TE Bvwg Erkenntnis 2020/5/14 W208 2226671-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.05.2020
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Entscheidungsdatum

14.05.2020

Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
BDG 1979 §44 Abs1
BDG 1979 §44 Abs2
BDG 1979 §46 Abs1
BDG 1979 §92 Abs1 Z3
BDG 1979 §95 Abs1
BDG 1979 §95 Abs2
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W208 2226671-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER über die Beschwerde des Kontrollinspektor XXXX , vertreten durch RA Dr. Martin RIEDL, gegen die Strafbemessung im Bescheid der Disziplinarkommission im Bundesministerium für Inneres, Senat 1 vom 13.11.2019, GZ: BMI-40046-0018-DK-Senat 1/2019, mit dem eine Geldstrafe von ? 6.000,-- verhängt wurde, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass gemäß § 92 Abs 1 Z 3 BDG eine Geldstrafe in Höhe von ? 4.000,-- verhängt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Polizist (Kriminalbeamter).

2. Am 04.03.2019 erstattete die Dienstbehörde Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft XXXX (StA) wegen Verdacht der Verletzung des Amtsgeheimnisses (§ 310 StGB), weil der Verdacht bestand, dass der BF ein dienstliches Video einer Razzia auf dem ein Verdächtiger (der des XXXX ) zu sehen war und drei weitere Fotos, von einem dienstlichen Gerät auf sein privates Mobiltelefon überspielt habe und anschließend per "Whats App" an eine private Whats App-Gruppe von Polizisten, die mit der Amtshandlung nicht befasst waren, weitergeleitet habe (AS 47).

3. Am 16.03.2019 erstattete die Dienstbehörde Disziplinaranzeige (AS 9), an die im Spruch genannte Disziplinarkommission (DK).

4. Am 28.03.2019 fasste die DK einen Einleitungsbeschluss (AS 159), dem sie den genannten Sachverhalt zu Grunde legte und damit den Verdacht von Dienstpflichtverletzungen gemäß § 46 Abs 1 sowie § 43 Abs 1 und Abs 2 und § 44 BDG begründet sah.

5. Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX (LG), XXXX vom 03.04.2019 wurde der BF wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 StGB zu ? 4.760,-- Geldstrafe (davon bedingt nachgesehen 2.380,--), ? 500,-- Schadenersatz an den betroffenen Sportler und Ersatz der Verfahrenskosten für schuldig befunden (AS 189).

Dieses Urteil wurde in der Folge am 25.07.2019 vom OBERLANDESGERICHT XXXX ( XXXX ; AS 219) bestätigt und rechtskräftig.

6. Am 13.11.2019 fand eine mündliche Verhandlung vor der DK statt, bei der der BF sich schuldig bekannte (AS 269). Ein reuiges Geständnis hatte er bereits bei seiner ersten Einvernahme als Beschuldigter im Strafverfahren am 28.02.2019 (AS 59) ablegt.

7. Mit bei dieser Verhandlung mündlich verkündeten und am 13.11.2019 schriftlich ausgefertigten Disziplinarerkenntnis wurde der BF schuldig gesprochen. Der Spruch lautet:

" [...] er hat

1.) am 28.02.2019 um 0124 das unmittelbar zuvor vom dienstlichen Mobiltelefon auf sein privates Mobiltelefon, MOTOROLA, IMEI: XXXX , Rufnummer XXXX zu Speicherzwecken überspielte, im Rahmen des operativen Einsatzes im Ermittlungsverfahren XXXX im Zuge der Festnahmen aufgenommene dienstliche Video, auf welchem der Festgenommene XXXX zu sehen ist, sowie 3 weitere dienstliche Fotos per Messenger Dienst "Whats App" an die Chatgruppe XXXX weitergeleitet,

er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 46 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 i.d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d.g.F. begangen,

