TE Bvwg Erkenntnis 2020/3/18 L514 2229582-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.03.2020
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Entscheidungsdatum

18.03.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76 Abs2 Z2
VwG-AufwErsV §1
VwGVG §35
VwGVG §35 Abs3

Spruch

L514 2229582-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. KLOIBMÜLLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Algerien, vertreten durch ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2020, Zl. XXXX , und die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft seit 06.03.2020 für rechtmäßig erklärt.

II.      Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

III.    Gemäß § 35 Abs. 3 VwGVG iVm VwG-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 517/2013, hat der Beschwerdeführer dem Bund (Bundesminister für Inneres) Aufwendungen in Höhe von 426,20 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

IV.      Der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz wird gemäß § 35 VwGVG als unzulässig abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

1.       Aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ergibt sich folgender Verfahrensgang:

1.1.    Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger aus Algerien, wurde am 05.03.2020 am Grenzübergang XXXX von den deutschen Sicherheitsorganen kontrolliert. Im Zuge der Kontrolle wurde festgestellt, dass er zwar über ein gültiges algerisches Reisedokument verfügt, jedoch über kein gültiges Visum bzw keinen gültigen Aufenthaltstitel, weshalb ihm die Einreise in die Bundesrepublik Deutschland verweigert wurde. Der Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge von den österreichischen Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes übernommen, festgenommen und ins PAZ XXXX verbracht, wo er niederschriftlich befragt wurde.

Im Rahmen der niederschriftlichen Befragung am 06.03.2020 führte der Beschwerdeführer aus, dass er am Vortag aus Tschechien irrtümlich nach Österreich gekommen sei. Nach der Belehrung, dass er sich unrechtmäßig in Österreich aufhalte und ihm die Weiterreise untersagt werde, führte der Beschwerdeführer aus, dass er damit nicht einverstanden sei, da er nach Tschechien zurückkehren wolle, da er dort seit sechs Jahren mit seiner Freundin leben würde. Weiters kam hervor, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2014 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, jedoch das Verfahren im Bundesgebiet nicht abgewartet habe, weshalb dieses eingestellt worden sei. Auf Nachfrage führte er weiter aus, dass er gesund sei, in Österreich über keine sozialen oder familiären Anknüpfungspunkte verfüge und im Falle der Haftentlassung nach Tschechien zurückreisen würde.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) nahm am selben Tag mit den tschechischen Behörden Kontakt auf, um den Status des Beschwerdeführers zu erheben. Diese teilten in der Folge mit, dass der Beschwerdeführer in Tschechien über keinen aufrechten Aufenthaltstitel verfügen würde. Er habe nur ein tschechisches Ausreisevisum, gültig von XXXX .2019 bis XXXX .2019.

1.2.    Mit Mandatsbescheid des BFA vom 06.03.2020, Zl. XXXX , wurde die Schubhaft gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung angeordnet. Begründend wurde vom BFA Folgendes ausgeführt:

„…In Ihrem Fall treffen Punkte 3, 9 und 2a zu.

Kein bestehendes Familienleben in Österreich.

Keine soziale und berufliche Integration.

Der Wille weiter unrechtmäßig durch die Mitgliedsstaaten zu reisen.

Zwei rechtskräftige Verurteilungen in Österreich wegen Suchtmittel- und Vermögensdelikten.

Fehlende finanzielle Mittel.

Unrechtmäßiger Aufenthalt in den Mitgliedsstaaten.

Entziehung aus dem Asylverfahren in Österreich 2016 durch Untertauchen.

Daher ist die Entscheidung auch verhältnismäßig.

Die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung ist erforderlich, da Sie sich aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens als nicht vertrauenswürdig erwiesen haben. Es ist davon auszugehen, dass Sie auch hinkünftig nicht gewillt sein werden, die Rechtsvorschriften einzuhalten.

Aus Ihrer Wohn- und Familiensituation, aus Ihrer fehlenden sonstigen Verankerung in Österreich sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens kann geschlossen werden, dass bezüglich Ihrer Person ein beträchtliches Risiko des Untertauchens vorliegt.

Sie sind im Bundesgebiet nicht gemeldet und kennen auch niemanden, bei dem Sie Unterkunft nehmen könnten.

