Entscheidungsdatum
14.04.2020Norm
BFA-VG §18 Abs2 Z1Spruch
W282 2215305-2/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich vom XXXX 07.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG iVm § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Verfahrensgang / Feststellungen:
1.1 Der Beschwerdeführer ist serbischer Staatsbürger und hält sich jedenfalls seit 1985 durchgehend im Bundesgebiet auf. Der Strafregisterauszug des Beschwerdeführers weist seit 1985 insgesamt elf strafgerichtliche Verurteilungen im Inland auf. Zuletzt wurde er 2009 und 2014 wegen Vorbereitung von Suchtgifthandel (§ 28 SMG) vom BG Linz und 2017 wegen unerlaubtem Umgang mit Suchtgiften (§ 27 SMG) verurteilt; letztere Verurteilung führte zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe. Am XXXX 12.2018 frühmorgens wurde der Beschwerdeführer von Beamten der LPD Oberösterreich im Hinblick auf den Verdachtes des Diebstahls eines Fahrrades in mutmaßlich alkoholisiertem Zustand angehalten und befragt.
1.2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA oder belangte Behörde), Regionaldirektion Oberösterreich leitete Mitte 2018 ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen gegen den Beschwerdeführer ein. Dem Beschwerdeführer wurde am 28.08.2018 ein schriftliches Parteiengehör übermittelt, mit dem er informiert wurde, dass beabsichtigt sei, gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu erlassen. Dieses Parteiengehör wurde dem Beschwerdeführer durch Hinterlegung am 31.08.2018 zugestellt, blieb jedoch unbehoben und unbeantwortet.
1.3 Mit Bescheid vom XXXX 12.2018 erließ das (BFA) zur Zahl XXXX einen Bescheid, mit welchem gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG eine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt III.), eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt wurde (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt wurde (Spruchpunkt V.). Dieser Bescheid samt Verfahrensanordnung nach § 52 Abs. 1 BFA-VG (Rechtsberatung) wurde dem Beschwerdeführer an seiner Meldeadresse am XXXX 12.2018 (Beginn der Abholfrist) zu eigenen Handen durch Hinterlegung bei der zuständigen Geschäftsstelle der österreichischen Post AG für die PLZ 4020 zugestellt. Ebendiese Geschäftsstelle der österreichischen Post AG befindet sich am Bahnhofplatz 11, 4020 Linz und ist von der Zustelladresse des Beschwerdeführers an der XXXX rund 2,3 km entfernt.
1.4 Der Beschwerdeführer behob diesen hinterlegten Bescheid samt Verfahrensanordnung zur Rechtsberatung persönlich bei der zuständigen Geschäftsstelle der österreichischen Post AG zu nicht mehr exakt feststellbarem Zeitpunkt, spätestens jedoch innerhalb der ersten zwei Kalenderwochen des Jahres 2019.
1.5 In weiterer Folge wurde unter Unterstützung des Beschwerdeführers durch den Verein "Substanz", einer Einrichtung für suchtbegleitende Hilfe, mit der durch obige Verfahrensanordnung zur Rechtsberatung beigegebenen Organisation, dem Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ), vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am XXXX01.2019 Termine zur Rechtsberatung des Beschwerdeführers vereinbart, die vom Beschwerdeführer jedoch allesamt nicht wahrgenommen wurden. Innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist langte somit keine Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 12.2018 bei der belangten Behörde ein.
1.6 Am ersten Werktag nach Verstreichen der der Frist zur Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 12.2018, somit am XXXX 01.2019, wurde der Beschwerdeführer bei seiner amtswegig beigegeben Rechtsberaterin des VMÖ vorstellig, um Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen.
1.7 Am XXXX 01.2019 ließ sich der Beschwerdeführer von einer Ärztin für Allgemeinmedizin eine Bestätigung mit diesem Datum ausstellen, in der attestiert wird, dass der Beschwerdeführer " [..]etwa seit Anfang Dezember bis jetzt unter einer depressiven Episode leidet und er Termine nur schwer bis gar nicht wahrnehmen konnte bzw. kann.[..]" und der Beschwerdeführer bei dieser Ärztin in Behandlung stehe.