2.) durch das Überspielen des im Rahmen des operativen Einsatzes im Ermittlungsverfahren XXXX im Zuge der Festnahmen aufgenommene dienstliche Video, auf welchem der Festgenommene XXXX zu sehen ist, sowie drei weiterer dienstliche Fotos vom dienstlichen Mobiltelefon auf sein privates Mobiltelefon, MOTOROLA, IMEI: XXXX , Rufnummer XXXX das dienstliche Mobiltelefon zweckwidrig verwendet und damit gegen die Bestimmungen des IKT-Erlasses vom 06.09.2013, GZ BMI-OA1000/242-I/2/b/2013 sowie der IKT Nutzungsverordnung der Bundesregierung, BGBI. Il Nr. 281/2009 verstoßen,

er hat dadurch eine Dienstpflichtverletzung gemäß S 44 Abs. 1 BDG 1979 i. d. g.F. i. V. m, Punkt 2.5. des IKT-Erlasses vom 06.09.2013, GZ BMI-OA1000/242-I/2/b/2013 i. V. m. § 3 der IKT Nutzungsverordnung der Bundesregierung, BGBI. Il Nr. 281/2009 i. V. m. § 79 d BDG 1979 i. d. g. F. i. V. m. § 91 BDG 1979 i. d. g. F. begangen,

über den Beschuldigten wird gemäß § 92 Abs. 1, Z. 3 BDG 1979 i. d. g. F. die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von ? 6.000,- verhängt.

Dem Beschuldigten werden gemäß § 117 Abs. 2 BDG 1979 i. d. g. F. keine Kosten für das Disziplinarverfahren auferlegt."

8. Mit Schriftsatz vom 09.12.2019 (Postaufgabe: 10.12.2019) brachte der BF gegen das seinem Rechtsvertreter am 15.11.2015 zugestellte Disziplinarerkenntnis innerhalb offener Frist Beschwerde gegen die Höhe der Strafe ein.

9. Mit Schreiben vom 11.12.2019 (eingelangt beim BVwG am 17.12.2019) wurden die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - von der DK dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt.

10. Am 11.05.2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG statt, bei der nur der BF und sein Rechtsvertreter erschien. Die belangte Behörde ließ sich entschuldigen, die Disziplinaranwaltschaft war unentschuldigt abwesend.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person Beschwerdeführers

Der BF ist seit XXXX .1993 im Bundesdienst und seit 2004 bei der Exekutive. Er führt den Dienstgrad Kontrollinspektor und war zum Tatzeitpunkt Ermittler im Bereich der Organisierten Kriminalität im XXXX ( XXXX ). Er ist aus Sicht seiner Vorgesetzten ein äußerst motivierter und engagierter Mitarbeiter der national und international als Experte in seinem Fachbereich hohes Ansehen und einen ausgezeichneten Ruf genießt. Er erfüllt die Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit seiner Vorgesetzten und gehen diese davon aus, dass er in Zukunft keine weiteren Dienstpflichtverletzungen mehr begehen wird (AS 9).

Sein Bruttobezug betrug zum Zeitpunkt des Disziplinarerkenntnisses ? 3.195,40 (AS 265). Dazu kommen an seiner Dienststelle Mehrdienstleistungen, Journaldienst- und Nachtdienstzulagen. Er hat Verbindlichkeiten aus einem Kredit für ein Einfamilienhaus iHv ? 150.000,-- (Stand 2004), die er in vierteljährlichen Raten von ? 1.000,-- zurückzahlt. Weiters hat er für dieses Haus Ausgaben (Betriebskosten/Energie) von rund ? 2.400,-- im Jahr, die er sich mit seiner Ehefrau teilt. Seine Ehefrau (eine Ordinationsassistentin) wurde im Zuge der Corona-Pandemie arbeitslos, hat aber eine Wiedereinstellungszusage. Er hat noch Sorgepflichten für einen Sohn (geboren 2015), eine Tochter (Schülerin, geboren 2008) aus einer früheren Beziehung für die er monatlich rund ? 485,-- Unterhalt zu zahlen hat und trägt auch zum Unterhalt der im gemeinsamen Haushalt lebenden Stieftochter (geboren 2003) bei (VHS 3, 4).

Als Folge der Straftat wurde er vorübergehend auf einer anderen Dienststelle verwendet und hatte dort - neben den genannten Kosten des Strafverfahrens (I.5.) Einkommensverluste von rund ? 400-700,-- pro Monat durch den Verlust von Nachtdienst- und Journaldienstzulagen. Nunmehr versieht er wieder Dienst an seiner Dienststelle und kann auch diese Dienste wieder verrichten (VHS 6).

