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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / LegitimationLeitsatz
Zurückweisung von Beschwerden gegen die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für die Ablagerung von nicht in Oberösterreich angefallenen Abfällen auf einer Reststoffdeponie mangels Parteistellung der Beschwerdeführer; keine Begründung der Parteistellung durch ein bloßes Anhörungsrecht; verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung der Parteirechte im Oö AbfallwirtschaftsG 1990Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Die Anträge, die Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof abzutreten, werden abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung wurde der mitbeteiligten Partei eine "Ausnahmebewilligung zur Ablagerung von insgesamt 29.800 t/Jahr (Haus- und Gewerbe)Abfälle, welche nicht in Oberösterreich angefallen sind, für die Reststoffdeponie Attnang-Puchheim" gemäß §34 Abs2 Oberösterreichisches Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl. 28/1991, (OÖ AWG), erteilt.
2. Hinsichtlich ihrer Beschwerdelegitimation bringen die bf.
Parteien vor:
Die Gemeinde Attnang-Puchheim (B2635/95) sowie die Gemeinde Redlham (B2636/95) seien "übergangene Parteien". Ihre Parteistellung ergebe sich aus §25 Abs3 Z3 OÖ AWG, da beide Gemeinden in unmittelbarer Nähe zur Abfalldeponie Grundstückseigentum haben. Die Gemeinde Attnang-Puchheim führt zusätzlich aus, daß sie als "Standortgemeinde der Mülldeponie" ihre Parteistellung insbesondere auf die Tatsache stützt, daß die Gemeindebürger durch den "erweiterten Betrieb der Mülldeponie" wesentlich stärker beeinträchtigt würden.
Dem Bezirksabfallverband Vöcklabruck (B2637/95) kommt nach eigenen Angaben "lediglich ein Anhörungsrecht" gemäß §34 Abs2 OÖ AWG zu; eine Parteistellung sei für ihn auch in §25 OÖ AWG nicht vorgesehen.
3. Die bf. Parteien machen eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes, des Rechts auf Unverletzlichkeit des Eigentums und des Art6 EMRK ("fair trial") geltend, da das in §25 OÖ AWG vorgesehene Verfahren gänzlich unterlassen und ihnen keine Parteistellung zuerkannt worden sei; die betroffenen Grundstücke hätten ferner durch die zusätzliche Ablagerung von 29800 t/Jahr Abfälle eine zusätzliche Wertminderung erfahren.
Außerdem sei §34 Abs2 OÖ AWG unsachlich, da zwar Anhörungsrechte, aber keine Parteirechte vorgesehen seien. Dadurch würde das abfallrechtliche Bewilligungsverfahren gemäß §25 OÖ AWG, in dem insbesondere den bf. Gemeinden Parteistellung zukomme, unterlaufen.
4. Die belangte Behörde entgegnet, daß das Verfahren gemäß §34 Abs2 OÖ AWG in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit dem Anlagenbewilligungsverfahren gemäß §25 Abs3 OÖ AWG steht und daß ein Anhörungsrecht nicht einer Parteistellung gleichkommt. Zur Einräumung weiterer Parteirechte in §34 Abs2 OÖ AWG sei keine sachlich gerechtfertigte Notwendigkeit erkennbar, zumal auch diese Abfälle nur in genehmigte Abfallbehandlungsanlagen gelangen dürfen. Mit dem angefochtenen Bescheid sei keine Ausweitung der Deponie über den diesbezüglichen Genehmigungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich "vom 11.8.1993, UR-300037/164-1993, gemäß §29 Abfallwirtschaftsgesetz", BGBl. 325/1990, verbunden; der angefochtene Bescheid betreffe allein den Herkunftsbereich der zur Ablagerung gelangenden Abfälle.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. §34 OÖ AWG lautet:
"§34
Deponierungsbeschränkungen
(1) In Abfallbehandlungsanlagen gemäß §20 Abs1 Z. 4 dürfen nur Abfälle, die in Oberösterreich angefallen sind, abgelagert werden.
(2) Die Landesregierung hat nach Anhörung des Bezirksabfallverbandes, innerhalb dessen Verbandsbereich die Ablagerung stattfinden soll, der Landesregierung des Bundeslandes, in dem der Abfall angefallen ist, sowie des zuständigen Bundesministers im Einzelfall auf Antrag Ausnahmen vom Grundsatz des Abs1 zu bewilligen, wenn dies mit den Leitlinien des Abfallwirtschaftsplans (§41) für eine geordnete Abfallwirtschaft in Oberösterreich vereinbar oder aus zwingenden volkswirtschaftlichen Gründen geboten ist. Die Ausnahme ist auf höchstens vier Jahre zu beschränken. Verlängerungen der Ausnahme - für jeweils höchstens vier Jahre - sind zulässig; hiefür gelten die Anhörungserfordernisse des ersten Satzes sinngemäß."
2. Übereinstimmend mit der Oberösterreichischen Landesregierung betrachtet auch der Verfassungsgerichtshof das in §34 Abs2 OÖ AWG geregelte Verfahren zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung als ein Verwaltungsverfahren, bei dem nur der Antragsteller Parteistellung genießt, während die anhörungsberechtigten Stellen zur Wahrnehmung öffentlicher Interessen am Verfahren beteiligt sind. Weder ist der von den beschwerdeführenden Parteien behauptete inhaltliche Zusammenhang dieses Verfahrens mit dem in §25 OÖ AWG festgelegten Verfahren zur Erteilung einer Bewilligung für Abfallbehandlungsanlagen ersichtlich, noch ist den in §25 Abs3 OÖ AWG genannten Personen (mit Ausnahme des Antragstellers) durch die Vorschrift des §34 Abs2 ein rechtlich geschütztes Interesse eingeräumt, zumal mit den dort genannten Entscheidungskriterien lediglich öffentliche Interessen angesprochen werden.
Daß im übrigen ein bloßes Anhörungsrecht - wie dieses gemäß §34 Abs2 OÖ AWG hinsichtlich des beschwerdeführenden
Bezirksabfallverbandes vorgesehen ist - "eine ... für die Parteistellung wesentliche rechtliche Beziehung ... nicht
herzustellen" vermag, wurde - wenn auch in anderem Zusammenhang - in ständiger Rechtsprechung vom Verfassungsgerichtshof (VfSlg. 9064/1981, 9776/1983) hinlänglich dargetan.
Unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des einfachen Gesetzgebers bei der Einräumung von Parteirechten (vgl. VfSlg. 11934/1988, 12240/1989) erscheint auch §34 Abs2 OÖ AWG verfassungsrechtlich unbedenklich.
Den beschwerdeführenden Parteien ermangelt sohin die Beschwerdelegitimation gemäß Art144 B-VG, weshalb die Beschwerden als unzulässig zurückzuweisen waren.
3. Da eine Abtretung der Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art144 Abs3 B-VG nur im Falle ihrer Abweisung oder Ablehnung der Behandlung in Betracht kommt, waren die diesbezüglichen Anträge abzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
VfGH / Legitimation, Abfallwirtschaft, Parteistellung, Anhörungsrecht, Parteistellung AbfallwirtschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1995:B2635.1995Dokumentnummer
JFT_10048872_95B02635_00