TE Bvwg Beschluss 2020/7/28 W266 2173539-2

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Veröffentlicht am 28.07.2020
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Entscheidungsdatum

28.07.2020

Norm

AsylG 2005 §9 Abs1 Z1
AVG §62 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §17
VwGVG §28 Abs5
VwGVG §31

Spruch

W266 2173539-2/9Z

Beschluss

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Stephan WAGNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 23.10.2018, Zl. XXXX :

A)

Gemäß §§ 17 und 31 VwGVG iVm § 62 Abs. 4 AVG wird der Spruch des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020, Zl. W266 2173539-2/6E, dahingehend berichtigt, dass Spruchpunkt A) II. wie folgt zu lauten hat:

„Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 19.6.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.04.2022 erteilt wird.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich (im Folgenden kurz belangte Behörde oder BFA genannt) vom 22.9.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich des Status des Asylberechtigten abgewiesen, dem Beschwerdeführer jedoch der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 22.9.2018 erteilt.

Die gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 1.12.2017, W204 2173539-1/4E als unbegründet abgewiesen.

Am 19.6.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter.

Am 30.8.2018 wurde der Beschwerdeführer aufgrund seines Verlängerungsantrags bzw. zur Prüfung eines Aberkennungsverfahrens durch die belangte Behörde einvernommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.10.2018 wurde der dem Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.9.2017 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.) und der Antrag vom 19.6.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 5 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung nach § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Schließlich wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine bevollmächtigte Vertretung, den MigrantInnenverein St. Marx, fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis vom 15.04.2020 sprach das Bundesverwaltungsgericht über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Niederösterreich, vom 23.10.2018, Zl. XXXX , ab. Der Beschwerde wurde Folge gegeben und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben (Spruchpunkt A) I.), Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde dahingehend abgeändert, dass dem Antrag vom 19.06.2018 auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gem. § 8 Abs. 4 AsylG 2005 stattgegeben und XXXX eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter bis zum 15.10.2021 erteilt wurde (Spruchpunkt A) II.).

Aufgrund eines Versehens wurde im Spruchpunkt A) II. des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 15.04.2020 die – für zwei Jahre – befristete Aufenthaltsberechtigung irrtümlich bis zum „15.10.2021“ anstatt richtigerweise bis zum „15.04.2022“ erteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte - mit Ausnahme des Verfahrens des Bundesfinanzgerichts - ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

Unter Hinweis auf § 17 VwGVG, wonach vom Verwaltungsgericht die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden sind, welche die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte, ist § 62 Abs. 4 AVG anzuwenden.

Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.

Eine Berichtigung nach § 62 Abs. 4 AVG hat durch Bescheid (im Falle des Verwaltungsgerichts durch Beschluss) zu erfolgen und bewirkt feststellend, dass das berichtigte Erkenntnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Erlassung geändert wird. Die Bestimmung des § 62 Abs. 4 AVG ist dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozessökonomie dadurch dienen, dass besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können. Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (VwGH 19.11.2002, 2002/12/0140).

Eine Berichtigung setzt voraus, dass eine Entscheidung fehlerhaft ist und dass diese Unrichtigkeit auf einem Versehen beruht und offenkundig ist (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Bd. 1, 2. Aufl. [1998], E 180 zu § 62 AVG wiedergegebene Rechtsprechung und etwa VwGH 17.11.2004, 2004/09/0019). Ein Versehen ist dann klar erkennbar, wenn dazu kein längeres Nachdenken und keine Nachschau in Gesetzeswerken notwendig sind; dabei ist vom Maßstab eines mit der Materie vertrauten Durchschnittsbetrachters auszugehen (VwGH 14.12.2005, 2002/12/0183).

Einem Berichtigungsbescheid (im Falle einer Berichtigung durch ein Verwaltungsgericht: Berichtigungsbeschluss) kommt nur feststellende, nicht jedoch rechtsgestaltende Wirkung zu. Seine Funktion erschöpft sich ausschließlich in der Feststellung des tatsächlichen Inhaltes des berichtigten Bescheides (Erkenntnisses) schon zum Zeitpunkt seiner in berichtigungsbedürftiger Form erfolgten Erlassung. Einem solchen Verständnis vom Wesen des Berichtigungsbescheides entspricht die ständige Rechtsprechung des VwGH des Inhaltes, wonach ein Berichtigungsbescheid mit dem von ihm berichtigten Bescheid (Erkenntnis) eine Einheit bildet, sodass der berichtigte Bescheid (Erkenntnis) iSd Berichtigungsbescheides in dem Zeitpunkt als geändert angesehen werden muss, in dem er in Rechtskraft erwachsen ist (VwGH 14.10.2003, 2001/05/0632).

Neben der Berichtigung von Schreib- oder Rechenfehlern erlaubt die obige Bestimmung auch die Berichtigung von offenkundigen, auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten. Eine solche liegt dann vor, wenn in der ursprünglichen Entscheidung der Wille des Gerichts unrichtig wiedergegeben wurde (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, 2. Teilband, S 796 f. und die dort zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs).

Aus der Entscheidungsbegründung des mit dem Fehler behafteten Erkenntnisses ergibt sich zweifellos, dass die befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 15.04.2022 erteilt wurde, und nicht nur bis zum 15.10.2021, sodass im gegenständlichen Fall Spruchpunkt A) II. zu berichtigen ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten zu Spruchteil A) wiedergegeben.

Die Frage der Asylrelevanz im Sinne des § 3 AsylG sowie die im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen. Bei derartigen Gefahrenprognosen und bei Interessenabwägungen nach Art. 8 EMRK handelt es sich letztlich um einzelfallbezogene Beurteilungen, die im Allgemeinen nicht revisibel sind (vgl. VwGH 17.11.2017, Ra 2017/20/0404; VwGH 18.03.2016, Ra 2015/01/0255; VwGH 12.10.2016, Ra 2016/18/0039).

Schlagworte

Berichtigung der Entscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W266.2173539.2.01

Im RIS seit

28.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

28.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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