TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/17 L508 2126571-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.03.2020
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Entscheidungsdatum

17.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §6
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L508 2126571-2/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , XXXX , StA. Pakistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017, Zl. 1053107509-150241990, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß den § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG 2005 idgF mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt IV. des bekämpften Bescheides zu lauten hat:

„Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung“.

II. Der Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 wird gemäß § 6 AVG 1991 mangels Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus Pakistan und der paschtunischen Volksgruppe sowie der schiitischen Religionsgemeinschaft zugehörig, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 07.03.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz (AS 3).

2. Im Rahmen der verschiedenen Befragungen (AS 1 – 11, 27 - 37) gab der Beschwerdeführer zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er Pakistan wegen Problemen mit den Taliban verlassen habe. Er stamme aus der Provinz Kyber Pakhtunkhwa und habe in Parachinar gelebt. Er habe einen Karatekurs besucht und sei er von den Taliban aufgefordert worden sich ihnen anzuschließen. Drei Kursteilnehmer seien ebenfalls zur Zusammenarbeit aufgefordert worden und seien diese von den Taliban entführt und getötet worden. Auch er sei von den Taliban entführt und in ein Ausbildungslager gebracht worden. Dort habe ein Mullah versucht ihn zu überreden einen Selbstmordanschlag zu begehen. Er habe sich geweigert und sei er deswegen geschlagen und mit dem Tod bedroht worden. Aufgrund eines Bombenangriffs habe er flüchten können. Sein Vater habe sodann seine Ausreise organisiert. Im Falle einer Rückkehr nach Pakistan befürchte er von den Taliban getötet zu werden.

3. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2016 (AS 63 ff) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Pakistan gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.) Weiters stellte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl fest, dass dem Asylwerber ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt werde. Gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF wurde gegen den Asylwerber eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, erlassen. Gemäß § 52 Absatz 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Pakistan zulässig sei. Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Im Wesentlichen mit der Begründung der mangelnden Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens.

4. Der fristgerecht eingebrachten Beschwerde (AS 137 - 147) gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.04.2016 wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 18.01.2017, Zl. L508 2126571-1/5E (AS 161 – 183), stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen.

Diese Entscheidung wurde vom Bundesverwaltungsgericht wie folgt begründet:

……“2.2.1. Der angefochtene Bescheid stützt sich letztlich im Wesentlichen darauf, dass das Vorbringen des Antragstellers zu seinen Fluchtgründen unglaubwürdig sei.

Die erfolgte Beweiswürdigung der belangten Behörde zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erweist sich jedoch als qualifiziert unschlüssig.

So stützt sich das Bundesamt in seiner Beweiswürdigung ausschließlich auf ein Interview im Rahmen der Fact-Finding-Mission 2015, aus welchem sich ergäbe, dass die Interviewpartner angegeben hätten, dass sie noch nie von Fällen, dass nämlich Zwangsrekrutierung unter Androhung von Gewalt oder anderen Formen von Bedrohung durchgeführt werde, gehört hätten. Einem Interview im Rahmen einer Fact-Finding-Mission kommt aber zweifelsfrei kein Beweis durch Sachverständige im Sinne des § 52 AVG und der dazu ergangenen Rechtsprechung gleich. Auch bei einer Anfragebeantwortung eines Verbindungsbeamten oder eines Vertrauensanwaltes handelt sich um ein Beweismittel eigener Art, das auf Grund der besonderen Ermittlungsschwierigkeiten in Bezug auf asylrechtlich relevante Sachverhalte im Heimatland des Asylwerbers im Sinne des § 46 AVG geeignet und zweckdienlich sein kann, bei dessen Würdigung aber stets zu berücksichtigen ist, dass die Qualifikation und die Vorgangsweise des Verbindungsbeamten sich einer Kontrolle weitgehend entziehen und er im Gegensatz zu einem Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG auch nicht persönlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Eine Beweiswürdigung, die hierauf nicht Bedacht nimmt, ist fehlerhaft. Vgl. hierzu die Judikatur des VwGH zum Thema Vertrauensanwalt (VwGH 27. 1. 2000, 99/20/0488; s auch VwGH 31. 5. 2001, 200/20/0470; 8. 4. 2003, 2002/01/0438; 17. 10. 2002, 2002/20/0304; 22. 5. 2003, 99/20/0578).

Die Vorgehensweise des BFA, die Begründung der Unglaubwürdigkeit ausschließlich auf die Information eines Länderberichtes zu stützen ohne das individuelle Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers zu beurteilen bzw. auf dessen Glaubwürdigkeit zu überprüfen, erweist sich jedenfalls als verfehlt.

Die erfolgte Beweiswürdigung der belangten Behörde zur Unglaubwürdigkeit des Beschwerdeführers erweist sich sohin als qualifiziert unschlüssig und grob mangelhaft.

Das Vorbringen hinsichtlich der Bedrohung durch die Taliban wurde für nicht glaubwürdig erachtet und stützt sich die Beweiswürdigung ausschließlich auf die Information eines Interviews im Rahmen der Fact-Finding-Mission 2015. Diese Vorgehensweise vermag jedenfalls eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung nicht zu ersetzen. Woraus sich der Schluss sonst ergeben könnte, dass der Beschwerdeführer unwahre Angaben gemacht habe, ist dem Bescheid nicht schlüssig zu entnehmen; insbesondere da das BFA auch keine Widersprüche oder Ungereimtheiten aufzuzeigen vermocht hat.

Bei den Ausführungen der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer seine Heimat ausschließlich aus wirtschaftlichen Gründen verlassen habe, handelt es sich um bloße Mutmaßungen, welche ebenso einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand halten.

Die Beweiswürdigung des BFA hält in einer Gesamtschau einer Schlüssigkeitsprüfung nicht Stand und ist nicht geeignet die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens des BF tragfähig zu begründen

2.2.2. Dass BFA wird daher im fortgesetzten Verfahren eine detaillierte Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen vorzunehmen haben und wird der BF ein weiteres Mal umfassend und konkret zu seinem Fluchtvorbringen zu befragen sein. Ohne entsprechende weitere Verfahrensschritte und Ermittlungen, erweist sich die Würdigung des Fluchtvorbringens als unglaubwürdig jedenfalls als nicht haltbar. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben; dies auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid selbst Übergriffe und Anschläge seitens der Taliban in den Fata Regionen feststellt. Auch dass Talibanorganisationen in ganz Pakistan Terroranschläge verüben und potentielle Gegner ermorden, wird in den seitens des BFA getroffenen Länderfeststellungen bestätigt.