Sie haben gegen die Einreisebestimmungen des Art. 6 SGKX und das Fremdenpolizeigesetz verstoßen. Sie wollten unrechtmäßig nach Deutschland reisen und wollen, nach erfolgter Einreiseverweigerung der deutschen Behörden, jetzt wieder unrechtmäßig auf dem Landweg illegal nach Tschechien zurückreisen, obwohl Sie dort kein Aufenthaltsrecht mehr genießen.

Einem geordneten Fremdenwesen kommt im Hinblick auf die öffentliche Ordnung und dem wirtschaftlichen Wohl des Staates ein hoher Stellenwert zu. Es besteht die Verpflichtung Österreichs, seinen europarechtlichen Vorgaben, als auch den Pflichten gegenüber seinen Staatsbürgern und anderen legal aufhältigen Personen nachzukommen.

Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Schubhaft und ihrer Notwendigkeit ergibt daher in Ihrem Fall, dass Ihr privates Interesse an der Schonung Ihrer persönlichen Freiheit dem Interesse des Staates am reibungslosen Funktionieren der öffentlichen Verwaltung hintanzustehen hat.

Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Schubhaft eine ultima - ratio – Maßnahme darstellt. Es ist daher zu prüfen, ob die Anordnung gelinderer Mittel gleichermaßen zur Zweckerreichung dienlich wäre. In Betracht käme dabei das gelindere Mittel gem. § 77 FPG mit den dafür vorgesehenen Aufenthalts- und Meldepflichten bzw. der Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit. Dabei kommt die finanzielle Sicherheitsleistung aufgrund Ihrer finanziellen Situation schon von vornherein nicht in Betracht.

Doch auch was die Unterkunftsnahme in bestimmten Räumlichkeiten und die periodische Meldeverpflichtung betrifft, kann in Ihrem Fall damit nicht das Auslangen gefunden werden.

Sie gaben selbst an, dass Sie in Österreich keine Anknüpfungspunkte haben bzw. niemanden kennen würden, bei dem Sie wohnen könnten. Auch haben Sie keine nennenswerten finanziellen Mittel. Zudem wollen Sie, wie bereits ausgeführt, wieder unrechtmäßig auf dem Landweg nach Tschechien zurückreisen.

Sie haben sich als nicht vertrauenswürdige Person erwiesen und missachten, nicht zum ersten Mal, die österreichische Rechtsordnung als Gast in diesem Land. Die Erlassung des gelinderen Mittels stellt keine geeignete Sicherungsmaßnahme für eine Verfahrenssicherung dar. Die Sicherung der Abschiebung durch die Erlassung der Schubhaft ist erforderlich, da aufgrund Ihres oben geschilderten Vorverhaltens extreme Fluchtgefahr vorliegt.

Wie oben ausführlich dargelegt, besteht in Ihrem Fall aufgrund Ihrer persönlichen Lebenssituation sowie aufgrund Ihres bisherigen Verhaltens ein beträchtliches Risiko des Untertauchens. Damit wäre jedoch der Zweck der Schubhaft, nämlich die Sicherung des Verfahrens bzw. der Abschiebung, vereitelt. Es liegt somit eine ultima – ratio – Situation vor, die die Anordnung der Schubhaftverhängung unabdingbar erfordert und eine Verfahrensführung, während derer Sie sich in Freiheit befinden, ausschließt.

Es ist weiters aufgrund Ihres Gesundheitszustandes davon auszugehen, dass auch die subjektiven Haftbedingungen, wie Ihre Haftfähigkeit, gegeben sind. Der ho. Behörde liegen keine medizinischen Befunde vor, welche auf eine lebensbedrohliche Krankheit hinweisen würden. Sie werden während Ihrer Anhaltung in Schubhaft regelmäßig von einem Amtsarzt der LPD untersucht.

Die Behörde gelangt daher zum Ergebnis, dass sowohl die gesetzlichen Formalerfordernisse vorliegen, als auch, dass die Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohls dringend erforderlich und geboten ist.“

Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 06.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.3.    Der Mandatsbescheid und die Verfahrensanordnung wurden dem Beschwerdeführer persönlich in der Schubhaft am 06.03.2020 ausgefolgt.

