TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/22 97/13/0128

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Veröffentlicht am 22.10.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
BAO §93 Abs3 lita;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch Dr. Franz J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien I, Stock im Eisenplatz 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 26. Mai 1997, Zl GA 16-96/3065/07, betreffend Einkommensteuer 1991 und 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist das steuerrechtliche Schicksal von in den Jahren 1991 (S 2,6 Mio) und 1992 (S 2,2 Mio) geflossenen Zahlungen strittig.

In der Sachverhaltsdarstellung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheides führt die belangte Behörde hiezu aus, daß der Beschwerdeführer diese Beträge von der auf den Namen des Beschwerdeführers lautenden GmbH (in der Folge FK GmbH) erhalten habe und diese vom Finanzamt als Einkünfte aus selbständiger Arbeit (Geschäftsführerbezüge) in voller Höhe der Einkommensteuer unterzogen worden seien. Der Beschwerdeführer habe die Festsetzung der Einkünfte mit Null mit der Begründung beantragt, diese ausbezahlten Bezüge seien auf Grund eines verlorenen Prozesses direkt an den Rechtsanwalt der Gegenpartei geflossen. In dem angesprochenen Prozeß sei der Beschwerdeführer zur Zahlung von S 6,5 Mio verpflichtet worden. Er habe seinem Prozeßgegner Aktien der T AG in Höhe von S 6,5 Mio mit der ausdrücklichen Zusage verkauft, daß die Ertragslage der Aktien außerordentlich günstig sei. Bei Vertragsabschluß sei jedoch das von der T AG betriebene Casino längst ertraglos bzw defizitär gewesen. Die Aktien seien daher zum Verkaufszeitpunkt bereits wertlos gewesen. Vom Finanzamt sei ein Zusammenhang der aus dem Prozeß resultierenden Zahlungen mit der Tätigkeit als Geschäftsführer ausgeschlossen und eine Qualifikation dieser Zahlungen als Betriebsausgaben als unverständlich abgelehnt worden. Weiters habe die Rückzahlung des Kaufpreises der Aktien nicht zu Werbungskosten führen können, da bei den Einkünften aus Kapitalvermögen - und als solche hätten die aus dem Privatvermögen gehaltenen Aktien beurteilt werden müssen - Verluste aus der Entwertung von Aktien nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden könnten. Im "Vorlageantrag" habe der Beschwerdeführer vorgebracht, daß in der Berufungsvorentscheidung nicht berücksichtigt worden sei, daß er Provisionen aus dem Verkauf der T AG Aktien als Geschäftsführer der FK GmbH und nicht als Privater erhalten habe und er auch in seiner Funktion als Geschäftsführer und nicht als Privater geklagt worden sei. Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides hält die belangte Behörde fest, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1991 und 1992 entsprechende Bezüge erhalten habe. Gehe man - wie das Finanzamt - davon aus, daß es sich bei diesen Bezügen um Bezüge für die Geschäftsführertätigkeit handle, so seien diese bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen. Zu klären sei dann, ob die Weitergabe dieser Bezüge an den Rechtsanwalt des Prozeßgegners bei diesen Einkünften als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sei. In der Folge vertritt die belangte Behörde die Ansicht, daß der Verkauf und Rückkauf von im Privatvermögen gehaltenen Aktien - Gegenteiliges sei nicht behauptet worden - mit der Tätigkeit als Geschäftsführer einer "anderen Kapitalgesellschaft" (FK GmbH) in keinerlei - nicht einmal mittelbaren - Zusammenhang stehe. Die Berücksichtigung der Aufwendungen für den Rückkauf als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit komme daher auf keinen Fall in Betracht. Trete man den Angaben des Beschwerdeführers in seinem "Vorlageantrag" näher, daß es sich bei den "zugeflossenen Beträgen" um Provisionen für den Verkauf der Aktien handelt, komme man allerdings zu keinem anderen steuerlichen Ergebnis. Provisionen für die einmalige Vermittlung von Aktienverkäufen wären als sonstige Einkünfte im Sinne des § 29 EStG, Einkünfte aus Leistungen, wie insbesondere Einkünfte aus gelegentlichen Vermittlungen, zu erfassen. Es stelle sich nun die Frage, ob die Ausgaben für den erzwungenen Rückkauf der Aktien Werbungskosten bei den sonstigen Einkünften darstellten. Werbungskosten müßten durch die Einnahmenerzielung veranlaßt sein. Ein Zusammenhang mit der Tätigkeit des Steuerpflichtigen müsse gegeben sein. Der Vermögensstamm werde grundsätzlich nicht erfaßt, führe also nicht zur Einnahmenerzielung. Dementsprechend zählten Aufwendungen auf das Vermögen nur dann zu den Werbungskosten, wenn sie zugleich der Einnahmenerzielung dienten. Aufwendungen, die mit dem Erwerb oder mit Wertminderungen zusammenhingen, seien nur abzugsfähig, wenn dies ausdrücklich zugelassen sei (§ 16 Abs 1 EStG). Ein Zusammenhang des Aktienrückkaufes mit allfälligen Provisionserlösen könne nicht gesehen werden. Abgesehen davon, daß - wie unten noch dargelegt werde - schon grundsätzlich nicht davon ausgegangen werde, daß die vorliegenden Einkünfte überhaupt Provisionen seien, würde es sich beim Rückkauf um einen Vorgang im Privatvermögen handeln, der steuerlich schon aus diesem Grund unbeachtlich sei. Wie bereits erwähnt, werde aber davon ausgegangen, daß es sich nicht um Provisionen handle, die der Beschwerdeführer für die Vermittlung des Verkaufes der Aktien erhalten habe. Ausschlaggebend für diese Annahme sei zum einen, daß der Verkauf der Aktien im Jahr 1979 stattgefunden habe. Daß Provisionen dafür erst 1991 und 1992 fließen sollten, sei unglaubwürdig. Weiters sei nicht erkennbar, aus welchem Grund die FK GmbH Provisionen für den Verkauf von Aktien zahlen sollte, die gar nicht in ihrem Besitz gewesen seien. Wie bereits erwähnt, werde davon ausgegangen, daß sich die Aktien der T AG im Privatbesitz des Beschwerdeführers befunden hätten. Einkünfte hieraus würden sich als solche aus Kapitalvermögen darstellen. Aufwendungen für den Kauf (Rückkauf) seien Aufwendungen für den Vermögensstamm, die steuerlich unbeachtlich seien. In diesem Zusammenhang werde auf die Berufungsvorentscheidung verwiesen. Zusammenfassend werde festgehalten: Die FK GmbH habe die Zahlungsverpflichtung ihres Geschäftsführers aus dem Prozeß, den dieser als Privatperson verloren habe, übernommen. Die Bezüge, die der Beschwerdeführer in den Jahren 1991 und 1992 erhalten habe, würden daher als Bezüge für die Geschäftsführertätigkeit und damit als Einkünfte aus selbständiger Arbeit qualifiziert, wobei der Rückkauf als steuerlich irrelevante Einkunftsverwendung anzusehen sei.