Der Beschwerdeführer lebte in einem Gebiet wo diverse radikal islamistische und bewaffnete Gruppierungen sehr einflussreich sind. Es gibt viele bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen der pakistanischen Regierung und den vor Ort operierenden unterschiedlichen Taliban-Gruppierungen. Auch untereinander führen diese radikal islamistischen Gruppierungen heftige Auseinandersetzungen.

Ohne nähere Überprüfung der Angaben des Beschwerdeführers kann nicht ausgeschlossen werden, dass für den Beschwerdeführer keine Gefährdung in Pakistan bzw. seiner Heimatprovinz besteht. Insbesondere lässt der erstinstanzliche Bescheid zur Gänze auch eine Auseinandersetzung mit der Möglichkeit des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative vermissen und wird auch dahingehend – insbesondere unter Berücksichtigung der instabilen Sicherheitslage in den Fata-Gebieten – eine entsprechende Überprüfung und Auseinandersetzung zu erfolgen haben.

Ergänzend ist noch festzuhalten, dass sich die belangte Behörde auch mit der aktuellen Sicherheitslage in Parachinar der Provinz Khyber Pakhtunkhwa auseinanderzusetzen haben wird, und wird auch der Umstand, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Pashtunen aus der genannten Region handelt, einer entsprechenden Würdigung zu unterziehen sein. Auch diesbzgl. lässt der angefochtene Bescheid jegliche Auseinandersetzung vermissen.

Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens unter Zugrundelegung aktueller und individueller Feststellungen wird die belangte Behörde nachzuholen haben.“…….

5. In der Folge wurde der Beschwerdeführer am 04.07.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut im fortgesetzten Verfahren einvernommen (AS 351 - 371). Zu seinen Ausreisegründen befragt gab der BF zu Protokoll, dass er in einem Klub Karate gelernt habe. Eines Tages seien die Taliban in diesen Klub gekommen und hätten den anderen Teilnehmern angeboten, dass sie sich ihnen bzw. dem Heiligen Krieg anschließen sollten. Die Schüler hätten dies abgelehnt und seien mit dem Tod bedroht worden. Diese seien auch eines Tages getötet worden. Er sei ebenfalls bedroht und danach entführt worden. Es seien vier Personen auf ihn zugekommen, zwei hätten seine Hände gefesselt und einer habe ihm die Augen verbunden. Sie hätten ihn in den Kofferraum des Fahrzeuges geschmissen und die Reise habe etwa zwei bis drei Stunden gedauert. Man habe ihn in eine Ortschaft gebracht, wo ein großes Camp der Taliban gewesen sei. Nach zwei Tagen sei er auf einen Platz gebracht worden, auf dem Jugendliche an der Waffe ausgebildet worden seien. Ein Mann mit einer arabischen Schrift sei zu ihm gekommen und habe ihm erzählt, dass er den Islam schützen und verteidigen solle. Er habe dies abgelehnt, woraufhin er geschlagen und misshandelt sowie seine Hände und Füße mit Ketten gefesselt worden seien. Man habe ihm gesagt, dass er nach den Anschlägen ins Paradies kommen werde und sie das Geld an seinen Vater schicken würden. Er habe abgelehnt, woraufhin er erneut geschlagen worden sei. Am frühen Morgen habe er ein Krachen und eine Explosion gehört. Glaublich hätten die Regierungsleute diesen Platz bombardiert. Durch eine Explosion sei ein Loch in die hintere Wand seines Zimmers gesprengt worden. Er hätte gesehen, dass die Taliban im Freien verletzt gewesen seien. So habe er durch dieses Loch flüchten können. Vor sechs Monaten sei sein Vater von den Taliban bedroht und nach seinem Aufenthaltsort gefragt worden. Wenn die Taliban einmal hinter einer Person her seien, würden sie diese nie in Ruhe lassen. Sie würden nicht wollen, dass es zu einer Anzeige komme.

Weitere Angaben zu den behaupteten Problemen machte der Beschwerdeführer nach entsprechenden Fragen durch den Leiter der Amtshandlung.

Im Übrigen brachte der BF im Rahmen der Einvernahme vor der belangten Behörde am 04.07.2017 ein Konvolut aus Zeitungs- und Internetberichten (AS 207 – 341) sowie einen USB-Stick mit weiteren Berichten zur allgemeinen Lage in Pakistan, speziell in Parachinar, in Vorlage.

6. Mit Stellungnahme vom 14.07.2017 (AS 381 ff) hielt der BF fest, dass bei der niederschriftlichen Befragung ein Dolmetscher für die Sprache Urdu beigezogen worden sei. Die Muttersprache des BF sei Paschtu. Er spreche zwar so weit Urdu, dass eine Verständigung möglich gewesen sei, kleinere Missverständnisse bzw. Ungenauigkeiten seien bei einer solchen Befragung mit sinngemäßer Übersetzung, bei der die Partei und der Dolmetscher keine gemeinsame Muttersprache teilen würden, aber unausweichlich. In der Folge präzisierte der BF daher drei seiner vor dem BFA getätigten Aussagen.

Des Weiteren wurde dargelegt, dass der gegenüber dem BF in der Befragung geäußerte Vorhalt, wonach es in Pakistan keine Zwangsrekrutierungen durch die Taliban gebe, nicht mit den vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen in Einklang zu bringen sei. Bezüglich dieses Themenkomplexes wurden auch auszugsweise weitere Länderdokumentationsunterlagen zitiert.

Sollte das Bundesamt nicht zur Feststellung gelangen, dass es zu Zwangsrekrutierungen durch die Taliban in Pakistan komme, wurden zudem Erhebungen vor Ort beantragt, um die Frage zu klären, ob die Taliban oder ihnen nahestehende Gruppierungen im besagten Zeitraum in der Kurram Agency Zwangsrekrutierungen innerhalb der schiitischen Bevölkerung vorgenommen hätten und aktuell noch vornehmen.

