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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AktG 1965 §219;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/13/0240 E 22. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der K Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Arnold, Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 2. November 1993, Zl 6/2-114/1/93-06, betreffend Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 1989 gemäß § 299 Abs 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 27. Juni 1989 unter dem Firmenwortlaut Z GmbH mit einem Stammkapital von S 500.000,-- gegründet. In der außerordentlichen Generalversammlung vom 4. September 1989 wurde der Firmenwortlaut auf V GmbH geändert. Nach einer im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1989 erwähnten Übernahmebestätigung vom 13. September 1989 erwarb die V GmbH Aktien der WKB AG (bis zur ao Generalversammlung vom 11. August 1989, in welcher die Umwandlung in eine AG beschlossen worden war, hatte dies in der Rechtsform einer GmbH bestanden) im Ausmaß von 99,99 % des Grundkapitals von S 11 Mio um rd S 594 Mio. Mit Beschlüssen vom 14. September 1989 wurde die WKB AG gemäß Umwandlungsgesetz 1954 auf die Hauptgesellschafterin (die Beschwerdeführerin) umgewandelt und diese auf WKB GmbH umbenannt. Die Anmeldung zur Eintragung dieser Beschlüsse erfolgte ebenfalls am 14. September 1989.
In ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1989 wies die Beschwerdeführerin einen sich aus der verschmelzenden Umwandlung ergebenden Umwandlungsverlust von rd S 585 Mio aus. In ihrer Körperschaftsteuererklärung wies die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung ua dieses Umwandlungsverlustes negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb von rd S 271 Mio aus. Die Veranlagung der Beschwerdeführerin zur Körperschaftsteuer 1989 erfolgte erklärungsgemäß.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Körperschaftsteuerbescheid 1989 im Aufsichtsweg gemäß § 299 Abs 2 BAO auf. Dies im wesentlichen mit der Begründung, gemäß § 20 Abs 3 KStG 1988 in der Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 1989 (BGBl Nr 660/1989) unterbleibe die Liquidationsbesteuerung ua, wenn sichergestellt sei, daß der nicht der Liquidationsbesteuerung unterzogene Gewinn der Körperschaftsteuer unterliege. Dies könne jedoch nur dadurch erreicht werden, wenn einerseits die aufnehmende Gesellschaft die Buchwerte der übertragenden Gesellschaft fortführe und andererseits die Buchgewinne oder Buchverluste bei einer solchen Buchwertumgründung steuerneutral gehalten würden. Würde der Umwandlungsverlust steuerlich anerkannt, so fehlte es an der Sicherstellung der späteren Versteuerung. Die aufnehmende Gesellschaft würde die stillen Rücklagen bei ihrer späteren Verwirklichung zwar als Gewinn versteuern, sie würde aber ihren steuerlichen Gewinn im Jahr der Vermögensübernahme bei Anerkennung des Verlustes in Höhe dieses Verlustes vermindern. In dieser Höhe würde also eine Versteuerung der stillen Rücklagen bei der aufnehmenden Gesellschaft im Endergebnis (per Saldo) nicht geschehen. Durch die Anfügung des § 20 Abs 4 KStG durch das Abgabenänderungsgesetz 1989 mit Wirkung für Vorgänge, die nach dem 15. September 1989 zum Handelsregister angemeldet worden seien, sei die Steuerneutralität von Buchgewinnen und Buchverlusten anläßlich von Buchwertumgründungen im Sinne des § 20 KStG 1988 außer Zweifel gestellt worden. Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage habe mit dem neuen Abs 4 infolge unterschiedlicher Literaturmeinungen und einer daraus resultierenden unterschiedlichen Verwaltungspraxis nunmehr gesetzlich klargestellt werden sollen, daß im Falle des Unterbleibens einer Liquidationsbesteuerung Buchgewinne und Buchverluste steuerunwirksam seien. Daß dem neuen Abs 4 lediglich eine klarstellende Bedeutung zukomme, gehe auch daraus hervor, daß nach dem Willen des Gesetzgebers wirtschaftlich vergleichbare Vorgänge im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung nicht unterschiedlich zu behandeln seien. Denn dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung werde nicht entsprochen, wenn Gewinne und Verluste aus einer Verschmelzung nach § 