Entscheidungsdatum
26.06.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W124 2131848-2/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. FELSEISEN als Einzelrichter den Antrag des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vom XXXX beschlossen:
A) Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Vorverfahren:
1.1 Der nunmehr Asylberechtigte (im Folgenden: AB) XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz und behauptete im Wesentlichen, dass er seine Heimat mit seiner Mutter und seinen Geschwistern bereits im Kindesalter hätte. An die genauen Umstände der damaligen Ausreise könne er sich nicht erinnern. Sein Vater sei zu diesem Zeitpunkt bereits verschollen gewesen.
Im Zuge der Einvernahme am XXXX führte der BF aus, dass sich sein Sohn im Bundesgebiet befinden würde. Auf Grund dessen sei das Verfahren auf internationalen Schutz mit Schreiben vom XXXX zugelassen worden.
1.2 Da das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) über den Asylantrag nicht fristgerecht entschied, erhob Hr. XXXX am XXXX Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG.
1.3 Das Bundesverwaltungsgericht gab dem Antrag nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens bzw. zweier mündlicher Verhandlungen am XXXX und XXXX mit Erkenntnis vom XXXX statt; dem BFwurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuerkannt, gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wurde festgestellt, dass ihm kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt (Spruchteil A), die Revision wurde für unzulässig erklärt (Spruchteil B).
2. Gegenständliches Verfahren:
2.1 Mit Fax vom XXXX brachte das BFA einen auf § 69 Abs. 1 Z 2 AVG gestützten Antrag auf Wiederaufnahme ein und erstatte nach Wiederholung des unstrittigen Verfahrensganges folgendes Vorbringen:
Am XXXX habe der BF dem Verkehrsamt Wien einen griechischen Führerschein, ausgestellt am XXXX vom Verkehrsamt Athen, vorgelegt und einen Antrag auf Austausch des griechischen Führerscheines gestellt. Aufgrund dessen sei eine erneute Dublin-Anfrage gestellt worden, aus welcher hervorgehe, dass der BF am XXXX in Griechenland einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe, welcher am XXXX erstinstanzlich abgewiesen worden sei, welchem nach Erhebung einer Beschwerde jedoch am XXXX stattgegeben worden sei. Am XXXX habe das BFA durch Übermittlung des Berichtes der „Dublin-Abteilung“ zur erneuten Überprüfung Kenntnis vom griechischen Aufenthaltsstatus des BF erlangt. Dieser Sachverhalt sei dem BFA am XXXX bekannt geworden, womit feststehe, dass neue Beweismittel oder Tatsachen hervorgekommen seien, die im vorangegangenen Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht hätten geltend gemacht werden können und alleine oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich eine im Hauptinhalt des Spruches anderslautende Entscheidung herbeigeführt hätten.
Im gegenständlichen Fall habe das BFA im erstinstanzlichen Verfahren erkannt, dass der BF einen Aufenthaltsstatus in Griechenland habe; das Bundesverwaltungsgericht sei auf diesen Sachverhalt kaum eingegangen, vielmehr habe es den vom BF vorgebrachten Sachverhalt betreffend die Konversion zum christlichen Glauben für glaubhaft befunden.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Festgestellt wird zunächst der oben wiedergegebene Verfahrensgang.
Zudem wird festgestellt, dass das BFA bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht als Partei iSd § 18 VwGVG hätte vorbringen können, dass der BF bereits in Griechenland den Status des Asylberechtigten zuerkannt bekommen habe und dort über eine entsprechende Aufenthaltsberechtigung verfüge.
2. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen Inhalt des Aktes zur Zl. XXXX sowie dem gegenständlichen Antrag auf Wiederaufnahme.
Dass das BFA bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem BVwG als Partei iSd § 18 VwGVG hätte vorbringen können, der BF habe bereits in Griechenland den Status des Asylberechtigten zuerkannt bekommen und verfüge dort über eine entsprechende Aufenthaltsberechtigung, schließt das Bundesverwaltungsgericht einerseits aus der festgestellten Tatsache, dass der BF selbst im Rahmen der polizeilichen Erstbefragung am Tag der Antragstellung angab, in Griechenland einen Schutzstatus zu haben und andererseits aus der amtsbekannten Tatsache, dass das BFA zu jedem Zeitpunkt eines Asylverfahrens sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher, technischer Hinsicht in der Lage ist, eine Anfrage an die Dublin-Behörden der am Dublin-System teilnehmenden Staaten, worunter auch die Hellenische Republik (Griechenland) fällt, zu richten bzw. eine (elektronische) EURODAC („European Dactyloscopy“)- oder VIS („Visainformationssystem“)-Abfrage durchzuführen.
