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E000 EU- Recht allgemeinNorm
AVG §56Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision des A F, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Mai 2020, Zl. W128 2149884-1/10E, betreffend Nachzahlung der sich aus der Verbesserung der besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:
Spruch
Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses wird wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Der am 6. September 1969 geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Mit Bescheid vom 1. Oktober 1987 wurde der 6. September 1987 als für ihn maßgeblicher Vorrückungsstichtag bestimmt. Dabei wurden vor der Vollendung des achtzehnten Lebensjahres liegende Zeiten nicht berücksichtigt.
2 Mit Eingabe vom 12. April 2010 beantragte der Revisionswerber unter dem Betreff „Anrechnung von Zeiten vor dem 18. Lebensjahr zwecks Nichteintreten der Verjährung“ die rückwirkende Anrechnung der Zeiträume von 3. September 1984 bis 5. Juli 1987 sowie von 6. Juli 1987 bis 6. September 1987, während derer er als Gendarmeriepraktikant bzw. für das Landesgendarmeriekommando für Niederösterreich tätig gewesen sei. Weiters ersuchte er um die Auszahlung „daraus“ allenfalls resultierender Differenzbeträge.
3 Mit Eingabe vom 13. November 2010 begehrte der Revisionswerber unter Verwendung des in § 113 Abs. 12 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 vorgesehenen Formblattes die Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages und seiner daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie allenfalls die Nachzahlung von Bezügen aus diesem Anlass.
4 Mit Bescheid des Landespolizeikommandos für Niederösterreich vom 17. Februar 2011 wurde der Antrag vom 13. November 2010 gemäß § 113 Abs. 10 GehG abgewiesen. Die Behörde vertrat die Ansicht, die besoldungsrechtliche Stellung des Revisionswerbers werde infolge seiner Option in die Besoldungsgruppe Exekutivdienst nicht mehr durch den Vorrückungsstichtag bestimmt.
5 Der Revisionswerber erhob Berufung.
6 Mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 6. Oktober 2011 wurde das Berufungsverfahren im Hinblick auf das damals vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Zahl 2011/12/0026 anhängige Verfahren ausgesetzt.
7 In der Folge wurde der Bescheid vom 17. Februar 2011 gemäß § 66 Abs. 2 AVG mit Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom 23. Februar 2012 aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Dienstbehörde zurückverwiesen.
8 Im fortgesetzten Verfahren sprach die Landespolizeidirektion Niederösterreich mit Bescheid vom 24. September 2012 aus, dass infolge des Antrages des Revisionswerbers vom 13. November 2010 mit Wirkung vom 1. Jänner 2004 gemäß §§ 12 und 113 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 durch die zusätzliche Voransetzung von Zeiten der 1. Juli 1984 als Vorrückungsstichtag ermittelt werde.
9 Der Bescheid vom 24. September 2012 erwuchs in Rechtskraft. Er enthielt einen nicht in den Spruch aufgenommenen Hinweis, wonach die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers bewirke.
10 Mit Antrag vom 13. August 2013 begehrte der Revisionswerber die bescheidmäßige Festsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung unter Berücksichtigung des mit Bescheid vom 24. September 2012 ermittelten Vorrückungsstichtages und unter Außerachtlassung der Bestimmung des § 8 Abs. 1 zweiter Satz GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 sowie die allfällige Nachzahlung der ihm zustehenden Bezugsdifferenz ab 1. Jänner 2004. Er berief sich in diesem Zusammenhang insbesondere auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. September 2012, 2012/12/0007, und machte geltend, dass § 8 Abs. 1 zweiter Satz GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts nicht anwendbar sei und ihm daher das Gehalt einer höheren Gehaltsstufe gebühre.
11 Die Landespolizeidirektion Niederösterreich setzte zunächst das Verfahren mit Bescheid vom 14. Jänner 2014 bis zur Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) über das Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichtshofes vom 16. September 2013, 2013/12/0076, EU 2013/0005, gemäß § 38 AVG aus und wies sodann mit Bescheid vom 16. Juni 2015 den Antrag des Revisionswerbers vom 13. August 2013 auf Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung im Sinn von § 8 GehG in der Fassung vor dem Inkrafttreten der mit BGBl. I Nr. 32/2015 kundgemachten „Reform des Besoldungsrechtes“ gemäß § 175 Abs. 79 Z 3 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015 als unzulässig zurück. Der Antrag des Revisionswerbers vom 13. August 2013 auf Nachzahlung von aus diesem Anlass sich ergebenden Bezügen wurde als unbegründet abgewiesen.