1.8 Festgestellt wird, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum Dezember 2018 bis zumindest XXXX 01.2019 an einer Episode einer depressiven Erkrankung litt, die es ihm erschwerte bzw. zeitweise verunmöglichte, seinen alltäglichen Verpflichtungen vollumfänglich nachzukommen. Eine spontane positive Veränderung am XXXX 01.2019 iSe deutlichen Verbesserung der Symptomatik dieser depressiven Episode und der damit einhergehenden Einschränkung der Fähigkeit des Beschwerdeführers, seinen Verpflichtungen nachzukommen, konnte nicht festgestellt werden. Darüber hinaus konnte nicht festgestellt werden, dass diese psychische Einschränkung des Beschwerdeführers derart gravierend war, dass er während des gesamten Zeitraums von XXXX 12.2018 bis XXXX 01.2019 dauerhaft handlungsunfähig war und auch mit Unterstützung Dritter diesen ganzen Zeitraum über unfähig war, seinen alltäglichen Verpflichtungen nachzukommen bzw. behördliche Angelegenheiten wahrzunehmen.
1.9. Am XXXX 01.2019 stellte der Beschwerdeführer durch seine Rechtsberaterin einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und führte darin aus, er werde im Rahmen eines Suchthilfeprogramms beim Verein "Substanz" behandelt, dort befinde sich auch seine Meldeadresse, an der der oben genannte Bescheid zugestellt wurde. Als er den Bescheid behob, habe er nicht gewusst, worum es sich dabei handle noch habe er gewusst, dass eine Rechtsmittelfrist einzuhalten sei. Er habe erst am XXXX 01.2018 (wohl gemeint: 2019) klare Gedanken fassen können und habe dann die Rechtsberatung aufgesucht. Dort sei ihm mitgeteilt worden, dass die Rechtsmittelfrist bereits abgelaufen war. Seine seit Dezember 2018 bestehende "depressive Episode" habe Krankheitswert und sei dies ein dem § 71 AVG entsprechendes unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis, welches ihn von der fristgerechten Einbringung einer Beschwerde abgehalten habe. Unter einem wurde die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 12.2018 ausgeführt.
1.10 Mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX 07.2019, Zl. XXXX wies die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG ab und erkannte gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG dem Antrag die aufschiebende Wirkung nicht zu. Nach Wiedergabe der zahlreichen strafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer den Wegfall des Hindernisses iSd § 71 AVG mit XXXX 01.2019 datiere, jedoch nicht angegeben habe, wodurch das Hindernis iSd "depressiven Episode" weggefallen sei bzw. was zur spontanen Verbesserung der Symptomatik geführt habe. Vielmehr gehe aus den Angaben des Beschwerdeführers hervor, dass er auch zum Zeitpunkt der Stellung des Wiedereinsetzungsantrags am XXXX 01.2019 noch nicht in der Lage war seinen alltäglichen Verpflichtungen nachzukommen. Dieser Zustand müsse dann aber auch am XXXX 01.2019 bestanden haben, als der Beschwerdeführer selbständig und von sich aus die Rechtsberatungsorganisation aufgesucht habe. Es sei daher umso unverständlicher, dass der Beschwerdeführer die Termine unmittelbar zuvor - noch innerhalb der Rechtsmittelfrist - nicht wahrgenommen habe. Es sei weiters unverständlich, warum der Beschwerdeführer keine rechtliche Beratung in Anspruch genommen habe, obwohl die Termine hierzu sogar von seinem Betreuer des Suchthilfevereins während der offenen Beschwerdefrist vereinbart wurden. Der Beschwerdeführer habe in Österreich die Schule besucht und halte sich bereits seit 1973 in Österreich auf, was dafürspreche, dass er in diesen Dingen nicht gänzlich unbewandert sei. Er hätte aber auch im Falle seiner Krankheit nach der Judikatur des VwGH für eine angemessene Vertretung sorgen müssen, wenn er selbst zur Wahrnehmung seiner Interessen nicht in der Lage sei. Es treffe den Beschwerdeführer daher ein über einen minderen Grad hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist, durch seine auffallende Sorglosigkeit im aufgrund der Unterlassung der Besorgung seiner Vertretung.
1.11 Gegen diesen Bescheid richtet sich die (fristgerechte) Beschwerde des Beschwerdeführers vom XXXX 08.2019 in der dieser vorbringt, die psychische Erkrankung sei von der belangten Behörde nicht ausreichend gewürdigt, worden. Es sei am XXXX 01.2019 als er die Rechtsberatungsorganisation aufgesucht habe, eine signifikante Besserung seiner psychischen Probleme eingetreten und sei zu diesem Zeitpunkt das Hindernis für die Beschwerdeeinbringung weggefallen. Er sei davor psychisch nicht der Lage gewesen, Hilfe in Anspruch zu nehmen oder die für ihn vereinbarten Termine einzuhalten. Ihm sei die Fristenlage aufgrund seiner psychischen Situation nicht bewusst gewesen. Er habe nicht auffallend sorglos gehandelt, da die ihm zumutbare Sorgfalt sich eben anders darstelle, als die einer gesunden Person. Es sei ihm auch seit Beginn der medizinischen Betreuung Anfang Dezember 2018 nicht möglich gewesen einen Vertreter zu beauftragen.