Der Beschwerdeführer beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt, daß die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nur derart uneinheitlich sei, daß überhaupt nicht erkennbar sei, welcher Sachverhalt von der belangten Behörde bei der Entscheidung über die Berufung angenommen worden sei, sondern auch in sich widerspruchsvoll. Im Ergebnis fehlten dem angefochtenen Bescheid die erforderlichen Feststellungen, aus denen sich

- nachvollziehbar - die Möglichkeit ergeben würde, die Richtigkeit jener rechtlichen Beurteilung zu überprüfen, wie diese von der belangten Behörde vorgenommen worden sei.

Diese Rüge ist berechtigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat in den letzten Jahren wiederholt ausgesprochen, daß die nach § 93 Abs 3 lit a BAO gebotene Begründung eines Abgabenbescheides erkennen lassen muß, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, daß gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet, wobei von zentraler Bedeutung für die Tragfähigkeit der Begründung eines Bescheides die zusammenhängende Darstellung des von der belangten Behörde festgestellten Sachverhaltes ist (vgl für viele die eingehenden Ausführungen im hg Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200, mwN).

Im Beschwerdefall beleuchtet die belangte Behörde zwar die Frage, innerhalb welcher Einkunftsart allfällige, im gegebenen Zusammenhang unter verschiedenen Sachverhaltsannahmen in Betracht kommende Einnahmen und/oder Ausgaben zu erfassen wären, und begründet auch, aus welchen Gründen unter diesen Sachverhaltsannahmen allfällige Ausgaben nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten anzuerkennen wären. Sie stellt aber in keiner Weise nachvollziehbar dar, auf Grund welcher Beweismittel sie zu welchen der betreffenden

-

jeweiligen - Sachverhaltsannahmen gelangt ist. Dies gilt insbesondere für den von der belangten Behörde angenommenen "Rückkauf" der Aktien, für die Annahme, bei den in den Jahren 1991 und 1992 dem Beschwerdeführer zugeflossenen Beträgen könne es sich um die im "Vorlageantrag" erwähnten Provisionen handeln, für die Annahme, die Aktien der T AG seien vom Beschwerdeführer (in seinem Privatvermögen) gehalten worden

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entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid wurde "Gegenteiliges", nämlich, daß an der T AG die FK GmbH beteiligt gewesen sei, vom Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 27. Oktober 1994 ausdrücklich behauptet - und letztlich auch für die "zusammenfassend" festgehaltene Annahme, die FK GmbH habe die Zahlungsverpflichtung für den Beschwerdeführer übernommen.

Den oben aufgezeigten Anforderungen einer die rechtliche Kontrolle des angefochtenen Bescheides ermöglichenden Bescheidbegründung entspricht die Begründung des angefochtenen Bescheides somit schon deshalb in gravierender Weise abermals nicht. Nicht nachvollziehbar ist im übrigen auch, weshalb die belangte Behörde aus der zuletzt angeführten Annahme, daß die FK GmbH die Zahlungsverpflichtung für den Beschwerdeführer übernommen habe, folgert, daß die "Bezüge", die der Beschwerdeführer in den Streitjahren erhalten habe, "daher" als Bezüge für die Geschäftstätigkeit zu qualifizieren seien.

Wenngleich dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführer seiner Mitwirkungspflicht im Verfahren nur sehr zurückhaltend nachgekommen ist, erweist sich der angefochtene Bescheid aus den angeführten Gründen als mit der behaupteten Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs 2 Z 3 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Verfahrensgrundsätze außerhalb des Anwendungsbereiches des AVG VwRallg10/2 Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997130128.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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