe dar, noch vor den Angehörigen traditioneller Kirchen (AA 12.1.2019). Laut der iranischen NGO Article 18 wurden von Jänner bis September 2018 37 Konvertiten zu Haftstrafen wegen „Missionsarbeit“ verurteilt (HRW 17.1.2019). In Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind (ÖB Teheran 12.2018).

Einige Geistliche, die in der Vergangenheit in Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert. Die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Jedoch wird von familiärer Ausgrenzung berichtet, sowie von Problemen, sich in der islamischen Struktur des Staates zurechtzufinden (z.B. Eheschließung, soziales Leben) (ÖB Teheran 12.2018).

Es liegen keine Daten bzw. Details zu Rechtsprechung und Behördenpraxis im Zusammenhang mit „Konversion“ vom Schiitentum zum Sunnitentum vor. Diese „Konversion“ ist auch nicht als Apostasie zu werten; bislang wurde noch kein solcher Fall als Apostasie angesehen. Aufgrund von Diskriminierung von Sunniten im Iran könnten öffentlich „konvertierte“ Sunniten jedoch Nachteile in Beruf und Privatleben erfahren. Außerdem werden Personen, die vom schiitischen zum sunnitischen Glauben übertreten und dies öffentlich kundtun, zunehmend verfolgt. Im derzeitigen Parlament sind Sunniten (vorwiegend aus Sistan-Belutschistan) vertreten. Gewisse hohe politische Ämter sind jedoch de facto Schiiten vorbehalten. Keine besonderen Bestimmungen gibt es zur Konversion von einer nicht-islamischen zu einer anderen nicht-islamischen Religion, da diese nicht als Apostasie gilt (ÖB Teheran 12.2018).

Die Schließungen der „Assembly of God“-Kirchen im Jahr 2013 führten zu einer Ausbreitung der Hauskirchen. Dieser Anstieg bei den Hauskirchen zeigt, dass sie – obwohl sie verboten sind – trotzdem die Möglichkeit haben, zu agieren. Obwohl die Behörden die Ausbreitung der Hauskirchen fürchten, ist es schwierig, diese zu kontrollieren, da sie verstreut, unstrukturiert und ihre Örtlichkeiten meist nicht bekannt sind. Nichtsdestotrotz werden sie teils überwacht. Die Behörden nutzen Informanten, die die Hauskirchen infiltrieren, deshalb organisieren sich die Hauskirchen in kleinen und mobilen Gruppen. Wenn Behörden Informationen bezüglich einer Hauskirche bekommen, wird ein Überwachungsprozess in Gang gesetzt. Es ist eher unwahrscheinlich, dass die Behörden sofort reagieren, da man zuerst Informationen über die Mitglieder sammeln und wissen will, wer in der Gemeinschaft welche Aufgaben hat. Ob die Behörden eingreifen, hängt von den Aktivitäten und der Größe der Hauskirche ab. Die Überwachung von Telekommunikation, Social Media und Online-Aktivitäten ist weit verbreitet. Es kann jedoch nicht klargestellt werden, wie hoch die Kapazitäten zur Überwachung sind. Die Behörden können nicht jeden zu jeder Zeit überwachen, haben aber eine Atmosphäre geschaffen, in der die Bürger von einer ständigen Beobachtung ausgehen (DIS/DRC 23.2.2018).

In den letzten Jahren gab es mehrere Razzien in Hauskirchen und Anführer und Mitglieder wurden verhaftet (FH 4.2.2019). Eine Hauskirche kann beispielsweise durch Nachbarn aufgedeckt werden, die abnormale Aktivitäten um ein Haus bemerken und dies den Behörden melden. Ansonsten haben die Behörden eigentlich keine Möglichkeit eine Hauskirche zu entdecken, da die Mitglieder in der Regel sehr diskret sind (DIS/DRC 23.2.2018).