1.12 Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 06.09.2019 vom BFA vorgelegt. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G 311 abgenommen und der Gerichtabteilung W 282 neu zugewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den Bescheid vom XXXX 12.2019 samt Zustellnachweis, in den bekämpften Bescheid, in die im Akt erliegende ärztliche Bestätigung, in den verfahrensgegenständlichen Antrag, in den angefochtenen Bescheid vom XXXX 07.2019 sowie in den dagegen eingebrachten Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Die Feststellung zur fußläufigen Distanz zwischen der Postgeschäftsstelle 4020 und der Zustelladresse des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Kartendienst "Goolgle Maps".
Die Feststellungen zur Identität des Beschwerdeführers, seinen Vorstrafen, der oben festgestellten zeitlichen Abläufe sowie der erfolgten rechtskonformen Zustellungen bzw. Zustellzeitpunkten des Bescheids vom XXXX 12.2019 und vom XXXX 07.2019 ergeben sich widerspruchsfrei aus dem Akteninhalt und wurden auch nicht bestritten.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer den Bescheid persönlich bei der Postgeschäftsstelle 4020 am Bahnhofplatz 11 in Linz zwischen Ende Dezember 2018 und der ersten beiden Kalenderwochen des Jahres 2019 behoben hat, ergibt sich zum einen daraus, dass der Bescheid zu eigenen Handen (§ 21 ZustG) durch Hinterlegung ebendort zugestellt wurde und der Beschwerdeführer diesen somit unter Ausweisleistung persönlich beheben musste. Der Beschwerdeführer konnte von der Zustellung durch Hinterlegung jedoch erst Kenntnis erlangen, nachdem er sich zuerst zu seiner Zustelladresse beim Verein "Substanz", an der XXXX in Linz begeben hat und dort die Verständigung über die Hinterlegung behoben hat. Dass dies zwischen Ende Dezember 2019 und den ersten beiden Kalenderwochen 2019 erfolgt sein muss, wenngleich es ausfällt, dass der Beschwerdeführer hierzu kein Datum nennt, ergibt sich zum einen aus der (zumindest) zweiwöchigen Abholfrist des § 17 Abs. 3 ZustG und zum anderen aus den Angaben im Wiedereinsetzungsantrag, wonach Betreuer des Beschwerdeführers beim Verein "Substanz" noch vor Ablauf der Rechtsmittelfrist am XXXX01.2019 Termine bei der Rechtsberatungsorganisation für den Beschwerdeführer vereinbart haben. Zu diesem Zeitpunkt musste der Beschwerdeführer den Bescheid vom XXXX 12.2018 - und somit auch die Verfahrensanordnung nach § 52 BFA-VG zur Rechtsberatung beim VMÖ - jedenfalls bereits behoben haben und darüber hinaus seinen Betreuer beim Verein "Substanz" auch über dessen Existenz informiert haben. Auch erscheint es im Lichte der mannigfaltigen Vorerfahrung des Beschwerdeführers mit strafgerichtlichen Verfahren und Entscheidungen nicht überzeugend, wenn dieser angibt, er habe bei Behebung des Bescheids nicht gewusst worum es gehe bzw. dass es sich um ein behördliches Schriftstück handle. Nicht umsonst werden zu eigenen Handen zuzustellende behördliche Schriftstücke in entsprechend farbigen Kuverts (umgangssprachlich "blauer Brief") versendet. Auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer offenkundig sehr wohl in der Lage war den behobenen Bescheid samt Verfahrensanordnung seinen Betreuern zu übergeben, spricht dafür, dass er die Wichtigkeit des Schriftstücks tatsächlich erkannt hat.