Er ist mit Ausnahme der gegenständlichen Tat sowohl disziplinär- als auch strafrechtlich unbescholten (wobei auch die gegenständliche Tat im aktuellen Strafregisterauszug nicht mehr aufscheint).

1.2. Zum Sachverhalt

1.2.1. Der im Spruchpunkt angeführte Sachverhalt steht fest und wurde im rechtskräftigen Strafurteil festgestellt, dass die Versendung von zwei Fotos von Gegenständen, eines Fotos und eines Videos des Täters bei der Hausdurchsuchung in eine private Whats App - Gruppe von 11 Polizisten, die an der Amtshandlung nicht beteiligt waren, im Zustand der Euphorie und leichten Alkoholisierung (2 Halbe Bier, 3 Gläser Rotwein) begangen worden ist, wodurch seine Dispositionsfähigkeit geringfügig beeinträchtigt war.

Die Verurteilung durch das Strafgericht erfolgte wegen des Vergehens der Verletzung des Amtsgeheimnisses nach § 310 StGB (LG XXXX , XXXX vom 03.04.2019) zu ? 4.760,-- (davon bedingt nachgesehen ? 2.380,-- und ? 500,-- Schadenersatz an den betroffenen Verdächtigen - daher de facto zu zahlen: ? 2.880,-- plus Kostenersatz). Zur Strafbemessung hat das Strafgericht (Seite 7, AS 201) erschwerend die fahrlässig ermöglichte weltweite Verbreitung und mildernd die Unbescholtenheit, das umfassende und reumütige Geständnis, die eingeschränkte Dispositionsfähigkeit (durch die leichte Alkoholisierung [Seite 4, AS 195]) sowie die bedeutenden dienstrechtlichen Nachteile durch Gehaltseinbußen, festgestellt.

Das Bild- und Videomaterial hat er - der bei der Razzia nicht direkt vor Ort war und das Video nicht hergestellt hat - im Zuge der Ermittlungen erhalten und sollte es auf einen Server der Polizei hochladen. Um dies zu beschleunigen, hat er es vom dienstlichen Laptop auf sein privates Mobiltelefon geladen, dass es als Hotspot genutzt hat. Danach hat er das Video nicht gelöscht, sondern es behalten, um sich an dem Ermittlungserfolg zu erfreuen und dieses Erfolgserlebnis mit den anderen befreundeten Polizeibeamten in der Whats App Gruppe zu teilen und sich gegenseitig zu motivieren (VHS 6). Einer dieser Freunde hat sein Vertrauen missbraucht und es ohne Wissen und Wollen des BF an die Medien weitergeleitet. Bei Anwendung der Sorgfalt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm auch zuzumuten war, hätte er erkennen können, dass ein Mitglied dieser Gruppe es an die Medien weitergeben könnte und es weltweite Verbreitung finden werde (AS 197 - Strafurteil).

Nachdem die Medien schon am 27.02.2019 über die Razzia berichtet hatten und am 28.02.2019 das Video im Messengerdienst Whats App aufgetaucht ist, mussten alle involvierten Beamten ihre dienstlichen Mobiltelefone abgeben. Später konnte der Täterkreis aufgrund eines Hinweises auf einen Hobbyfußballverein um den Wohnort des BF eingegrenzt werden. Damit konfrontiert hat der BF am Abend des 28.10.2019 ein umfassendes Geständnis abgelegt und sein privates Mobiltelefon zur Auswertung übergeben (AS 15 - Disziplinaranzeige). Er hat dadurch verhindert, dass der Verdacht weiterhin auch auf seine Kollegen fällt und deren Mobiltelefone ausgewertet werden (VHS 6). Auch wenn er nicht gestanden hätte, wäre er aufgrund der bereits vorliegenden Information als Täter ermittelt worden.

1.2.2. Der BF kannte die folgenden Weisungen/Verordnungen

Punkt 2.5. des IKT-Erlasses vom 06.09.2013, BMI-OA1000/242-I/2/b/2013 Verwendungsrichtlinien der festlegt, dass - unter anderem - die Einbringung dienstlicher Daten in private Endgeräte untersagt ist, wobei im Punkt 2.1 festgehalten ist, dass unter "Endgerät" - unter anderem- ein Mobiltelefon zu verstehen ist.

