TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/18 L516 2203475-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2020
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Entscheidungsdatum

18.03.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §57
AVG §68 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52
FPG §53
FPG §55 Abs1a

Spruch

L516 2203475-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Paul NIEDERSCHICK als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA Pakistan, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem GmbH – ARGE Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2020, Zahl XXXX , zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte I und II gemäß § 68 Abs 1 AVG als unbegründet abgewiesen.

II. Die Beschwerde wird hinsichtlich Spruchpunkte III bis VII gemäß §§ 10 Abs 1 Z 3, 57 AsylG 2005, § 9 BFA-VG und §§ 46, 52, 55 Abs 1a, 53 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

Der Beschwerdeführer ist pakistanischer Staatsangehöriger und stellte am 20.08.2019 den gegenständlich zweiten Folgeantrag auf internationalen Schutz, nach dem zwei davor gestellte Anträge auf internationalen Schutz bereits rechtskräftig negativ entschieden worden waren. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen zweiten Folgeantrag mit gegenständlich angefochtenem Bescheid vom 13.02.2020 (I.) hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und (II.) hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Das BFA erteilte unter einem (III.) keine Aufenthaltsberechtigung gemäß § 57 AsylG, erließ (IV.) gemäß § 10 Abs 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG, stellte (V.) gemäß § 52 Abs 9 FPG fest, dass die Abschiebung nach Pakistan gemäß § 46 FPG zulässig sei, sprach (VI.) aus, dass gemäß § 55 Abs 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe und erließ (VII.) gemäß § 53 Abs 1 iVm Abs 2 Z 6 FPG ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot.

Gegen diesen Bescheid vom 13.02.2020 richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Bescheid wird zur Gänze angefochten.

Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakten des BFA langte der Aktenlage nach am 10.03.2020 beim Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle Linz, ein.

1. Sachverhaltsfeststellungen:

[regelmäßige Beweismittel-Abkürzungen: S=Seite; VA1=Verwaltungsakt des BFA zum ersten Antrag des Beschwerdeführers; VA2=Verwaltungsakt des BFA zum zweiten Antrag des Beschwerdeführers; VA3=Verwaltungsverfahrensakt des BFA zum gegenständlichen dritten Antrag auf internationalen Schutz; AS=Aktenseite des jeweiligen Verwaltungsaktes des BFA; NS=Niederschrift; EB=Erstbefragung; EV=Einvernahme vor dem BFA; OZ=Ordnungszahl des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes; ZMR=Zentrales Melderegister; IZR=Zentrales Fremdenregister; GVS= Betreuungsinformationssystem über die Gewährleistung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich]

1.1 Der Beschwerdeführer führt in Österreich den im Spruch angeführten Namen sowie das ebenso dort angeführte Geburtsdatum. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Pakistan, gehört der Volksgruppe der Punjabi sowie der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Seine Identität steht nicht fest (VA1, AS 8, 31; VA2, AS 15; VA3, AS 3).

1.2 Er besuchte in Pakistan zehn Jahre die Schule und zwei Jahre ein College, danach arbeitete er in der eigenen Landwirtschaft. Seine Ehefrau und sein minderjähriger Sohn sowie seine Eltern, eine Schwester und eine Schwägerin leben nach wie vor in der Heimatregion des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer gab in der Einvernahme an, dass die Familie nach Sialkot umgezogen sei, niemand wisse aber, wo die Familie genau lebe, sie habe jetzt aber Ruhe von den Onkeln. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt in der Türkei, der zweite im Oman. (VA2, AS 75) Der Beschwerdeführer reiste im August 2015 aus Pakistan aus und war anschließend in verschiedenen Ländern aufhältig (VA1, AS 31; VA2, AS 77).

