TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/15 W159 2214092-1

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Veröffentlicht am 15.06.2020
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Entscheidungsdatum

15.06.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §52

Spruch

W159 2214092-1/9E

Teilerkenntnis

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Clemens KUZMINSKI als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird Folge gegeben und Spruchpunkt V. ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Die Beschwerdeführerin, eine serbische Staatangehörige, wurde am 21.05.2018 in XXXX von Polizeibeamten angehalten und kontrolliert. Da sie verdächtigt wurde, die erlaubte Aufenthaltsdauer in Österreich überschritten zu haben und bei einer Arbeit in einem Gasthaus betreten worden sei, wurde sie von der Polizei festgenommen und niederschriftlich einvernommen. Sie gab an, dass sie bei ihrer erkrankten Cousine in XXXX aufhältig sei und bestritt die „Schwarzarbeit“. Am 22.12.2018 erfolgte eine Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg. Sie gab an, dass ihr Sohn, ebenfalls in Vorarlberg lebe und sie werde sich von ihrem Mann in Serbien scheiden lassen. Über Vorhalt, dass sie mit Urteil des LG XXXX am 14.08.2018 wegen Fälschung eines Beweismittels in Verbindung mit Fälschung besonders geschützter Urkunden zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren verurteilt worden sei, gab sie an, dass sie eine „slowenische Karte“ gehabt habe, und vertraut habe, dass diese echt und nicht gefälscht sei.

Mit Mandatsbescheid der des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg vom 22.12.2018 Zl. XXXX wurde die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet und die Beschwerdeführerin in Schubhaft genommen.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.01.2019, Zl. 118291497-181230394 wurde unter Spruchteil I. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, unter Spruchteil II. eine Rückkehrentscheidung erlassen und unter Spruchteil III. festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei, unter Spruchpunkt IV. ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen und unter Spruchpunkt V. keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt.

In der Begründung des Bescheides wurde (kurz) der bisherige Verfahrensgang dargestellt und Feststellungen zum Herkunftsstaat Serbien getroffen. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass keiner der drei Gründe des § 57 AsylG vorliege (Spruchpunkt I.) und zu Spruchpunkt II. wurde insbesondere dargelegt, dass die Beschwerdeführerin eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, da sie einerseits einer illegalen Beschäftigung nachgegangen sei und andererseits rechtskräftig wegen Fälschung eines Beweismittels bzw. Fälschung besonders geschützter Urkunden verurteilt worden sei. Sie führe weiters kein Familienleben in Österreich. Ihre familiären Anknüpfungspunkte würden sich in Serbien befinden. Auch sonstige Anknüpfungspunkte in kultureller und sozialer Form würden nicht bestehen. Ihr Sohn sei wohl in Österreich aufhältig, aber verheiratet und volljährig. Die Rückkehrentscheidung sei daher zulässig. Da sich weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen zum Herkunftsstaat irgendeine Gefährdung im Sinne des § 50 FPG ergebe, sei die Abschiebung nach Serbien als zulässig anzusehen (Spruchpunkt III.). Spruchpunkt IV. wurde insbesondere mit der illegalen Beschäftigung in Österreich begründet. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung mit der Erforderlichkeit der sofortigen Ausreise im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit (Spruchpunkt V.).

Die Beschwerdeführerin wurde aus der Schubhaft entlassen und ist unter Mitwirkung der XXXX unter Gewährung von Rückkehrhilfe am 04.01.2019 aus dem Bundesgebiet nach Serbien ausgereist.

