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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin, sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des J N, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Februar 2020, W144 2184360-1/15E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus der Provinz Kapisa, stellte am 7. November 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er im Laufe des Verfahrens zusammengefasst damit begründete, aufgrund einer Familienfehde und der Zugehörigkeit der verfeindeten Familienangehörigen zu den Taliban im Herkunftsstaat verfolgt zu werden.
2 Mit Bescheid vom 10. Jänner 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass die Abschiebung des Revisionswerbers nach Afghanistan zulässig sei, und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und erklärte die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Auf das Wesentliche zusammengefasst verwies das BVwG den Revisionswerber sowohl hinsichtlich seiner - als wahr unterstellten -Verfolgung als auch in Bezug auf den begehrten subsidiären Schutz auf einenäher begründete zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative in den afghanischen Städten Mazar-e Sharif oder Herat.
5 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Zur Zulässigkeit wird geltend gemacht, das BVwG sei von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht von Entscheidungen abgewichen. In diesem Zusammenhang kritisiert die Revision zum einen die Feststellung des BVwG, der Revisionswerber könne von seinen in Afghanistan verbliebenen Angehörigen finanziell unterstützt werden. Dabei handle es sich nach Auffassung der Revision um eine „substanzlose Vermutung“, die nicht zutreffe. Zum anderen schließe der UNHCR in seinen Richtlinien eine Rückkehr nach Kabul generell aus. Der Revisionswerber habe eine substantiierte Stellungnahme zur Lage in Afghanistan erstattet und auf einen ACCORD-Bericht verwiesen, wonach die Versorgungslage in Mazar-e Sharif und Herat existenzbedrohend sei. Damit habe sich das BVwG nicht hinreichend beschäftigt.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
7 Im vorliegenden Fall vermag die Revision nicht aufzuzeigen, dass das BVwG die höchstgerichtlichen Leitlinien zur Begründungspflicht von gerichtlichen Entscheidungen (vgl. dazu etwa VwGH 27.6.2016, Ra 2016/18/0055, mit weiteren Nachweisen) verletzt hat.
8 Das BVwG hat seine Einschätzung, dem Revisionswerber stehe in den afghanischen Städten Mazar-e Sharif oder Herat eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung, näher begründet. Es hat dabei die rechtlichen Vorgaben aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beachtet (vgl. VwGH 23.1.2018, Ra 2018/18/0001) und sich mit dem Parteivorbringen des Revisionswerbers, den von ihm vorgelegten Unterlagen und den einschlägigen UNHCR-Richtlinien auseinandergesetzt. In Bezug auf die Feststellung, der Revisionswerber könne auch auf die Unterstützung seiner in Afghanistan verbliebenen Familienangehörigen zählen, hat es beweiswürdigende Überlegungen angestellt, die dem Vorwurf der Revision, es habe sich um bloße Mutmaßungen des Gerichts gehandelt, entgegenstehen.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180097.L00Im RIS seit
30.11.2020Zuletzt aktualisiert am
30.11.2020