12 Begründend verwies die Behörde auf § 175 Abs. 79 Z 3 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015. Mit dem Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen über den Vorrückungsstichtag in sämtlichen Verfahren, die sich auf die Rechtslage aus der Zeit vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 32/2015 bezögen und die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung beträfen, sei jede Rechtsgrundlage für eine inhaltliche Entscheidung weggefallen. Mangels rechtlicher Grundlage sei der Revisionswerber weder vermöge eines Rechtsanspruches noch eines rechtlichen Interesses am Verfahren beteiligt, weshalb sein Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung zurückzuweisen gewesen sei. Mangels Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung bestünden auch keine zusätzlichen Besoldungsansprüche, weshalb der diesbezügliche Antrag des Revisionswerbers abzuweisen gewesen sei.
13 Der Revisionswerber erhob Beschwerde.
14 Mit Beschluss vom 14. Dezember 2015 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Verfahren gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die zur Zahl Ro 2015/12/0022 protokollierte Revision aus.
15 Mit Erkenntnis vom 7. Dezember 2016 hob das Bundesverwaltungsgericht den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 16. Juni 2015 gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos auf.
16 Das Bundesverwaltungsgericht verwies auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 9. September 2016, Ro 2015/12/0025, und hielt fest, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, über den Antrag des Revisionswerbers auf Änderung seiner besoldungsrechtlichen Stellung inhaltlich zu entscheiden. Die Behörde werde im fortgesetzten Verfahren darauf zu achten haben, dass ein dem Unionsrecht entsprechender, diskriminierungsfreier Rechtszustand hergestellt werde.
17 Mit Bescheid vom 12. Jänner 2017 wies die Landespolizeidirektion Niederösterreich den Antrag des Revisionswerbers vom 13. November 2010 auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 175 Abs. 79 Z 2 und 3 in Verbindung mit § 175 Abs. 79a und 79b GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 104/2016 ab.
18 Mit dem Besoldungsrechtsanpassungsgesetz BGBl. I Nr. 104/2016 habe der Gesetzgeber durch die Bestimmungen des § 175 Abs. 79 Z 3 sowie Abs. 79a und 79b GehG ausdrücklich klargestellt, dass die „alte Rechtslage“ betreffend den Vorrückungsstichtag in ausnahmslos allen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.
19 Der Revisionswerber erhob Beschwerde, in der er u.a. ausführte, die Behörde habe versehentlich auf seinen Antrag vom 13. November 2010 Bezug genommen. Vorliegend sei über seinen Antrag vom 13. August 2013 zu entscheiden.
20 Mit Beschluss vom 31. Juli 2017 setzte das Bundesverwaltungsgericht das Beschwerdeverfahren gemäß § 17 VwGVG in Verbindung mit § 38 AVG bis zur Entscheidung des EuGH über das diesem Gerichtshof mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017, W128 2148285-1/2Z, (Anmerkung: zur Rechtssache C-396/17, Martin Leitner) vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen aus.
21 Mit Schreiben vom 5. März 2020 übermittelte der Revisionswerber dem Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf einen ihm durch das Gericht zur Kenntnis gebrachten, durch die Behörde infolge der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, ermittelten Vergleichsstichtag eine schriftliche Stellungnahme. Er verwies darauf, dass Nachzahlungen ausgehend von der ersten Antragstellung am 12. April 2010 sowie unter Berücksichtigung des § 113 Abs. 13 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 82/2010 zu erfolgen hätten. Mit Eingabe vom 13. August 2013 habe er den ersten Antrag vom 12. April 2010 zum Teil wiederholt, weil seine besoldungsrechtliche Stellung trotz Verbesserung des Vorrückungsstichtages nicht angepasst worden sei und deswegen keine Nachzahlungen erfolgt seien.
22 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht unter Spruchpunkt A I.) der Beschwerde gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 12. Jänner 2017 statt und stellte gemäß § 169f Abs. 4 GehG fest, dass sich das Besoldungsdienstalter des Revisionswerbers zum Ablauf des 28. Februar 2015 um 1098 Tage verbessere. Unter Spruchpunkt A II.) sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass dem Revisionswerber eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge rückwirkend ab 1. Juli 2009 ergebe. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Gericht für nicht zulässig.