Organisatoren von Hauskirchen können sich dem Risiko ausgesetzt sehen, wegen „Verbrechen gegen Gott“ angeklagt zu werden, worauf die Todesstrafe steht. Es ist aber kein Fall bekannt, bei dem diese Beschuldigung auch tatsächlich zu einer Exekution geführt hätte. In Bezug auf die Strafverfolgung von Mitgliedern von Hauskirchen besagt eine Quelle, dass eher nur die Anführer von Hauskirchen gerichtlich verfolgt würden, während eine andere Quelle meint, dass auch „low-profile“ Mitglieder davon betroffen sein können. Manchmal werden inhaftierte Anführer von Hauskirchen oder Mitglieder auf Kaution entlassen, und wenn es ein prominenter Fall ist, werden diese Personen von den Behörden gedrängt, das Land zu verlassen. Ein Hauskirchenmitglied, das zum ersten Mal festgenommen wird, wird normalerweise nach 24 Stunden wieder freigelassen, mit der Bedingung, dass sie sich vom Missionieren fernhalten. Eine Vorgehensweise gegen Hauskirchen wäre, dass die Anführer verhaftet und dann wieder freigelassen werden, um die Gemeinschaft anzugreifen und zu schwächen. Wenn sie das Missionieren stoppen, werden die Behörden i.d.R. aufhören, Informationen über sie zu sammeln. Es soll auch die Möglichkeit geben, sich den Weg aus der Haft zu erkaufen (DIS/DRC 23.2.2018).

Bei Razzien in Hauskirchen werden meist die religiösen Führer zur Verantwortung gezogen, vor allem aus politischen Gründen. Aufgrund der häufigen Unterstützung ausländischer Kirchen für Kirchen in Iran und der Rückkehr von Christen aus dem Ausland lautet das Urteil oft Verdacht auf Spionage und Verbindung zu ausländischen Staaten und Feinden des Islam (z.B. Zionisten), oder Bedrohung für die nationale Sicherheit. Diese Urteile sind absichtlich vage formuliert, um ein größtmögliches Tätigkeitsspektrum abdecken zu können. Darüber hinaus beinhalten die Urteile auch den Konsum von Alkohol während der Messe (obwohl der Alkoholkonsum im Rahmen der religiösen Riten einer registrierten Gemeinschaft erlaubt ist), illegale Versammlung, Respektlosigkeit vor dem Regime und Beleidigung des islamischen Glaubens. Den verhafteten Christen werden teilweise nicht die vollen Prozessrechte gewährt – oft werden sie ohne Anwaltsberatung oder ohne formelle Verurteilung festgehalten bzw. ihre Haft über das Strafmaß hinaus verlängert. Berichten zufolge sollen auch Kautionszahlungen absichtlich sehr hoch angesetzt werden, um den Familien von Konvertiten wirtschaftlich zu schaden. Im Anschluss an die Freilassung wird Konvertiten das Leben erschwert, indem sie oft ihren Job verlieren bzw. es ihnen verwehrt wird, ein Bankkonto zu eröffnen oder ein Haus zu kaufen (ÖB Teheran 12.2018). Die Regierung nutzt Kautionszahlungen, um verurteilte Christen vorsätzlich verarmen zu lassen, und drängt sie dazu, das Land zu verlassen (Open doors 2019).

Ob ein Mitglied einer Hauskirche im Visier der Behörden ist, hängt auch von seinen durchgeführten Aktivitäten, und ob er/sie auch im Ausland bekannt ist, ab. Normale Mitglieder von Hauskirchen riskieren, zu regelmäßigen Befragungen vorgeladen zu werden, da die Behörden diese Personen schikanieren und einschüchtern wollen. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung. Wenn der Konversion aber andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder andere Personen im Glauben zu unterrichten, dann kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen (DIS/DRC 23.2.2018).

Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, dann wäre eine Rückkehr nach Iran kein Problem. Konvertiten, die ihre Konversion aber öffentlich machen, können sich Problemen gegenübersehen. Wenn ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Der weitere Vorgang würde davon abhängen, was der Konvertit den Behörden erzählt. Wenn der Konvertit kein „high-profile“-Fall ist und nicht missionarisch tätig ist bzw. keine anderen Aktivitäten setzt, die als Bedrohung der nationalen Sicherheit angesehen werden, wird der Konvertit wohl keine harsche Strafe bekommen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein, würde nicht zu einer Verfolgung führen, aber es kann durchaus dazu führen, dass man beobachtet wird. Ein gepostetes Foto im Internet kann von den Behörden ausgewertet werden, gemeinsam mit einem Profil und den Aktivitäten der konvertierten Person. Wenn die Person vor dem Verlassen des Landes keine Verbindung mit dem Christentum hatte, würde er/sie nicht verfolgt werden. Wenn eine konvertierte Person die Religion in politischer Weise heranzieht, um zum Beispiel Nachteile des Islam mit Vorteilen des Christentums auf sozialen Netzwerken zu vergleichen, kann das zu einem Problem werden (DIS/DRC 23.2.2018).

Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen in Iran darüber unsicher; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte (DIS/DRC 23.2.2018).

Die Regierung schränkt die Veröffentlichung von religiösem Material ein, und christliche Bibeln werden häufig konfisziert. Auch Publikationen, die sich mit dem Christentum beschäftigen und schon auf dem Markt waren, wurden konfisziert, obwohl es von der Regierung genehmigte Übersetzungen der Bibel gibt. Verlage werden unter Druck gesetzt, Bibeln oder nicht genehmigtes nicht-muslimisches Material nicht zu drucken (US DOS 29.5.2018).

Quellen:

- AA – Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457257/4598_1548938794_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-islamischen-republik-iran-stand-november-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 3.6.2019

- AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425078.html, Zugriff 3.6.2019

- DIS/DRC - The Danish Immigration Service/Danish Refugee Councile (23.2.2018): IRAN - House Churches and Converts. Joint report from the Danish Immigration Service and the Danish Refugee Council based on interviews in Tehran, Iran, Ankara, Turkey and London, United Kingdom, 9 September to 16 September 2017 and 2 October to 3 October 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1426255/1788_1520517773_house-churches-and-converts.pdf, Zugriff 3.6.2019

- FH – Freedom House (4.2.2019): Freedom in the World 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2006369.html, Zugriff 3.6.2019

- HRW – Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002197.html, Zugriff 3.6.2019

- ÖB Teheran (12.2018): Asylländerbericht Iran, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007543/Asyll%C3%A4nderbericht+2018.pdf, Zugriff 3.6.2019

- Open Doors (2019): Weltverfolgungsindex 2019 Länderprofil Iran, https://www.opendoors.de/christenverfolgung/weltverfolgungsindex/laenderprofile/iran, Zugriff 3.6.2019

- US DOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom – Iran, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436871.html, Zugriff 3.6.2019

Die Länderinformationen sind dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zum Herkunftsland IRAN vom 14.06.2019 entnommen und wurden der bevollmächtigten Vertretung des BF zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt. Die Stellungnahme langte am 20.02.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Im erstinstanzlichen Vorverfahren beim Bundesasylamt mit der Zl. 06 07.298 legte der BF eine iranische Geburtsurkunde im Original vor. Das Dokument wurde als unbedenklich befunden. Somit ist die Identität des BF nachgewiesen.

2.2. Die vom BF vorgebrachte Konversion vom islamischen Glauben zum Christentum ist nicht von innerer Überzeugung getragen und stellt sich als bloße Scheinkonversion dar. Dieser Schluss muss aufgrund der Aussage des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu den Fragen seiner Religiosität und der Bedeutung, die das Christentum für ihn hat sowie aufgrund der Aussagen der in einer weiteren Beschwerdeverhandlung einvernommenen Zeuginnen gezogen werden. Das Bundesverwaltungsgericht ist – entgegen der Auffassung der belangten Behörde – nicht davon überzeugt, dass es dem BF ein unverzichtbares Anliegen war, die Religion zu wechseln und nunmehr seine Lebensführung nach christlichen Grundwerten und unter Beachtung der sich daraus ergebenden Regeln auszurichten. Es kann nicht erkannt werden, dass der BF die christliche Religion in einer Art und Weise praktiziert, so dass man annehmen könnte, die christliche Religion stellt einen unverzichtbaren Teil seiner persönlichen Identität dar. Folglich ist festzustellen, dass er einen formalen Religionswechsel nur vorgenommen hat, um auf diesem Wege zu einem Aufenthaltstitel über das Asylrecht zu gelangen.