1.3 Der Beschwerdeführer reiste im Dezember 2017 in Österreich ein. Von 04.10.2018 bis 20.08.2019 befand sich der Beschwerdeführer in Italien, stellte in dieser Zeit einen Asylantrag und wurde von Italien am 20.08.2019 rücküberstellt. Der Beschwerdeführer verfügt über geringe Deutschkenntnisse und wurde in keinem Verein bzw keiner Organisation in Österreich tätig. Er hat keine besonderen Beziehungen zu in Österreich dauerhaft aufenthaltsberechtigten Personen. Er bezieht keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde. Er verteilt ohne Anmeldung ein bis zwei Mal in der Woche Zeitungen zur Bestreitung seines Unterhaltes und er erhält ab und zu Geld von seinem Bruder aus Pakistan. Der Beschwerdeführer ist strafrechtlich unbescholten. Er ist gesund (IZR; GVS; VA1, AS 1; VA2, AS 67, 69, 73; VA3, AS 73, 79, 91).

1.4 Der Beschwerdeführer stellte am 24.12.2017 einen ersten Antrag auf internationalen Schutz, welcher vom BFA mit Bescheid vom 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191, sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Diese Entscheidung des BFA erwuchs mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 28.02.2018 in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz damit, dass er wegen eines Grundstücksstreites mit seinen Onkeln aus Pakistan ausgereist sei. Die Familie des Beschwerdeführers habe den Onkeln Grundstücke abgekauft. Als die Onkel das für die Grundstücke erhaltene Geld bereits ausgegeben gehabt haben würden, hätten sie die Grundstücke wieder zurückhaben wollen, ohne aber dafür zu bezahlen. Streitereien, Beschimpfungen und Angriffe habe es seit fünf Jahren gegeben und würden die Onkel bei den Angriffen Holzlatten dabeigehabt haben (BFA Bescheid 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191).

Das BFA gelangte mit näherer Begründung zur Überzeugung, dass das vom Beschwerdeführer in der Erstbefragung und in der Einvernahme deckungsgleich angegebenen Vorbringen glaubhaft sei, es aber keine individuelle Verfolgung iSd Genfer Flüchtlingskonvention darstelle (BFA 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191).

1.5. Der Beschwerdeführer stellte am 18.04.2019 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz, zu dem er bei der dazu geführten Erstbefragung ausführte, dass er seine Fluchtgründe der letzten Befragung aufrechterhalte, neue Fluchtgründe gebe es nicht. Er ersuche darum, ihn hier leben zu lassen (AS 19). Bei der dazu nachfolgenden Einvernahme vor dem BFA am 15.05.2018 brachte der Beschwerdeführer vor, dass seine alten Fluchtgründe noch immer aufrecht seien und sich seit der rechtskräftigen Entscheidung des Vorverfahrens nichts Wesentliches geändert habe. Sein Vater habe Stress, weil es ein Verfahren gebe. Der Onkel des Beschwerdeführers habe wegen des Grundstücksstreites gegen den Vater des Beschwerdeführers ca Mitte Jänner [Anm 2018] eine Anzeige erstattet. Ca Mitte März [Anm 2018] habe dann der Vater gegen den Onkel eine Anzeige erstattet. Zuvor habe man versucht, den Streit untereinander und mit Hilfe des Dorfältesten zu lösen, nunmehr sei auch die Polizei involviert. Dabei, dass er bei der Einvernahme hinsichtlich seines ersten Antrages auf internationalen Schutz am 08.01.2018 angegeben habe, dass der Vater gegen den Onkel Anzeige erstattet habe, müsse es sich um einen Irrtum handeln; soviel er wisse, könne er das nicht gesagt haben. Als Beweis könne er die Anzeigen vorlegen. Zur Vorlage dieser Anzeigen wurde dem Beschwerdeführer vom BFA eine Frist bis zum 29.05.2018 eingeräumt (AS 71, 73). Im Jahr 2014 sei der Beschwerdeführer von seinem Onkel mit einem Messer angegriffen worden, im August 2015 sei er aus Pakistan ausgereist (AS 77).

Jener zweite Antrag auf internationalen Schutz vom 18.04.2019 wurde vom BFA mit Bescheid vom 19.07.2018 gemäß § 68 Abs 1 AVG hinsichtlich des Status eines Asylberechtigten und hinsichtlich des Status eines subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde; gleichzeitig wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass dessen Abschiebung nach Pakistan zulässig sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 23.08.2018, L516 2203475-1/5E zur Gänze als unbegründet abgewiesen; jene Entscheidung erwuchs mit deren Zustellung an die Vertretung des Beschwerdeführers am 23.08.2018 rechtskräftig.