23 Das Bundesverwaltungsgericht ermittelte den gemäß § 169g GehG in der Fassung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 maßgeblichen Vergleichsstichtag mit 3. September 1984 und gelangte ausgehend von dem letzten unter Ausschluss der vor Vollendung des achtzehnten Lebensjahres zurückgelegten Zeiten festgesetzten Vorrückungsstichtag, dem 6. September 1987, zu dem Ergebnis, dass sich das Besoldungsdienstalter des Revisionswerbers gemäß § 169g Abs. 4 GebG zum Ablauf des 28. Februar 2015 um 1098 Tage erhöhe. Sodann führte das Verwaltungsgericht aus, dass aus der Erhöhung des Besoldungsdienstalters ein Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen resultiere. § 175 Abs. 79 Z 2 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015 stehe im Widerspruch zum Unionsrecht und sei vorliegend nicht anzuwenden. Unter Berücksichtigung einer dreijährigen Verjährungsfrist und der in § 113 Abs. 13 GehG bestimmten Hemmung dieser Frist im Zeitraum von 18. Juni 2009 bis 30. August 2010, somit für die Dauer von einem Jahr, zwei Monaten und zwölf Tagen, gebühre dem Revisionswerber eine Nachzahlung der sich aus der Verbesserung seiner besoldungsrechtlichen Stellung ergebenden Bezüge ab 1. Juli 2009. Wenn der Revisionswerber auf seinen Antrag vom 13. November 2010 verweise und die Ansicht vertrete, es stehe ihm bereits beginnend mit einem früheren Zeitpunkt eine Nachzahlung zu, sei ihm zu entgegnen, dass der zuletzt genannte Antrag mit Bescheid der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom 24. September 2012 rechtskräftig erledigt worden sei. Der Revisionswerber sei daher gehalten gewesen, gegen den Bescheid vom 24. September 2012 ein Rechtsmittel zu erheben. Im vorliegenden Fall habe der Antrag vom 13. August 2013 das gegenständliche Verfahren „ausgelöst“. Im Verwaltungsverfahren wirkten Anträge nur „pro futuro“. Es sei dem Bundesverwaltungsgericht daher verwehrt, ausgehend vom ersten Antrag des Revisionswerbers die Verjährungsfrist festzulegen.
24 Gegen Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit verbunden mit dem Antrag geltend gemacht wird, der Verwaltungsgerichtshof möge aus diesem Grund in der Sache entscheiden, hilfsweise das angefochtene Erkenntnis im angefochtenen Umfang aufheben.
25 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision u.a. geltend, das Bundesverwaltungsgericht habe zu Unrecht bei Ermittlung der „Nachzahlungsfrist“ und des im vorliegenden Fall maßgeblichen Verjährungszeitraumes auf den Antrag vom 13. August 2013 abgestellt. Richtigerweise wäre der Antrag vom 12. April 2010 der Festlegung der Verjährungsfrist zugrunde zu legen gewesen.
26 In dem gemäß § 36 VwGG eingeleiteten Vorverfahren teilte die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde mit, dass der umfassenden Begründung des Bundesverwaltungsgerichts nichts hinzuzufügen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
27 Die Revision ist aus dem in der oben wiedergegebenen Zulässigkeitsbegründung dargestellten Grund zulässig. Sie ist auch begründet.
28 § 169f Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54, die zitierten Bestimmungen in der Fassung BGBl. I Nr. 58/2019, lautet auszugsweise:
„Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG
§ 169f.
(1) Bei Beamtinnen und Beamten,
1. die sich am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, im Dienststand befinden und
2. die nach § 169c Abs. 1 (allenfalls in Verbindung mit § 169d Abs. 3, 4 oder 6) übergeleitet wurden und
3. deren erstmalige Festsetzung des Vorrückungsstichtags für das laufende Dienstverhältnis unter Ausschluss der vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten erfolgt ist und
4. bei denen nach der erstmaligen Festsetzung nach Z 3 nicht die vor Vollendung des 18. Lebensjahres zurückgelegten Zeiten nach den Bestimmungen des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010 vorangestellt und durch Außerachtlassung der mit diesem Bundesgesetz bewirkten Verlängerung des für die erste Vorrückung erforderlichen Zeitraums zur Gänze für die Einstufung wirksam geworden sind,
ist die besoldungsrechtliche Stellung von Amts wegen bescheidmäßig neu festzusetzen.
...
(3) Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, welche die Frage der Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten, der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags, insbesondere nach § 113 Abs. 10 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, der Neufestsetzung des Besoldungsdienstalters oder der Festsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung für eine Beamtin oder einen Beamten nach Abs. 1 Z 3 als Hauptfrage zum Gegenstand haben, erfolgt eine Neufestsetzung im Rahmen dieser Verfahren. Bei den am Tag der Kundmachung der 2. Dienstrechts-Novelle 2019, BGBl. I Nr. 58/2019, anhängigen Verfahren, in denen eine solche Frage als Vorfrage zu beurteilen ist, erfolgt die Beurteilung unbeschadet des § 38 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51/1991, nach Maßgabe des Abs. 6.