§ 3 der IKT-Nutzungsverordnung der Bundesregierung, BGBI II 281/2009 zufolge darf die Nutzung der für den Dienstbetrieb zur Verfügung stehenden IKT-Infrastruktur für private Zwecke nicht missbräuchlich erfolgen, dem Ansehen des öffentlichen Dienstes nicht schaden, der Aufrechterhaltung eines geordneten Dienstbetriebes nicht entgegenstehen und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit der IKT-Infrastruktur nicht gefährden. Sie darf außerdem nur unter Beachtung sämtlicher weiterer ressort- oder arbeitsplatzspezifischer Nutzungsregelungen erfolgen.

Der BF ist reumütig geständig und bekannte sich sowohl im Strafverfahren als auch im Disziplinarverfahren schuldig.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und Sachverhalt steht aufgrund der Aktenlage (insb den Feststellungen des Strafgerichts im Urteil vom 03.04.2019) sowie den Ergebnissen der Verhandlung vor dem BVwG fest.

Der Sachverhalt wird vom BF nicht bestritten.

Auf die in Klammern bei den jeweiligen Feststellungen angeführten Beweismitteln (Aktenseiten [AS] bzw die Verhandlungsschrift des BVwG [VHS] wird verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zulässigkeit und Verfahren

Gemäß § 7 Abs 4 VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde beim BVwG vier Wochen. Die Beschwerde wurde fristgerecht eingebracht. Gründe für eine Unzulässigkeit der Beschwerde sind nicht ersichtlich.

Der BF bekämpft ausschließlich die Strafbemessung, die Schuldsprüche sind daher rechtskräftig.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 135a BDG ist im vorliegenden Fall - Beschwerde (nur) des Beschuldigten gegen eine Geldstrafe - keine Senatsentscheidung vorgesehen. Es besteht daher Einzelrichterzuständigkeit.

Zu A)

3.2. Beurteilung der Strafbemessung

3.2.1. Der Bruch des Amtsgeheimnisses stellt nach den rechtskräftigen Feststellungen der DK trotz der strafrechtlichen Verurteilung nach § 310 StGB eine Dienstpflichtverletzung gemäß § 46 Abs 1 iVm §§ 43 Abs 1 und Abs 2 BDG dar.

Darüber hinaus wurde durch die DK im Spruchpunkt 2 eine weitere Dienstpflichtverletzung, durch das Überspielen des Bildmaterials vom dienstlichen Laptop auf das private Mobiltelefon und ein dadurch erfolgte Weisungsverstoß gegen § 44 Abs 1 BDG iVm Punkt 2.5. des IKT-Erlasses vom 06.09.2013, GZ BMI-OA1000/242-I/2/b/2013 iVm § 3 der IKT Nutzungsverordnung der Bundesregierung, BGBl Il 281/2009 iVm § 79 d BDG, rechtskräftig festgestellt.

Zur Schuld im Punkt 1 hat die DK sinngemäß festgestellt, dass, wenngleich die Weiterleitung nicht mit dem Vorsatz der Veröffentlichung in den Medien und nur an Polizisten erfolgt ist, ein schwerwiegendes Fehlverhalten gesetzt wurde. Aufgrund der Lebenserfahrung als Beamter mit 26 Dienstjahren, hätte er wissen müssen, dass auch bei Versendung an einen vertraulichen Kreis, die erteilten Information dennoch einem größeren Kreis zur Kenntnis gelangen könnten. Dieses Verhalten sei fahrlässig. Seine Dispositionsfähigkeit, sei nach den Feststellungen des Gerichtes, an die der Senat gebunden sei, als nur eingeschränkt anzusehen.

Zur Schuld im Punkt 2 habe er vorsätzlich gegen ihm bekannte (genannte) Weisung und Verordnung verstoßen, auch das sei eine schwere Dienstpflichtverletzung.