1 Abs 3 StruktVG steuerneutral seien, im Fall einer wirtschaftlich vergleichbaren verschmelzenden Umwandlung unter Anwendung des § 20 Abs 3 KStG 1988 jedoch auf die Besteuerung der stillen Reserven verzichtet werde. Entsprechend dieser Rechtsmeinung des Gesetzgebers seien im Fall des Unterbleibens einer Liquidationsbesteuerung Buchgewinne und Buchverluste auch dann steuerunwirksam, wenn die Umwandlungsbeschlüsse vor dem 15. September 1989 zum Handelsregister (Firmenbuch) angemeldet worden seien. Da der Buchverlust im Körperschaftsteuerbescheid 1989 zu Unrecht als Aufwand behandelt worden sei, sei der Körperschaftsteuerbescheid 1989 mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und deshalb im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gemäß § 299 Abs 2 BAO aufzuheben.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem Recht auf Beachtung der Rechtskraft des Körperschaftsteuerbescheides 1989 verletzt, insbesondere darin, daß ein rechtskräftiger Bescheid im Aufsichtsweg nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben werden darf, vor allem also, wenn er inhaltlich rechtswidrig ist.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin replizierte auf die Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht zunächst geltend, daß die Ausübung des Aufsichtsrechtes durch die Aufsichtsbehörde nach § 299 Abs 2 BAO eine Ermessensentscheidung darstellt, jede Ermessensentscheidung einer Begründung bedarf, der angefochtene Bescheid eine solche Begründung der Ermessensentscheidung aber nicht enthalte.
Entgegen dieser Darstellung hat die belangte Behörde ihre Ermessensentscheidung jedoch begründet, und zwar mit dem Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung.
Die Beschwerdeführerin meint aber auch, daß gerade bei Ermessensentscheidungen dem Grundsatz von Treu und Glauben Rechnung zu tragen sei. Diesen Grundsatz habe die belangte Behörde verletzt, weil die Beschwerdeführerin die geplante verschmelzende Umwandlung auf sie als Hauptgesellschafter zum Gegenstand einer Anfrage beim Bundesministerium für Finanzen gemacht und das Bundesministerium für Finanzen die Richtigkeit der in der Anfrage geäußerten Rechtsauffassung bestätigt habe. Danach habe auf eine in der Anfrage dargestellte "Umwandlung" der WK GmbH auf die WKB GmbH gemäß dem zweiten Abschnitt des Umwandlungsgesetzes 1954 § 20 Abs 3 KStG 1988 Anwendung zu finden, sodaß eine Gewinnrealisierung bei der WK GmbH (übertragende Gesellschaft) zur Gänze zu unterbleiben habe und es bei der WKB GmbH (aufnehmende Gesellschaft) in Höhe der Differenz zwischen Buchwert der Beteiligung und Buchwert des übergehenden Betriebsvermögens zu einer steuerlich relevanten Gewinn- bzw Verlustrealisierung komme. Im Vertrauen auf diese Anfragebeantwortung habe die Beschwerdeführerin ihre weiteren Dispositionen gesetzt und die verschmelzende Umwandlung durchgeführt. Abgesehen von den letztlich im Konzern handelnden Personen und vom Beteiligungsverhältnis sei der Sachverhalt korrekt dargestellt und die allein maßgebliche Rechtsfrage eindeutig beantwortet gewesen. Die gegenteilige Rechtsansicht im angefochtenen Bescheid verstoße daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt diese Auffassung nicht:
Abgesehen davon, daß - wie die Beschwerdeführerin durch ihren Hinweis auf andere "letztlich im Konzern handelnden Personen" einräumt - die erwähnte Anfrage nicht von der Beschwerdeführerin, sondern von einer anderen Gesellschaft an das Bundesministerium für Finanzen herangetragen wurde und die Anfragebeantwortung an die gleiche, von der Beschwerdeführerin verschiedene Gesellschaft ergangen ist, weswegen die Beschwerdeführerin in ihrem Vertrauen auf die bestätigte Ansicht nicht verletzt werden konnte, kann eine aus dem Grundsatz von Treu und Glauben allenfalls folgende Bindung an eine erteilte Auskunft immer nur diejenige Behörde treffen, die die entsprechenden Auskünfte und Zusagen erteilt hat (vgl das hg Erkenntnis vom 10. Juni 1991, 90/15/0115, mwN). Von einer Bindung der belangten Behörde an die seitens des Bundesministeriums für Finanzen nicht gegenüber der Beschwerdeführerin ergangene Anfragebeantwortung kann daher nicht ausgegangen werden. Die gerügten Verfahrensmängel liegen daher nicht vor.
Wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit rügt die Beschwerdeführerin, daß die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides 1989 deswegen zu Unrecht erfolgt sei, weil der Umwandlungsverlust im aufgehobenen Bescheid zu Recht als abzugsfähig beurteilt worden sei. Auch diese Rüge ist im Ergebnis unberechtigt:
Gemäß § 20 Abs 3 KStG 1988 in seiner Stammfassung unterbleibt die Liquidationsbesteuerung insoweit, als folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1)
Das Vermögen einer inländischen Kapitalgesellschaft muß als Ganzes auf eine andere inländische Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten der übernehmenden Gesellschaft übergehen.
2)
Es muß sichergestellt sein, daß der nicht der Liquidationsbesteuerung unterzogene Gewinn später der Körperschaftsteuer unterliegt.
Gemäß § 20 Abs 4 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989, welcher auf Vorgänge anzuwenden ist, wenn die Beschlüsse nach dem 15. September 1989 zum Handelsregister angemeldet wurden, bleiben in den Fällen des Abs 3 Buchgewinne und Buchverluste, ausgenommen solche aus der Vereinigung von Rechten und Pflichten (Confusio), bei der Gewinnermittlung des übernehmenden Steuerpflichtigen außer Ansatz.
Zwar kann die Ansicht der belangten Behörde, eine Sicherstellung der späteren Besteuerung der stillen Reserven könne nur erreicht werden, wenn einerseits die aufnehmende Gesellschaft die Buchwerte der übertragenden Gesellschaft fortführe und andererseits die Buchgewinne oder Buchverluste bei einer solchen "Buchwertumgründung" steuerneutral gehalten würde, nicht geteilt werden. Für die entsprechende Sicherstellung der späteren Besteuerung der stillen Reserven genügt die Buchwertfortführung als solche. Die belangte Behörde räumt selbst ein, daß die aufnehmende Gesellschaft - bei Buchwertfortführung - die stillen Rücklagen der übertragenden Gesellschaft bei ihrer späteren Verwirklichung zwar versteuern würde, meint aber, daß die übernehmende Gesellschaft bei Anerkennung des Umwandlungsverlustes ihren steuerlichen Gewinn im Jahr der Vermögensübertragung in Höhe dieses Verlustes vermindern würde, wodurch im Endergebnis (per Saldo) eine Versteuerung der stillen Rücklagen unterbliebe. Dieses "Endergebnis" wäre jedoch nicht auf die mangelnde Sicherstellung der späteren Versteuerung der nicht der Liquidationsbesteuerung unterzogenen Gewinne zurückzuführen - die spätere Versteuerung dieser Gewinne ist, wie von der belangte Behörde richtigerweise eingeräumt wurde, bei Buchwertfortführung durchaus gewährleistet -, sondern darauf, daß das KStG 1988 in seiner Stammfassung keine Bestimmung enthält, wonach entsprechende Buchgewinne oder Buchverluste bei der übernehmenden Gesellschaft außer Ansatz zu bleiben haben, wie sie etwa in Art I § 1 Abs 3 oder in Art II StruktVG normiert war oder in der durch das Abgabenänderungsgesetz 1989 eingefügten Bestimmung des § 20 Abs 4 KStG 1988 enthalten ist (vgl etwa Wiesner, Die Strukturverbesserungsmaßnahmen in Gegenwart und Zukunft, SWK 1989, A I 499, oder derselbe in Reform des Umgründungssteuerrechts, RdW 1989, 205). Zu Recht vertritt Hügel, Sind Umwandlungsverluste stets "Scheinverluste"?, ÖStZ 1989, 250 ff, die Ansicht, daß die Bestimmung des § 20 Abs 3 KStG 1988 auf der Rechtsfolgenseite nicht die