TE Vwgh Beschluss 2020/10/6 Ra 2020/12/0043

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
63/02 Gehaltsgesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG 1956 §17b Abs1
GehG 1956 §50
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des R S in P, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Juni 2020, GZ W213 2215372-1/10E, betreffend Bereitschaftsentschädigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Kommando Streitkräftebasis), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht als Fachoberinspektor des Entminungsdienstes des österreichischen Bundesheeres in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2        Mit Eingaben vom 11. Juli 2018, 3. August 2018, 18. September 2018 und 15. Oktober 2018 teilte der Revisionswerber der Dienstbehörde mit, dass er vom Leiter des Entminungsdienstes aufgefordert worden sei, bezogen auf die Zeiträume von 25. bis 29. Juni 2018, von 2. bis 6. Juli 2018, von 16. bis 20. Juli 2018, von 6. bis 10. August 2018, von 27. bis 31. August 2018 sowie von 17. bis 21. September 2018 im Monatsnachweis (PAAN) jeweils die Eintragungen „Bereitschaft“ auf „Rufbereitschaft“ abzuändern. Gegen diese Aufforderungen erhebe er „Beschwerde“. Er erachte die in der Dienstanweisung für den Entminungsdienst erfolgte Festlegung betreffend die Einrichtung einer Rufbereitschaft an Arbeitstagen außerhalb der Normdienstzeit als rechtswidrig. Im Hinblick auf die oben genannten Zeiträume komme § 50 Abs. 1 BDG 1979 zum Tragen. Der Revisionswerber ersuche darum, der „Beschwerde“ stattzugeben und die Eintragungen im PAAN hinsichtlich der betroffenen Monatsnachweise anzuerkennen oder die „Beschwerde“ mittels Bescheid abzuweisen.

3        Mit Schreiben vom 26. September 2018 informierte die Behörde den Revisionswerber dahin, dass er entsprechend einer Stellungnahme des Leiters des Entminungsdienstes in den betreffenden Zeiträume nicht verpflichtet worden sei, sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden an der Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten. Dem Revisionswerber wurde zudem Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, von welcher dieser keinen Gebrauch machte.

4        Mit Bescheid vom 8. Jänner 2019 stellte die Dienstbehörde hinsichtlich der unter Rn 2 genannten Anträge „auf bescheidmäßige Feststellung ihrer geltend gemachten Ansprüche (Bereitschaftsentschädigung)“ betreffend die in Rede stehenden Zeiträume fest, dass die anspruchsbegründenden Voraussetzungen für die vom Revisionswerber „in den Monatsnachweisen (PAAN)“ geforderte Auszahlung einer Bereitschaftsentschädigung für die Monate Juni, Juli, August und September 2018 nicht vorlägen.

5        Begründend führte die Behörde aus, der Revisionswerber sei im Jahr 2018 in den Kalenderwochen 26, 27 und 38 als Kommandant für das Einsatzteam H und in den Kalenderwochen 29, 32 und 35 als Kommandant für das Einsatzteam G eingeteilt worden. Diese Aufgaben seien durch den Revisionswerber im Zuge von Dienstreisen wahrgenommen worden. In den zuletzt bezeichneten Funktionen sei der Revisionswerber dazu verpflichtet worden, außerhalb der Normaldienstzeit erreichbar zu sein und bei Bedarf seinen Dienst anzutreten. Für die Dauer seiner Verwendung im Entminungsdienst beziehe der Revisionswerber eine monatliche pauschalierte Überstundenvergütung im Ausmaß von 18,3 Prozent der Bemessungsgrundlage. Mit der Überstundenpauschale würden grundsätzlich alle Mehrdienstleistungen an Werktagen außerhalb der Nachtzeit abgegolten werden. Darüber hinaus würden Mehrdienstleistungen abgegolten werden, sofern es sich dabei um Rufbereitschaft, Sonn- und Feiertagsstunden oder um Überstunden während der Nachtzeit handle. Rufbereitschaft sei dadurch charakterisiert, dass der Arbeitnehmer den Ort des Bereitseins selbst wählen und über die Verwendung der von der Bereitschaft erfassten Zeit im Großen und Ganzen selbst entscheiden könne. Vorliegend sei es zu keiner örtlichen Einschränkung des Aufenthalts des Revisionswerbers während der Bereitschaftszeiten gekommen. Es habe keine Bindung an einen bestimmten Ort oder an eine Dienststelle bestanden. Es liege daher weder Dienststellen- noch Wohnungsbereitschaft vor, weshalb dem Revisionswerber keine höhere Vergütung zustehe.

6        Der Revisionswerber erhob Beschwerde und führte u.a. ergänzend aus, dass ihm durch den Leiter des Entminungsdienstes die tägliche Rückreise zu seinem Wohnort im Burgenland oder zu seinem Dienstort nach Wien untersagt worden sei.

7        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für unzulässig.