1.6 Der Beschwerdeführer stellte am 20.08.2019 den nun gegenständlichen zweiten Folgeantrag und insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz. Zur Begründung gab er bei seiner Erstbefragung am 20.08.2019 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass die alten Fluchtgründe aufrecht seien. Neu sei, dass er bei seiner vormaligen Asylantragstellung Angst gehabt habe zu sagen, dass er beim pakistanischen Militär gewesen sei, vom 09.03.2011 bis Juli 2016. Er habe zusehen müssen, dass wie anderen die Ohren oder Nasen abgeschnitten worden seien und wenn er von den Taliban erwischt worden wäre, wäre er von jenen geköpft worden. Er sei zwei Mal davongelaufen, da er niemanden habe umbringen wollen. Dies sei ihm seit seiner Flucht bekannt (VA3, AS 5 f). Bei der Einvernahme vor dem BFA am 09.10.2019 führte er – zusammengefasst –aus, dass er 2011 beim Militär angefangen und im Jahr 2016 aufgehört habe und aus seiner Heimat geflohen sei. Die Taliban hätten 2010 begonnen, die Köpfe von militärischen Leuten abzuschneiden und er habe Angst gehabt und sei geflüchtet. Die Taliban hätten die Köpfe von vielen seiner Freunde abgeschnitten und er habe das Problem, dass er Blut nicht sehen könne; er habe Angst gehabt, dass sie ihn mitnehmen würden. Er hab Angst gehabt und sei ein Feigling gewesen und sei dann geflüchtet. Dies sei sein Hauptproblem bei einer Rückkehr, man könnte ihn verhaften. Dies seien jetzt alle Fluchtgründe. Er habe im Vorverfahren keine Rechtsberatung gehabt, jeder habe ihm gesagt, dass er seine Fluchtgründe nicht wegen des Militärs angeben solle. Er sei durcheinander gewesen. Habe Angst gehabt. Er sei nervös gewesen. Er habe geglaubt, dass ihn die österreichischen Behörden nach Pakistan abschieben würden. Landsleute hätten ihm gesagt, dass er das nicht angeben solle. Das sei ein Geheimdienst und es habe eine eigene Abteilung. Er habe Angst vor dem Militär (VA3, AS 83 ff).

Der Beschwerdeführer legte dazu bei der Einvernahme vor dem BFA ein Schreiben aus dem Jahr 2011 vor, dass von ihm als Militärausweis bezeichnet wurde; sowie acht Fotos, die den Beschwerdeführer in militärischer Uniform zeigen (VA3, AS 97 ff). Er gab dazu an, die Fotos seien aus 2011, er hab sie seit 20 Tagen (VA3, AS 79).

1.7 Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren vor dem BFA zur Begründung seines nunmehrigen Antrages kein neues Vorbringen erstattet, welches einen glaubhaften Kern in Bezug auf die von ihm behauptete Bedrohung aufweist.

1.8 Eine entscheidungswesentliche Änderung der allgemeinen Lage in Pakistan seit Eintritt der Rechtskraft des im Verfahren zum ersten Antrag auf internationalen Schutz vom BFA erlassenen Bescheides mit Ablauf des 28.02.2018 ist, soweit für den Beschwerdeführer relevant, auch nicht eingetreten. Der Beschwerdeführer hat im gegenständlichen Verfahren vor dem BFA auch nicht substantiiert behauptet, dass sich die allgemeine Lage in Pakistan seit damals entscheidungswesentlich geändert habe (Länderfeststellungen im Bescheid vom 13.01.2020, S 205 ff)

2. Beweiswürdigung

2.1 Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf den vorgelegten Verwaltungsverfahrensakt des BFA und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Die konkreten Beweismittel sind bei den Sachverhaltsfeststellungen bzw in der Beweiswürdigung jeweils in Klammer angeführt.