Zur Strafbemessung sei die im Spruchpunkt 1 genannte Dienstpflichtverletzung (angeführt sind in der Begründung nur mehr die §§ 46 und 43 Abs 2 BDG) als schwerere zu werten und danach die Strafe zu bemessen, der Weisungsverstoß in Spruchpunkt 2 komme erschwerend hinzu. Mildernd sei das Geständnis, die disziplinarrechtliche Unbescholtenheit und die Einschränkung der Dispositionsfähigkeit zu werten. Die aus seinem Verhalten bereits erwachsenen finanziellen Nachteile seien unbeachtlich. Es sei auch die Überlegung eingeflossen, dass es einen Unterschied mache, ob der Beamte unzulässiger Weise geheime Tatsachen direkt den Medien zukommen lasse oder dies eine Folge seines unbedachten Vorgehens gewesen ist.

Aus spezialpräventiver Sicht sei aufgrund der tadellosen Dienstbeschreibung von einem einmaligen Vergehen auszugehen. Die verhängte Geldstrafe sei aber in erster Linie aus generalpräventiven Gründen erforderlich, weil selbst wenn das Vergehen fahrlässig gesetzt wurde, einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten Vorschub geleistet wurde und es durchaus im Bereich des Möglichen liege, dass der Dienstgeber dadurch im Rahmen der Amtshaftung zu Schadenersatzleistung herangezogen werden könne.

3.2.2. Dazu ist zunächst festzustellen, dass die belangte Behörde in dem sie in die Strafbemessung auch noch den § 46 BDG (Verstoß gegen die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit) einbezogen hat, die Rechtslage verkannt hat.

Gemäß § 95 Abs 1 BDG ist von der Verfolgung eines Beamten abzusehen, wenn dieser wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt wurde und sich die Dienstpflichtverletzung in der Verwirklichung des Straftatbestandes erschöpft. Nur wenn dies nicht der Fall ist besteht ein disziplinärer Überhang. Wobei die Disziplinarbehörde gemäß § 95 Abs 2 BDG an die zugrunde gelegten Tatsachenfeststellungen des Strafgerichtes gebunden ist. Diese Bindung umfasst die Feststellung von sowohl die äußere als auch die innere Tatseite betreffenden Tatsachen (VwGH 17.12.2013, 2013/09/0144).

Mit der Verurteilung wegen Verstoß gegen das Amtsgeheimnis (§ 310 StGB, ein echtes Beamtendelikt) ist auch der Unrechtsgehalt der verwirklichten Dienstpflichtverletzung des § 46 BDG erschöpft, ebenso jener des § 43 Abs 1 BDG und kommt diesbezüglich eine Bestrafung nicht mehr in Betracht (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 60). Indem die DK auch den § 46 BDG erkennbar in die Strafbemessung hat einfließen lassen (Seite 7), hat sie ihr Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet. Wenngleich der Schuldspruch selbst aufgrund dessen Rechtskraft nicht mehr durch das BVwG korrigiert werden kann, ist bei der Strafbemessung die bereits durch die rechtskräftige Verurteilung nach § 310 StGB durch das Strafgericht erfolgte (Mit)ahndung des § 46 BDG zu berücksichtigen.

3.2.3. Ein disziplinärer Überhang (der sich auch auf die Strafbemessung auswirkt) wurde hingegen zu Spruchpunkt 1 zu Recht im Hinblick auf § 43 Abs 2 BDG angenommen, weil durch die dem B nachgewiesene Versendung von Bildern von einer einer Straftat verdächtigen Personen durch einen Polizisten - über den Bruch der Amtsverschwiegenheit bzw des Verstoßes gegen das Amtsgeheimnis hinaus - massiv das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben geschädigt wird. Das hat die DK richtig erkannt (Seite 6).