Gegen den obigen Bescheid erhob die Antragstellerin, vertreten durch die XXXX , fristgerecht „in vollem Umfang“ Beschwerde und stellte einen ausdrücklichen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Darin wurde insbesondere ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren, insbesondere mangelhafte Befragungen moniert. Die Beschwerdeführerin verfüge nämlich über ein schützenswertes Familienleben in Österreich, zumal sie Herrn XXXX eine Beziehung führe und mit Frau XXXX eine tiefe Freundschaft verbinde und sie diese im Alltag unterstütze, wobei die Einvernahme der beiden als Zeugen ausdrücklich beantragt wurde. Der Bemessung des Einreiseverbotes seien auch Milderungsgründe nicht berücksichtigt worden und sei es zu keiner ganzheitlichen Würdigung des individuellen Vorbringens der Beschwerdeführerin gekommen. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin über keine familiären, kulturellen oder sonstigen Anknüpfungspunkte in Österreich verfüge, sei ausdrücklich falsch. Weiters wurde ausdrücklich beantragt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, da dadurch das Einreiseverbot Art. 8 EMRK verletzt werde, zumal sich die Kernfamilie der Beschwerdeführerin in Österreich befinde. Ihr Sohn, ihr Lebensgefährte und ihre Freundin sind legal in Österreich und würde es durch das Einreiseverbot zu einem massiven Eingriff in das Familienleben kommen. Schließlich wurde auch vorgebracht, dass ein Einreiseverbot nicht zwingend mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden sei und die Behörde eine unzureichende durchgeführte Prognosebeurteilung vorgenommen habe. Abschließend wurde nochmals der Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung unter Hinweis auf die diesbezügliche Judikatur des VwGH und des EGMR wiederholt.

Mit E-Mail vom 22.02.2019 wurde nochmals ausdrücklich der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wiederholt. Eine solche ist jedoch bis dato nicht erfolgt. Mit Aktenvermerk vom 29.04.2020 wurde der gegenständliche Verfahrensakt aufgrund der Verfügung des Geschäftsverteilungsauschusses vom 15.04.2020 dem nunmehr zuständigen Einzelrichter zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die obrigen Darlegungen im Verfahrensgang werden zu Feststellungen erhoben.

Der Verfahrensgang und damit die Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der belangten Behörde.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Die gesetzlichen Bestimmungen im BFA-VG zu Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde lauten wie folgt:

Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn
1.         der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,
2.         schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,
3.         der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,
4.         der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,
5.         das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,
6.         gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder
7.         der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn
1.         die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,
2.         der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder
3.         Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar.“

Der VwGH hat zu § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung vor dem FrÄG 2017 in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass dieser das BVwG dazu verpflichtet, über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des BFA binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde mit (Teil-)Erkenntnis zu entscheiden und zwar sowohl über die Zuerkennung als auch die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (VwGH 13.09.2016, Fr 2016/01/0014; 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 30.06.2917, Fr 2017/18/0026; 20.09.2017, Ra 2017/19/0284; 19.10.2017, Ra 2017/18/0278; 29.11.2017, Ro 2017/18/0002; 13.12.2017, Ro 2017/19/0003).

Das Bundesverwaltungsgericht deutet § 18 Abs. 5 BFA-VG in der Fassung des FrÄG 2017 so, dass es bei Vorliegen einer Beschwerde in der Hauptsache auch von einer Beschwerde gegen den Spruchpunkt über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung auszugehen hat und dass es (im Sinne der vorzitierten Judikatur des VwGH) diese – sowohl im Fall der Bestätigung dieser Aberkennung als auch im Fall einer Abänderung iSd. Zuerkennung aufschiebender Wirkung – innerhalb der einwöchigen Entscheidungsfrist mit Erkenntnis zu erledigen hat (vgl. dazu näher BVwG 10.04.2018, W230 2190973-1, mwN).

Einer Auslegung, wonach nur mehr die Zuerkennung aufschiebender Wirkung innerhalb einer Woche erfolgen müsste, eine förmliche Bestätigung der Aberkennung hingegen durch formlosen Aktenvermerk ersetzt werden dürfte (und allenfalls erst mit Fristsetzungsantrag herbeigeführt werden müsste) kann hier nicht gefolgt werden (anderer Auffassung: Eberhard/Ranacher/Weinhandl, ZfV 2018, 99; Urban in Filzwieser/Taucher [Hrsg.], Asyl- und Fremdenrecht - Jahrbuch 2018, 138 ff. [in Druck]).