Hinsichtlich der Sicherheitslage schloss sich der BF dem Länderinformationsblatt an. In diesem Zusammenhang wurden zur Sicherheitssituation und zur Frage der Schutzfähigkeit- und willigkeit des pakistanischen Staates auch auszugsweise weitere Länderberichte zitiert.

Der BF sei schiitischer Moslem und bereits aufgrund seiner Religionszugehörigkeit von erheblicher Diskrminierung betroffen.

Der pakistanische Staat sei weder in der Lage, noch sei dieser aufgrund der Religionszugehörigkeit und der ethnischen Zugehörigkeit des BF gewillt, ausreichend Schutz zu gewähren. Eine relevante innerstaatliche Fluchtalternative existiere nicht, da die Taliban in allen Landesteilen präsent und darüber hinaus gut vernetzt seien.

7. Mit dem angefochtenen Bescheid des BFA vom 14.09.2017 (AS 413 - 508) wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Pakistan abgewiesen. Eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung.

Dem Fluchtvorbringen wurde die Glaubwürdigkeit versagt. In der rechtlichen Beurteilung wurde begründend dargelegt, warum der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Sachverhalt keine Grundlage für eine Subsumierung unter den Tatbestand des § 3 AsylG biete und warum auch nicht vom Vorliegen einer Gefahr iSd § 8 Abs. 1 AsylG ausgegangen werden könne. Zudem wurde ausgeführt, warum eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wurde, weshalb gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass dessen Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei. Ferner wurde erläutert, weshalb die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

8. Mit Verfahrensanordnungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017 (AS 399 – 402) wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt und dieser ferner gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG darüber informiert, dass er verpflichtet sei, ein Rückkehrberatungsgespräch in Anspruch zu nehmen.

9. Gegen den oa. Bescheid des BFA erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schriftsatz vom 27.09.2017 in vollem Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Hinsichtlich des genauen Inhalts der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16. 12. 1999, 99/20/0524) verwiesen.

9.1. Zunächst wurde nach kurzer Darstellung des Verfahrensgangs festgehalten, dass das BFA zwar die im Rahmen der schriftlichen Stellungnahme getätigten Korrekturen der Niederschrift berücksichtigt, die vorgelegten Länderberichte und die substantiierten Einwände hinsichtlich des neuerlich herangezogenen Interviews und die Ausführungen zur Sicherheitslage in anderen Teilen Pakistans aber ignoriert habe.

9.2. Des Weiteren wurde dargelegt, dass es aus Sicht des BF unstrittig sei, dass es in den FATA zu Zwangsrekrutierungen komme. Diese Tatsache ergebe sich bereits aus den vom BFA herangezogenen Länderfeststellungen. Bezüglich dieses Themenkomplexes wurden auch erneut auszugsweise - die bereits in der Stellungnahme vom 14.07.2017 zitierten - Länderdokumentationsunterlagen angeführt.

Hinsichtlich der Sicherheitslage schloss sich der BF dem Länderinformationsblatt an. In diesem Zusammenhang wurden zur Sicherheitssituation und zur Frage der Schutzfähigkeit- und willigkeit des pakistanischen Staates auch auszugsweise - die bereits in der Stellungnahme vom 14.07.2017 zitierten - Länderberichte erneut angeführt.

Das BFA sei auf dieses Vorbringen mit keinem Wort eingegangen.

9.4. Darüber hinaus wurden Überlegungen zu den beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffen.

9.5. Die belangte Behörde hätte bei einer mängelfreien Beweiswürdigung zum Ergebnis gelangen müssen, dass eine Zwangsrekrutierung glaubhaft sei und sich in der Folge mit den Konsequenzen einer versuchten Zwangsrekrutierung auseinandersetzen müssen.

Das BFA habe in diesem Punkt weder konkrete eigene Ermittlungen durchgeführt, noch die vom BF vorgelegten Beweismittel gewürdigt. Diesen Beweismitteln sei zu entnehmen, dass die Taliban in ganz Pakistan aktiv seien und die Fähigkeit besitzen würden, gezielte Anschläge vorzunehmen. Schließlich wurde dem Beweisantrag, konkrete Erhebungen vor Ort zur Beantwortung der Frage, ob die Taliban oder ihnen nahestehende Gruppierungen in der Heimatregion des BF Zwangsrekrutierungen vorgenommen haben, ohne nähere Begründung nicht entsprochen.

9.6. Insoweit wurde ein erneuter Antrag zu Erhebungen im Herkunftsstaat zur Klärung von in der Beschwerde näher ausgeführten Fragen gestellt.

9.7. Der BF sei schiitischer Moslem und habe bis zu seiner Ausreise in den FATA gelebt. Es müsse nicht näher darauf eingegangen werden, dass an der schiitischen Minderheit in den FATA seit Jahrzehnten schwerwiegende Menschenrechtsverstöße begangen worden seien und nach wie vor begangen werden würden. Zu der politischen Gesinnung tritt somit die Religionszugehörigkeit hinzu. Dass der BF als Schiit von den (sunnitischen) Taliban rekrutiert werden hätte sollen, stelle keinen Widerspruch dar, da es immer wieder vorkomme, dass Personen, auch aus grundsätzlich oppositionellen Bevölkerungsgruppen, für die Taliban gewonnen werden könnten, wie es etwa auch in Afghanistan bei der Minderheit der Hazara der Fall sei. Gerade junge Männer, die keine gefestigte politische oder religiöse Überzeugung hätten, seien anfällig für eine Rekrutierung. Auch im Fall des BF bzw. bei seinen Bekannten in der Karateschule sei zuerst versucht worden, sie freiwillig zum Beitritt zu bewegen.

Der pakistanische Staat sei weder in der Lage, noch gewillt, dem BF ausreichend Schutz zu gewähren. Eine relevante innerstaatliche Fluchtalternative im Punjab scheide aus Sicht des BF aufgrund der erheblichen Präsenz von terroristischen Gruppierungen aus. Auch in anderen Landesteilen existiere keine innerstaatliche Fluchtalternative, da die Taliban in allen Landesteilen präsent und darüber hinaus gut vernetzt seien. Ferner verfüge der BF in anderen Landesteilen über kein tragfähiges familiäres Netzwerk und würde in eine aussichtslose Lage geraten.