1.4.    Gegen den Mandatsbescheid wurde vom Vertreter des Beschwerdeführers mit Schreiben vom 13.03.2020 Beschwerde erhob. Zur Begründung der Beschwerde wurde Folgendes ausgeführt:

Nach einer kurzen Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wurde vorweg dargetan, dass sich das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Tschechien befinden würde. Das BFA habe ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt, da es davon ausgegangen sei, dass er für dieses Land keinen Aufenthaltstitel haben würde. Dem wurde entgegengehalten, dass davon auszugehen sei, dass dem Beschwerdeführer aufgrund seines noch in Tschechien anhängigen Verfahrens in Bezug auf eine vorübergehende Aufenthaltsgenehmigung, da die aufschiebende Wirkung nicht ausdrücklich ausgeschlossen worden sei, ihm ebendort nach wie vor ein Aufenthaltsrecht zukomme. Zum Beweis dafür wurden die entsprechenden Unterlagen in Vorlage gebracht bzw die Einvernahme der Freundin des Beschwerdeführers als Zeugin beantragt. Deshalb sei auch eine Rückkehrentscheidung im Hinblick auf § 52 Abs. 6 FPG unzulässig, zumal sich der Beschwerdeführer vor dem Hintergrund obiger Ausführungen rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte und er lediglich anzuweisen sei, sich selbstständig nach Tschechien zu begeben.

Hinsichtlich der Schubhaftverhängung wurde ausgeführt, dass diese unrechtmäßig sei, da das Vorliegen einer Fluchtgefahr nicht nachvollziehbar sei, zumal sich der Beschwerdeführer durchwegs kooperationsbereit zeige und keinerlei Gründe für die Annahme bestünden, die eine solche rechtfertigen könnten. Auch die Nichtanwendung des gelinderen Mittels sei nicht nachvollziehbar begründet worden. Das gelindere Mittel der angeordneten Unterkunftnahme sowie eine periodische Meldeverpflichtung wären möglich gewesen und hätte diesen der Beschwerdeführer Folge geleistet.

Zur Notwendigkeit der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde ausgeführt, dass diese zur Klärung des Sachverhaltes ausdrücklich beantragt werde – insbesondere zum psychischen Zustand des Beschwerdeführers sowie zur Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels.

Abschließend wurden der Ersatz des Schriftsatzaufwandes als obsiegende Partei 737,60 €, im Falle der Durchführung einer mündlichen Verhandlung zusätzlich der Ersatz des Verhandlungsaufwandes 922,00 € sowie der Ersatz sämtlicher Kommissionsgebühren und Barauslagen beantragt.

1.5.    In einem ergänzenden Schreiben vom 13.03.2020 wurde vom österreichischen Verbindungsbeamten in der Tschechischen Republik bekanntgegeben, dass der Beschwerdeführer bereits den zweiten Antrag auf Ausstellung einer Bewilligung zum vorübergehenden Aufenthalt als Familienangehöriger eines EU Bürgers gestellt habe. Dieser Antrag sei aktuell in der ersten Instanz anhängig, jedoch würde dies nicht zum Aufenthalt in Tschechien berechtigen. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aufenthaltserlaubnis für Tschechien habe.

1.6.    Das BFA legte den Akt dem Bundesverwaltungsgericht am 16.03.2020 vor und erstattete folgende Stellungnahme:

„Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde wurden sehr wohl Ermittlungen zum Aufenthaltsrecht durch das Bundesamt geführt. Eine PKZ Anfrage beim Verbindungsbeamten in der Tschechischen Republik ergab, dass der Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht in der Tschechischen Republik besitzt. Es ist somit auch keine Entscheidung gemäß § 52 Abs. 6 FPG möglich.

Das Bundesamt beabsichtigt eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot nach Algerien zu erlassen. Die Frist für die Beantwortung des Parteiengehörs wurde auf Antrag der Frau XXXX bis 16.03.2020 verlängert. Über diese Entscheidung soll auch die tschechischen Behörden informiert werden.

Der Beschwerdeführer stellte im Jahr 2016 einen Asylantrag in Österreich. Dieses Verfahren wurde nach „Untertauchen“ am XXXX .2016 eingestellt. Zudem liegen aus dem Jahr 2015 zwei Urteile des LG Wien, wegen § 27 SMG (3 Monate bedingt) und §§ 127, 130 StGB (9 Monate, 6 Monate bedingt) welche noch nicht getilgt sind vor. (Auskunft SA)

Da der Beschwerdeführer kein Aufenthaltsrecht in Österreich bzw. eines der Mitgliedsstaaten hat und der dringende Wunsch besteht wieder illegal nach Tschechien zurückzukehren liegt aus Sicht des Bundesamtes erhöhte Fluchtgefahr vor, weshalb Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens und der Abschiebung nach Algerien erlassen wurde.