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum Anfang Dezember 2018 bis (zumindest) XXXX 01.2019 an einer depressiven Episode litt, die es ihm erschwerte bzw. zeitweise unmöglich machte, seinen alltäglichen Verpflichtungen nach zu kommen, basiert auf der vorgelegten Bestätigung der behandelnden Ärztin für Allgemeinmedizin. Im Hinblick auf die strengen Kriterien für ärztliche Zeugnisse (vgl. § 55 ÄrzteG 1998) muss die attestierende Ärztin den Beschwerdeführer vor der Ausstellung jedenfalls einer Befundung unterzogen haben, in deren Folge sie durch die Angabe "[..]etwa seit Anfang Dezember bis jetzt [..]" bestätigt hat, dass sich der Beschwerdeführer am XXXX 01.2019 bei Ausstellung des Zeugnisses im gleichen psychischen Zustand befand, wie er schon seit Anfang Dezember vorherrschte und dieser Zustand auch am XXXX 01.2019 nach wie vor anhielt. Aus dieser sachverständigen Bestätigung ergibt sich daher unmissverständlich, dass die vom Beschwerdeführer im Wiedereinsetzungsantrag sowie in der Beschwerde behauptete spontane Verbesserung seiner psychischen Symptomatik am XXXX 01.2019, nicht der Wahrheit entsprechen kann, wenn seine behandelnde Ärztin nur einen Tag später im Rahmen ihrer Befundung ein Persistieren seiner depressiven Episode attestiert. Diesbezüglich schließt sich das Bundesverwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde uneingeschränkt an, wonach dem Vorbringen des Beschwerdeführers, am XXXX 01.2019 sei plötzlich eine Verbesserung seiner Beschwerden eingetreten, die es ihm just an diesem Tag (am ersten Tag nach Ablauf der Beschwerdefirst) ermöglichte, die Rechtsberatungsorganisation aufzusuchen, keine Glaubwürdigkeit zukommt. Auch bleibt der Beschwerdeführer sowohl im Antrag selbst, als auch in der Beschwerde für diesen auffallenden Zufall jede Erklärung schuldig.
Aus diesem Zusammenhang ergeben sich auch die (Negativ-)Feststellungen zu Punkt 1.8: Wie im Rahmen der rechtlichen Beurteilung noch näher zu erörtern sein wird, ist die vorrangig beweisrelevante Frage jene, ob die psychische Symptomatik des Beschwerdeführer iSe Krankheit derart gravierend war, dass er tatsächlich schuldlos daran gehindert war, selbst für die rechtzeitige Einbringung einer Beschwerde zu sorgen bzw. für seine Vertretung in dieser Verwaltungsangelegenheit zu sorgen. Dies ist aus den folgenden Gründen zu verneinen: Wie oben dargelegt, befand sich der Beschwerdeführer am XXXX 01.2019 anlässlich der Befundung und Attestierung durch seine behandelnde Ärztin im gleichen physischen Zustand, wie er schon seit Anfang Dezember 2018 vorhielt. Ob und inwieweit der Beschwerdeführer daher tatsächlich aufgrund dieser Krankheit daran gehindert war, seine rechtlichen Interessen selbst zu vertreten oder durch Dritte zu vertreten lassen, ist daher daran zu messen, welche hierzu äquivalenten Handlungen er in diesem Zeitraum trotz seiner Beeinträchtigung zu setzen in der Lage war.
Der Beschwerdeführer war in diesem Zeitraum ua. in der Lage, seine Post von seiner Zustelladresse abzuholen und im Rahmen dessen die Verständigung über die Bereithaltung eines behördlichen Dokuments zu beheben; er war in der Lage zu erkennen, dass es sich offenbar um ein behördliches Schriftstück handelte und - nach seinen Angaben ohne Hilfe Dritter - sich selbstständig zur 2,3 km entfernten Post Geschäftsstelle 4020 zu begeben, um den Bescheid samt Verfahrensanordnung vom XXXX 12.2019 nach notwendiger Ausweisleistung persönlich dort zu beheben. Weiters war der Beschwerdeführer in Folge in der Lage, diesen Bescheid samt Verfahrensanordnung seinen Betreuern im Verein "Substanz" zur Kenntnis zu bringen, widrigenfalls diese für ihn keine Termine bei der Rechtsberatungsorganisation hätten vereinbaren können. Auch war er offenbar in der Lage, Termine bei ebendiesem Verein wahrzunehmen, anlässlich derer er von der attestierenden Ärztin behandelt wurde, wie diese im Rahmen der entsprechenden Bestätigung angibt und wie auch aus dem Aktenvermerk des BFA vom 01.07.2019 hervorgeht. Weiters war er trotz fortgesetztem und unverändertem Bestehen seiner psychischen Symptomatik (wie die attestierende Ärztin am XXXX 01.2019 bestätigt) am XXXX 01.2019 in der Lage, selbständig die Dringlichkeit der Lage zu erkennen und ohne Begleitung die zugewiesene Rechtsberatungsorganisation aufzusuchen.