...
(6) Die Bemessung der Bezüge erfolgt rückwirkend unter Berücksichtigung der für die Vorrückung wirksamen Dienstzeit
1. im Fall des Abs. 4 (für Zeiten vor dem 1. März 2015 unter Anwendung von § 169c Abs. 6b in der geltenden Fassung und § 8 in der Fassung der Dienstrechts-Novelle 2015, BGBl. I Nr. 65/2015) nach Maßgabe des neu festgesetzten Besoldungsdienstalters und
2. im Fall des Abs. 5 nach Maßgabe der neu festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung, wobei Vorrückungen mit dem Monatsersten nach Ablauf des für die Vorrückung in die jeweilige Gehaltsstufe erforderlichen Zeitraums erfolgen, der sich aus den bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 für die Verwendungsgruppe der Beamtin oder des Beamten geltenden Bestimmungen ergibt, oder, wenn das Ende dieser Frist auf einen Monatsersten fällt, mit diesem Monatsersten.
Abweichend von § 13b hat für Beamtinnen und Beamte nach Abs. 1, auf die Abs. 3 erster Satz nicht zutrifft, eine allfällige Nachzahlung für Zeiten ab dem 1. Mai 2016 von Amts wegen zu erfolgen.“
29 § 13b Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 in der Fassung BGBl. Nr. 318/1973, lautet:
„Verjährung
§ 13b. (1) Der Anspruch auf Leistungen verjährt, wenn er nicht innerhalb von drei Jahren geltend gemacht wird, nachdem die anspruchsbegründende Leistung erbracht worden oder der anspruchsbegründende Aufwand entstanden ist.
(2) Das Recht auf Rückforderung zu Unrecht entrichteter Leistungen (§ 13a) verjährt nach drei Jahren ab ihrer Entrichtung.
(3) Was trotz Verjährung geleistet worden ist, kann nicht zurückgefordert werden.
(4) Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sind mit der Maßgabe anzuwenden, daß die Geltendmachung eines Anspruches im Verwaltungsverfahren einer Klage gleichzuhalten ist.“
30 Die vom Revisionswerber aufgeworfene Rechtsfrage betrifft die Verjährung von Ansprüchen, die sich aus der im (nicht angefochtenen) Spruchpunkt A) I.) des angefochtenen Erkenntnisses vorgenommenen Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 169f Abs. 4 GehG ergeben. Derartige Ansprüche wurden vom Gesetzgeber der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 rückwirkend (vgl. § 169f Abs. 6 Z 1 GehG) im positiven innerstaatlichen Recht neu geschaffen. Die Geltendmachung exakt dieser Ansprüche war einem Beamten vor Herausgabe der genannten Novelle nicht möglich. Dennoch folgt aus § 169f Abs. 6 letzter Satz GehG, dass der Gesetzgeber dieser Novelle § 13b GehG (der auch seinem Wortlaut nach nicht auf die Möglichkeit, den Anspruch überhaupt geltend zu machen, abstellt) auf derartige Ansprüche grundsätzlich (und auf die hier gegenständlichen Ansprüche in Fällen des Abs. 3 erster Satz im Besonderen) angewendet wissen wollte. Das Bundesverwaltungsgericht ist daher zutreffend von der Maßgeblichkeit des § 13b GehG ausgegangen.
31 Das Bundesverwaltungsgericht vertrat in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung, dass die Geltendmachung des vorliegend zu beurteilenden Anspruchs des Revisionswerbers auf Nachzahlung der aus einer Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung resultierenden Bezüge erst mit Antrag vom 13. August 2013 erfolgt und daher die für die Verjährung dieses Anspruchs maßgebliche Frist ausgehend von dem zuletzt genannten Datum zu berechnen sei. Dieser Ansicht tritt die Revision zu Recht entgegen:
32 Eingangs ist festzuhalten, dass über den Anspruch des Revisionswerbers auf Nachzahlung der Differenz zwischen den ihm tatsächlich ausbezahlten und den ihm infolge einer Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung gebührenden Bezügen nicht mit Bescheid vom 24. September 2012 rechtskräftig abgesprochen wurde, weil dieser Bescheid eine diesbezügliche spruchförmige Entscheidung nicht enthielt. Auch der in den Bescheid vom 24. September 2012 aufgenommene Hinweis, wonach die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages keine Änderung der besoldungsrechtlichen Stellung des Revisionswerbers bewirke, erwuchs nicht in Rechtskraft (siehe zu einem vergleichbaren „Hinweis“ VwGH 20.10.2014, Ro 2014/12/0001; zu einer ebenfalls nicht rechtskraftfähigen „Mitteilung“ VwGH 18.2.2015, 2014/12/0004; im Allgemeinen zu den Grenzen der Rechtskraft eines Bescheides, die durch dessen Spruch festgelegt werden, siehe VwGH 8.8.2018, Ra 2017/04/0112).
