TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/7 W256 2230757-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2020
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Entscheidungsdatum

07.05.2020

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1
Auskunftspflichtgesetz §4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W256 2230757-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Caroline KIMM als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Rechtsanwalt XXXX , gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres, Zl. XXXX , zu Recht:

A) Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer versendete am 7. August 2018 über die Internetplattform " XXXX " eine E-Mail an die belangte Behörde, in der er ("Hiermit beantrage ich ...") "für eine journalistische Datenanalyse, Aufbereitung und Verbreitung, insbesondere für die XXXX Reportage " XXXX " und auf der Website XXXX " Informationen zu Asylanträgen seit 2014 beantragte. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer ("beantrage ich") für den Fall einer vollständigen oder teilweisen Verweigerung der Auskunft, die Ausstellung eines Bescheids gemäß § 4 Auskunftspflichtgesetz. Diese E-Mail wurde mit XXXX (im Folgenden: GmbH) gezeichnet und wurde in weiterer Folge als Postanschrift die Unternehmensadresse der GmbH und zwar wie folgt genannt:

"Postanschrift

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX Wien"

Mit E-Mail vom 9. August 2018 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer ("Sehr geehrter XXXX ") mit, dass im vorliegenden Fall aus näher dargestellten Gründen keine Auskunft erteilt werden könne.

Daraufhin begehrte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 17. September 2018 neuerlich die Ausstellung eines Bescheids ("Ich bitte um Ausstellung eines Bescheids"). Dieses Mail wurde von XXXX gezeichnet und als Postanschrift die Firmenadresse der Beschwerdeführerin wie bereits im ursprünglichen Antrag genannt.

Mit wiederum von XXXX gezeichneter E-Mail vom 28. November 2018 teilte dieser der belangten Behörde die Änderung der Postadresse wie folgt mit:

" XXXX

XXXX

XXXX

XXXX Wien"

In weiterer Folge hat die belangte Behörde folgenden (sofern hier wesentlich auszugsweise wiedergegebenen) Bescheid erlassen:

"..

XXXX

XXXX

XXXX

XXXX Wien

[...]

BESCHEID

Spruch

Ihr Antrag auf Auskunft vom 7. August 2018 betreffend Daten zu Entscheidungen nach Asylansuchen wird gemäß § 1 iVm § 4 Auskunftspflichtgesetz, BGBl. Nr. 287/1987 idgF., abgewiesen.

Begründung

I. Verfahrensgang

In der E-Mail vom 7. August 2018, XXXX an das Bundesministerium für Inneres, XXXX , beantragte XXXX (in der Folge: der Auskunftswerber) gemäß §§ 2 und 3 Auskunftspflichtgesetz folgende Auskünfte für eine journalistische Datenanalyse, Aufbereitung und Verbreitung, insbesondere für die XXXX Reportage " XXXX " und auf der Website XXXX :

[...]

II. Feststellungen

Der Auskunftswerber ist Journalist und arbeitet für die XXXX .

[...]

IV. Rechtliche Beurteilung

[...]

Von der Auferlegung einer Verwaltungsabgabe nach § 78 AVG iVm TP 2 BVwAbgV war abzusehen, da der Antragssteller die Auskünfte mit näherer Begründung im Rahmen seiner journalistischen Arbeit und somit nicht im privaten Interesse beantragte [...]."

Begründend führte die belangte Behörde aus, die begehrte Auskunftserteilung sei nicht möglich, da einerseits die Auskünfte in der vom Antragsteller begehrten, maßgeschneiderten Form nicht vorliegen und andererseits eine spezifische Zusammenstellung dieser Auskünfte einen unverhältnismäßig hohen Arbeitsaufwand darstellen würde.