2.2. Die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Staatsangehörigkeit und Herkunft, die er im Zuge der Verfahren vor dem BFA gemacht hat (oben 1.1), waren auf Grund seiner Orts- und Sprachkenntnisse nicht zu bezweifeln. Mangels Vorlage von unbedenklichen Identitätsdokumenten konnte die Identität des Beschwerdeführers nicht als feststehend erkannt werden.

2.3 Seine Ausführungen zu seiner Schulbildung, zu seiner beruflichen Tätigkeit sowie zu seinen Familienangehörigen in Pakistan (oben 1.2) waren insoweit kohärent, schlüssig und widerspruchsfrei, sodass auch dieses Vorbringen als glaubhaft erachtet werden konnte.

2.4 Die Feststellung zu seinem Aufenthalt in Österreich seit Dezember 2017 (oben 1.3) ergibt sich aus den seither geführten Verfahren und den unbedenklichen Eintragungen im Zentralen Fremdenregister. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine Deutschkenntnisse verfügt beruht darauf, dass dieser angab, keinen Deutschkurs besucht zu haben und ein bisschen Deutsch zu sprechen (VA3, AS 91). Die Feststellung zur strafrechtlichen Unbescholtenheit ergibt sich aus dem Strafregister der Republik Österreich, die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keine Leistungen aus der Grundversorgung für hilfsbedürftige Fremde bezieht, aus dem Betreuungsinformationssystems über die Gewährung der vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde in Österreich (GVS). Dass der Beschwerdeführer gesund ist beruht mangels gegenteiliger Anhaltspunkte auf seinen zuletzt gemachten eigenen Angaben, dass es ihm gut gehe und er nicht in ärztlicher Behandlung stehe und auch keine Medikamente nehme. (VA3, AS 73)

2.3 Die Feststellungen zum ersten Antrag auf internationalen Schutz sowie zum ersten Folgeantrag auf internationalen Schutz (oben 1.4 und 1.5) ergeben sich aus dem dazu geführten Verwaltungsakt des BFA und dem Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, welche die dazu geführten Niederschriften und Entscheidungen beinhalten.

2.4 Die Feststellungen zum gegenständlichen zweiten Folgeantrag und insgesamt dritten Antrag auf internationalen Schutz (oben 1.6), beruhen auf den dazu geführten Befragungen und Einvernahmen des Beschwerdeführers und dem angefochtenen Bescheid, welche im vorgelegten Verwaltungsakt des BFA enthalten sind.

2.5 Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren vor dem BFA zur Begründung seines nunmehrigen Antrages kein neues Vorbringen erstattet hat, welches einen glaubhaften Kern in Bezug auf die von ihm behauptete Bedrohung aufweist (oben 1.7), war aufgrund der folgenden Erwägungen zu treffen.

2.5.1 Das BFA erachtete das Vorbringen des Beschwerdeführers im gegenständlichen Verfahren als nicht glaubhaft und begründete dies im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Beweiswürdigung folgendermaßen (Bescheid 13.02.2020, S 86 ff):

Die nun im gegenständlichen Verfahren dargestellten Angaben hinsichtlich des Fluchtgrundes, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von 2011 bis 2016 beim pakistanischen Militär gewesen sei und Angst vor den Taliban gehabt habe, seien im Erstverfahren nicht erwähnt worden und die nunmehrigen Angaben seien zu keinem Zeitpunkt genügend substantiiert gewesen, um diese als glaubhaft zu bezeichnen, oder um darin einen neuen Sachverhalt zu erkennen. Der Beschwerdeführer hätte bei seinen unzähligen vorangegangenen Möglichkeiten in Österreich Angaben über seine Fluchtgründe machen können, habe jedoch nie ein Wort darüber verloren. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages reiche nicht aus, einen neuen gegenüber dem früheren Asylantrag wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Er habe auch keine nachvollziehbaren Gründe für sein bisheriges Verschweigen dieser Fluchtgründe glaubhaft machen können. Für das Bundesamt würden die neu vorgebrachten Gründe auch keinerlei glaubhaften Kern aufweisen.

Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass ein durchschnittlich sorgfältiger Asylwerber tatsächlich bestehende Verfolgung wider besseren Wissens verschweige, da man von einer Person, welche tatsächlich im Herkunftsstaat Verfolgung erfahren hätte bzw solche befürchten würde, erwarten müsste, dass sie ein derartig wichtiges Faktum nicht dermaßen leichtfertig in jenem Staat verschweige, von dem sie sich Schutz erwarte und obendrein noch bewusst falsche Angaben machen würde, indem sie wissentlich fälschlich eine diesbezügliche Frage seitens des befragenden Organs wahrheitswidrig verneine.

Der Beschwerdeführer habe in seinem Erstverfahren sowie in dem folgenden Verfahren ausreichend Gelegenheit gehabt und selbst vor dem Bundesverwaltungsgericht der Wahrheit entsprechende Angaben machen können, alle Fluchtgründe anzugeben und Beweismittel vorzubringen. Dies habe er nicht genutzt. Abschließend sei noch festzuhalten, dass der Beschwerdeführer der Behörde zwar Lichtbilder vom Beschwerdeführer in Militäruniform sowie ein Schreiben, dass er als Militärausweis bezeichne, vorgelegt habe. Aus diesen Unterlagen sei aber eine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung nicht ersichtlich. Des Weiteren handle es sich bei dem vorgelegten Schreiben vom 09.03.2011, bei welchen es sich um einen Militärauswies handeln solle, um keinen Ausweis mit Dokumentencharakter, sondern lediglich um einen PC-Ausdruck. Des Weiteren sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer im Verfahren bis dato keine identitätsbezogenen Dokumente vorlegen habe können und somit könne nicht festgestellt werden, dass es sich bei der auf dem vorgelegten Schreiben erwähnte Person tatsächlich um den Beschwerdeführer handle.

Auch habe der Beschwerdeführer bei seinen beiden Vorverfahren angegeben, dass er seine Heimat bereits im August 2015 bzw am 08.08.2015 verlassen habe. Dies stehe im Widerspruch mit seinen Angaben im gegenständlichen Verfahren, wonach er im Zeitraum von 09.03.2011 bis zum Juli 2016 Angehöriger des pakistanischen Militärs gewesen sei.

2.5.2 Die Beschwerde bringt zunächst vor, der Beschwerdeführer habe Angst gehabt, diesen Fluchtgrund der Desertion anzugeben und habe sich offenbar in dem Irrtum befunden, er würde wegen dieser Angaben zurückgeschickt werden. (Beschwerde, S 4). Die bloße Behauptung von Angst reicht jedoch nicht aus und es ist auch die versuchte Rechtfertigung des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem BFA am 09.10.2019, wonach er keine Rechtsberatung gehabt habe (EV 09.10.2019, S 8) nachweislich falsch, zumal er jedenfalls im Verfahren zu seinem zweiten Antrag vor der damaligen Einvernahme vor dem BFA am 15.05.2018 eine Rechtsberatung gemäß AsylG in Anspruch nehmen konnte und auch in Anspruch genommen hat, jene Einvernahme auch im Beisein einer Rechtsberaterin anwesend war und der Beschwerdeführer auch im Beschwerdeverfahren zu seinem zweiten Antrag von einer spezialisierten Rechtsberatungsorganisation vertreten wurde (VA2, AS 65, 67, AS 201 ff). Soweit die Beschwerde vorbringt der Beschwerdeführer habe sich „offenbar“ im Irrtum befunden, er würde wegen dieser Angaben zurückgeschickt werden, ist dem zu entgegnen, dass dann zumindest zu erwarten gewesen wäre, dass der Beschwerdeführer spätestens im Verfahren zu seinem zweiten Antrag – in dem er zudem wie zuvor dargelegt rechtlich beraten und vertreten wurde – den nunmehr erstmalig vorgebrachten Fluchtgrund der Desertion vorgebracht hätte, nachdem im ersten vom BFA negativ entschiedenen Verfahren vom BFA bereits einmal eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan ausgesprochen hatte, sodass der Beschwerdeführer spätestens ab jenen Zeitpunkt nichts mehr zu verlieren gehabt hätte. Das BFA verwies berechtigt darauf, dass der Beschwerdeführer keine nachvollziehbaren Gründe für sein bisheriges Verschweigen dieser Fluchtgründe glaubhaft habe können, sodass das Bundesverwaltungsgericht die Ansicht des BFA teilt, wonach jenes Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht und damit keinen glaubhaften Kern aufweist.