Demnach war der Beschwerdeführer somit auch im Rahmen der Beeinträchtigung seiner depressiven Episode zumindest zu mehreren Zeitpunkten bzw. Intervalla lucida sehr wohl in der Lage, ua. durch die im bereits zu Teil gewordene Mithilfe Dritter des Vereins "Substanz" für seine rechtzeitige Vertretung durch die ihm zugewiesene Rechtsberatungsorganisation zu sorgen. Er nahm aber ausgerechnet diese Termine, im Gegensatz zu den oben dargelegten Terminen, nicht wahr, um am ersten Werktag nach Ablauf der Frist, unter Behauptung einer spontanen Besserung seiner psychischen Probleme, doch seine Rechtsberaterin aus eigenem Antrieb aufzusuchen, obwohl seine Ärztin am XXXX 01.2019, also am Tag danach unverändert das Bestehen seiner psychischen Probleme bestätigt.
Zusammengefasst schließt sich das Verwaltungsgericht der Beweiswürdigung der belangten Behörde insoweit uneingeschränkt an, als die spontane Besserung der psychischen Probleme des Beschwerdeführers iSd Wegfalles des Hindernisses zur Besorgung seiner Vertretung just am XXXX 01.2019 nicht glaubwürdig erscheint, zumal die attestierende Ärztin am Folgetag eben ein Persistieren der psychischen Probleme bestätigt. Wie die belangte Behörde zutreffend würdigt, sind im Antrag auf Wiedereinsetzung auch keine genaueren Angaben dazu enthalten, wodurch diese spontane Besserung eingetreten sein soll, weshalb der Beschwerdeführer seiner diesbezüglichen Bescheinigungspflicht nicht nachgekommen ist. Auch die Beschwerde enthält solche Angaben nicht. Daraus ergibt letztlich, dass die psychische Einschränkung des Beschwerdeführers nicht derart gravierend gewesen sein kann, dass er von XXXX 12.2018 bis XXXX 01.2019 seinen alltäglichen Verpflichtungen bzw. behördlichen Angelegenheiten selbstständig bzw. mit Unterstützung Dritter zu keiner Zeit hätte nachkommen können.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 7 Abs. 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen uns Asyl.
Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Einleitend ist festzuhalten, dass die belangte Behörde der Judikatur des VwGH folgend zutreffend davon ausgeht, dass im gegenständlichen Fall § 33 VwGVG im Gegensatz zu § 71 AVG zur Anwendung zu bringen ist (VwSlg 19.462 A/2016; VwGH 30. 5. 2017, Ra 2017/19/0113; 13. 9. 2017, Ra 2017/12/0086; vgl auch VwGH 17. 3. 2015, Ra 2014/01/0134; 25. 11. 2015, Ra 2015/06/0113; 6. 6. 2017, Ra 2017/05/0075; 5. 12. 2018, Ra 2018/20/0441).
Wenn eine Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist oder eine mündliche Verhandlung versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt (§ 33 Abs. 1 VwGVG).
Gemäß § 33 Abs. 3 VwGVG ist der Antrag auf Wiedereinsetzung in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Beschwerde bei der Behörde, ab Vorlage der Beschwerde beim Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen
1. nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.
2. nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Stellung eines Antrags auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,
bei der Behörde zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.
Bis zur Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag die Behörde mit Bescheid zu entscheiden. § 15 Abs. 3 VwGVG ist sinngemäß anzuwenden. Ab Vorlage der Beschwerde hat über den Antrag das Verwaltungsgericht mit Beschluss zu entscheiden. Die Behörde oder das Verwaltungsgericht kann dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen (§ 33 Abs. 4 VwGVG). Die Erledigung hat daher nur dann in Form eines Beschlusses zu erfolgen, wenn das Verwaltungsgericht über einen Antrag auf Wiedereinsetzung selbst entscheidet, nachdem eine (sonstige) Bescheidbeschwerde bereits gemäß § 14 Abs. 2 VwGVG dem Verwaltungsgericht vorgelegt wurde. Da im gegenständlichen Fall die Beschwerde gegen den Bescheid vom XXXX 12.2018 verspätet eingebracht wurde und diese mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung iSd § 33 Abs. 1 VwGVG verbunden wurde, um die Versäumung der Beschwerdefrist zu sanieren, hat die belangte Behörde zutreffend mit Bescheid vom XXXX 07.2019 den Antrag auf Wiedereinsetzung erledigt. Da die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid abwies, und nun dieser gegenständlich in Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht gezogen wurde, liegt kein Anwendungsfall von § 33 Abs. 4 VwGVG zweiter Satz vor und hat die Erledigung gemäß
§ 28 Abs. 1 VwGVG in Form eines Erkenntnisses zu ergehen (vgl. VwGH Ra 2015/03/0032).