Es wird beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge:

Die Beschwerde als unbegründet abweisen,

feststellen, dass für die Fortsetzung der Schubhaft maßgebliche Voraussetzungen vorliegen, sowie

das Bundesamt den Kostenersatz in der gesetzlichen Höhe zuzuerkennen.“

1.7.    Gegenständlicher Akt wurde der Abteilung L514 am 16.03.2020 zugewiesen.

II.      Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Algerien und besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft. Der Beschwerdeführer verfügt über kein Aufenthaltsrecht für Österreich oder einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Der Beschwerdeführer hat in der Tschechischen Republik einen Antrag auf Ausstellung einer Bewilligung zum vorübergehenden Aufenthalt als Familienangehöriger eines EU Bürgers gestellt. Dieser Antrag ist aktuell in der ersten Instanz anhängig, jedoch berechtigt dies nicht zum Aufenthalt in Tschechien. Daraus ergebe sich, dass der Beschwerdeführer zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aufenthaltserlaubnis für Tschechien hat.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 06.03.2020, 16:30 Uhr, auf Grund des gegenständlich angefochtenen Schubhaftbescheides durchgehend in Schubhaft. Diese wird derzeit im PAZ XXXX vollzogen. Der Beschwerdeführer ist gesund und haftfähig.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Familie und kein soziales Netz in Österreich. Er ist mittellos und in Österreich nicht integriert.

Der Beschwerdeführer ist einer Ausreise aus dem österreichischen Bundesgebiet bislang nicht freiwillig nachgekommen.

Der Beschwerdeführer stellte am XXXX .2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei dieses Verfahren am XXXX .2016, nachdem der Beschwerdeführer untergetaucht ist, vom BFA eingestellt wurde.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des LG XXXX vom XXXX .2015, XXXX , (RK XXXX .2015) wegen § 27 Abs. 1 Z 1 2. und 8. Fall SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten (Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Mit Urteil des LG XXXX vom XXXX 2015, XXXX , (RK XXXX 2015) wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 127, 130 1. Fall StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten (davon sechs Monate bedingt, Probezeit drei Jahre) verurteilt.

Der Beschwerdeführer hat seinen Lebensmittelpunkt in der Tschechischen Republik, wo auch seine Freundin lebt. Darüber hinaus verfügt er über einen algerischen Reisepass, gültig von XXXX .2017 bis XXXX .2027.

2.       Beweiswürdigung:

2.1.    Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2.    Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers sowie zum Verfahren in einem anderen (EU)Land getroffen wurden, beruhen diese auf dem in Vorlage gebrachten algerischen Reisepass und den vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde. Darüber hinaus ergibt sich das laufende Verfahren in der Tschechischen Republik hinsichtlich des Antrags auf Ausstellung einer Bewilligung zum vorübergehenden Aufenthalt als Familienangehöriger eines EU Bürgers aus den diesbezüglich vom Beschwerdeführer in Vorlage gebrachten Unterlagen.

Das Bestehen eines Verfahrens zur Erlangung eines tschechischen Aufenthaltstitels ist – ebenso wie der Umstand, dass er dort über soziale und familiäre Anknüpfungspunkte verfügt – als unstrittig anzusehen. Lediglich hinsichtlich der Frage, ob aus dem laufenden Verfahren eine Aufenthaltsberechtigung abgeleitet werden kann, ist den Ausführungen des österreichischen Verbindungsbeamten in der Tschechischen Republik vom 13.03.2020 zu folgen, zumal sich die Beschwerde in diesem Punkt lediglich zu nicht fundierten Spekulationen hinreißen lässt.

Die Feststellung zur unrechtmäßigen Einreise in das Bundesgebiet ergibt sich aus dem unbestrittenen Akteninhalt und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer ohne die erforderlichen Dokumente in Österreich einreiste.

Die Feststellungen zur Anhaltung und zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Akteninhalt und entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes (Einsicht in die Anhaltedatei-Vollzugsverwaltung). In der Beschwerde wurde in diesem Zusammenhang am Rande, nämlich im Rahmen der beantragten Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, erwähnt, dass der Beschwerdeführer sodann zu seinem psychischen Zustand Stellung nehmen möchte. Medizinische Unterlagen oder weitere, detailliertere Angaben hiezu fehlen jedoch. Auch gab der Beschwerdeführer im Rahmen seiner niederschriftlichen Befragung in erstinstanzlichen Verfahren an, gesund zu sein und kamen auch im Zuge der bisherigen Anhaltung in Schubhaft keine Hinweise auf eine Erkrankung hervor, weshalb davon auszugehen ist, dass sich der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nicht geändert hat bzw, dass keine behandlungsbedürftige Erkrankung vorliegt.

