TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/17 96/19/1548

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Veröffentlicht am 17.10.1997
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs1;
AuslBG §3 Abs2;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z8;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des am 6. März 1974 geborenen AE in Wien, vertreten durch Dkfm. DDr. Gerhard Grone, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Neubaugasse 12-14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. April 1996, Zl. 113.984/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 6. März 1974 geborene Beschwerdeführer ist Adoptivsohn eines österreichischen Staatsangehörigen. Er verfügte nach der Aktenlage über einen Wiedereinreisesichtvermerk für den Zeitraum vom 4. Februar 1993 bis 14. Juni 1993. Er beantragte am 15. Juni 1993 bei der Fremdenpolizeibehörde die Verlängerung seiner Aufenthaltsberechtigung. Dieser nach Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes (AufG) gemäß § 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes (FrG) als Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gewertete Antrag wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 2. Dezember 1994 mangels gesicherten Lebensunterhaltes für die Geltungsdauer der Bewilligung gemäß § 5 Abs. 1 AufG abgewiesen. Begründend führte die erstinstanzliche Behörde aus, der Antragsteller selbst sei nicht erwerbstätig. Der Adoptivvater des Beschwerdeführers habe zwar eine Verpflichtungserklärung abgegeben, jedoch habe der Beschwerdeführer dessen Einkommen nicht nachgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob am 22. Dezember 1994 Berufung. Er brachte vor, es sei unrichtig, daß er nicht erwerbstätig sei. Vielmehr sei er bei einer österreichischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung beschäftigt. Er verfüge über eigenes Einkommen. Eine Unterhaltspflicht treffe seinen Adoptivvater nicht.

Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer am 29. Februar 1996 auf, eine Kopie seiner Beschäftigungsbewilligung bzw. Arbeitserlaubnis binnen zwei Wochen vorzulegen. Diese Aufforderung wurde dem Vertreter des Beschwerdeführers am 4. März 1996 zugestellt. Der Beschwerdeführer kam dieser Aufforderung nicht nach. Aus einem am 9. April 1996 aufgenommenen Aktenvermerk geht hervor, daß die belangte Behörde an diesem Tag von der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Auskunft erhielt, daß der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligung sei. Ein Antrag auf Erteilung eines Befreiungsscheines sei abgelehnt worden.

Mit dem am 12. April 1996 zugestellten angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Aktenlage seit 12. September 1994 im Inland beschäftigt. Hiezu hätte der Beschwerdeführer jedoch aus dem Grunde des § 3 Abs. 1 (richtig wohl: Abs. 2) des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) eine ausländerbeschäftigungsrechtliche Bewilligung benötigt. Eine solche habe er jedoch trotz Aufforderung der belangten Behörde nicht nachgewiesen. Dieses ausländerbeschäftigungsrechtlich verbotene Beschäftigungsverhältnis des Beschwerdeführers rechtfertige die Annahme, sein weiterer Aufenthalt in Österreich werde die öffentliche Ordnung, insbesondere das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gefährden. Der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei daher gegeben. Die Erteilung einer Bewilligung sei aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer sei ledig und ohne Sorgepflichten. Sein Adoptivvater (die Adoption sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 3. Mai 1993 bewilligt worden) sei österreichischer Staatsangehöriger. Im Hinblick auf das dem Beschwerdeführer zur Last liegende Fehlverhalten überwögen jedoch die öffentlichen Interessen an der Versagung der Bewilligung die privaten und familiären Interessen im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht erkennbar Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

§ 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in seiner Fassung vor Inkrafttreten des Antimißbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995, lautete:

"§ 1. ...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt;"

§ 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in der Fassung des Antimißbrauchsgesetzes, BGBl. Nr. 895/1995, lautete:

"§ 1. ...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

...

l) Ausländer, die Ehegatten österreichischer Staatsbürger sind, sowie Kinder (einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die noch nicht 21 Jahre alt sind oder denen der österreichische Staatsbürger Unterhalt gewährt, sofern sie über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 466/1992 in der Fassung BGBl. Nr. 351/1995, verfügen;"

Gemäß § 34 Abs. 15 des Antimißbrauchsgesetzes trat § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in dieser Fassung mit 1. Jänner 1996 in Kraft.

