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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
AsylG 2005 §8 Abs1Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie den Hofrat Dr. Pürgy und die Hofrätin Dr.in Sembacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, in der Revisionssache des P S in W, vertreten durch Mag. Dr. Philipp Dobner, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Mariahilferstraße 50, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2020, W169 2210489-1/8E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der Revisionswerber, ein indischer Staatsangehöriger, stellte am 15. Oktober 2018 einen Antrag auf internationalen Schutz. Als Fluchtgrund brachte er vor, mit einem Freund an einer Demonstration gegen die dortige Regierung teilgenommen zu haben. Dabei seien zwei Sikhs ums Leben gekommen. Der Freund des Revisionswerbers habe dies gefilmt. Die Polizei, die davon Kenntnis erlangt habe, suche den Revisionswerber und seinen Freund aus diesem Grund.
2 Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wies diesen Antrag mit Bescheid vom 6. November 2018 zur Gänze ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Indien zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise legte die Behörde mit zwei Wochen fest und trug dem Revisionswerber für einen näher bezeichneten Zeitraum die Unterkunftnahme in einem näher genannten Quartier auf.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
5 In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zur Begründung ihrer Zulässigkeit vorgebracht, das Bundesverwaltungsgericht habe veraltete Länderberichte herangezogen und die „aktuelle Situation im Zusammenhang mit Covid-19“ nicht ausreichend berücksichtigt.
6 Soweit die Revision die Nichtberücksichtigung aktueller Länderberichte rügt, macht sie Verfahrensmängel geltend. Werden Verfahrensmängel - wie hier Ermittlungs- und Feststellungsmängel - als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, muss auch schon in der abgesonderten Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können, dargetan werden. Dies setzt voraus, dass - auch in der gesonderten Begründung für die Zulässigkeit der Revision zumindest auf das Wesentliche zusammengefasst - jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensmangels als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 7.7.2020, Ra 2020/14/0236, mwN).
7 Die Revision zeigt mit ihren pauschalen Ausführungen, das Bundesverwaltungsgericht habe sich auf über drei Jahre alte Berichte gestützt,fallbezogen und konkret nicht auf, welche den Revisionswerber betreffenden individuellen Feststellungen zu seiner Person zu treffen gewesen wären. Damit fehlt es dem behaupteten Verfahrensmangel an Relevanz für den Verfahrensausgang.
8 Wenn die Revision zudem ausführt, das Bundesverwaltungsgericht habe nicht die „aktuelle Situation im Zusammenhang mit Covid-19“ berücksichtigt, macht sie ebenso einen Verfahrensmangel geltend, ohne dessen Relevanz aufzuzeigen. Exzeptionelle und konkret auf den - nach den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts gesunden - und im Jahr 1990 geborenen Revisionswerber Bezug nehmende Umstände, welche die Annahme einer realen Gefahr einer drohenden Verletzung seiner durch Art. 2 und 3 EMRK garantierten Rechte bei einer Rückkehr in seinen Heimatstaat rechtfertigen würden, werden nicht dargetan (vgl. VwGH 7.7.2020, Ra 2020/20/0231).
9 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine unter Bedachtnahme auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls in Form einer Gesamtbetrachtung durchgeführte Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK im Allgemeinen - wenn sie auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage erfolgte und in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wurde - nicht revisibel (vgl. VwGH 5.3.2020, Ra 2019/19/0071, mwN).
10 Die Revision zeigt mit dem nicht näher substantiierten Vorbringen, das Bundesverwaltungsgericht sei nicht auf sämtliche Integrationsschritte des Revisionswerbers eingegangen, nicht auf, dass die Interessenabwägung des Bundesverwaltungsgerichts, in der dieses sehr wohl auf die Umstände des Revisionswerbers - insbesondere die kurze Aufenthaltsdauer - einging, unvertretbar erfolgt wäre.
11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Oktober 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020190203.L00Im RIS seit
24.11.2020Zuletzt aktualisiert am
24.11.2020