Die Feststellung zum unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet ergibt sich aus der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer ohne Berechtigung zum Aufenthalt in Österreich befindet.

Der Beschwerdeführer hat bislang keinerlei Bereitschaft gezeigt, freiwillig aus Österreich in seine Heimat auszureisen.

Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Lebensumständen des Beschwerdeführers in Österreich, insbesondere zur fehlenden privaten, familiären und sozialen Verankerung, zum Fehlen hinreichender finanzieller Mittel sowie zum Fehlen einer steten Unterkunft, beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers, auf den entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid sowie auf der Einsicht in das Zentrale Melderegister (ZMR). Die festgestellte soziale und familiäre Verankerung in Tschechien ergibt sich ebenfalls aus den Angaben des Beschwerdeführers bzw aus den in diesem Zusammenhang vorgelegten Unterlagen.

Der festgestellte Antrag auf internationalen Schutz aus dem Jahr 2016 bzw die diesbezügliche Einstellung wegen Untertauchens ergibt sich aus dem IZR Auszug vom 17.03.2020.

Die festgestellten Verurteilungen beruhen auf einem Strafregisterauszug vom 17.03.2020.

Der Beschwerdeführer ist in der Beschwerde den im angefochtenen Bescheid diesbezüglich getroffenen Feststellungen nicht substantiiert entgegengetreten.

3.       Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1.    Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

3.2.    Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

3.3.    Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

3.4.    Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

I.       Zu Spruchpunkt I. (Beschwerde gegen den Schubhaftbescheid und die bisherige Anhaltung in Schubhaft):

1.       Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG gesetzlich definiert. Über den Beschwerdeführer wurde zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme und zur Sicherung der Abschiebung eine Schubhaft verhängt.

2.       Die belangte Behörde führte zur Frage der Fluchtgefahr Folgendes aus:

„Kein bestehendes Familienleben in Österreich.

Keine soziale und berufliche Integration.

Der Wille weiter unrechtmäßig durch die Mitgliedsstaaten zu reisen.

Zwei rechtskräftige Verurteilungen in Österreich wegen Suchtmittel- und Vermögensdelikten.

Fehlende finanzielle Mittel.

Unrechtmäßiger Aufenthalt in den Mitgliedsstaaten.

Entziehung aus dem Asylverfahren in Österreich 2016 durch Untertauchen.“

Die belangte Behörde stützte den angefochtenen Bescheid somit darauf, dass Fluchtgefahr vorliege, weil der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt nicht in Österreich, sondern in Tschechien habe, wo er jedoch derzeit über keinen Aufenthaltstitel verfügen würde. Des Weiteren habe er bereits im Jahr 2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt, dieses Verfahren jedoch nicht abgewartet, weshalb es in der Folge wegen Untertauchens eingestellt wurde. Letztlich wurde auch festgehalten, dass er im Jahr 2015 zwei Mal in Österreich strafrechtlich verurteilt wurde, was darauf hinweisen würde, dass er nicht Willens sei, sich an die österreichische Rechtsordnung zu halten. Darüber hinaus, habe der Beschwerdeführer mehrmals ausgeführt, dass er nicht in Österreich bleiben, sondern nach Tschechien zurückkehren wolle. Weiters verfüge er über keinerlei sozialer Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet sowie über finanzielle Mittel zur Sicherung seines Unterhaltes bzw einen gesicherten Wohnsitz. Vor diesem Hintergrund ist das BFA davon ausgegangen, dass aus diesem Verhalten geschlossen werden könne, dass eine erhebliche Gefahr eines Untertauchens in der Person des Beschwerdeführers bestehe.

In der Beschwerde wurde dem insoweit entgegengetreten, als ausgeführt wurde, dass der Beschwerdeführer kooperationsbereit sei und keine Gründe für Annahme bestünden, die auf eine Fluchtgefahr schließen lassen würden. Weitere – substantiiertere – Angaben wurden in diesem Zusammenhang hingegen nicht gemacht. Diese Ausführungen vermögen jedoch die dargelegten Gründe des BFA hinsichtlich der Annahme einer Fluchtgefahr nicht in Zweifel zu ziehen.