Die in Rede stehende Bestimmung wurde in der Folge durch das Strukturanpassungsgesetz, BGBl. Nr. 201/1996, abermals novelliert. Diese Novelle trat jedoch erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides in Kraft.

§ 3 Abs. 2 AuslBG lautet:

"(2) Ein Ausländer darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, eine Beschäftigung nur antreten und ausüben, wenn für ihn eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wurde oder wenn er eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt."

Dem Beschwerdeführer ist dahingehend beizupflichten, daß die am 12. September 1994, also vor Vollendung seines 21. Lebensjahres, erfolgte Aufnahme seiner Beschäftigung aus dem Grunde des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG in der damals geltenden Fassung vor Inkrafttreten des Antimißbrauchsgesetzes nicht gegen ausländerbeschäftigungsrechtliche Bestimmungen verstieß. Die belangte Behörde hat durch Verweis auf eine Beschäftigung seit 12. September 1994 und durch die Ausführung, daß dieses nicht erlaubte Beschäftigungsverhältnis die von ihr gestellte Prognose rechtfertige, ihren Bescheid jedoch nicht ausschließlich auf die Unrechtmäßigkeit der Arbeitsaufnahme, sondern auch auf die (ihres Erachtens durchgehende) Unrechtmäßigkeit des (bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides aufrechterhaltenen) Arbeitsverhältnisses gestützt.

Der belangten Behörde ist nun insofern beizupflichten, als der Beschwerdeführer nach Vollendung seines 21. Lebensjahres am 6. März 1995 den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterlag, zumal für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 1 Abs. 2 lit. l zweiter Fall AuslBG im Hinblick auf die oben wiedergegebenen Berufungsausführungen des Beschwerdeführers, sein Adoptivvater sei ihm gegenüber nicht unterhaltspflichtig, keine Anhaltspunkte bestehen. Ab 1. Jänner 1996 wäre der Beschwerdeführer überdies nur dann von den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes ausgenommen gewesen, wenn er über eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt hätte. Dies war nicht der Fall. Sein Antrag vom 15. Juni 1993 verschaffte ihm weder eine Berechtigung zum Aufenthalt noch eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz.

Damit verstieß die Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers in Ermangelung einer ausländerbeschäftigungsrechtlichen Bewilligung jedenfalls ab 7. März 1995 gegen § 3 Abs. 2 AuslBG.

Der Verwaltungsgerichtshof hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. November 1995, Zl. 94/18/0735) ausgesprochen, daß die Ausübung einer Beschäftigung, ohne im Besitz der nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz dafür erforderlichen Bewilligung zu sein, im Hinblick auf das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von "Schwarzarbeit" auch dann eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung - selbst im Sinne des § 18 Abs. 1 FrG - darstellt, wenn - mangels Betretung durch die dort genannten Organe - der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 8 FrG nicht erfüllt ist. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie die Auffassung vertrat, die dem Beschwerdeführer zur Last liegende ausländerbeschäftigungsrechtlich verbotene Arbeitstätigkeit rechtfertige die Annahme, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung auch im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gefährden.

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, daß die belangte Behörde ihm das rechtliche Gehör versagt habe, vermag dies seiner Beschwerde schon deshalb nicht zum Erfolg zu verhelfen, weil er es unterläßt darzulegen, welches zusätzliche Vorbringen er im Falle der Vermeidung dieses behaupteten Verfahrensfehlers durch die belangte Behörde erstattet hätte.

Der Beurteilung der belangten Behörde gemäß Art. 8 Abs. 2 MRK tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Sie ist auch nicht zu beanstanden, weil die durch die unrechtmäßige Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers tangierten Rechtsgüter der öffentlichen Ordnung, insbesondere aber des wirtschaftlichen Wohles des Landes im vorliegenden Fall den Eingriff in die während eines bloß etwa viermonatigen rechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers begründeten privaten und familiären Interessen im Inland jedenfalls solange rechtfertigen, als der Beschwerdeführer sein rechtswidriges Verhalten aufrecht erhält.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996191548.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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