TE Vwgh Beschluss 1997/10/22 96/12/0051

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Veröffentlicht am 22.10.1997
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Index

E1E;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

11992E177 EGV Art177;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §38a;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, in der Beschwerdesache der M, vertreten durch Dr. Josef Unterweger, Rechtsanwalt in Wien VIII, Buchfeldgasse 19A, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 25. April 1995, Zl. 68.161/37-I/B/5A/95, betreffend Nichtaufnahme in die Kandidatenliste bei der österreichischen Hochschülerschaftswahl 1995 (mitbeteiligte Parteien: 1) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe JES K in W, 2) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe FREIHEITLICHEN STUDENTEN M in W, vertreten durch Dr. Witt & Partner KEG, Rechtsanwälte in Wien IV, Argentinierstraße 20A/2A, 3) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe KSV/Mit Links D in W,

4) Zustellungsbevollmächtigte der wahlwerbenden Gruppe AktionsGemeinschaft N in W, 5) Zustellungsbevollmächtigte der wahlwerbenden Gruppe GRAS B in W,

6) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe GRIPS

G in W, 7) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe Fachschaftslisten Österreichs W in W,

8) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe KUNST UND POLITIK F in W, 9) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe Liberales Studentinnen und Studenten Forum

C in W, und 10) Zustellungsbevollmächtigter der wahlwerbenden Gruppe VSStÖ J in W), den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Die Beschwerdeführerin wurde in die Kandidatenliste des Wahlvorschlages der wahlwerbenden Gruppe

"GRAS - Grüne & Alternative Studentinnen und Studenten Österreichs" für die Hochschülerschaftswahl 1995 aufgenommen; sie war in der für die Kandidatur maßgebenden Zeit griechische Staatsangehörige.

Der Vorsitzende der Wahlkommission beantragte, die Beschwerdeführerin von der Kandidatenliste zu streichen, weil das passive Wahlrecht trotz Beitritts Österreichs zur Europäischen Union an die österreichische Staatsbürgerschaft gebunden sei.

Dieser Antrag des Vorsitzenden wurde von der Wahlkommission abgelehnt.

Mit dem von der Beschwerdeführerin angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde wie folgt:

"Gemäß § 23 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 1 Abs. 1 und 3 des Hochschülerschaftsgesetzes 1973 (HSG), BGBl. Nr. 309, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz, BGBl. Nr. 257/1993, wird der unter Punkt 3E von der Wahlkommission der Österreichischen Hochschülerschaft vom 21. April 1995 gefaßte Beschluß, mit dem der Antrag des Vorsitzenden der Wahlkommission auf Streichung der (Beschwerdeführerin) von der Kandidatenliste der wahlwerbenden Gruppe

"GRAS - Grüne & Alternative Studentinnen und Studenten Österreichs" mit 1:3 Stimmen abgelehnt wurde, aufgehoben.

Der Wahlkommission wird gemäß § 23 Abs. 2 letzter Satz HSG aufgetragen, die (Beschwerdeführerin) von der Kandidatenliste der wahlwerbenden Gruppe "GRAS - Grüne & Alternative Studentinnen und Studenten Österreichs" zu streichen."

Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, nach Ansicht der belangten Behörde lasse sich weder aus Art. 127 EG-V noch aus Art. 6 EG-V, aber auch nicht im Lichte der Richtlinien des Rates vom 28. Juni 1990 bzw. vom 29. Oktober 1993 über das Aufenthaltsrecht der Studenten (90/366/EWG bzw. 93/96/EWG) ableiten, daß der Beitritt Österreichs zur Europäischen Union direkte Auswirkungen auf das passive Wahlrecht von in Österreich studierenden Staatsangehörigen aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union habe. Die Organisation des Bildungswesens und der Bildungspolitik als solche gehöre nicht zu den Materien, die der EG-V der Zuständigkeit der Gemeinschaftsorgane unterworfen habe. Durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union sei daher der § 1 des Hochschülerschaftsgesetzes nicht geändert worden; die Bestimmung sei somit auch weiterhin anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid wandte sich die Beschwerdeführerin vorerst an den Verfassungsgerichtshof, der aber die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 27. November 1995, B 1802/95-6, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abtrat.

Nach Ergänzung der Beschwerde für das verwaltungsgerichtliche Verfahren und Einleitung des Vorverfahrens, in dem die zehn erfolgreichen wahlwerbenden Gruppen als Mitbeteiligte zu befassen waren (- nur die wahlwerbende Gruppe der Freiheitlichen Studenten brachte darauf einen Schriftsatz ein und begehrte kostenpflichtige Abweisung -), erlangte der Verwaltungsgerichtshof davon Kenntnis, daß die Beschwerdeführerin in der Zwischenzeit die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hat. Im Hinblick darauf wurde der Beschwerdeführerin hiezu Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Mit Schreiben vom 29. Oktober 1996 bestätigte der Beschwerdevertreter, daß die Beschwerdeführerin zwischenzeitlich die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe, im Zeitpunkt der Ablehnung ihres passiven Wahlrechtes bei der Hochschülerschaftswahl 1995 aber noch griechische Staatsangehörige gewesen sei.

Nach § 33 Abs. 1 VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, daß der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Wird eine Beschwerde gegenstandslos, ohne daß der angefochtene Bescheid durch einen formellen Akt beseitigt wurde, so führt dies gleichfalls zur Einstellung des Verfahrens. Dies wird immer dann angenommen werden können, wenn der Beschwerdeführer durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt wäre, als dies ohne meritorische Entscheidung über die Beschwerde infolge der nach ihrer Erhebung eingetretenen Umstände der Fall ist.

Das Rechtsinstitut der Gegenstandsloserklärung führt immer dann zu einer Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, wenn weder die Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Beschwerde noch für eine Sachentscheidung oder Klaglosstellung vorliegen (vgl. Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Oktober 1985, Slg. Nr. 11.925/A).

Die Beschwerdeführerin sieht sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf passives Wahlrecht zur österreichischen Hochschülerschaft bzw. in ihrem subjektiven Recht auf Gleichbehandlung als EU-Bürgerin mit Inländern verletzt.

Im Beschwerdefall ist davon auszugehen, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte subjektive Rechtsverletzung im Hinblick darauf, daß sie zwischenzeitig die österreichische Staatsbürgerschaft erworben hat, nicht mehr gegeben ist. Sie könnte daher durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes nicht günstiger gestellt werden, als dies ohne meritorische Entscheidung auf Grund der nach Erhebung der Beschwerde eingetretenen Umstände der Fall ist.

Demzufolge war das Beschwerdeverfahren als gegenstandslos geworden einzustellen.

Da die Entscheidung über die Kosten im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGG idF BGBl. I Nr. 88/1997 die Lösung einer schwierigen Rechtsfrage, allenfalls unter Einholung einer Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofes, voraussetzen würde, wird im Sinne des § 58 Abs. 2 letzter Halbsatz VwGG und bei der besonderen Sachlage im Beschwerdefall unter Heranziehung der vor dem 1. September 1997 in einem solchen Fall geltenden Rechtslage (nämlich: jede Partei hat den ihr im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen - jetzt § 58 Abs. 1 VwGG) von einem Kostenzuspruch abgesehen.

Schlagworte

Kein Zuspruch KeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996120051.X00

Im RIS seit

09.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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