TE Vwgh Beschluss 2020/9/24 Ra 2020/07/0023

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
10/13 Amtshaftung Organhaftpflicht Polizeibefugnis-Entschädigung
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

AHG 1949
B-VG Art133 Abs1 Z1
VwGG §33 Abs1
VwGG §55
VwGG §58 Abs2
WRG 1959 §126 Abs1
WRG 1959 §27
WRG 1959 §27 Abs1 lita
WRG 1959 §29

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/07/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision 1. des Dr. med. W B und 2. der F B, beide in A und beide vertreten durch die Grünbart-Lison Rechtsanwälte GmbH in 4910 Ried im Innkreis, Bahnhofstraße 35 a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 29. Jänner 2020, Zl. LVwG-551507/21/Wg-551508/2, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn; mitbeteiligte Partei: I Gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft reg. GenmbH in R, vertreten durch die Puttinger Vogl Rechtsanwälte OG in 4910 Ried im Innkreis, Claudistraße 5), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 12. Juni 2019 erteilte die belangte Behörde der mitbeteiligten Partei die bis 31. Dezember 2049 befristete wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme auf Grundstück Nr. 2307, KG A., zur Versorgung einer neuen Wohnanlage mit Trink- und Nutzwasser unter Einhaltung bestimmter Bedingungen, Auflagen und Fristen.

2        Unter anderem trug sie der mitbeteiligten Partei unter Auflagenpunkt 45 auf, zur Feststellung der (Langzeit)-Ergiebigkeit, der hydrologischen Parameter und allfälliger Beeinflussungen benachbarter Grundwassernutzungen einen mehrstufigen Pumpversuch entsprechend der ÖNORM B2601 über einen Zeitraum von mindestens 72 Stunden Pumpdauer vorzunehmen.

3        Gemäß Auflagenpunkt 46 des Bescheids sei der Pumpversuch entweder sofort einzustellen und ausreichend Ersatzwasser bis zur Wiederaufspiegelung zur Verfügung zu stellen oder mit ausreichend Ersatzwasser fortzuführen, sofern aus einem Nachbarbrunnen infolge einer so starken Absenkung des Brunnenwasserspiegels die ausreichende Trink- und Nutzwasserversorgung des Anwesens nicht mehr möglich sei.

4        Des Weiteren schrieb die belangte Behörde unter den Auflagenpunkten 47 bis 51 des Bescheids der mitbeteiligten Partei mehrerer Auflagen in Zusammenhang mit der Durchführung näher bezeichneter - auch den benachbarten Brunnen der revisionswerbenden Parteien betreffende - „Beweissicherungsmaßnahmen“ vor.

5        Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis - unter einer nicht weiter relevanten Ergänzung von Auflagenpunkt 46 des Bescheids - ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

6        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die am 11. März 2020 eingebrachte außerordentliche Revision wegen Rechtwidrigkeit des Inhalts. Darin machen die revisionswerbenden Parteien die Verletzung „des einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts, durch die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung zur Grundwasserentnahme nicht in einem bereits bewilligten Wasserbenutzungsrecht verletzt zu werden (§ 12 Abs 1 WRG)“, geltend.

7        Mit einem an die belangte Behörde gerichteten Schreiben vom 16. März 2020 teilte die mitbeteiligte Partei mit, sie verzichte auf das Recht zur Grundwasserentnahme zur Versorgung mit Trink- und Nutzwasser. Der beiliegenden Dokumentation sei zu entnehmen, dass die Brunnenanlage „ÖNORM-gerecht“ rückgebaut worden sei.

8        In der Folge übermittelte die belangte Behörde dieses Schreiben dem Amt der Oberösterreichischen Landesregierung mit dem Ersuchen, festzustellen, ob der Rückbau ordnungsgemäß erfolgt sei bzw. welche letztmaligen Vorkehrungen im Zuge des Erlöschens des Wasserrechts der mitbeteiligten Partei noch vorzuschreiben seien.