Gemäß § 33 Abs. 5 VwGVG tritt durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.
Der Wiedereinsetzungswerber kann im Rechtsmittel gegen den ablehnenden Bescheid die Gründe, auf die er seinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestützt hat, nicht auswechseln (VwGH 14. 12. 1995, 95/19/0622; 21. 5. 1997, 96/21/0574; 17. 3. 2015, Ra 2014/01/0134). Im Rechtsmittelverfahren ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen nur in jenem Rahmen zu prüfen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers im Antrag abgesteckt worden ist. Insbesondere ist ausschließlich das darin vorgebrachte unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis der Rechtsmittelentscheidung zugrunde zu legen (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72, Rz 115).
Zu A)
3.1 Zum Antrag auf Wiedereinsetzung:
Da die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG entsprechen, sind die zu § 71 AVG entwickelten Grundsätze und seine Judikatur auf § 33 VwGVG übertragbar, wie die belangte Behörde zutreffend ausführt (VwGH 30. 5. 2017, Ra 2017/19/0113).
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ereignis unabwendbar ist, kommt es nach der Rechtsprechung (vgl. VwGH 24.01.1996, 94/12/0179) auf objektive Umstände an, nämlich darauf, ob das Ereignis auch von einem Durchschnittsmenschen objektiv nicht verhindert werden kann. Ob ein Ereignis unvorhergesehen ist, hängt demgegenüber nach der Rechtsprechung nicht von einer objektiven Durchschnittsbetrachtung, sondern vom konkreten Ablauf der Geschehnisse ab. Unvorhergesehen ist ein Ereignis dann, wenn es von der Partei tatsächlich nicht einberechnet wurde und mit zumutbarer Vorsicht auch nicht vorhergesehen werden konnte (VwGH 03.04.2001, 2000/08/0214).
Sowohl im Antrag auf Wiedereinsetzung als auch in der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid wird vorgebracht, die depressive Episode iSe Krankheit sei so sein unabwendbares und unvorhergesehenes Ereignis. Wie schon die belangte Behörde zutreffend ihrem Bescheid zu Grunde legt, kann die Qualifikation der depressiven Episode des Beschwerdeführers als das Hindernis der Krankheit im gegenständlichen Fall außer Streit gestellt werden, da das Hindernis der Krankheit nach der Judikatur des VwGH nicht per-se einen Wiedereinsetzungsgrund darstellt, sondern nur dann, wenn die Dispositionsfähigkeit der Partei aufgrund der Krankheit gravierend beeinträchtigt ist. Nach besagter Judikatur des erfüllt eine krankheitsbedingte Säumnis die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann, wenn die Krankheit zu einer Dispositionsunfähigkeit des Betroffenen geführt oder die Dispositionsfähigkeit so stark beeinträchtigt hat, dass das Unterbleiben der fristwahrenden Handlung in einem milderen Licht - nämlich als bloß minderer Grad des Versehens - zu beurteilen ist (VwGH 23. 6. 2015, Ra 2014/05/0005; 23. 9. 2014, Ra 2014/01/0070; 23. 6. 2015, Ra 2014/05/0005; 29. 1. 2018, Ra 2018/11/0013).
Es reicht aber nicht aus, wenn die Partei gehindert war, die fristwahrende Handlung selbst zu setzen bzw. sich selbst die notwendigen Informationen zu besorgen. Die Partei muss durch die Erkrankung auch daran gehindert gewesen sein, die Versäumung der Frist durch andere geeignete Dispositionen, insbesondere durch Beauftragung eines Vertreters, abzuwenden. Entscheidend ist daher, ob die Partei beim Unterlassen der für die Wahrung ihrer Interessen (insb. von Fristen) notwendigen Schritte einschließlich präventiver Dispositionen (wie etwa der Bestellung eines Vertreters) die erforderliche Sorgfalt walten ließ, die ihr nach ihren persönlichen - durch die Krankheit beeinträchtigten - Fähigkeiten zumutbar gewesen ist, oder ob sie das ihr unter den konkreten Umständen zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Mühe so drastisch (qualifiziert) unterschritten hat, dass ihr auffallende Sorglosigkeit vorzuwerfen ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72, Rz. 79 mwN).
