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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
B-VG Art144 Abs1Leitsatz
Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechten durch Abweisung eines Antrags auf internationalen Schutz eines Staatsangehörigen von Afghanistan; zumutbare Rückkehr in den Herkunftsstaat trotz Übersiedelung im Kindesalter nach Pakistan und auf Grund kurzzeitiger Rückkehr nach Afghanistan im Erwachsenenalter; ausreichende Auseinandersetzung mit der COVID-19-PandemieRechtssatz
Das BVwG erachtet vor dem Hintergrund des Länderberichtes "Country Guidance" des EASO vom Juni 2018 nach einer Beurteilung des Einzelfalles die Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat Afghanistan trotz einer Übersiedelung nach Pakistan im Kindesalter für zumutbar: Das BVwG hat in diesem Zusammenhang unter anderem berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer in Afghanistan geboren worden und in einem afghanisch geprägten Familienverband in Pakistan aufgewachsen sei. Er sei im Kindesalter von Afghanistan nach Pakistan übersiedelt. Im Erwachsenenalter sei er nach Afghanistan zurückgekehrt und habe - laut Verhandlungsprotokoll für sechs bis sieben Monate als Dolmetscher arbeitend - seinen Lebensunterhalt selbst erwirtschaftet. Der Beschwerdeführer habe acht Klassen einer pakistanischen Schule und drei Jahre an einer afghanischen Schule absolviert. Zudem weise er Kenntnisse der deutschen und englischen Sprache auf. Er könne nicht nur die Unterstützung von Familienangehörigen in Pakistan, den USA und Deutschland, sondern auch die Hilfe durch nach wie vor in Afghanistan lebende Verwandte in Anspruch nehmen. Das BVwG ist - wenngleich es bei den Feststellungen zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat auch auf das Personenprofil der "Rückkehrer" nach Afghanistan Bezug genommen hat - in den rechtlichen Ausführungen offensichtlich von einem Personenprofil des Beschwerdeführers ausgegangen, das sich auf alleinstehende, gesunde und erwerbsfähige Männer, welche früher schon einmal in Afghanistan gelebt haben, bezieht. Das BVwG hat ungeachtet dessen im vorliegenden Fall eine Einzelfallprüfung anhand der Kriterien, die aus dem Länderbericht des EASO für "Rückkehrer" hervorgehen, vorgenommen und kommt zu dem aus verfassungsrechtlicher Perspektive nicht zu beanstandenden Ergebnis, dass eine Rückkehr nach Afghanistan trotz der Tatsache, dass der Beschwerdeführer lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt hat, zumutbar sei, zumal es insbesondere die vermutete Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers ausreichend begründet.
Das BVwG geht in seinem Erkenntnis darüber hinaus auch auf die derzeit herrschende COVID-19-Pandemie ein und kommt zu dem Ergebnis, dass eine Rückkehr nach Afghanistan für den Beschwerdeführer zumutbar sei, zumal es sich bei dem Beschwerdeführer um einen jungen und gesunden Mann handelt, der unter keinen relevanten Vorerkrankungen leidet und somit nicht einer von COVID-19 gefährdeten Risikogruppe angehört. Das BVwG hat sich zudem mit der sozio-ökonomischen Lage ausreichend auseinandergesetzt. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Stadt Herat angesichts der aktuellen COVID-19-Situation als innerstaatliche Fluchtalternative in Betracht kommt, zumal dem Beschwerdeführer überdies die Stadt Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht, die nach den nachvollziehbaren Ausführungen des BVwG nicht im selben Ausmaß wie Herat von der Pandemie betroffen sei.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, RückkehrentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E2406.2020Zuletzt aktualisiert am
27.10.2020