Sie hat aber übersehen, dass von Fahrlässigkeit (auch nach den Feststellungen des Strafgerichts zur subjektiven Tatseite) diesbezüglich keine Rede sein kann. Der B wollte zu Spruchpunkt 1 an elf Personen, denen gegenüber er nicht zur amtlichen Mitteilungen verpflichtet war, ausschließlich aus seiner amtlichen Tätigkeit bekanntgewordene Tatsachen weitergeben, um sich durch die Reaktionen der anderen Whats App-Teilnehmer feiern zu lassen und sich gegenseitig zu motivieren. Dieses Verhalten war zweifellos geeignet, über § 46 BDG hinaus, einen Vertrauensschaden iSd § 43 Abs 2 BDG herbei zu führen. Zum Verschulden liegt daher - entgegen der Ansicht der DK - auch im Spruchpunkt 1 "Vorsatz", sogar in der besonders qualifizierten Form der "Willentlichkeit" vor. Die Pflichtverletzung des § 43 Abs 2 BDG war bereits mit der Weitergabe an die Whats App-Gruppe erfüllt (vgl zu Verstößen von Polizisten gegen die Amtsveschwiegenheit die als besonders schwere Dienstpflichtverletzungen nach § 43 Abs 2 BDG gewertet wurden, zB VwGH 19.09.2001, 99/09/0233; 14.11.2002, 2002/09/0056, bei denen es um die Weitergabe von Information über Planquadrate im Drogen- und Rotlichtmilieu ging oder VwGH 29.04.2004, 2001/09/0146, wo unberechtigt Information ua Daten aus dem EKIS an ein Detektivbüro gegeben wurden. In allen diesen Fällen wurde eine Entlassung ausgesprochen).

Erst die danach erfolgte Weiterleitung an eine noch breitere Öffentlichkeit (weltweit), wollte der B nicht. Nur das wurde vom Strafgericht als fahrlässig beurteilt und als Erschwerungsgrund gewertet.

Die DK hat zu Spruchpunkt 1 im Ergebnis einerseits zu Gunsten des BF (nur) einen fahrlässigen weltweiten Vertrauensschaden in die Strafbemessung, andererseits aber den Verstoß gegen § 46 BDG zu seinem Nachteil einbezogen (Seite 8).

3.2.4. Den vom Strafgericht nicht zu würdigenden vorgelagerten Weisungsverstoß gem § 44 Abs 2 BDG iZm den im Spruchpunkt 2 genannten IKT-Weisung und der Verordnung, hat die DK richtig als Erschwerungsgrund gewertet.

Ein Weisungsverstoß ist niemals eine nur geringfügige Dienstpflichtverletzung und kommt im Gegenstand noch dazu, dass es sich um personenbezogene Daten (Bilder) im Kontext eines Verdachtes einer gerichtlich strafbaren Handlung gehandelt hat. Sodass dieser Weisungsverstoß von der DK zu Recht als schwer beurteilt wurde.

Sind dienstliche Weisungen erkennbar erteilt, so sind sie grundsätzlich bindend und können nicht aus eigener Beurteilung missachtet oder vernachlässigt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, aus welchen persönlichen oder sachlichen Gründen die Befolgung der Weisung unterlassen wird, ob aus Bequemlichkeit, Gleichgültigkeit, Vergesslichkeit, sachlicher Kritik an der Zweckmäßigkeit, Rechthaberei, wegen Unzumutbarkeit oä (VwGH 21.03.1991, 91/09/0002; 21.06.2000, 99/09/0028).

3.2.5. Im Gegensatz zum Straf- oder Verwaltungsstrafrecht zeichnet sich das Disziplinarrecht dadurch aus, das es kein Typenstrafrecht kennt; es kann daher der einzelnen Dienstpflichtverletzung kein jeweils genau definierter Strafrahmen zugeordnet werden. Daher muss, wird das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung festgestellt, zuerst ein Strafrahmen festgelegt und die Strafe in weiterer Folge innerhalb dieses Strafrahmens durch die Bedachtnahme auf Milderungs- und Erschwernisgründen festgelegt werden.

Der Strafrahmen bestimmt sich anhand der Schwere der Dienstpflichtverletzung sowie im Lichte der zu beachtenden spezial- und generalpräventiven Gründe.

Die Strafzumessung ist eine Ermessensentscheidung der Disziplinarbehörde, grundsätzlich steht es dem Verwaltungsgericht nur zu, die Ermessensübung darauf zu kontrollieren, ob diese im Sinne des Gesetzes erfolgt ist. Ist dies der Fall, liegt keine vom Verwaltungsgericht aufzugreifende Rechtswidrigkeit vor und ist die Beschwerde diesbezüglich auch dann abzuweisen, wenn das Verwaltungsgericht das Ermessen anders geübt hätte. Allerdings hat das Verwaltungsgericht die Ermessenskontrolle vor dem Hintergrund der im Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehenden Sach- und Rechtslage durchzuführen. Erfolgte die behördliche Ermessensübung nicht im Sinne des Gesetzes, ist das Verwaltungsgericht bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Entscheidung in der Sache selbst befugt, eigenes Ermessen zu üben (VwGH 15.12.2016, Ra 2015/11/0059).

