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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Mag. Eder und Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kienesberger, in der Rechtssache der Revision des A L in W, vertreten durch Mag. Stephan Schmalzl, Rechtsanwalt in 1020 Wien, Trabrennstraße 2B, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 1. August 2019, I416 2198335-1/33E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Ugandas, stellte am 25. März 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, dass ihm in Uganda aufgrund seiner Homosexualität Verfolgung drohe.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 8. Mai 2018 sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Uganda zulässig sei. Die Behörde legte keine Frist für die freiwillige Ausreise fest und erkannte der Beschwerde die aufschiebende Wirkung ab.
3 Mit dem (nach Aufhebung des im ersten Rechtsgang ergangenen Erkenntnisses vom 25. Juni 2018 durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. April 2019, Ra 2018/18/0426, ergangenen) Erkenntnis vom 1. August 2019 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers im zweiten Rechtsgang nach Durchführung einer Verhandlung im Wesentlichen mit einer hier nicht relevanten Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.
4 Zu den Fluchtgründen des Revisionswerbers hielt das BVwG unter Berücksichtigung dessen Aussagen und vorgelegter Beweismittel fest, es sei dem Revisionswerber nicht gelungen, glaubhaft darzulegen, dass er homosexuell sei und Uganda verlassen habe, weil er aufgrund der behaupteten Homosexualität inhaftiert und gefoltert worden sei.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Soweit die Revision zur Begründung ihrer Zulässigkeit Mängel in der Beweiswürdigung behauptet, ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes dieser - als Rechtsinstanz - zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Der - zur Rechtskontrolle berufene - Verwaltungsgerichtshof ist nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. VwGH 29.4.2019, Ra 2019/20/0154, mwN).
9 Soweit sich die Zulässigkeitsbegründung darauf beruft, das BVwG hätte auch eine Verfolgung unter dem Aspekt einer dem Revisionswerber bloß unterstellten homosexuellen Orientierung zu prüfen und dabei zu berücksichtigen gehabt, „inwieweit das öffentliche Outing des Revisionswerbers im Internet (Youtube, Facebook, Twitter sowie zahlreiche Fotos und Videos, die bei der Donnerstags-Demo aufgenommen und verschickt wurden) den Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr nach Uganda der Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung aussetzen würde“, ist zu erwidern, dass das BVwG das auf die genannten Beweismittel bezogene Vorbringen („selbst wenn das Gericht die Ausreisegründe ... nicht für glaubwürdig befindet, ist der [Revisionswerber] jedenfalls glaubwürdig homosexuell ... ganz unabhängig davon, was ihm in der Vergangenheit passiert ist“) erkennbar dahingehend ausgelegt hat, dass dieses zum Beweis dafür erstattet wurde, dass der Revisionswerber homosexuell sei. Die Auslegung einer Parteierklärung im Einzelfall kann nur dann zu einer grundsätzlichen Rechtsfrage führen, wenn dem Verwaltungsgericht eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (vgl. VwGH 19.5.2020, Ra 2020/14/0163, mwN). Dass dem BVwG dadurch, dass es die im Verfahren erstattete Parteierklärung (nur) im Sinn der Geltendmachung einer Verfolgung wegen (behaupteter) Homosexualität ausgelegt hat, eine solche Fehlbeurteilung unterlaufen wäre, zeigt die Revision nicht auf.
10 Ausgangspunkt der Prüfung, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage vorliegt, ist der festgestellte Sachverhalt (vgl. VwGH 4.2.2020, Ra 2020/20/0025 bis 0030, mwN). Ausgehend davon vermag das Vorbringen, wonach sich das BVwG nicht mit Länderberichten zur Situation von „LGBTIQ-Personen in Uganda“ auseinandergesetzt habe, keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.
11 Die Revision macht weiters Feststellungsmängel im Zusammenhang mit der behaupteten psychischen Erkrankung des Revisionswerbers geltend. Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 6.8.2020, Ra 2020/20/0248, mwN).
12 Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass psychische Erkrankungen im Hinblick auf konstatierte Unstimmigkeiten im Aussageverhalten zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 12.6.2018, Ra 2018/20/0250, mwN). Die Revision legt mit ihrem allgemein gehaltenen Hinweis auf die vom Revisionswerber erlittene Traumatisierung (sowie der Bezugnahme auf die Abweisung des dazu gestellten Antrags auf Bestellung eines Sachverständigen) nicht dar, welche vom BVwG herangezogenen beweiswürdigenden Erwägungen im Zusammenhang mit dem Aussageverhalten des Revisionswerbers aus welchen auf eine psychische Erkrankung des Revisionswerber zurückzuführenden Gründen in einem anderen Licht zu sehen wären (vgl. VwGH 10.1.2020, Ra 2019/20/0579).
13 Soweit die Zulässigkeitsbegründung der Revision unter Bezugnahme auf die psychische Erkrankung des Revisionswerbers und die Feststellungen des BVwG betreffend seine ärztliche Behandlung und Medikation Rechtsprechung des EGMR, des Verwaltungsgerichtshofes, des Verfassungsgerichtshofes und des Gerichtshofes der Europäischen Union ins Treffen führt und dazu zusammengefasst geltend macht, das BVwG hätte „die Gesundheitssituation und Behandlungsmöglichkeiten in Uganda“ ermitteln, von „massiver Diskriminierung von LGBTIQ-Personen beim Zugang zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung“ ausgehen und zu dem Schluss kommen müssen, dass „keineswegs ausreichende Behandlungsmöglichkeiten für die Erkrankungen des Revisionswerbers gewährt sind“, entfernt sich auch dieses Vorbringen vom festgestellten Sachverhalt (siehe Rn. 10) und legt zudem nicht dar, welche konkreten Feststellungen das BVwG zur Versorgungslage in Uganda zu treffen gehabt hätte.
14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 28. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019200461.L01Im RIS seit
02.11.2020Zuletzt aktualisiert am
02.11.2020