Der Vertreter des Beschwerdeführers fokussierte sich in seinen Ausführungen vielmehr darauf, dass gegen den Beschwerdeführer keine Rückkehrentscheidung – ob seines Aufenthaltstitels für die Tschechische Republik – erlassen werden dürfte, sondern er lediglich dazu anzuweisen sei, sich selbstständig nach Tschechien zu begeben. Wie oben bereits dargetan, ergibt sich aus dem Schreiben des österreichischen Verbindungsbeamten vom 13.03.2020, dass aus dem laufenden Antragsverfahren des Beschwerdeführers keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung abgeleitet werden könne. Dieser Umstand ist auch nicht anzuzweifeln, zumal der Vertreter des Beschwerdeführers in seinen Ausführungen lediglich spekulativ annimmt, dass – weil die aufschiebende Wirkung nicht dezidiert ausgeschlossen worden sei – ein Aufenthaltsrecht besteht. Diese Annahme stellt keine tragfähige Grundlage für das Vorliegen eines Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers in der Tschechischen Republik dar.

Gründe, die einer Überstellung nach Algerien entgegenstehen würden, wurden weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde dargetan.

Auf Grund der dargelegten Umstände besteht im Fall des Beschwerdeführers Fluchtgefahr. Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie auf Grund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers, wie auch seiner bisherigen Einlassungen davon ausging, er werde sich für die Überstellung nach Algerien auf freiem Fuß nicht zur Verfügung halten.

Das BFA geht richtigerweise von einer aufgrund strafrechtlicher Verurteilungen des Beschwerdeführers abgeleiteten mangelnden Vertrauenswürdigkeit und einem besonderen Interesse des Staates an der Sicherstellung der Abschiebung aus.

Im Fall des Beschwerdeführers ist daher zu befürchten, dass er untertauchen und der Überstellung nicht zur Verfügung stehen werde. Auf Grund des Vorverhaltens des Beschwerdeführers liegt vor dem Hintergrund des sozialen Umfeldes des Beschwerdeführers Fluchtgefahr vor, die die Anhaltung in Schubhaft rechtfertigt.

3.       Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es zudem einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 2006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512, und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird.

Die Beschwerde führt aus, dass die Verhängung eines gelinderen Mittels zur Erreichung des Sicherungszweckes ausreichend gewesen wäre und hätte der Beschwerdeführer einer solchen Anordnung Folge geleistet.

Eine konkrete Darlegung, durch welches gelindere Mittel der Aufenthalt des Beschwerdeführers bei Entlassung aus der Schubhaft faktisch gesichert werden könne (vgl. VwGH 17.10.2013, 2013/21/0041, in dem konkret dargelegt wurde, bei welchem Freund, der sich auch bereit erklärt hatte, den Beschwerdeführer aufzunehmen und zu versorgen und bei dem er sich anmelden werde können, sich der Betreffende nach Haftentlassung aufhalten werde, wobei er auch die konkrete Adresse des Freundes der Landespolizeidirektion bereits detailliert mitgeteilt hatte), findet sich in der Beschwerde jedoch nicht.

Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht entscheidend auf die Reihenfolge der Anführung der einzelnen Begründungselemente ankommt, weil die Fragen der Notwendigkeit von Schubhaft und des Genügens von gelinderen Mitteln in einem wechselseitigen Verhältnis stehen und ihre Beantwortung letztlich immer das Ergebnis der einzelfallbezogenen Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen ist. Es muss sich nur aus der Begründung des Schubhaftbescheides nachvollziehbar ergeben, dass nach Herstellung einer Relation zwischen der Größe des Sicherungsbedarfs und den entgegenstehenden privaten Interessen die Verhängung von Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

Dass gegen den Beschwerdeführer bislang kein gelinderes Mittel angeordnet wurde, führt nicht zur Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, da § 76 Abs. 1 FPG als Voraussetzung für die Verhängung von Schubhaft nicht vorsieht, dass zuvor ein gelinderes Mittel verhängt wurde; vielmehr stellt das Verletzen des gelinderen Mittels gemäß § 76 Abs. 3 Z 7 FPG nur einen möglichen Grund für das Vorliegen von Fluchtgefahr dar.

Die Annahme der belangten Behörde, dass mit der Verhängung des gelinderen Mittels das Auslangen nicht gefunden werden könne, trifft zu: Das Argument in der Beschwerde, der Beschwerdeführer wolle sich der Anordnung eines gelinderen Mittels fügen, entbehrt jeglicher Grundlage, zumal der Beschwerdeführer mehrmals ausführte, dass er wieder nach Tschechien, nicht jedoch nach Algerien, zurückkehren wolle.