3.2.6. Die Behörde hat die Disziplinarstrafe mit einer Geldstrafe in der Höhe von ? 6.000,-- und damit knapp unter 2 Monatsbezügen festgesetzt. Aufgrund des Bruttobezuges des B von ? 3.195,40 wäre zum Zeitpunkt der Entscheidung der DK ein Strafrahmen für die Geldstrafe von 5 Bruttomonatsbezügen (= ? 15.977,--) möglich gewesen, weil der BF als Kriminalbeamter selbst ein Strafdelikt begangen hat und damit gegen die Kernpflichten eines Polizisten verstoßen hat, die ja gerade darin liegen Straftaten anderer aufzuklären. Wobei gerade im Bereich der Organisierten Kriminalität der Amtsverschwiegenheit hinsichtlich der Identität von Verdächtigen und dem Vertrauen der nationalen und internationalen Kollegenschaft in die Vertraulichkeit von Informationen eine besondere Rolle zukommt.

Die DK ist in beiden Spruchpunkten von schweren Delikten ausgegangen und hat den Spruchpunkt 1 (trotz der irrigen Annahme, dass er nur fahrlässig verwirklicht worden sei) als schwerste Pflichtverletzung angesehen und bei ihrer Beurteilung auch den § 43 Abs 2 BDG erkennbar in den Vordergrund gestellt (AS 303). Sie hat nur die Pflichtverletzung zu Spruchpunkt 2 als Erschwerungsgrund herangezogen und demnach die als Erschwerungsgrund vom Strafgericht angenommene "fahrlässige weltweite Verbreitung" nicht als Erschwerungsgrund herangezogen, obwohl sich dadurch der Vertrauensschaden - der auch bei der unberechtigten Weitergabe an elf nicht in die Amtshandlung involvierte Polizisten bereits bestand - enorm vergrößert hat und letztlich vom BF ausgelöst wurde. Von einem geringen Tatunwert - wie der BF in seiner Beschwerde anführt - kann, angesichts der mit entsprechender Sorgfalt vorhersehbaren potentiellen Folgen der Tat bei elektronischer Weiterleitung, die letztlich eingetreten sind, nicht gesprochen werden. Wenngleich die Tat als nicht derart schwer zu werten war, dass sie eine Entlassung getragen hätte, wie bei den oben erwähnten Beispielen.

Die DK hat bei den spezialpräventiven Gründen die 26-jährige hervorragende Dienstleistung ins Kalkül gezogen und eine gute Zukunftsprognose angenommen, was sie offenbar dazu bewogen hat - trotz der Schwere der Tat - den Strafrahmen von 5 Monatsbezügen nicht weiter auszuschöpfen.

Sie hat angeführt, dass trotz der geringen spezialpräventiven Erforderlichkeit die verhängte Geldstrafe aus generalpräventiven Gründen erforderlich sei. Dieser Ermessensentscheidung wäre, wären ihr nicht die oben genannten Irrtümer unterlaufen, nicht entgegen zu treten. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten (VwGH 15.12.2011, 2011/09/0105).

3.2.7. Zur Strafbemessung im engeren Sinn, hat die DK - wie bereits erwähnt - nur den Spruchpunkt 2 als Erschwerungsgrund herangezogen.

Die Milderungsgründe wurden von der DK zwar berücksichtigt, jedoch nicht gewichtet.

Die bisherige Unbescholtenheit und der Widerspruch zur sonstigen tadellosen, sogar überdurchschnittlichen Dienstleistung ist unstrittig und wiegt schwer.

Die Einschränkung der Dispositionsfähigkeit wurde durch das Strafgericht festgestellt und ist daher nicht mehr zu hinterfragen, doch als nur gering zu gewichten (AS 241).