übernehmende Gesellschaft betrifft, sondern das Unterbleiben der Schlußbesteuerung bei der übertragenden Gesellschaft regelt. Wenngleich die Bewertung in der Bilanz der übernehmenden Gesellschaft als Anwendungsvoraussetzung im Hinblick auf § 20 Abs 3 Z 2 KStG 1988 relevant ist, können aus dieser Regelung Rechtsfolgen jedoch immer nur für die Besteuerung der übertragenden Gesellschaft abgeleitet werden. Sollte der steuerwirksame Abzug eines Umwandlungsverlustes tatsächlich gegen § 20 Abs 3 KStG 1988 verstoßen, hätte dies zwar die gewinnrealisierende Aufdeckung der stillen Reserven im Rahmen der Schlußbesteuerung der übertragenden Gesellschaft zur Folge, auf die Abzugsfähigkeit des Umwandlungsverlustes bei der Ermittlung des Gewinnes der übernehmenden Gesellschaft könnte dies aber keinen Einfluß haben. Die im § 20 Abs 3 Z 2 KStG 1988 geregelte Voraussetzung für eine unterbleibende Liquidationsbesteuerung rechtfertigt damit keine eine im KStG nicht normierte Steuerneutralität entsprechender Buchgewinne und -verluste ersetzende Interpretation.
Dennoch ist die belangte Behörde im Recht, wenn sie die Anerkennung des "Umwandlungsverlustes" im erstinstanzlichen Bescheid als rechtswidrig beurteilt hat:
Im Beschwerdefall wurde das Vermögen der WKB AG gemäß Umwandlungsgesetz (UmwG) 1954 auf die Beschwerdeführerin unter Ausschluß der Liquidation übertragen. Das Umwandlungsgesetz 1954, BGBl Nr 187/1954, in der für das Jahr 1989 geltenden Fassung ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Umwandlung von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung durch Übertragung des Unternehmens auf einen Gesellschafter ("Nachfolgeunternehmer") oder in eine OHG oder KG ("Nachfolgeunternehmen"). Gemäß § 2 UmwG steht einer Umwandlung nach Übertragung des Unternehmens auf den Hauptgesellschafter nicht im Weg, daß dieser eine juristische Person, eine OHG oder eine KG ist. Danach erlaubt der Gesetzeswortlaut des Umwandlungsgesetzes auch eine sogenannte verschmelzende Umwandlung einer "Tochter-AG" auf die "Mutter-AG", einer "Tochter-GmbH" auf die "Mutter-GmbH", einer "Tochter-GmbH" auf die "Mutter-AG" oder einer "Tochter-AG" auf die "Mutter-GmbH", wiewohl das Umwandlungsgesetz sowohl nach seinem Inhalt als auch nach den Erläuterungen (137 Blg NR XVII. GP) in erster Linie die Möglichkeit bieten sollte, Handelsunternehmungen in der Form von Kapitalgesellschaften unter Ausschluß der Liquidation in Einzelunternehmen, Offene Handelsgesellschaften oder Kommanditgesellschaften umzuwandeln. Diesem Hauptzweck trug das Strukturverbesserungsgesetz insofern Rechnung, als es in seinem Art II unter Hinweis auf das Umwandlungsgesetz die Umwandlung von Kapitalgesellschaften in Personengesellschaften oder Einzelunternehmen steuerlich erleichterte.
Neben diesen angeführten Möglichkeiten verschmelzender Umwandlungen regelt auch § 96 GmbHG und § 219 sowie § 234 AktG - mit Ausnahme einer "Tochter-AG" auf die "Mutter-GmbH" - entsprechende Vermögensübertragungen unter Ausschluß der Liquidation, weil abweichend vom Regelfall die jeweils normierte Gewährung von Gesellschaftsanteilen entfallen kann, wenn die übernehmende Gesellschaft bereits alle Anteile der übertragenden Gesellschaft besitzt
(vgl Schiemer/Jabornegg/Strasser, Aktiengesetz, Kommentar, Rz 21 zu § 219 Aktiengesetz).