Soweit die Beschwerde vorbringt, dass die vorgelegten Beweismittel starke Indizien für den Wahrheitsgehalt der Angaben des Beschwerdeführers seien (Beschwerde, S 6), verwies bereits das BFA ebenso berechtigt darauf, dass sich aus den vorgelegten und allesamt aus 2011 stammenden Unterlagen keine konkret gegen ihn gerichtete Verfolgung ableiten lässt.

Die Beschwerde entkräftet schließlich auch nicht das Argument des BFA, wonach der Beschwerdeführer bei seinen beiden Vorverfahren angegeben hat, dass er seine Heimat bereits im August 2015 bzw am 08.08.2015 verlassen habe (VA1, AS 31; VA2, AS 77), was tatsächlich im Widerspruch mit seinen Angaben im gegenständlichen Verfahren steht, wonach er im Zeitraum von 09.03.2011 bis zum Juli 2016 Angehöriger des pakistanischen Militärs gewesen sein will (VA3, AS 83).

Die Beschwerde rügt schließlich in allgemeiner Form ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren ohne in konkreter Weise die Relevanz der behaupteten Verfahrensmängel darzulegen, insbesondere was der Beschwerdeführer bei einem mängelfreien Verfahren noch vorbringen hätte können (vgl VwGH 23.02.2016, Ra 2016/01/0012).

2.5.3 Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher den zuvor dargestellten beweiswürdigenden Argumenten des BFA an, welche von diesem in nachvollziehbarer, schlüssiger und vertretbarer Weise dargelegt wurden und welche mit der Beschwerde in zentralen Punkten nicht entkräftet werden konnten. Angesichts dieser Erwägungen gelangte das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie bereits das BFA zur Überzeugung, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Begründung seines dritten Antrages keinen glaubhaften Kern aufweist.

2.6 Dass die allgemeine Situation in Pakistan – soweit sie den Beschwerdeführer betrifft – seit der Erlassung des Bescheides des BFA im Verfahren zum ersten Antrag auf internationalen Schutz im Wesentlichen unverändert geblieben ist und sich die maßgebliche Lage in Pakistan für den Beschwerdeführer nicht geändert hat, ergibt sich aus den vom BFA im gegenständlichen Verfahren herangezogenen Länderinformationsquellen (Bescheid 13.02.2020, S 205 ff) denen der nicht substantiiert entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Spruchpunkt I

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (§ 68 Abs 1 AVG)

3.1 Das Bundesverwaltungsgericht hat fallbezogen zu prüfen, ob die Behörde auf Grund des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht zum Ergebnis gelangt ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen ersten Asylverfahren keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

3.2 Maßstab der Rechtskraftwirkung bildet die Entscheidung, mit der zuletzt in der Sache entschieden wurde (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0783), im vorliegenden Fall ist somit der Bescheid des BFA vom 30.01.2018, Zahl 1177598507 Vz:171418191, welcher mangels Erhebung eines Rechtsmittels mit Ablauf des 28.02.2018 rechtskräftig wurde.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides)

3.3 Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass das vom Beschwerdeführer erstmals zur Begründung des gegenständlich zweiten Folgeantrags erstattete Vorbringen keinen glaubhaften Kern aufweist.

Aus diesem Grund ist daher keine Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens bis zur Beantwortung des Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.12.2019, Ro 2019/14/0006, durch den EuGH in Betracht zu ziehen.

3.4 Mit dem gegenständlich zweiten Antrag auf internationalen Schutz wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache ohne nachträgliche Änderungen der Sachlage und Rechtslage bezweckt, was durch § 68 Abs 1 AVG verhindert werden soll (vgl VwGH 17.02.2015, Ra 2014/09/0029).