Zum Geständnis ist einerseits zu sagen, dass dieses erst erfolgte nachdem die Mobiltelefonauswertung schon im Raum stand und der Täterkreis auf die Wohnregion des BF eingegrenzt wurde. Es wäre daher nur mehr eine Frage der Zeit gewesen, dann wäre der BF ohnehin als Täter ermittelt worden, sodass ein Leugnen nicht lange Aussicht auf Erfolg gehabt hätte (VwGH 21.09.2005, 2005/09/0042). Andererseits hat der BF durch sein reumütiges Geständnis die anderen in die Amtshandlung involvierten Kollegen vor entsprechenden Verdächtigungen bewahrt, der Polizei weitere Ermittlungen und einen noch höheren Ansehens- und Vertrauensverlust erspart und sich reuig gezeigt. Auch zum Spruchpunkt 2 war er reuig geständig. Es ist daher entsprechend heranzuziehen und zu gewichten.

Die dienstrechtlichen Nachteile sind nur vorübergehend gewesen und stellen, da der BF wieder an seine Dienststelle zurückgekehrt ist und auch sonst seine Lebensführung nicht nachhaltig und längerfristig beeinträchtig wurde, keinen Milderungsgrund dar (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0179).

Die Verhängung der Geldstrafe von ? 6.000,-- (knapp unter zwei Bruttomonatsbezügen) ist unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die DK zu Unrecht auch den § 46 BDG als "disziplinären Überhang" in die Strafbemessung einbezogen hat und das Verhalten zu § 43 Abs 2 BDG als (nur) "fahrlässig" rechtskräftig festgestellt hat, dennoch nach unten zu korrigieren ohne die von der DK zu Recht geforderte generalpräventive Wirkung zu gefährden.

Das BVwG hält aufgrund der oben dargestellten Umstände des Einzelfalls - und dass der BF schon vom Strafgericht eine tatsächlich zu bezahlenden Geldstrafe von ? 2.880,-- für den Bruch des Amtsgeheimnisses erhalten hat - eine Geldstrafe iHv ? 4.000,-- (und damit klar über einem Bruttomonatsbezug) für die darüber hinausgehenden Dienstpflichtverletzungen des BF für ausreichend aber auch notwendig (vgl BVwG, W208 2016899-1 vom 24.03.2015, wo bei einem fahrlässigen Verstoß gegen §§ 44 und 46 BDG eines Rechnungshofbeamten wegen Liegenlassens eines vorläufigen Prüfergebnisses, eine Geldstrafe von zwei Monatsbezügen verhängt wurde, aber keine strafgerichtliche Verurteilung zu einer Geldstrafe erfolgt ist und der VwGH an der Strafbemessung nichts auszusetzen hatte [VwGH 23.02.2017, Ro 2015/09/0013]).

Diese Geldstrafe bringt für die Kollegenschaft des BF klar zum Ausdruck, dass die Weitergabe von Ermittlungsergebnissen die Amtsgeheimnisse darstellen (insbesondere auf elektronischem Weg und mit Offenbarung der Identität von Personen), an eigene Kollegen die nicht mit dem Fall befasst sind, trotz des nachvollziehbaren Motivs über Ermittlungserfolge als Polizist auch reden zu wollen und sich und die Kollegen zu motivieren, mit empfindlichen Konsequenzen verbunden ist, wenn dies ohne Ermittlungsnotwendigkeit und/oder nachweisbarem Einverständnis des Vorgesetzten erfolgt.

Die Geldstrafe ist vom BF aufgrund seiner persönlichen Verhältnisse und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (Schulden, Sorgepflichten, kurzfristige Arbeitslosigkeit der Ehefrau) verkraftbar, weil er über einen sicheren Arbeitsplatz und ein entsprechend hohes und geregeltes Einkommen verfügt, dass er durch die Bereitschaft zur Leistung von Nacht- und Journaldiensten auch noch anheben kann. Er kann weiters eine Ratenzahlung beantragen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die dargestellte Judikatur darf verwiesen werden.

Schlagworte

Amtsgeheimnis disziplinärer Überhang Disziplinarkommission disziplinarrechtliche Verfolgung Disziplinarstrafe Disziplinarverfahren Fahrlässigkeit Geldstrafe Herabsetzung Polizist Strafbemessung Strafbeschwerde strafrechtliche Verurteilung Vertrauensschädigung vorsätzliche Begehung Weisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W208.2226671.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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