Es war daher gegenständlich die Frage zu klären, ob der Beschwerdeführer durch seine psychische Konsitituion tatsächlich nicht in der Lage war, fristwahrende Handlung zu setzen bzw. vertreten durch Andere setzen zu lassen. Wie das Beweisverfahren ergeben hat, war der Beschwerdeführer nach Ansicht des Verwaltungsgerichts aber nicht derart gravierend beeinträchtigt, dass er überhaupt nicht bzw. zu keinem Zeitpunkt Dispositionen über die notwendigen Handlungen treffen konnte. Wie oben dargelegt, konnte er im relevanten Zeitraum der Beschwerdefrist von Ende Dezember 2018 bis XXXX 01.2019 mehrfach erfolgreich Handlungen setzen (selbständiges Beheben des Bescheids, Erkennen der Wichtigkeit des Schreibens und Information/Weitergabe der Verfahrensanordnung an seinen Betreuer, Einhaltung von Terminen bei seiner Ärztin), die zeigen, dass er keineswegs dauerhaft vollständig dispositionsunfähig war. Vor allem aber, dass er trotz gleichbleibender psychischer Symptomatik bis zur Befundung am XXXX 01.2019, am XXXX 01.2019 just am ersten Werktag nach Ablauf der Beschwerdefrist aus eigenem Antrieb die Rechtsberatungsorganisation aufgesucht hat, zeigt, dass sich im Rahmen seiner depressiven Episode ausreichend intervalla lucida ergaben, binnen derer er zumindest durch seine beigegebene Rechtsvertretung für die entsprechenden fristwahrenden Handlungen hätte sorgen können. Er ließ aber die ohnehin schon durch Dritte für ihn dort organisierten Termine ungenutzt verstreichen. Dem Beschwerdeführer sei zugestanden, dass er während des Laufs der Rechtmittelfrist durchaus zeitweise in einem Zustand gewesen sein mag, der es ihm tatsächlich nicht ermöglicht hat, die zur Fristwahrung notwendigen Dispositionen zu treffen. Aus seinem Verhalten und seinen Dispositionen ergibt sich aber eindeutig, dass es während des Laufs der Rechtsmittelfrist auch Zeiträume gab, in denen er sehr wohl dazu in Lage war, behördliche Schriftstücke zu beheben, Termine wahrzunehmen und sich um seine alltäglichen Notwendigkeiten zu kümmern. Er war nach Ansicht des Verwaltungsgerichts somit zu diesen Zeitpunkten auch in der Lage, die für die Fristwahrung notwendigen Handlungen entweder selbst zu setzen, zumindest aber deren Vornahme durch die beigebende Rechtsberaterin zu veranlassen.
Der Beschwerdeführer hat somit auch unter den konkreten Umständen seiner Krankheit das ihm persönlich zumutbare Maß an Aufmerksamkeit und Sorgfalt signifikant unterschritten, weil er im Rahmen seiner "lichten Momente" diese präventive Disposition (aus welchen Gründen auch immer) unterlassen hat, obwohl er dazu in der Lage gewesen wäre und ihm darüber hinaus dabei sogar Hilfe von seinem Betreuer zu Teil wurde. Dass alle von diesem Betreuer vereinbarten Termine bei der Rechtsberatungsorganisation immer just genau auf Zeitpunkten zu liegen kamen, in denen der Beschwerdeführer gerade dispositionsunfähig war, erscheint ebenso wenig nachvollziehbar wie die Behauptung des Beschwerdeführers, dass gerade am ersten Werktag nach Ablauf der Rechtsmittelfrist eine (letztlich grundlose) spontane Besserung seiner Beschwerden eingetreten ist. Letztere Behauptung wird darüber hinaus auch durch das ärztliche Attest konterkariert.