Folglich ist es für das Bundesverwaltungsgericht nicht nachvollziehbar, warum das BFA, welches an den beiden Verhandlungen am XXXX nicht teilnahm und sich auch sonst – abgesehen von seiner Stellungnahme betreffend das Verschulden an der Verzögerung des erstinstanzlichen Asylverfahrens und der Nichteinhaltung der Entscheidungsfrist – nicht aktiv am Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beteiligte bzw. kein Vorbringen erstatte, nicht schon früher den Aufenthaltsstatus des BF in Griechenland hätte in Erfahrung bringen können. Selbst dies hätte sie aber für eine entsprechende Prüfung durch das Bundesverwaltungsgericht im vorangegangenen Verfahren nicht notwendigerweise tun müssen, denn mit den genannten Angaben des BF im Rahmen der Erstbefragung bestanden vereinzelte, wenn auch für sich genommen für eine Feststellung nicht ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, er habe in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden. Das BFA hätte im (vorangegangenen) Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht lediglich behaupten müssen, dass der BF in Griechenland Schutz vor Verfolgung gefunden habe, um entsprechende Ermittlungen durch das Gericht zu veranlassen – dies ist jedoch ohne erkennbaren Grund nicht geschehen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Im Bereich des Asylrechts ist eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Abweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens:
Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
Gemäß § 32 Abs. 1 VwGVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn (1.) das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder (2.) neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder (3.) das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder (4.) nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.
Gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann gemäß § 32 Abs. 3 VwGVG die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.
Gemäß § 32 Abs. 4 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.
In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (RV 2009 BlgNR 24. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen.
Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei auf Grund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1 bis 3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können. Dies gilt sinngemäß natürlich auch für Verfahren, die mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts rechtskräftig abgeschlossen worden sind. In diesem Sinne hielt der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 31.08.2015, Ro 2015/11/0012 (vgl. auch VwGH 28.06.2016, Ra 2015/10/0136), unter Verweis auf die Materialien zu § 32 VwGVG fest, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet seien und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden könne. In diesem Erkenntnis zitierte der Verwaltungsgerichtshof auch seinen Beschluss vom 24.02.2015, Ra 2015/05/0004, in dem auf die Rechtsprechung zur amtswegigen Verfügung der Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 69 Abs. 3 AVG verwiesen (VwGH 21.09.2007, 2006/05/0273, mwN) und festgehalten wurde, dass sich diese auf die insoweit gleichlautende Bestimmung des § 32 Abs. 3 VwGVG übertragen lasse. Im Beschluss vom 08.09.2015, Ra 2014/18/0089, verwies der Verwaltungsgerichtshof in einer Asylangelegenheit auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen Wiederaufnahme und neuem Antrag (vgl. VwGH 24.08.2004, 2003/01/0431, mwN) und hielt ebenso fest, dass diese auf den nahezu wortgleichen § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG übertragbar sei.
Die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG und § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG (zur Übereinstimmung der Tatbestände vgl. VwGH 8. 9. 2015, Ra 2014/18/0089) setzt voraus, dass neue Tatsachen oder Beweise hervorgekommen sind, die im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides bzw. des Erkenntnisses (Beschlusses) des VwG bereits bestanden, aber nicht bekannt waren und im Verfahren ohne Verschulden der Partei oder der Behörde bzw. des Verwaltungsgerichtes (vgl. Rz. 36 ff) nicht „geltend gemacht“ werden konnten. Es muss sich um Tatsachen oder Beweise handeln, die bei Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, aber erst danach hervorgekommen sind (vgl. Hengstschläger/Leeb6 Rz. 583; Kolonovits/Muzak/Stöger11 Rz. 597; Reisner in Götzl et al2 VwGVG § 32 Rz. 19; Schulev-Steindl6 Rz. 342).