Gegen eine solche Auslegung spräche gegen die in Art. 47 GRC grundgelegte Waffengleichheit zwischen der Behörde und dem Beschwerdeführer (dazu mwN bereits BVwG 26.11.2014, I402 2014142-1 sowie die ausdrückliche Betonung der Waffengleichheit [égalité des armes] in Rn 61 des zu einschlägigen Fragen der Asylverfahrensrichtlinie ergangenen Urteils des EuGH vom 19.06.2018, Rs. C-181/16, Gnandi). Es besteht keine Waffengleichheit, wenn im Kontext des Streits um die aufschiebende Wirkung – also bei für beide Seiten herrschender Gefahr im Verzug – eine Partei im Unterliegensfall sofort eine Entscheidung erhält, die sie mit Revision beim VwGH anfechten kann, während die andere Partei im Unterliegensfall erst einen Fristsetzungsantrag einlegen müsste, um allenfalls eine Entscheidung zu erlangen, die sie mit Revision anfechten könnte (siehe auch BVwG vom 21.08.2018 W230 2203544-1/5E).

Die Entscheidung über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben der beschwerdeführenden Parteien als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.

Im vorliegenden Fall war es dem nunmehr zuständigen Einzelrichter nicht möglich, innerhalb einer Woche über die Frage der aufschiebenden Wirkung zu erteilen, weil ihm dieser Akt erst wesentlich später zugeteilt wurde, eine Entscheidung mittels Teilerkenntnis ist jedoch auch nach Ablauf dieser Frist vorzunehmen (in diesem Sinne auch VwGH vom 19.06.2017, Fr 2017/190023-0024).

Die Beschwerdeführerin macht ein reales Risiko einer Verletzung der zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen, insbesondere des Art. 8 EMRK geltend, bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um „vertretbare Behauptungen“ handelt.

Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin in ihrer Beschwerde den Sachverhalt (und die Beweiswürdigung) nicht bloß unsubstantiiert bestritten, sondern diesbezüglich ein umfangreiches, konkretes und substantiiertes Vorbringen erstattet und mehrfach die Abhaltung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung unter persönlicher Befragung der Beschwerdeführerin und der Einvernahme von Zeugen beantragt.

Der VwGH führt hinsichtlich der Verhandlungspflicht nach § 21 Abs. 7 BVA-VG in ständiger Judikatur dazu wie folgt aus:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes eben außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 08. September 2015, Ra 2014/01/022, mwN und viele andere mehr).

Vor dem Hintergrund dieser Judikatur und des Beschwerdevorbringens erscheint im vorliegenden Fall eine mündliche Beschwerdeverhandlung erforderlich.

Die Beschwerdeführerin befindet sich nach wie vor in ihrem Herkunftsstaat, wäre aber bereit, zu einer Beschwerdeverhandlung nach Österreich zu reisen, dürfte jedoch wegen des oben erwähnten Einreiseverbotes nicht einreisen.

Der Beschwerde war daher Folge zu geben und Spruchpunkt V. ersatzlos zu beheben.

Durch die Behebung des angefochtenen Spruchteils V. kommt der Beschwerde somit aufschiebende Wirkung zu. Somit war es nicht mehr erforderlich ausdrücklich der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Im Übrigen ist ein derartiger Antrag gar nicht zulässig (VwGH vom 13.12.2017, Ra 2017/19/003).

Eine mündliche Verhandlung entfiel, weil über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres Verfahren und unverzüglich zu entscheiden ist (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.


Schlagworte

aufschiebende Wirkung aufschiebende Wirkung - Entfall Behebung der Entscheidung ersatzlose Teilbehebung Spruchpunktbehebung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W159.2214092.1.00

Im RIS seit

28.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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