9.8. Abschließend wurde beantragt,

* eine mündliche Beschwerdeverhandlung anzuberaumen;

* die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem BF Asyl gewährt werde;

* in eventu die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, dass dem BF subsidiärer Schutz gewährt werde;

* in eventu festzustellen, dass eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und dem BF eine Aufenthaltsberechtigung plus gem. § 55 AsylG zu erteilen und

* in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Bescheiderlassung an das BFA zurückzuverweisen.

9.9. Mit diesem Rechtsmittel wurde kein hinreichend substantiiertes Vorbringen erstattet, welches geeignet wäre, zu einer anderslautenden Entscheidung zu gelangen.

10. Aufgrund aktuellerer Länderfeststellungen zur Islamischen Republik Pakistan wurde seitens des Bundesverwaltungsgerichtes mit Schreiben vom 05.12.2019 (OZ 9) gem. § 45 (3) AVG Beweis erhoben, dh. den Parteien des Verfahrens das Ergebnis der Beweisaufnahme zugestellt und ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eingeräumt; somit wurde insbesondere aufgrund der vorliegenden aktuelleren Feststellungen zur Islamischen Republik Pakistan (zu den Anforderungen an die Aktualität einer Quelle vgl. etwa Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß - im Zusammenhang mit Entscheidungen nach § 4 AsylG 1997 - das E. vom 11.November 1998, 98/01/0284, bzw. auch E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) bestätigt, dass die Feststellungen des BFA nach wie vor gültig sind (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise in diesem speziellen Fall einer sonst schlüssigen und umfassenden Beweiswürdigung des Bundesasylamtes siehe Erkenntnis des VwGH vom 17.10.2006, Zahl: 2005/20/0459-5, ebenso Beschluss des VwGH v. 20.6.2008, Zahl 2008/01/0286-6; vgl. auch Erk d. VfGH v. 10.12.2008, U 80/08-15, wo der unterlassene schriftliche Vorhalt an den BF nach dem Verstreichen eines mehrjährigen Zeitraumes seit der Einbringung eines Rechtsmittels gegen den angefochtenen Bescheid in Bezug auf die aktuelle asyl- und abschiebungsrelevante Lage im Herkunftsstaat und die Einräumung der Möglichkeit, hierzu Stellung zu nehmen [neben dem zusätzlichen Unterlassen der Durchführung einer Verhandlung] ausdrücklich als Akt der behördlichen Willkür bezeichnet wurde und hieraus e contrario ableitbar ist, dass aus der Sicht des VfGH die Durchführung einer schriftlichen Beweisaufnahme gem. § 45 AVG im hier erörterten Umfang einen tauglichen Ermittlungsschritt darstellen kann, welcher das erkennende Gericht von der Verpflichtung zur Durchführung einer Verhandlung in gewissen Fällen befreien kann. Ein solcher Fall liegt hier vor.)

Gleichzeitig wurde der BF, binnen selbiger Frist, um Bekanntgabe ersucht, ob sich hinsichtlich seines Privat- oder Familienlebens seit Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides Änderungen ergeben haben bzw. aufgefordert seine derzeitige Lebenssituation in Österreich schriftlich darzustellen und gegebenenfalls durch geeignete Bescheinigungsmittel zu belegen.

Sowohl der BF als auch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ließen diese Frist zur Stellungnahme ungenützt verstreichen.

11. Mit E-Mail vom 14.02.2020 (OZ 11) teilte das AMS Wien mit, dass für den BF für den Zeitraum von 19.02.2020 bis 18.02.2021 eine Beschäftigungsbewilligung als „Hausbesorger“ für sieben Wochenstunden ausgestellt wurde.

12. Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des BFA unter zentraler Zugrundelegung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des Bescheidinhalts, des Inhalts der gegen den Bescheid des BFA erhobenen Beschwerde sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

1.3. Prüfungsumfang

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Absatz 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Absatz 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 28 Absatz 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

2. Zur Entscheidungsbegründung:

Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes sowie des ergänzenden Ermittlungsverfahrens.

2.1. Auf der Grundlage dieses Beweisverfahrens gelangt das BVwG nach Maßgabe unten dargelegter Erwägungen zu folgenden entscheidungsrelevanten Feststellungen:

2.1.1. Zur Person des Beschwerdeführers und dessen Fluchtgründen:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger, gehört der Volksgruppe der Paschtunen an und ist schiitischen Glaubens.

Aufgrund der Angaben des Beschwerdeführers zu seinem Herkunftsstaat und seinem Wohnort, sowie des Umstands, dass der Antragsteller für Pakistan gebräuchliche Sprachen spricht sowie aufgrund seiner Kenntnisse über Pakistan ist festzustellen, dass es sich bei ihm um einen pakistanischen Staatsangehörigen handelt.

Der von ihm vorgebrachte Ausreisegrund (Bedrohung und Verfolgung durch die Taliban samt Zwangsrekrutierung) wird mangels Glaubwürdigkeit des diesbezüglichen Vorbringens nicht festgestellt. Es kann sohin nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Gründen der GFK asylrelevant verfolgt bzw. dessen Leben bedroht wurde beziehungsweise dies im Falle einer Rückkehr nach Pakistan mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eintreffen könnte.

Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Pakistan einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle der Rückkehr nach Pakistan in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde.

Im Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in seinem Heimatland festgestellt werden.

