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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision des A C in W, vertreten durch Rast & Musliu Rechtsanwälte in 1080 Wien, Alser Straße 23/14, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Juni 2020, Zl. W195 2224930-1/16E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Sache den Antrag des Revisionswerbers, eines Staatsangehörigen von Bangladesch, auf internationalen Schutz vom 13. November 2015 vollinhaltlich ab, erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung des Revisionswerbers nach Bangladesch fest, setzte eine Frist zur freiwilligen Ausreise fest und sprach aus, dass die Revision nicht zulässig sei.
2 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 Die Revision moniert in ihrem gesonderten Zulässigkeitsvorbringen zusammengefasst die unterlassene Recherche vor Ort durch einen Vertrauensanwalt zwecks Überprüfung der „Authentizität“ des Fluchtvorbringens des Revisionswerbers. Überdies sei das Fluchtvorbringen des Revisionswerbers glaubwürdig. Schließlich verwies die Revision auf aus ihrer Sicht wesentliche Umstände für die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK.
6 Dem ist entgegen zu halten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein allgemeines Recht auf eine fallbezogene Überprüfung des Vorbringens durch Recherche im Herkunftsstaat besteht. Die Beurteilung der Erforderlichkeit derartiger Erhebungen im Sinn des § 18 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 obliegt der ermittelnden Behörde bzw. dem Verwaltungsgericht (vgl. etwa zuletzt VwGH 5.5.2020, Ra 2020/19/0140 - 0143, Rn. 8, mwN).
7 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes soll sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. für viele VwGH 11.12.2019, Ra 2019/01/0465, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.
8 Schließlich ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung im Sinn des Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG (vgl. für viele VwGH 18.3.2019, Ra 2019/01/0068, mwN). Dass das Verwaltungsgericht die Interessenabwägung in derart unvertretbarer Weise vorgenommen hätte, zeigt die Revision in ihrer diesbezüglichen Zulässigkeitsbegründung nicht auf.
9 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
10 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 30. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020010297.L00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020