Dagegen erhob die anwaltlich vertretene GmbH Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und brachte sie dazu u.a. vor, sie sei Partei des Verfahrens. Der Beschwerdeführer habe lediglich in deren Auftrag die Anfrage vom 7. August 2018 an die belangte Behörde gestellt und gehe dies aus der Anfrage auch eindeutig hervor. Bei Zweifeln hätte die Behörde im Übrigen Erkundigungen einholen müssen. Für den Fall, dass das Bundesverwaltungsgericht dennoch Zweifel hinsichtlich der Beschwerdelegitimation der GmbH hege, werde - aus anwaltlicher Vorsicht - ergänzend vorgebracht, dass auch der Beschwerdeführer den einschreitenden Rechtsvertreter beauftragt und bevollmächtigt habe. Sollte das Bundesverwaltungsgericht sohin zur Rechtsansicht gelangen, dass die GmbH nicht zur Erhebung einer Beschwerde berechtigt sei, erhebe der Beschwerdeführer das in dieser Beschwerde angeführte Vorbringen sinngemäß zu seinem eigenen und stelle dieser die gleichen Anträge wie die GmbH.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt dem Verfahrensakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Mai 2020, W256 XXXX wurde die Beschwerde der GmbH mit der Begründung, der angefochtene Bescheid richte sich nicht an die GmbH und damit mangels Beschwerdelegitimation der GmbH zurückgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

Der oben wiedergegebene Verfahrensgang und festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt.

2. Rechtliche Beurteilung:

zu Spruchpunkt A)

Der Beschwerdeführer hat für den Fall, dass die Beschwerde der GmbH gegen den angefochtenen Bescheid mangels Beschwerdelegitimation zurückgewiesen werde, Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid erhoben.

Ein solcher auf eine innerprozessuale Bedingung gerichteter Eventualantrag ist im Verwaltungsverfahren durchaus zulässig. Das Wesen eines solchen Antrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt (vgl. VwGH 27.2.2007, 2005/21/0041 m.w.H. sowie VwGH 24.2.2016, Ro 2015/10/0003).

Da mit dem hg Beschluss vom 6. Mai 2020, W256 XXXX die Beschwerde der GmbH gegen den angefochtenen Bescheid mangels Beschwerdelegitimation (rechtskräftig) zurückgewiesen wurde, ist der in der Beschwerde angesprochene Eventualfall eingetreten und damit die Beschwerde des Beschwerdeführers in Behandlung zu nehmen (siehe dazu VwGH 26.3.2015, Ra 2015/07/0040; siehe auch VwGH 24.5.2016, Ra 2016/03/0050, wonach Entscheidungen der Verwaltungsgerichte mit ihrer Erlassung rechtskräftig sind.). ¿

Art. 132 Abs. 1 Z 1 Bundesverfassungsgesetz (B-VG) regelt die Berechtigung zur Erhebung einer Beschwerde an das Verwaltungsgericht nach dem Vorbild der Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (siehe dazu unter Bezugnahme auf die ErlRV 1618 BlgNR 24. GP zu Art. 132 B-VG Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014], Rz 702 m.w.N.).

Demnach kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Nach der auf Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG übertragbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ist eine Beschwerde wegen Fehlens der Beschwerdeberechtigung dann zurückzuweisen, wenn der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid unabhängig von der Frage seiner Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann. Das ist auch der Fall, wenn der Beschwerdeführer nicht Adressat des angefochtenen Bescheids ist (siehe dazu VwGH 24.2.2005, 2004/07/0155; VwGH 28.2.2013, 2013/10/0021; VwGH 23.1.2014, Ro 2014/07/0001 zu Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG, der Vorgängerbestimmung des die Parteibeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aktuell regelnden Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG sowie auch nochmals Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 [2014], Rz 702 ff).

Dabei ist die Beurteilung des Bescheidadressaten allein nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids zu bestimmen (siehe dazu erneut VwGH 23.1.2014, Ro 2014/07/0001, wonach die Beurteilung, ob ein subjektives Recht des Beschwerdeführers möglicherweise verletzt wurde, nach dem Inhalt des angefochtenen Bescheids zu bestimmen ist.).

An wen ein bekämpfter Bescheid aufgrund eines Antrages letztendlich gerichtet werden hätte müssen, ist - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - für die Prüfung der Beschwerdelegitimation hingegen ohne Belang (vgl. dazu auch VwGH 26.6.2013, 2011/05/0199, zu § 63 AVG).

Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel, dass der angefochtene Bescheid gegenüber dem Beschwerdeführer erlassen wurde. So ist der Spruch des angefochtenen Bescheids in direkter Anrede - und damit nur an eine (natürliche) Person gerichtet - formuliert ("Ihr Antrag auf Auskunft vom 7. August 2018") und der im Adressfeld genannte Beschwerdeführer in der Begründung des angefochtenen Bescheids auch ausdrücklich als Auskunftswerber und damit als im Spruch bezeichneter Antragssteller bezeichnet. Dass der Beschwerdeführer für die GmbH fungiert haben soll und der angefochtene Bescheid insofern dieser gegenüber ergangen sein soll, kann mangels eindeutiger Zuordnungselemente im angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht angenommen werden (siehe dazu auch ausführlich den hg Beschluss vom 6. Mai 2020, W256 XXXX ).

Vor dem Hintergrund der obigen Rechtsprechung bestehen daher im vorliegenden Fall keine Bedenken daran, dass der Beschwerdeführer zur Erhebung einer Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid berechtigt ist.

Dieser rügt in seiner Beschwerde zusammengefasst, dass er das Auskunftsbegehren nicht für sich, sondern für die GmbH gestellt habe und die belangte Behörde den Bescheid daher gegenüber der GmbH erlassen hätte müssen.

Dazu ist anzuführen, dass das in Rede stehende Auskunftsbegehren einerseits in der "Ich-Form" geschrieben und mit dem Namen des Beschwerdeführers gezeichnet wurde, darin allerdings auch auf die GmbH sowie darauf hingewiesen wurde, dass die Anfrage zur journalistischen Datenanalyse, Aufbereitung und Verbreitung, insbesondere für die XXXX Reportage " XXXX " und auf der Website " XXXX " erfolgt und als Postadresse die GmbH genannt wurde.

Es geht aus der Anfrage somit - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - nicht eindeutig hervor, ob sie der Beschwerdeführer im eigenen oder im Namen der GmbH gestellt hat.

Der Beschwerdeführer hat allerdings - wie im Übrigen auch die GmbH - in der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass die in Rede stehende Anfrage im Namen der GmbH gestellt und damit allein dieser zuzurechnen ist.

Eine Aufforderung zur Präzisierung war daher im vorliegende Fall nicht (mehr) erforderlich (vgl. zur Präzisierungspflicht der Behörde bei unklaren Anbringen VwGH 15.5.2013, 2011/08/0012, u.v.m. sowie auch in Bezug auf die Verwaltungsgerichte Hengstschläger/Leeb, AVG § 13 [Stand 1.1.2014, rdb.at] Rz 39).

Da im gegebenen Fall somit aber letztlich feststeht, dass das verfahrenseinleitende Anbringen nicht dem Beschwerdeführer zuzurechnen ist (vgl. dazu VwGH 15.5.2013, 2011/08/001 und VwGH 27.9.2011, 2010/12/0142, wonach eine Klarstellung des mit einem Anbringen im Verständnis des § 13 AVG tatsächlich Gewollten solange möglich ist, als darüber noch keine (rechtskräftige) Entscheidung getroffen wurde sowie VwGH 29.10.2015, Ra 2019/09/0030 m.w.H. zur Rechtskraft von Bescheiden), ist der angefochtene Bescheid aber gegenüber einer Person ergangen, die nicht Antragsteller war.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die belangte Behörde wird in weiterer Folge über das - bislang unerledigte - Auskunftsbegehren der GmbH zu entscheiden haben.

zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Eine mündliche Verhandlung konnte im vorliegenden Fall gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG unterbleiben, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der angefochtene Bescheid "aufzuheben" war (vgl. zur gleichartigen früheren Rechtslage Hengstschläger/Leeb, AVG § 67d [Stand 1.7.2007, rdb.at] Rz 22, wonach mit "Aufhebung" die vollständige Beseitigung, also jedenfalls die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids gemeint ist).

zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Weder mangelt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die oben angeführten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes), noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; diese ist auch nicht uneinheitlich.

Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage liegen nicht vor.

Schlagworte

Antragsteller Auskunftsbegehren Auskunftsinteresse Auskunftspflicht Bescheidadressat Beschwerdelegimitation GmbH Zurechenbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W256.2230757.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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