§ 69 Abs. 1 Z 2 AVG und § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG stellen auf die sog „nova reperta“ ab (VwSlg 7721 A/1970; VwGH 20. 2. 1992, 91/09/0196; 17. 2. 2006, 2006/18/0031; 26. 2. 2013, 2010/15/0064), deren Verwertung der Partei – ohne ihr Verschulden – erst nachträglich möglich wurde (VwGH 4. 7. 2000, 2000/05/0105; 19. 10. 2005, 2005/09/0140) bzw. die der Behörde bzw. dem VwG im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren nicht zugänglich waren (VwGH 28. 3. 1990, 89/03/0283; 19. 1. 1999, 97/05/0115). Keinen Wiederaufnahmegrund bildet die neue Darstellung bereits bekannt gewesener Tatsachen oder die geänderte Würdigung bereits aufgenommener Beweise (vgl. VwGH 13. 9. 1974, 1735/73).
Die amtswegige Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens ist ausgeschlossen, wenn die Behörde die neue Tatsache oder das neue Beweismittel bereits im durchgeführten Verfahren hätte erheben bzw. aufnehmen können und deren Erörterung infolge ihres eigenen Verschuldens unterblieben ist (vgl. VwGH 24.2.2004, 2002/01/0458). Ein solches Verschulden kann in einem Verfahrensmangel- z.B. in einem der Behörde im Ermittlungsverfahren unterlaufenen Fehler (VwGH 19.10.1994, 94/12/0186; 3.10.1997, 96/19/2173)- bzw. in einem Organisationsmangel (VwSlg 1042 A/1949) liegen, die zur Folge hatten, dass die erst nachträglich hervorgekommenen Tatsache nicht schon im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren verwertet werden konnte (VwGH 24.2.2004, 2002/01/0458; 22.2.2006, 2005/09/0011). Im Ermittlungsverfahren unterlaufene Fehler schließen die Annahme aus, dass die Behörde an der Unkenntnis einer entscheidungsrelevanten Tatsache kein Verschulden trifft und damit die Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen unter Berufung auf § 69 Abs. 1 Z 2 AVG zulässig sei (vgl. VwGH 23.1.1996, 94/08/0290; 22.2.2006, 2005/09/0011).
Wie bereits festgestellt und in der Beweiswürdigung ausgeführt, kann im vorliegenden Fall nicht von „nova reperta“ gesprochen werden, da dem BFA nicht zu vernachlässigende Indizien und bei entsprechenden Erhebungen im Rahmen seiner Möglichkeiten problemlos verfügbare etwaige Nachweise über den asyl- bzw. aufenthaltsrechtlichen Status des BF in Griechenland – etwa in Form von Anfragebeantwortungen bzw. Abfrageergebnissen im EURODAC – bereits im mit dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren ohne Zweifel zugänglich gewesen wären.
Der Vollständigkeit halber wird noch einmal darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall zwei Verhandlungen vor dem BVwG stattgefunden haben. Das BFA hat trotz ordnungsgemäßer Ladung als Partei weder an einen dieser beiden Verhandlungen teilgenommen noch hat das BFA dazu weitere Stellungnahmen abgegeben.
Unabhängig davon ist durch den expliziten Beginn auf die Ermittlung von materiellen inhaltlichen Fluchtgründen bezogenen Befragungen des BF unmissverständlich zu erkennen gegeben worden, dass damit in Österreich ein materielles Asylverfahren durchgeführt wird.
Das BFA hat das Erkenntnis des BVwG in Rechtskraft erwachsen lassen und seinerzeit keine entsprechenden Rechtsmittel gegen die Entscheidung des BVwG erhoben.
Eine Durchbrechung der Rechtskraft ist nur in Ausnahmefällen möglich. Diese liegen im gegenständlichen Fall nicht vor. Es sind keine neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel hervorgekommen, die allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten.
Eine weitere Prüfung des gegenständlichen Wiederaufnahmeantrags, der aufgrund des Sachvorbringens erkennbar nur auf § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG gestützt ist, hat zu entfallen.
Der Antrag war daher abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts wurde in den Erwägungen zu Spruchpunkt A) wiedergegeben.
Schlagworte
neu entstandene Tatsache nova reperta Rechtskraft Rechtskraftdurchbrechung Verschulden Wiederaufnahme WiederaufnahmeantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W124.2131848.2.00Im RIS seit
28.10.2020Zuletzt aktualisiert am
28.10.2020