In seinem Erkenntnis vom 21. September 1993, 91/14/0136, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem Fall einer (damals gemäß § 96 GmbHG vorgenommenen) Verschmelzung zweier Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wobei die Anteile der übertragendenen GmbH von der übernehmenden GmbH gehalten wurden, zu Recht erkannt, daß bei sogenannten Verschmelzungen auf betrieblicher Grundlage kein Wahlrecht zwischen den allgemeinen steuerlichen Grundsätzen, wonach ein in der betrieblichen Sphäre liegender Geschäftsvorfall grundsätzlich der Steuerpflicht unterliegt bzw steuerwirksam ist, und den Sonderbestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes, gegenständlich konkret dem Art I § 1 Abs 3 StruktVG, wonach derartige Buchergebnisse außer Ansatz bleiben, besteht. Diese Ansicht muß auch für den Beschwerdefall gelten, auch wenn die gegenständliche Vermögensübertragung im Sinn einer verschmelzenden Umwandlung auf das Umwandlungsgesetz und nicht auf das GmbHG oder das AktG gestützt wurde, weil Art I § 1 Abs 1 StruktVG ausdrücklich nicht nur auf Verschmelzungen nach den Bestimmungen des 9. Teiles des AktG oder des § 96 GmbHG, sondern auch auf solche "eines anderen Bundesgesetzes" Bezug nimmt. Daß auch eine verschmelzende Umwandlung einer AG mit einer GmbH sachlich nur den Sonderfall einer Verschmelzung darstellt, wird ungeachtet des Umstandes, daß sich die Begriffe "Verschmelzung" und "Umwandlung" (verschmelzende Umwandlung) überschneiden, schon daraus deutlich, daß unter Verschmelzung ganz allgemein die Vereinigung von juristischen Personen unter Ausschluß der Liquidation im Wege der Gesamtrechtsnachfolge verstanden wird (sogenannte echte Verschmelzung, vgl Helbich, Umgründungen4, 234). Das Element der allenfalls gleichzeitigen Formwechslung wird im Regelungsbereich des Strukturverbesserungsgesetzes (sprachlich) nicht gesondert berücksichtigt. Dies wird schon daraus deutlich, daß die im
9. Teil des Aktiengesetzes, in § 234 geregelte umwandelnde Verschmelzung einer GmbH mit einer AG in Art I § 1 Abs 1 StruktVG nur als Verschmelzung bezeichnet wird, obwohl auch diese Verschmelzung ein Element der Formwechslung enthält. Hinzu kommt, daß Art I § 1 Abs 1 lit a StruktVG sachlich auch die im Beschwerdefall verwirklichte Übertragung des Vermögens einer Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft ausdrücklich erfaßt. Ob es sich dabei handelsrechtlich um einen Fall der Vermögensübertragung iSd GmbH-Gesetzes, der Verschmelzung oder Vereinigung im Sinne des § 219 AktG, der "umwandelnden" Verschmelzung iSd § 234 AktG oder der verschmelzenden Umwandlung im Sinne des Umwandlungsgesetzes handelt, ist steuerrechtlich nicht entscheidungswesentlich. Die von Wiesner, Buchgewinne und Buchverluste bei Umgründungen, FS Helbich, 1990, 247, dargestellte Auffassung, daß Umwandlungen nicht unter Art I StruktVG subsumiert werden könnten, überzeugt aus den angeführten Gründen nicht.
Da der Buchverlust im Beschwerdefall somit bereits nach Art I § 1 Abs 3 StruktVG bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens und des Gewerbeertrages der übernehmenden Gesellschaft zwingend außer Ansatz zu bleiben hat, erübrigt sich eine Beantwortung der Frage, ob der gesetzlichen Bestimmung des § 20 Abs 4 KStG 1988 in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 1989 nur klarstellende Bedeutung zukommt oder ob es sich dabei um eine Änderung der Rechtslage handelt.
Die belangte Behörde ist daher im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, daß der Umwandlungsverlust (Verschmelzungsverlust) außer Ansatz zu bleiben hat, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war, wobei von der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden konnte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1993130295.X00Im RIS seit
26.11.2001