Selbst wenn man sein gesamtes Vorbringen als wahr unterstellen und daher annehmen würde, dass der BF durch die Taliban zwangsrekrutiert, bedroht und verfolgt worden war, muss diesbezüglich festgestellt werden, dass sein Vorbringen keine Asylrelevanz entfalten würde (siehe etwa rechtliche Würdigung zur Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative), zumal dem BF jedenfalls auch eine Rückkehr nach Islamabad möglich und zumutbar wäre. Es wären dort die existentiellen Lebensgrundlagen des Beschwerdeführers angesichts einer finanziellen Unterstützung durch seine im District Kurram lebenden Familienmitglieder (Eltern und mehrere Geschwister) - etwa durch Überweisungen - oder durch Aufnahme einer eigenen beruflichen Tätigkeit gesichert. In Anbetracht der Quellenlage sowie den vom Bundesverwaltungsgericht bei der Bearbeitung ähnlich gelagerter, Pakistan betreffender Verfahren gewonnenen Wahrnehmungen leben potentiell Verfolgte aufgrund der dortigen Anonymität in größeren Städten sicherer als auf dem Land. Selbst Menschen, die die Polizei wegen Mordes sucht, können in einer Stadt unbehelligt leben, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt (AA 21.08.2018 sowie auch der aktuelle Bericht des deutschen Auswärten Amtes vom 29.07.2019 (Stand: Mai 2019). Die Hauptstadt Pakistans, Islamabad, gilt als vergleichsweise sicher. Die Sicherheitslage in Islamabad ist besser als in anderen Regionen (EASO 10.2018 S 93). Im Jahr 2017 verzeichnet das Hauptstadtterritorium drei Anschläge mit zwei Todesopfern (PIPS 7.1.2018). Im Jahr 2018 wurde von PIPS im Hauptstadtterritorium kein terroristischer Angriff gemeldet (PIPS 7.1.2019 S 49). Für das erste Quartal 2019 (1.1. bis 31.3.) registrierte PIPS für das Hauptstadtterritorium Islamabad keinen terroristischen Angriff (Aggregat aus: PIPS 6.2.2019. PIPS 7.3.2019, PIPS 10.4.2019), weshalb hier von einer stabilen Sicherheitslage auszugehen ist. Diese Stadt ist für den Beschwerdeführer auch direkt erreichbar.

Der Beschwerdeführer leidet weder an einer schweren körperlichen noch an einer schweren psychischen Erkrankung.

Der BF lebte vor seiner Ausreise in Parachinar im District Kurram in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa. Der BF wohnte im Haus seiner Eltern und wurde von diesen versorgt. Er besuchte in Pakistan keine Schule, erlernte aber den Beruf des Malers und übte diesen Beruf auch aus. Des Weiteren unterstützte er seinen Vater bei der Arbeit auf der familieneigenen Obstplantage. Seine Eltern und Geschwister leben nach wie vor in Parachinar. Seine Familie besitzt ein Haus und mehrere Grundstücke. Der BF verließ Pakistan etwa Anfang 2015 und reiste in der Folge Anfang März 2015 illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.

Der Beschwerdeführer verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich. Der BF hat keine Verwandten in Österreich, ist ledig und kinderlos. Er unterhält in Österreich keine Beziehung.

Der BF verfügt über einen gewissen Freundes- und Bekanntenkreis im Inland. Unterstützungserklärungen brachte er nicht in Vorlage.

Der Beschwerdeführer verfügt über Deutschkenntnisse, die es ihm erlauben, eine einfache Unterhaltung in deutscher Sprache zu führen. Er hat in Österreich Deutschkurse besucht, aber noch keine Deutschprüfung erfolgreich absolviert.

Der BF befand sich von 07.03.2015 bis 27.10.2018 in der Grundversorgung und lebte von staatlicher Unterstützung. Für für den Zeitraum von 19.02.2020 bis 18.02.2021 wurde für den BF eine Beschäftigungsbewilligung als „Hausbesorger“ für sieben Wochenstunden erteilt. Es konnte jedenfalls nicht festgestellt werden, dass der BF derzeit aufgrund dieser siebenstündigen Tätigkeit als selbsterhaltungsfähig anzusehen ist.

Er ist als voll erwerbsfähig anzusehen, etwaige wesentliche gesundheitliche Einschränkungen des Beschwerdeführers sind nicht aktenkundig. Er leistet keine offizielle ehrenamtliche Tätigkeit und ist kein Mitglied in einem Verein.

Der BF gilt als strafrechtlich unbescholten.

Es konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer umfassenden und fortgeschrittenen Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden, welche die öffentlichen Interessen an einer Aufenthaltsbeendigung überwiegen würden.

Er hat mit Ausnahme seines nunmehrigen Aufenthalts in Europa sein Leben zum überwiegenden Teil in Pakistan verbracht, wo er sozialisiert wurde und wo sich nach wie vor seine nächsten Verwandten aufhalten.

Es ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr wieder bei seiner Familie wohnen wird können. Davon abgesehen ist der Beschwerdeführer als arbeitsfähig und -willig anzusehen. Der Beschwerdeführer spricht Paschtu und Urdu.

Des Weiteren liegen die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ nicht vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten. Es ergibt sich aus dem Ermittlungsverfahren überdies, dass die Zulässigkeit der Abschiebung des BF nach Pakistan festzustellen ist.

2.1.2. Zur asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Pakistan war insbesondere festzustellen:

Zur Lage in der Islamischen Republik Pakistan werden insbesondere folgende, - im Zuge der vorgenommenen Beweisaufnahme (siehe oben, Punkt I.10.) in das Verfahren eingeführte -, Länderfeststellungen dem Verfahren zugrunde gelegt:
1.         Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen

KI vom 9.8.2019: Aufhebung Sonderstatus für Jammu und Kaschmir (Betrifft Abschnitte 2. Politische Lage)

Indien hat am 5.8.2019 den in der Verfassung festgelegten Sonderstatus (ZO 6.8.2019) der mehrheitlich muslimischen Region (FAZ 6.8.2019) des indischen Teils von Kaschmir per Dekret beendet (ZO 6.8.2019). Unmittelbar darauf hat das Parlament in Delhi die Aufhebung jenes Artikels 370 der indischen Verfassung beschlossen (FAZ 7.8.2019), welcher Jammu und Kaschmir einen Sonderstatus einräumt und vorgeschlagen, den Staat in zwei Unionsterritorien, nämlich Jammu und Kaschmir sowie Ladakh aufzuteilen (IT 6.8.2019).

Der Artikel 370 gewährt der Region eine gewisse Autonomie, wie eine eigene Verfassung, eine eigene Flagge und die Freiheit, Gesetze (BBC 6.8.2019) mit Ausnahme zu Belangen der Außen- wie auch der Verteidigungspolitik (DS 7.8.2019) zu erlassen. Dies stellte einen Kompromiss zwischen der zu großen Teilen muslimischen Bevölkerung und der hinduistischen Führung in Neu-Delhi dar (ARTE 7.8.2019).

Neben dem Artikel 370 wurde auch der Artikel 35A aufgehoben, welcher dem lokalen Parlament erlaubte festzulegen, wer Bürger des Teilstaats ist und wer dort Land besitzen und Regierungsämter ausüben kann (NZZ 5.8.2019).

