TE Vfgh Beschluss 1995/11/28 V150/95

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Veröffentlicht am 28.11.1995
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Index

50 Gewerberecht
50/01 Gewerbeordnung

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Wr MarktO 1991 §70 Abs2a

Leitsatz

Zurückweisung des Individualantrags auf Aufhebung einer Bestimmung der Wr MarktO 1991 betreffend Aufenthaltszeiten von Kunden auf einem Blumengroßmarkt mangels Eingriff in die Rechtsposition der antragstellenden Inhaber von Standplätzen

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit einem auf Art139 B-VG gestützten Individualantrag begehren die Antragsteller, §70 Abs2a der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien, mit der für die Wiener Märkte eine Marktordnung erlassen wird (Marktordnung 1991), Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 30, in der Fassung Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 28/1995, als gesetzwidrig aufzuheben.

Diese (am 14. Juli 1995 in Kraft getretene) Bestimmung lautet:

"(2a) Kunden, die für den Handel mit den in §14 Abs1 Z1 und 2 angeführten Waren gewerbeberechtigt sind oder die diese Waren im eigenen Gewerbebetrieb (zum Beispiel zu Dekorationszwecken) verwenden, dürfen sich auf dem Blumengroßmarkt während der gesamten Marktzeit aufhalten. Andere Kunden dürfen sich auf dem Blumengroßmarkt nur in der Zeit von 7 bis 8.30 Uhr aufhalten."

Bei den in §14 Abs1 Z1 und 2 Marktordnung 1991 angeführten Waren handelt es sich zum einen um gärtnerische Erzeugnisse (ausgenommen Gemüse und Obst); zum anderen um in der jeweiligen litb namentlich aufgezählte Gegenstände wie etwa Adventkränze, Palmkätzchen und Reisig.

Gemäß §85 Z28 der Marktordnung 1991 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach den Bestimmungen des V. Hauptstückes der Gewerbeordnung zu bestrafen, "wer entgegen §70 Marktgebiete betritt, nicht rechtzeitig verläßt oder sich auf dem Marktgebiet aufhält".

2. a) Die Antragsteller sind - nach ihren eigenen Angaben - Erwerbsgärtner und Bestandnehmer von sogenannten Landparteienplätzen am Blumengroßmarkt Wien-Inzersdorf.

Ihre Antragslegitimation erachten sie deshalb für gegeben, weil zu befürchten sei, daß sie infolge der angefochtenen Bestimmung, die Kunden ohne Blumenhandelsgewerbeschein den Zutritt und Aufenthalt auf dem Blumengroßmarkt - abweichend von den gemäß §4 Abs2 Z1 Marktordnung 1991 festgelegten Marktzeiten (Montag bis Samstag von 5.00 bis 8.30 Uhr) - nur noch von 7.00 bis 8.30 Uhr gestatte, etwa 50 % ihres bisherigen Umsatzes einbüßen.

b) Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, daß die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10353/1985, 11730/1988).

Mit ihrem Vorbringen vermögen die Antragsteller aber nicht darzutun, daß ihre Rechtsposition durch die angefochtene Verordnungsbestimmung unmittelbar betroffen wird. Sie leiten ihre Betroffenheit nämlich daraus ab, daß einem in der Verordnung näher umschriebener Personenkreis, der zum Kundenstock der Antragsteller zähle, nur zu eingeschränkten Zeiten ein Zutritts- und Aufenthaltsrecht am Blumengroßmarkt zukommt.

Die angefochtene Vorschrift richtet sich nicht unmittelbar an die am Blumengroßmarkt Wien-Inzersdorf zum Verkauf bestimmter Martkgegenstände befugten Personen (sogenannten Markt- und Landparteien), sondern an (potentielle) Kunden dieses Großmarktes. Deren Rechtsposition, nicht aber die der Inhaber von Standplätzen wird durch die in Rede stehende Bestimmung gestaltet.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß sich die durch die angefochtene Bestimmung bewirkte Einschränkung der Einkaufsmöglichkeiten für Kunden des Blumengroßmarktes auf die wirtschaftliche Position der vom Marktbesuch abhängigen Erwerbsgärtner auszuwirken vermag. Dies ändert aber nichts daran, daß die angefochtene Bestimmung die Rechtsstellung der Antragsteller - als zum Verkauf von Waren auf diesem Großmarkt befugte Personen - nicht gestaltet (vgl. zB VfSlg. 11369/1987 sowie VfGH 27.9.1994, G184/94, und 29.6.1995, G33/95).

c) Der Antrag war daher mangels Legitimation gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Gewerberecht, Marktverkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:V150.1995

Dokumentnummer

JFT_10048872_95V00150_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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