Im Rahmen der persönlichen Befragung des BF bei der Beschwerdeverhandlung am 12.04.2018 antwortete er auf die Frage, wann er zuletzt eine Kirche besucht habe, dass dies zu Weihnachten gewesen sei („…drei oder vier Monate ist das her“ – VS v. 12.04.2018 S 5); oder auf die Frage, ob ihm Religion ein besonderes Bedürfnis wäre, er sei kein religiöser Mensch, aber auch nicht ungläubig (VS v. 12.04.2018 S 5). Im Iran sei er gar nicht gläubig gewesen. Warum er dann konvertiert sei, beantwortete er damit (wörtlich): „Im Iran hatte ich Probleme mit der Religion. Dann habe ich hier Leute aus der Kirche kennengelernt. Es hat ein paar Jahre gedauert. Das ist nicht von heute auf morgen gegangen.“ Befragt, ob noch Kontakte zur Kirche hätte, gab er zur Antwort: „Ich habe keinen Kontakt mehr zur Kirche in Wien, wo ich getauft wurde. In meiner Umgebung gehe ich in die Kirche, wenn ich Depressionen habe oder wenn es mir nicht gut geht. Regelmäßig besuche ich keine Kirche.“ Auf die Frage, wie er sonst die Religion ausübe, gab er die Antwort: „Im Iran habe ich keinen Alkohol getrunken, weil es verboten war. Hier trinke ich jetzt Alkohol“ – auf Wiederholung der Frage: „Ich versuche, nicht zu stehlen, niemanden reinzulegen. Ich versuche, ein besserer Mensch zu sein, nicht so zu sein wie früher.“ (Zitate aus VS v. 12.04.2018 S 5). Auf den Hinweis, dass man von jemanden, der die Religion wechselt, erwarten könnte, dass er dies intensiver lebt und praktiziert gab er zu Antwort, nach seiner Erfahrung sei es am Anfang intensiver. Mit der Zeit werde man neutraler. Er versuche, die Gesetze im Heiligen Buch zu leben. Es sei aber nicht so intensiv wie früher (VS v. 12.04.2018 S 6).

All diese Antworten lassen annehmen, dass der vom BF vorgenommene Religionswechsel zwar formal durchgeführt wurde – der BF wurde laut Taufschein vom 05.01.2010 am 02.12.2009 bei der XXXX Vienna, einem Teil der Grace International Ministries e.V. (Verein zur Förderung kultureller und ethischer Werte) getauft – er jedoch die innere Überzeugung und auch eine Nachhaltigkeit vermissen lässt. Hervorzuheben ist an dieser Stelle die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur, der zufolge es für die Beurteilung der Frage, ob eine Konversion vorliegt, nicht auf den Formalakt der Taufe, sondern auf die religiöse Einstellung des Asylwerbers ankommt (vgl. zuletzt VwGH vom 21.12.2006, 2005/20/0624). Der BF bezeichnete sich als „nicht so religiöser Mensch“. Es wurde in der Beschwerdeverhandlung auch klar, dass der BF nur mehr selten bzw. zumindest nicht regelmäßig (bei Depressionen oder wenn es ihm schlecht geht) in eine Kirche geht (zuletzt zu Weihnachten, ca. 4 Monate vor der Beschwerdeverhandlung). Eine intensive Glaubensausübung, wie man es von einem ernsthaft Konvertierten erwarten würde, kann darin nicht erkannt werden.