Die auch in Indien umstrittene Aufhebung der Autonomierechte befeuert die Spannungen in der Region. Kritiker befürchten, dass die hindu-nationalistische Ministerpräsident Narendra Modi und seine Regierung eine „Hinduisierung“ des Gebiets anstreben (TNYT 6.8.2019).

Damit Unruhen verhindert werden, haben die indischen Behörden sämtliche Kommunikationskanäle unterbrochen, zusätzlich 10.000 Soldaten (SO 4.8.2019) in die hoch militarisierte Region entsendet (ARTE 7.8.2019) und führende Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt (FAZ 7.8.2019), Medienberichten zufolge wurden bei Razzien im Bundesstaat Jammu und Kashmir mittlerweile mehr als 500 Personen festgenommen (HP 8.8.2019).

Pakistan, das ebenfalls Anspruch auf die gesamte Region erhebt (ORF 5.8.2019), verurteilt den Schritt als illegal und richtet durch das pakistanische Militär eine klare Drohung an Indien und kündigt an, den UN-Sicherheitsrat anzurufen (ZO 6.8.2019). Der pakistanische Regierungschef Khan warnt vor den verheerenden Folgen, die eine militärische Auseinandersetzung haben könnte (FAZ 7.8.2019).

Kritik an dem Schritt der indischen Regierung kommt auch aus Peking (FAZ 6.8.2019). Chinas Außenminister Hua Chunying hat den Schritt Indiens zur Abschaffung des Sonderstatus Kaschmirs als „nicht akzeptabel“ und „nicht bindend“ bezeichnet (SCMP 7.8.2019).

Es gibt vereinzelte Berichte über kleinere Aktionen des Wiederstandes gegen das Vorgehen der Sicherheitskräfte, welche jedoch offiziell nicht bestätigt worden sind (BBC 7.8.2019).

Anmerkung:

Zuletzt drohte die Situation im Februar 2019 zu eskalieren, nachdem bei einem Selbstmordanschlag dutzende Polizisten in der Region und Hindu-Nationalisten die Bewohner Kaschmirs für das Attentat verantwortlich gemacht haben (ARTE 7.8.2019).

Die Krise zwischen Indien und Pakistan spitzte sich daraufhin derart zu, dass es zu gegenseitigen Luftschlägen gekommen war [siehe KI vom 20.2.2019].

Quellen:

-        ARTE – (7.8.2019): Kaschmir: Eskaliert der Konflikt zwischen Indien und Pakistan erneut? https://www.arte.tv/de/articles/kaschmir-eskaliert-der-konflikt-zwischen-indien-und-pakistan-erneut, Zugriff 8.8.2019

-        BBC - British Broadcasting Corporation (6.8.2019): Article 370: What happened with Kashmir and why it matters, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49234708, Zugriff 7.8.2019

-        BBC - British Broadcasting Corporation (7.8.2019): Article 370: Kashmiris express anger at loss of special status, https://www.bbc.com/news/world-asia-india-49261322, Zugriff 8.8.2019

-        DS – Der Standard (7.8.2019): Kaschmir-Konflikt: Pakistan weist indische Diplomaten aus, https://www.derstandard.at/story/2000107163187/pakistan-weist-indische-diplomaten-aus-toter-bei-protesten-in-srinagar, Zugriff 8.8.2019

-        FAZ – Frankfurter Allgemeine Zeitung (7.8.2019): Warnungen aus Islamabad, https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/kaschmir-konflikt-warnungen-aus-islamabad-16321737.html, Zugriff 8.8.2019

-        HP – Huffpost (8.8.2019): India Arrests Over 500 In Kashmir As Pakistan Suspends Railway Service, https://www.huffpost.com/entry/india-arrests-over-500-in-kashmir-as-pakistan-suspends-railway-service_n_5d4c19a7e4b09e729742389e?guccounter=1, Zugriff 9.8.2019

-        IT – India Today (6.8.2019): Article 370: China says opposed to Ladakh as Union Territory, https://www.indiatoday.in/india/story/china-reaction-jammu-kashmir-article-370-1577915-2019-08-06, Zugriff 7.8.2019

-        NZZ – Neue Züricher Zeitung (5.8.2019): Indien hebt den Autonomiestatus Kaschmirs auf und riskiert, die Spannungen in der Region drastisch zu verschärfen, https://www.nzz.ch/international/kaschmir-indien-provoziert-mit-der-aufhebung-des-sonderstatus-ld.1499966, Zugriff 9.8.2019

-        ORF – Österreichischer Rundfunk (5.8.2019): Indien streicht Kaschmirs Sonderstatus, https://orf.at/stories/3132670/, Zugriff 5.8.2019

-        SCMP – South China Morning Post (7.8.2019): China calls India’s move to scrap Kashmir’s special status ‘not acceptable’ and not binding, https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3021712/china-calls-indias-move-scrap-kashmirs-special-status-not, Zugriff 7.8.2019

-        SO – Spiegel Online (4.8.2019): Pakistan bittet Trump um Vermittlung, https://www.spiegel.de/politik/ausland/kaschmir-nach-terrorwarnung-verlassen-tausende-das-gebiet-a-1280384.html, Zugriff 6.8.2019

-        TNYT – The New York Times (6.8.2019): In Kashmir Move, Critics Say, Modi Is Trying to Make India a Hindu Nation, https://www.nytimes.com/2019/08/06/world/asia/jammu-kashmir-india.html, Zugriff 7.8.2019

-        ZO – Zeit Online (7.8.2019): Pakistan weist indischen Botschafter aus, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/kaschmir-konflikt-pakistan-indischer-botschafter-ausweisung-hasan, Zugriff 8.8.2019

KI vom 28.5.2019: Nord-Wasiristan: drei Tote bei Zusammenstößen zwischen Militar und PTM (Betrifft Abschnitte 17.3 . Ethnische Minderheiten/Paschtunen; 13 . Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition; 3.3 . Sicherheitslage/Khyber Pakhtunkhwa)

Während einer Demonstration der Pashtun Tahafuz Movement (PTM) kam es bei einem Kontrollpunkt in Boya, im Stammesdistrikt (Tribal District) Nord-Wasiristan (Provinz Khyber Pakhtunkhwa) am 26.5.2019 zu einem Schusswechsel (Standard 28.5.2019; vgl. AI 27.5.2019).