3.5 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides wird daher abgewiesen.

Zur Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides)

3.6 Durch die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten durch das BFA im Erstverfahren wurde rechtskräftig darüber abgesprochen, dass dem Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Pakistan kein reales Risiko einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht bzw relevante exzeptionelle Umstände nicht vorliegen. Die Rechtskraft dieser Entscheidung wäre daher nur durchbrochen, wenn der Beschwerdeführer im Folgeverfahren den Beweis des realen Risikos einer derartigen Behandlung bzw des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände erbracht hätte.

3.7 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes obliegt es nach der ständigen Judikatur des EGMR – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art 3 MRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art 3 MRK widersprechende Behandlung drohen würde (VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134). Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art 3 MRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Nach der auf der Rechtsprechung des EGMR beruhenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 MRK ist nicht ausreichend. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art 3 MRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307).

Derartige Nachweise hat der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht erbracht. Das Vorbringen einer (nach Abschluss des Vorverfahrens bestehenden) allgemeinen prekären Sicherheits- bzw Versorgungslage in Pakistan reicht nicht; die behauptete Lageänderung war für sich daher von vornherein nicht geeignet, eine maßgebliche Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhalts zu bewirken. Besondere, in der Person des Beschwerdeführers (neu) begründete Umstände, die dazu führten, dass gerade bei ihm ein – im Vergleich zur Bevölkerung Pakistans im Allgemeinen – höheres Risiko bestünde, einer dem Art 2 oder 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt zu sein bzw eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit befürchten zu müssen, wurden nicht glaubhaft vorgebracht und sind nicht ersichtlich.

3.8 Es wird daher auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt II des angefochtenen Bescheides abgewiesen.

Spruchpunkt II

Zu einem Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (§ 57 AsylG; Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides)

3.9 Fallbezogen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt die gesetzlichen Voraussetzungen des § 57 AsylG für die Erteilung eines solchen Aufenthaltstitels nicht vor. Der Aufenthalt des Beschwerdeführers ist weder seit einem Jahr geduldet noch ist eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen zu erteilen; schließlich hat der Beschwerdeführer auch nicht glaubhaft gemacht, Opfer von Gewalt geworden zu sein sowie, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.10. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides wird daher abgewiesen.

Zur Rückkehrentscheidung und Zulässigkeit der Abschiebung nach Pakistan (§ 10 AsylG; §§ 46, 50, 52, 55, FPG; § 9 BFA-VG)

3.11 Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist gemäß § 9 Abs 1 BFA-VG idgF die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

3.12 Gemäß § 9 Abs 2 BFA-VG sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war; 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens; 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens; 4. der Grad der Integration; 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden; 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit; 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts; 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren; 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

3.13 Gemäß § 9 Abs 3 BFA-VG ist über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl I Nr 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

3.14 Zur Beurteilung im gegenständlichen Verfahren

3.14.1 Für den Beschwerdeführer spricht seine strafrechtliche Unbescholtenheit. Demgegenüber stehen die öffentlichen Interessen des Schutzes der öffentlichen Ordnung, insbesondere in Form der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen, sowie des wirtschaftlichen Wohles des Landes gegenüber, wobei im konkreten Fall Folgendes miteinzubeziehen ist: Der Beschwerdeführer reist erstmals unrechtmäßig im Dezember 2017 in Österreich ein. Von 04.10.2018 bis 20.08.2019 befand er sich in Italien, und erst seit seiner Rücküberstellung von Italien am 20.08.2019 hält er sich ununterbrochen in Österreich auf. Gegenständlich handelt es sich bereits um seinen dritten Antrag auf internationalen Schutz; Er verfügt über keinen aufrechten Aufenthaltstitel für Österreich; sein bisheriger Aufenthalt stützte sich ausschließlich auf das Asylrecht. Er hat keine besonderen Bindungen zu in Österreich dauernd aufenthaltsberechtigten Personen und verfügt nur über geringe Deutschkenntnisse. Der Beschwerdeführer hat den überwiegenden Teil seines Lebens in Pakistan verbracht und wurde dort auch sozialisiert. Es deutet somit nichts darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht möglich wäre, sich in die dortige Gesellschaft erneut zu integrieren. Im Falle des Beschwerdeführers hat das bisherige Verfahren auch sonst keine Anhaltspunkte für die Annahme besonderer sozialer oder wirtschaftlicher Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich ergeben. Im Rahmen einer Abwägung dieser Fakten iSd Art 8 Abs 2 EMRK und unter Berücksichtigung der Judikatur des EGMR erweisen sich die individuellen Interessen des Beschwerdeführers iSd Art 8 Abs 1 EMRK nicht als so ausgeprägt, dass sie insbesondere das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung nach Abschluss des gegenständlichen Verfahrens und der Einhaltung der österreichischen aufenthalts- und fremdenrechtlichen Bestimmungen überwiegen. Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG kann dem BFA nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgegangen ist, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet dessen persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt.