Auch die Beantwortung der vom Rechtsvertreter des BF in der mündlichen Beschwerdeverhandlung gestellten Fragen lassen nicht darauf schließen, dass sich der BF mit einem Religionswechsel intensiv beschäftigt hätte. Es sei der Vergleich seiner früheren Religion mit der jetzigen gewesen, was ihn dazu bewogen hätte zu konvertieren; einer der Gründe sei gewesen, dass es im Christentum Liebe, Freundschaft und Frieden, während es im Islam Krieg und Fanatismus gäbe (VS S 9). Diese sehr floskelhafte und oberflächliche Erklärung legt dar, dass sich der BF nicht tiefer mit den Religionen beschäftigt hat, was man aber gerade von einem Konvertiten erwarten müsste. Bedeutet doch Konversion (lat.: conversio ‚Umwendung, Umkehr‘) die Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen sowie möglicherweise auch anderen Teilen der mit der fremden Religion verbundenen Kultur durch eine konvertierende Person und Aufgabe von früheren - meistens schon von Kind auf eingelernten – im Falle des Islam mit diesem grundlegend verbundenen Gewohnheiten und Einstellungen.

Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Konversion zum Christentum sind aus den dargelegten Erwägungen nicht als glaubwürdig zu qualifizieren und ist daher davon auszugehen, dass die Konversion des BF zum Christentum lediglich vorgebracht wurde, um Vorteile im Asylverfahren zu erwirken.

Die belangte Behörde hat lediglich ausgeführt, dass sie die Angaben des BF zu Konversion für schlüssig und daher glaubwürdig halte. Ausführungen dazu, ob der BF den Glaubenswechsel aus innerer Überzeugung und mit Nachhaltigkeit vorgenommen hat, fehlen.

2.3. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“.

2.4. Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen, als auch nicht staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates über den berichtet wird zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um Sachverhalte geht, für die ausländische Regierungen verantwortlich zeichnen, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteiennahme weder für den potentiellen Verfolgerstaat, noch für die behauptetermaßen Verfolgten unterstellt werden kann. Hingegen findet sich hinsichtlich der Überlegungen zur diplomatischen Zurückhaltung bei Menschenrechtsorganisationen im Allgemeinen das gegenteilige Verhalten wie bei den oa. Quellen nationalen Ursprunges.

Bei Berücksichtigung der soeben angeführten Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen unter Berücksichtigung der Natur der Quelle und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters um ausreichend ausgewogenes Material. Auch kommt den Quellen Aktualität zu (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210).

2.5. Der BF ist den Inhalten der Länderfeststellungen nicht entgegengetreten – obschon noch eine große Zahl an zusätzliche Berichten vorgelegt wurden. All diese Berichte widersprechen im Grunde den hier verwendeten Länderberichten nicht und geht auch das Bundesverwaltungsgericht regelmäßig von einer problematischen Lage der Konvertiten im Herkunftsstaat Iran aus. Sohin bleibt dieses Thema unbestritten, hat aber für den gegenständlichen Fall keine Relevanz, da der vom BF vorgegebene Religionswechsel nicht von innerer Überzeugung getragen ist, zumal auch aus der Stellungnahme keine weiteren Argumente für eine intensivere Auseinandersetzung des BF mit seinem Religionswechsel zu entnehmen sind.

2.6. Der aus dem angefochtenen Bescheid erkennbare Umstand, dass dem BF die Konversion von der belangten Behörde geglaubt wurde, ändert an der Einschätzung des Bundesverwaltungsgerichts nichts. Das Bundesverwaltungsgericht hat zwei öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlungen durchgeführt, und sich dadurch vom BF unmittelbar einen persönlichen Eindruck verschaffen können. Der BF versuchte auch sonst Tatsachen darzustellen, die nicht der Wahrheit entsprechen, indem er behauptete, er habe eine intensive Beziehung und regelmäßigen Kontakt zu seiner in Österreich lebenden Schwester und deren Tochter. Genau dem wurde von der Schwester und deren Tochter in zeugenschaftlichen Aussagen widersprochen. Es gibt keine Anhaltspunkte, diese Aussagen in den Zweifel zu ziehen, zumal die Zeuginnen auf ihr Entschlagungsrecht aufgrund der Verwandtschaft aufmerksam gemacht und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Beweisaussage ausdrücklich hingewiesen wurden (VS v. 04.07.2018).

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

3.1. Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten

3.1.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit, Schutz im EWR-Staat oder in der Schweiz oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung". Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH 2

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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