Gemäß Angaben des Nachrichtendienstes der pakistanischen Armee (Inter Services Public Relations, ISPR) wurde der Kontrollposten von einer von zwei führenden Mitgliedern der PTM sowie Mitgliedern der Nationalversammlung, Mohsin Dawar und Ali Wazir, angeführten Gruppe angegriffen. Beim darauffolgenden Schusswechsel wurden drei Personen getötet und 15 Personen – darunter fünf Soldaten – verletzt (Dawn 26.5.2019).

PTM-Aktivist Mohsin Dawar bestritt diese Version und beschuldigte die Armee, das Feuer auf die friedliche Kundgebung eröffnet zu haben (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM wurden dabei fünf Aktivisten getötet und 45 weitere verletzt (PT 27.5.2019). Der Abgeordnete zur Nationalversammlung Ali Wazir wurde gemeinsam mit einigen anderen Aktivisten der PTM verhaftet. Mohsin Dawar ist hingegen untergetaucht (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 27.5.2019).

Gemäß Angaben von Dawar wollte das Sicherheitspersonal verhindern, dass die Gruppe an einer Demonstration teilnimmt, die gegen mutmaßliche Übergriffe durch das Militär im Zuge einer Suchoperation gerichtet war (VOA 26.5.2019). Besagtem Protest durch die ortliche Bevölkerung, der am 25.5.2019 in Doga Macha Madakhel (Nord Wasiristan) begann, haben sich später Mitglieder der PTM angeschlossen (Dawn 26.5.2019; vgl. PT 27.5.2019). Im Zuge der Suchoperation wurde eine Frau zusammengeschlagen (VOA 26.5.2019; vgl. Dawn 26.5.2019) sowie einige Personen verhaftet (VOA 26.5.2019). Gemäß Angaben der PTM verlief diese Veranstaltung ruhig, bis Dawar und Wazir in der Gegend ankamen, um ebenfalls am Protest

teilzunehmen. Nachdem bei dieser Demonstration Unruhen ausgebrochen waren, wurden mindestens 20 Personen verletzt (Dawn 26.5.2019).

In Folge dieser Zwischenfälle wurde in Nord-Wasiristan eine Ausgangssperre verhängt sowie Telefon- und Internetdienste abgeschalten (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, PT 27.5.2019), weswegen es schwierig ist, Berichte aus dieser Region zu erhalten (VOA 26.5.2019).

Am 26.5.2019 wurde Ali Wazir einem Anti-Terror-Gericht in Bannu vorgeführt. Vom Gericht wurde eine achttägige Untersuchungshaft angeordnet und Wazir muss am 4.6.2019 wieder vor Gericht erscheinen. Er wurde u.A. wegen Terrorismus und Mordes angezeigt (Dawn 27.5.2019)

Die pakistanischen Behörden haben ihr Vorgehen gegen die PTM intensiviert (AI 27.5.2019). Im April 2019 richtete sich Premierminister Imran Khan an das PTM, wobei er die Anliegen der Paschtunen würdigte, jedoch klar machte, dass er Eskalationen nicht gutheiße (Dawn 26.5.2019). Ende April 2019 erhob die Armee Vorwürfe, dass die PTM Finanzierung durch afghanische und indische Geheimdienste erhalte (Dawn 26.5.2019; vgl. VOA 26.5.2019, Dawn 30.4.2019) und warnte die PTM, dass „ihre Zeit vorbei“ sei, und dass diese die „roten Linien“ nicht überschreiten solle (Dawn 26.5.2019; vgl. Dawn 30.4.2019). Es wurde eine mögliche nicht näher spezifizierte Aktion gegen die PTM angekündigt, wobei der Armeesprecher angab, dass diese Ansage keine „Kriegserklärung“ sei und weder illegale Aktionen noch Unannehmlichkeiten für normale Paschtunen geplant seien (Dawn 30.4.2019).


2.         Politische Lage

Pakistan ist ein Bundesstaat mit den vier Provinzen Punjab, Sindh, Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa. Die FATA (Federally Administered Tribal Areas / Stammesgebiete unter Bundesverwaltung) sind nach einer Verfassungsänderung im Mai 2018 offiziell in die Provinz Khyber Pakhtunkhwa eingegliedert worden. Daneben kontrolliert Pakistan die Gebiete von Gilgit-Baltistan und Azad Jammu & Kashmir, dem auf der pakistanischen Seite der Demarkationslinie (“Line of Control”) zwischen Indien und Pakistan liegenden Teil Kaschmirs. Beide Gebiete werden offiziell nicht zum pakistanischen Staatsgebiet gerechnet und sind in Teilen autonom. Das Hauptstadtterritorium Islamabad (“Islamabad Capital Territory”) bildet eine eigene Verwaltungseinheit (AA 1.2.2019a).

Das Ergebnis der Volkszählung 2017 ergab für Pakistan ca. 207,8 Millionen Einwohner ohne Berücksichtigung von Azad Jammu & Kashmir und Gilgit-Baltistan (PBS 2017a), wo zusammengerechnet weitere ca. 5,5 Millionen Menschen leben (AJK PDD 2017 + Khan 2017 S 88-89). Das Land ist der sechst-bevölkerungsreichste Staat der Welt (CIA 5.2.2019).

Die gesetzgebende Gewalt in Pakistan liegt beim Parlament (Nationalversammlung und Senat). Daneben werden in den Provinzen Pakistans Provinzversammlungen gewählt. Die Nationalversammlung umfasst 342 Abgeordnete, von denen 272 vom Volk direkt für fünf Jahre gewählt werden. Es gilt das Mehrheitswahlrecht. 60 Sitze sind für Frauen, 10 weitere für Vertreter religiöser Minderheiten reserviert (AA 1.2.2019a). Die reservierten Sitze werden von den Parteien gemäß ihrem Stimmenanteil nach Provinzen besetzt, wobei die Parteien eigene Kandidatenlisten für diese Sitze erstellen. (Dawn 2.7.2018).