3.14.2 Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs 9 iVm § 50 FPG getroffenen Feststellungen und Ausführungen keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass eine Abschiebung nach Pakistan unzulässig wäre. Derartiges wurde in der gegenständlichen Beschwerde geltend gemacht, konnte jedoch nicht schlüssig dargelegt werden.

3.14.3 Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlassung der Rückkehrentscheidung und die Zulässigkeit der Abschiebung vorliegen, wird die Beschwerde gegen Spruchpunkte IV und V des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen.

Zur Ausreisefrist (§ 55 Abs 1a FPG)

3.15 Der Spruchpunkt VI des bekämpften Bescheides stützte sich rechtskonform auf die Bestimmung des § 55 Abs 1a FPG in Verfahren, in denen ein Folgeantrag wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde; die Beschwerde dagegen wird daher abgewiesen.

Zum Einreiseverbot (§ 53 FPG)

3.16 Das BFA begründete die Erlassung des zweijährigen Einreiseverbotes zusammengefasst unter anderem damit, dass der Beschwerdeführer einer aufrechten Rückkehrentscheidung nicht Folge geleistet habe und der Frist für die freiwillige Ausreise nicht nachgekommen ist. Zudem gehe er gelegentlich einer illegalen Beschäftigung als Zeitungszusteller nach, um seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Es sei daher nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer in Zukunft den österreichischen Rechtsnormen und behördlichen bzw gerichtlichen Entscheidungen Folge leisten werde. Das Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer sei daher zum Zwecke des Schutzes der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erlassen worden. Auch unter Berücksichtigung der familiären und privaten Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers in Österreich sei das erlassene Einreiseverbot gerechtfertigt und notwendig (Bescheid 13.02.2020, S 105 ff).

3.17 Die Beschwerde trat der hier dargestellten Begründung des BFA nicht substantiiert entgegen.

3.18 Gemäß § 12a Abs 6 bleiben bereits Rückkehrentscheidungen 18 Monate ab Ausreise des Fremden aufrecht. Und gemäß § 53 Abs 2 FPG, auf den sich das BFA stützt, kann ein Einreiseverbot für die Dauer bis zu fünf Jahren erlassen werden. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der Begründung des BFA für die Erlassung des Einreiseverbotes ist die vom BFA verhängte Dauer von zwei Jahren vertretbar.

3.19 Die Beschwerde gegen Spruchpunkt VII des angefochtenen Bescheides wird daher abgewiesen.

Entfall der mündlichen Verhandlung

3.20 Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte im gegenständlichen Fall gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, da die das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitenden Anträge der Parteien zurückzuweisen sind. Bei der Frage, ob das Prozesshindernis der entschiedenen Sache vorlag, handelt es sich bloß um eine nicht übermäßig komplexe Rechtsfrage (VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

Zu B)

Revision

3.21 Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da die Rechtslage durch die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

3.22 Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Änderung maßgeblicher Umstände Ausreiseverpflichtung Einreiseverbot entschiedene Sache Folgeantrag glaubhafter Kern illegale Beschäftigung Interessenabwägung Miliz öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben Rechtskraft der Entscheidung res iudicata Resozialisierung Rückkehrentscheidung Taliban Terror

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L516.2203475.2.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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