9        In seiner Stellungnahme vom 3. April 2020 teilte ein Amtssachverständiger mit, nach Prüfung der Unterlagen könne aus fachlicher Sicht ausgesagt werden, dass die Bohrung ordnungsgemäß rückgebaut worden sei und keine weiteren Vorkehrungen erforderlichen seien. Ein Ortsaugenschein sei nicht erforderlich.

10       Mit Bescheid vom 29. April 2020 stellte die belangte Behörde fest, die der mitbeteiligten Partei mit Bescheid vom 12. Juni 2019 erteilte wasserrechtliche Bewilligung sei mit Ablauf des 16. März 2020 erloschen. Ebenso seien die durch das Erlöschen des Wasserbenutzungsrechts allenfalls entbehrlich gewordenen, nicht im Grundbuch eingetragenen Dienstbarkeiten mit Ablauf dieses Tages erloschen. Aus Anlass des Erlöschens des Wasserrechts seien keine letztmaligen Vorkehrungen erforderlich.

11       Dieser Bescheid wurde dem Verwaltungsgerichtshof mit Schreiben der belangten Behörde vom 9. Juli 2020 übermittelt.

12       Mit Verfügung vom 29. Juli 2020 erteilte der Verwaltungsgerichtshof den revisionswerbenden Parteien den Auftrag, binnen zwei Wochen dazu Stellung zu nehmen, ob und inwieweit an einer Entscheidung über die vorliegende Revision - vor dem Hintergrund der darin behaupteten Rechtsverletzung - noch ein rechtliches Interesse bestehe.

13       In der dazu eingebrachten Stellungnahme vom 11. August 2020 führten die revisionswerbenden Parteien näher begründet aus, eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes könne ihre Rechtsstellung insbesondere im geltend gemachten subjektiv-öffentlichen Recht ungeachtet der Löschung des Wasserrechts der mitbeteiligten Partei nach wie vor berühren.

14       Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass dieser klaglos gestellt wurde.

15       Bei einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer „Klaglosstellung“ nach § 33 Abs. 1 und § 55 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eingetreten ist. § 33 Abs. 1 VwGG ist aber nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt danach insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat und somit materiell klaglos gestellt worden ist (vgl. VwGH 7.9.2017, Ra 2016/17/0105, mwN).

16       Gemäß § 27 Abs. 1 lit. a WRG 1959 erlöschen Wasserbenutzungsrechte durch den der Wasserrechtsbehörde zur Kenntnis gebrachten Verzicht des Berechtigten.

17       Das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechts tritt ex lege mit dem Einlangen der Verzichtserklärung bei der zuständigen Wasserrechtsbehörde und nicht erst mit dem (bloß deklarativen) Feststellungsbescheid (§ 29 WRG 1959) ein (VwGH 26.9.2013, 2010/07/0240; 23.2.2012, 2010/07/0067).

18       Vor diesem Hintergrund ist in Anbetracht des unbestritten mit Ablauf des 16. März 2020 eingetretenen Erlöschens des der mitbeteiligten Partei verliehenen Wasserbenutzungsrechts nicht ersichtlich, dass die revisionswerbenden Parteien durch die mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2019 erteilte wasserrechtliche Bewilligung zur Grundwasserentnahme (noch) in ihren subjektiven Rechten verletzt wären bzw. durch eine Aufhebung des diesen Bescheid im Wesentlichen bestätigenden angefochtenen Erkenntnisses eine Änderung in deren Rechtsposition eintreten könnte.

19       Dagegen bringen sie in ihrer Stellungnahme vom 11. August 2020 zunächst vor, das (bereits erloschene) Wasserbenutzungsrecht der mitbeteiligten Partei sei nach wie vor im Wasserbuch eingetragen. Daraus ist für die revisionswerbenden Parteien jedoch nichts zu gewinnen, kommt der Wasserbucheintragung doch nur deklarative und widerlegbare Wirkung zu (VwGH 17.12.2008, 2007/07/0160; 3.10.1991, 88/07/0035, jeweils mwN).