Bei der Wahl zur Nationalversammlung (Unterhaus) am 25. Juli 2018 gewann erstmals die Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI: Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit) unter Führung Imran Khans die Mehrheit (AA 1.2.2019a). Es war dies der zweite verfassungsmäßig erfolgte Machtwechsel des Landes in Folge (HRW 17.1.2019). Die PTI konnte durch eine Koalition mit fünf kleineren Parteien sowie der Unterstützung von neun unabhängigen Abgeordneten eine Mehrheit in der Nationalversammlung herstellen (ET 3.8.2018). Imran Khan ist seit Mitte August 2018 Premierminister Pakistans (AA 1.2.2019).

Unabhängige Beobachter berichten von technischen Verbesserungen beim Wahlablauf (USDOS 13.3.2019), jedoch war die Vorwahlzeit geprägt von Einflussnahmen durch Militär und Nachrichtendienste (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 1.2019) insbesondere gegen die bisherige Regierungspartei Pakistan Muslim League–Nawaz (PML-N) (FH 1.2019). Die Wahlbeobachtermission der EU schätzte den Wahlverlauf als transparent und gut durchgeführt ein, jedoch erschwerte die Selbstzensur der Berichterstatter das Treffen von qualifizierten Wahlentscheidungen für die Wähler (EUEOM 27.7.2018).

Der Präsident ist das Staatsoberhaupt und wird von Parlament und Provinzversammlungen gewählt. Am 9. September 2018 löste Arif Alvi von der Regierungspartei PTI den seit 2013 amtierenden Präsidenten Mamnoon Hussain (PML-N) Staatspräsident regulär ab (AA 1.2.2019a).

Der Fokus der PTI-Koalitionsregierung liegt laut offizieller Darstellung auf dem Kampf gegen Korruption, der Sanierung von Wirtschaft und Finanzen sowie einem besseren Bildungs- und Gesundheitssystem (AA 1.2.2019a). In der Praxis dominiert das Militär wichtige Politikbereiche, insbesondere innere sowie äußere Sicherheit und Beziehungen zu - für Pakistans äußere Sicherheit zentralen - Staaten wie Afghanistan, Indien und USA (AA 21.8.2018; vgl. FH 1.2019). Der pakistanische Geheimdienst ist auch intensiv in der Innenpolitik Pakistans involviert und der Generaldirektor des Inter-Services Intelligence (ISI) gilt neben dem Armeechef als mächtigste Person im Land (Globalsecurity.org o.D.).
3.         Sicherheitslage

Die Bedrohung durch Terrorismus und Extremismus bleibt zentrales Problem für die innere Sicherheit des Landes (AA 1.2.2019a; vgl. USDOS 19.9.2018). Landesweit ist die Zahl der terroristischen Angriffe seit 2009, zurückgegangen (PIPS 7.1.2019; vgl. AA 21.8.2018, USDOS 19.9.2018). Konflikte mit dem Nachbarland Indien werden gelegentlich gewaltsam ausgetragen (EASO 10.2018 S 16).

Die Taliban und andere militante Gruppen verüben Anschläge insbesondere in Belutschistan und in Khyber-Pakhtunkhwa (AA 21.8.2018), aber auch in Großstädten wie Karatschi (AA 1.2.2019a). Über 90 % der terroristischen Anschläge sowie Todesopfer entfielen 2018 auf die zwei Provinzen Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (PIPS 7.1.2019). Die Anschläge zielen vor allem auf Einrichtungen des Militärs und der Polizei. Opfer sind aber auch politische Gegner der Taliban, Medienvertreter, religiöse Minderheiten, Schiiten, sowie Muslime, die nicht der strikt konservativen Islam-Auslegung der Taliban folgen, wie die Sufis (AA 1.2.2019a).

Die Operationen der Rangers [siehe dazu Abschnitt Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.] in Karatschi (ab 2013), Militäroperationen in Nord-Wasiristan und der Khyber Agency [Stammesbezirke der Provinz Khyber Pakhtunkhwa, Anm.], sowie landesweite Anti-Terror-Operationen als Teil des National Action Plan (NAP) trugen dazu bei, den rückläufigen Trend bei der Zahl der Vorfälle und der Opfer auch 2018 aufrecht zu halten (PIPS 7.1.2019 S 20; vgl. EASO 10.2018 S 18). In den ehemaligen Stammesgebieten (Federally Administered Tribal Areas – FATA) konnte das staatliche Gewaltmonopol überwiegend wiederhergestellt werden (AA 21.8.2018), die Militäraktionen gelten als abgeschlossen (Dawn 29.5.2018). Viele militante Gruppen, insbesondere die pakistanischen Taliban, zogen sich auf die afghanische Seite der Grenze zurück und agitieren von dort gegen den pakistanischen Staat (AA 21.8.2018).

Im aktuellen Konflikt zwischen Indien und Pakistan demonstrierten beide Staaten, die über Nuklearwaffen verfügen, dass sie bereit sind, die Lage weiter eskalieren zu lassen (Dawn 8.4.2019 vgl. BMEIA 27.3.2019). Jedoch wird ein Atomkrieg als äußerst unwahrscheinlich gesehen (DW 28.2.2019).

Im Vorfeld der Parlamentswahlen am 25.7.2018 erlebte Pakistan eine Welle von Gewalt mit größeren Anschlägen in verschiedenen Provinzen, für die militante aufständische Gruppierungen die Verantwortung übernahmen. Der Selbstmordanschlag am 13.7.2018 auf eine politische Versammlung in Mastung, Belutschistan, mit 150 Toten war der Anschlag mit den dritt-meisten Todesopfern, der bis dahin jemals in Pakistan verübt wurde (EASO 10.2018 S 18; vgl. PIPS 7.1.2019 S 43). Am Wahltag waren 370.000 Soldaten und 450.000 Polizisten mit erweiterten Befugnissen im Einsatz, um die Wahllokale zu sichern. Am Wahltag kam es in Belutschistan zu zwei Anschlägen mit Todesopfern auf Wahllokale und es gab regional Zusammenstöße zwischen Anhängern unterschiedlicher Parteien (EUEOM 27.7.2018; vgl. Dawn 26.7.2018) vorwiegend in Belutschistan und Khyber Pakhtunkhwa (Dawn 26.7.2018).

Die verschiedenen militanten, nationalistisch-aufständischen und gewalttätigen religiös-konfessionellen Gruppierungen führten 2018 landesweit 262 terroristische Angriffe durch. Dabei kamen 595 Menschen ums Leben und weitere 1.030 wurden verletzt. Unter den Todesopfern ware

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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