Auf Grund der im Falle des Beschwerdeführers vorliegenden Fluchtgefahr konnte daher nicht mit der Verhängung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden.

4.       Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

In der Beschwerde wurden diesbezüglich keine begründeten Zweifel angemeldet, die dargelegt hätten, dass eine alsbaldige Überstellung des Beschwerdeführers nach Algerien nicht möglich sei. Vor diesem Hintergrund bestehen keine Bedenken, dass mit der Abschiebung innerhalb der höchstzulässigen Schubhafthöchstdauer nicht auch tatsächlich zu rechnen ist.

5.       Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Dem wurde in der Beschwerde auch nicht substantiiert entgegengetreten. Wie in der Beweiswürdigung bereits ausführlich dargelegt, gibt es keine Hinweise darauf, dass der Beschwerdeführer an psychischen Beschwerden leiden würde.

6.       Auf Grund der infolge des Vorverhaltens des Beschwerdeführers und vor dem Hintergrund des Bestehens einer Fluchtgefahr, die mit der Verhängung gelinderer Mittel nicht das Auslangen finden ließ, der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sowie der Tatsache, dass mit der Durchführung der Überstellung tatsächlich zu rechnen ist, war die Erlassung des Schubhaftbescheides verhältnismäßig und rechtmäßig.

7.       Hinsichtlich der in Beschwerde geführten Anhaltung ist auszuführen, dass seitens des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte zu entnehmen sind, die diese als rechtswidrig qualifizieren würden.

Unter Berücksichtigung des vorliegenden Einzelfalles haben sich sohin keine maßgeblichen Umstände ergeben, die über die von der Verwaltungsbehörde im angefochtenen Bescheid dargelegten Erwägungen hinaus zum Ergebnis geführt hätten, dass zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bzw. der Anordnung der Schubhaft als auch der damit verknüpften Anhaltung, eine Rechtswidrigkeit oder sogar Unverhältnismäßigkeit vorlag.

Schlussfolgernd waren die Schubhaftverhängung und die Anhaltung daher jedenfalls verhältnismäßig, gerechtfertigt und notwendig und entspricht den gesetzlichen Vorgaben des Fremdenpolizeigesetzes und den sonstigen einschlägigen verbindlichen europarechtlichen Regelungen.

Die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid ist sohin abzuweisen.

II.      Zu Spruchpunkt II. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

1.       Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

2.       Für die Durchsetzung der Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit des Beschwerdeführers erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff durch Untertauchen erneut entziehen würde und sich eine Gelegenheit dazu bietet. Da er zudem über keine feststellbaren beruflichen und substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was den Beschwerdeführer im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies umso mehr, als sich die unstrittigen familiären Anknüpfungspunkte in Tschechien befinden. Überdies hat er sich durch sein sonstiges Vorverhalten – etwa die unstrittige Suchtmittelkriminalität – als nicht vertrauenswürdig erwiesen.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien, wie oben dargelegt, weiterhin gegeben. Hinsichtlich Ziffer 9 wurde in der Beschwerde kein substanzielles Vorbringen erstattet. In diesem Zusammenhang ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "soziale Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Anordnung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall sind diese Anknüpfungspunkte überhaupt nicht vorhanden.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine zur Schubhaftanordnung hinreichende Fluchtgefahr seitens des Beschwerdeführers sowie ein hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer (bereits durchsetzbaren) Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anordnung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Anordnung/Fortsetzung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig.

Hinsichtlich der absehbaren Dauer der Schubhaft ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt davon auszugehen, dass diese in zumutbarer Zeit beendet werden kann.

3.       Für die Annahme einer (zukünftigen) unverhältnismäßig langen Anhaltung gibt es gegenwärtig keinen Anhaltspunkt. Eine solche wird auch in der Beschwerde nicht behauptet. Aus heutiger Sicht ist weiter davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers jedenfalls innerhalb der gesetzlich zulässigen Anhaltedauer – mit hoher Wahrscheinlichkeit aber binnen einiger Wochen – erfolgen kann.