20       Auch könnten die revisionswerbenden Parteien nicht überprüfen, ob die Brunnenbohrung tatsächlich fachtechnisch verschlossen worden sei. Dieses Vorbringen erweist sich im Lichte des den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestimmenden Revisionspunktes, der diese das Erlöschensverfahren betreffende Frage nicht umfasst, als nicht relevant.

21       Die revisionswerbenden Parteien vertreten jedoch auch die Ansicht, die im Bescheid der belangten Behörde vom 12. Juni 2019 vorgeschriebenen „Beweissicherungsmaßnahmen“ bzw. Auflagen seien nicht umgesetzt worden. Sie seien daher gezwungen gewesen, selbst entsprechende Maßnahmen zu setzen und einen Privatsachverständigen beizuziehen. Nichtsdestotrotz bestehe bis dato Unklarheit über (möglicherweise noch andauernde) negative Auswirkungen und Beeinträchtigungen der von der mitbeteiligten Partei konsenswidrig vorgenommener Bohrarbeiten. Alleine mit den von den revisionswerbenden Parteien selbst zu veranlassenden bzw. veranlassten „Beweissicherungsmaßnahmen“ seien Kosten von insgesamt € 7.223,26 entstanden.

22       Auch damit sprechen die revisionswerbenden Parteien Umstände an, die entweder Gegenstand des Erlöschensverfahrens (Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen) waren oder allenfalls Schadenersatzansprüche nach sich zögen, aber keinen Bezug zur geltend gemachten Rechtsverletzung aufweisen.

23       Darüber hinaus vermag ein aus wirtschaftlichen Gründen bestehendes Interesse an der grundsätzlichen Klärung einer Rechtssache - wie etwa ein von den revisionswerbenden Parteien begehrter Schadenersatz für die Kosten der von ihnen selbst gesetzten „Beweissicherungsmaßnahmen“ - am Fehlen der Möglichkeit, durch eine ex lege außer Kraft getretene Entscheidung fortdauernd in Rechten verletzt zu sein, nichts zu ändern (vgl. etwa VwGH 17.12.2019, Ro 2018/04/0008, mwN).

24       Ein rechtliches Interesse an der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes wird auch nicht etwa durch den Hinweis der revisionswerbenden Parteien auf die Verfahrenskosten begründet (VwGH 26.4.2011, 2008/03/0069 bis 0071, mwN).

25       Wenn die revisionswerbenden Parteien in ihrer Stellungnahme letztlich auf ihr Vorbringen in der Revision verweisen, ist dem zu entgegnen, dass es nicht Aufgabe des Verwaltungsgerichtshofes ist, in einer Revisionssache zu entscheiden, wenn der Entscheidung - wie bereits dargelegt - nach der Sachlage praktisch überhaupt keine Bedeutung mehr zukommt und letztlich bloß eine Entscheidung über theoretische Rechtsfragen ergehen könnte. Dies gilt selbst dann, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. VwGH 29.5.2019, Ra 2017/06/0229, mwN).

26       Die vorliegende Revision ist daher im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGG gegenstandslos geworden und das Revisionsverfahren war einzustellen.

27       Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt im vorliegenden Fall die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch an die revisionswerbenden Parteien gemäß § 55 VwGG nicht vor. Ein Zuspruch nach § 58 Abs. 2 VwGG setzt jedoch voraus, dass die Entscheidung hierüber keinen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert. Dies ist im Revisionsfall nicht gegeben. Somit wird im Sinn der freien Überzeugung nach § 58 Abs. 2 VwGG kein Aufwandersatz zuerkannt.

Wien, am 24. September 2020

Schlagworte

Kein Zuspruch KeinZuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070023.L00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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