8        Das Verwaltungsgericht verneinte das Vorliegen von Dienstbereitschaft und einen diesbezüglichen Vergütungsanspruch des Revisionswerbers nach § 17b Abs. 1 GehG, weil für diesen keine Verpflichtung bestanden habe, sich außerhalb der Normalarbeitszeit an der Dienststelle aufzuhalten. Der Umstand, dass der Revisionswerber im Bereich der Dienststelle H bzw. G genächtigt habe, habe keinen Einfluss auf diese rechtliche Beurteilung. Es wäre dem Revisionswerber freigestanden, sich außerhalb der Normalarbeitszeit an einem anderen Ort seiner Wahl aufzuhalten, dort auch zu nächtigen und dies im Rahmen der Geltendmachung seiner Ansprüche auf Reisekostenvergütung geltend zu machen.

9        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

10       Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision aus, es stehe unstrittig fest, dass der Revisionswerber seitens der Dienstbehörde nicht ausdrücklich verpflichtet worden sei, sich während der Bereitschaft an der Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten. Wenn das Bundesverwaltungsgericht aus diesem Umstand ableite, dass keine Dienststellenbereitschaft, sondern Rufbereitschaft vorliege, verkenne es, dass die Anordnung einer Rufbereitschaft nur zulässig sei, wenn es einerseits dienstliche Rücksichten erforderten, dass der Beamte in der dienstfreien Zeit seinen Aufenthalt so wähle, dass er jederzeit erreichbar und binnen kürzester Zeit zum Antritt seines Dienstes bereit sei, und wenn dem Beamten andererseits diese Verpflichtung nur fallweise auferlegt werde.

11       Nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut seien Rufbereitschaften quantitativ limitiert. Der Revisionswerber habe bei Betrachtung eines dreizehnwöchigen Zeitraums in sechs Wochen Rufbereitschaft versehen. Auch im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Juni 2003, 2003/12/0031, stehe die Häufigkeit der dem Revisionswerber angeordneten Bereitschaften einer Subsumierung unter § 50 Abs. 3 BDG 1979 entgegen. Vielmehr liege infolge der sonstigen Umstände eine Dienststellenbereitschaft im Sinn von § 50 Abs. 1 BDG 1979 vor. Aus diesem Grund gebühre dem Revisionswerber eine höhere Vergütung. Es stelle sich im Revisionsfall die Frage, bei welcher Frequenz noch von einer fallweisen Heranziehung des Beamten ausgegangen werden könne bzw. welche sonstigen Umstände eine solche ausschließen würden.

12       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

13       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

14       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

15       Der Revisionswerber vertritt die Auffassung, ihm gebühre für die in Rede stehenden Bereitschaftsdienste (anstelle einer Entschädigung für Rufbereitschaftsdienste nach § 17b Abs. 3 GehG) eine Bereitschaftsentschädigung gemäß § 17b Abs. 1 GehG.

16       Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten hat, knüpft die Bereitschaftsentschädigung nach § 17b Abs. 1 GehG daran an, ob dem Beamten bei Anordnung des jeweiligen Dienstes die in § 17b Abs. 1 GehG umschriebenen Pflichten (sich außerhalb der im Dienstplan vorgeschriebenen Dienststunden in einer Dienststelle oder an einem bestimmten anderen Ort aufzuhalten) auferlegt wurden (siehe VwGH 19.4.2016, Ra 2016/12/0024).

17       Ferner ergibt sich im Hinblick auf den vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten und vom Revisionswerber nicht bestrittenen Sachverhalt für den vorliegenden Fall bereits aus dem klaren Wortlaut der Bestimmung des § 50 BDG 1979, dass - wie das Bundesverwaltungsgericht rechtsrichtig erkannte - dem Revisionswerber bloß Rufbereitschaft angeordnet wurde (siehe zu einer ähnlichen Konstellation VwGH 30.1.2019, Ra 2018/12/0050).

18       Hingegen hat die in der Zulässigkeitsbegründung angesprochene Frage der Rechtmäßigkeit der (der Anordnung des jeweiligen Bereitschaftsdienstes zugrundeliegenden) dienstrechtlichen Weisung keine unmittelbaren gehaltsrechtlichen Konsequenzen (vgl. erneut VwGH 19.4.2016, Ra 2016/12/0024).

19       Es bestünde für den Beamten die Möglichkeit, eine Klärung der zuletzt genannten (aus Anlass des Revisionsfalls jedoch nicht zu prüfenden) Frage in einem dienstrechtlichen Feststellungsverfahren zu erlangen (siehe die in der Zulässigkeitsbegründung zitierte Entscheidung VwGH 13.6.2003, 2003/12/0031, sowie VwGH 13.3.2002, 97/12/0323).

20       Aus den dargelegten Erwägungen liegen die Voraussetzungen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 6. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120043.L00

Im RIS seit

10.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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