Daran ändert auch die aktuelle Situation im Zusammenhang mit dem Corona-Virus (COVID-19) nichts. Entsprechend der medialen Berichterstattung werden aktuell Linienflüge aus Österreich vermehrt vorübergehend eingestellt. Dies bedeutet, dass im vorliegenden Fall eine Abschiebung erst in den kommenden Wochen, wenn diese Beschränkungen wieder aufgehoben werden, möglich sein wird. Den entsprechenden Aussagen der Bundesregierung folgend sollten diese Maßnahmen bis etwa Ostern andauern. Danach sei wieder mit einer weitestgehenden Normalisierung des täglichen Lebens zu rechnen. Im Falle des Beschwerdeführers bedeutet dies aus heutiger Sicht, dass das BFA dazu angehalten sein wird, den Beschwerdeführer sofort abzuschieben, wenn die aktuellen Maßnahmen zurückgenommen werden, zumal der Beschwerdeführer über einen algerischen Reisepass verfügt, gültig von XXXX .2017 bis XXXX .2027.

Diesbezüglich wurden in der Beschwerde keinerlei Ausführungen gemacht, die dieser Annahme entgegenstehen würden, vor allem, dass aufgrund des vorhandenen Reisedokumentes eine Abschiebung nicht möglich sei. Die aktuelle – weltweite – Situation kann jedenfalls nicht bedeuten, dass per se Schubhaften nicht mehr zulässig sind, zumal davon auszugehen ist, dass es sich bei den getroffenen Maßnahmen, wie der Beschränkung des täglichen Lebens oder des Flugverkehrs, um zeitlich begrenzte handelt.

4.       Es ist daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III.    Zu Spruchpunkt III. und IV. (Kostenanträge):

1.       Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

2.       Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Dem Beschwerdeführer gebührt als unterlegener Partei daher kein Kostenersatz, die belangte Behörde ist auf Grund der Beschwerdeabweisung obsiegende Partei und hat Anspruch auf Kostenersatz.

3.       Nach § 35 Abs. 4 VwGVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs. 1 die Kommissionsgebühren sowie die Barauslagen, für die der Beschwerdeführer aufzukommen hat (Z 1), die Fahrtkosten, die mit der Wahrnehmung seiner Parteirechte in Verhandlungen vor dem Verwaltungsgericht verbunden waren (Z 2), sowie die durch Verordnung des Bundeskanzlers festzusetzenden Pauschalbeträge für den Schriftsatz-, den Verhandlungs- und den Vorlageaufwand (Z 3). Die Höhe des Schriftsatz- und des Verhandlungsaufwands hat gemäß Abs. 5 den durchschnittlichen Kosten der Vertretung bzw. der Einbringung des Schriftsatzes durch einen Rechtsanwalt zu entsprechen. Für den Ersatz der den Behörden erwachsenden Kosten ist ein Pauschalbetrag festzusetzen, der dem durchschnittlichen Vorlage-, Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand der Behörden entspricht. Aufwandersatz ist laut Abs. 7 auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

§ 1 VwG-AufwErsV bestimmt die Höhe des zu ersetzenden Vorlageaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei mit € 57,40 und die Höhe des Schriftsatzaufwands der belangten Behörde als obsiegende Partei € 368,80.

Der Beschwerdeführer hat der belangten Behörde daher Kosten iHv € 426,20 zu ersetzen.

5.       Barauslagen sind im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht angefallen.

IV.      Entfall der mündlichen Verhandlung

Der Verfassungsgerichtshof hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 GRC ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen - allenfalls mit ergänzenden Erhebungen - nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11 ua.).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12.03.2012, U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Da im gegenständlichen Fall der maßgebliche und der hg. Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint und auch in der Beschwerde nicht bestritten wurde, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.

Der Sachverhalt ist aus der Aktenlage klar ersichtlich und wird betreffend die wesentlichen Sachverhaltselemente, etwa das Bestehen sozialer und familiärer Anknüpfungspunkte in der Tschechischen Republik oder das Untertauchen während eines anhängigen Asylverfahrens in der Beschwerde im Wesentlichen bestätigt.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte aus diesen Gründen unterbleiben.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist hinsichtlich Spruchpunkt A.I. und A.II. nicht zulässig, weil es an keiner Rechtsprechung zu § 76 Abs. 2 Z 2 FPG mangelt. Die Rechtslage zu A.III. und A.IV. ist nach der Erlassung des § 22a Abs. 1a BFA-VG klar.

Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Abschiebung Fluchtgefahr Fortsetzung der Schubhaft Kooperation Kostenersatz Kostenersatz - Antrag öffentliche Interessen Schubhaft Sicherstellung strafrechtliche Verurteilung Überstellung Untertauchen Verhältnismäßigkeit Vertrauenswürdigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L514.2229582.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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