Zusammengefasst war der Beschwerdeführer daher auch in Anbetracht seiner Krankheit während des Laufs der Beschwerdefrist nicht durchgehend daran gehindert, die notwendigen Handlungen zur Fristwahrung selbst zu setzen; jedenfalls war er aber während dieser Frist mehrmals und auch unterstützt durch Dritte in der Lage dafür Sorge zu tragen, dass diese Handlungen durch seine Rechtsvertreterin vorgenommen werden. Die Unterlassung dieses (herabgesetzten) zumutbaren Maßes an Aufmerksamkeit und Mühe ist ihm - auch unter Berücksichtigung seiner Krankheit - als auffallende Sorglosigkeit vorzuwerfen. Den Beschwerdeführer trifft daher ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist.
Die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX 07.2019, mit dem diese den Antrag auf Wiedereinsetzung abgewiesen hat, war daher gemäß § 28 Abs. 1 iVm
§ 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abzuweisen.
3.2 Zur Anregung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Zur Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 33 Abs. 4 VwGVG ist festzuhalten, dass die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid mit vorliegendem Erkenntnis in der Sache selbst erledigt wird und sich somit ein Abspruch hierüber zu diesem Zeitpunkt erübrigt. Die mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung einhergehende Suspendierung der mit der Versäumung (auch mit einem dadurch rechtskräftig gewordenen Bescheid) verbundenen Rechtswirkungen ist mit Ergehen dieses abweisenden Erkenntnisses obsolet geworden. Nach der Lit. ist dem Gesetzestext nicht zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen ist (VwSlg 16.129 A/2003). Nach hA. hat sich das zuständige Organ an den für das Berufungsverfahren (§ 64 Abs 2 AVG [§ 64 Rz 27 ff]) bzw das verwaltungs- und verfassungsgerichtliche Verfahren (§ 13 Abs 2 und § 22 Abs 2 VwGVG, § 30 Abs 2 VwGG, § 85 Abs 2 VfGG) maßgeblichen Regelungen zu orientieren und die dort enthaltenen Kriterien analog anzuwenden (Hengstschläger/Leeb, AVG § 72 Rz 104). Es genügt daher festzuhalten, dass die Behörde berechtigterweise auf den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Bescheides vom XXXX 12.2018 rekurrierte, wenn gleich sie im angefochtenen Bescheid § 16 Abs. 2 BFA-VG als Rechtsgrundlage anführte, aber erkennbar
§ 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG meinte. Aufgrund der massiven, über Jahrzehnte fortgesetzten Straffälligkeit des Beschwerdeführers und auch im Hinblick auf den Vorfall vom XXXX 12.2018 (vgl. 1.1 der Feststellungen) ging nach Ansicht des Verwaltungsgerichts die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. Das Vorbringen in der Beschwerde, die Behörde habe dies im angefochtenen Bescheid und im Bescheid vom XXXX 12.2018 nicht weiter begründet, trifft nicht zu, da hierzu im Bescheid vom XXXX 12.2018 auf die umfangreichen Ausführungen zu den Spruchpunkten verwiesen wird, mit denen die Rückehrentscheidung erging und das Einreiseverbot erlassen wurde. Wenn nun nach der Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung gegen die Rückkehrentscheidung - unpräjudiziell und mutmaßlich - zu Recht aberkannt wurde, wäre es ein Wertungswiderspruch, die aufschiebende Wirkung - bei Anwendung der gleichen Kriterien - über den "Umweg" eines Wiedereinsetzungsantrags zu erhalten. Abschließend ist festzuhalten, dass im gegenständlichen Verfahren nicht über die Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung und der Zulässigkeit der Abschiebung abzusprechen war, weshalb
§ 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zur Anwendung kommt.
3.1 Zur Nicht-Durchführung einer mündlichen Verhandlung:
Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung (spätestens) in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen.
Soweit kein Parteiantrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorliegt, hat das Verwaltungsgericht, wenn es dies für erforderlich hält, gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung war im gegenständlichen Fall - mangels entsprechender Parteianträge hierauf - Abstand zu nehmen, weil die Schriftsätze der Parteien und die Akten erkennen ließen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
Zu B)
Zur (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen (in der Begründung zitieren) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die Beurteilung, ob ein im Sinn des § 71 Abs 1 Z 1 AVG bzw. des § 33 Abs 1 VwGVG unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden zur Versäumnis geführt hat, also die Qualifikation des Verschuldensgrades, unterliegt - als Ergebnis einer alle maßgeblichen Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Abwägung - grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichts. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl VwGH 08.06.2015, Ra 2015/08/0005).
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Interessenabwägung mangelnder Anknüpfungspunkt öffentliche Interessen Resozialisierung RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W282.2215305.2.00Im RIS seit
23.10.2020Zuletzt aktualisiert am
23.10.2020