33 Es ist daher dem Revisionswerber darin beizupflichten, dass der in der Eingabe vom 12. April 2010 formulierte Antrag auf Nachzahlung von diskriminierungsfrei und unionsrechtskonform bestimmten Bezügen zum Zeitpunkt der Einbringung des Antrags vom 13. August 2013 noch nicht bescheidförmig erledigt war und das Anbringen vom 13. August 2013 bezüglich des Antrags auf Bezugsnachzahlung - selbst wenn das Anbringen vom 12. April 2010 keinen (expliziten) Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung umfasste (zur Teilbarkeit der Absprüche über die Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages bzw. über die dadurch erlangte besoldungsrechtliche Stellung jedenfalls für Zwecke der Anfechtung vor dem Verwaltungsgerichtshof VwGH 13.11.2013, 2013/12/0040) - inhaltlich betrachtet eine Wiederholung des schon mit 12. April 2010 (und sodann auch mit formularmäßigem Antrag vom 13. November 2010) geltend gemachten, aber eben noch keiner bescheidmäßigen Erledigung zugeführten Begehrens auf Nachzahlung von Bezügen darstellte.
34 Aus § 169f Abs. 3 GehG folgt, dass der Gesetzgeber der 2. Dienstrechts-Novelle 2019 davon ausgeht, dass die „Geltendmachung“ der nunmehr durch diese Novelle in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG eingeräumten Ansprüche auch schon durch vor dieser Novelle gestellte Anträge, insbesondere solche auf Anrechnung zusätzlicher Vordienstzeiten oder der Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nach § 113 Abs. 10 GehG idF BGBl. I Nr. 82/2010 erfolgt ist, weshalb anhängige Verfahren über derartige Anträge nunmehr zu einer Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung gemäß § 169f GehG zu führen haben. Zu beachten ist ferner, dass vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 gestellte Anträge - wie jener des Revisionswerbers vom 12. April 2010 - jedenfalls nach dem Willen des innerstaatlichen Gesetzgebers (vgl. § 113 Abs. 12 zweiter Satz zweiter Fall GehG in der Fassung dieser Novelle) ihrerseits als Anträge nach § 113 Abs. 10 GehG (in der Fassung dieser Novelle) fortzuführen waren, was hier als Ergebnis der durchgeführten Verbesserung auch geschehen ist.
35 Vor diesem Hintergrund war die gemäß § 13b GehG für den Anspruch auf Nachzahlung maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist nicht unter Zugrundelegung des Nachzahlungsantrags vom 13. August 2013, sondern ausgehend von der Eingabe vom 12. April 2010 zu ermitteln (vgl. VwGH 4.9.2012, 2012/12/0010, wonach der Beamte nach § 13b Abs. 4 GehG nicht gehalten ist, seinen Anspruch durch gesonderten Antrag auf bescheidmäßige Erledigung weiter zu verfolgen, um die Verjährung zu verhindern; siehe auch VwGH 23.11.2011, 2011/12/0005; vgl. ferner VwGH 13.9.2001, 97/12/0356; 4.7.2001, 99/12/0022, wonach - jedenfalls im Regelfall - die bloße Unterlassung der Einbringung eines Devolutionsantrages oder einer Säumnisbeschwerde für sich allein nicht zum Eintritt der Verjährung im Sinn des § 13b GehG durch Beseitigung der Unterbrechungswirkung eines durch Antrag geltend gemachten vermögenswerten besoldungsrechtlichen Anspruchs mangels gehöriger Klagsfortsetzung führt).
36 Folglich erweist sich die Festsetzung des Nachzahlungszeitraums beginnend mit 1. Juli 2009 jedenfalls als rechtswidrig.
37 Hingegen besteht keine Rechtsgrundlage für die in der Revision des Weiteren vertretene Ansicht, wonach im Hinblick auf die durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 82/2010 rückwirkend mit 1. Jänner 2004 getroffenen Bestimmungen die im Revisionsfall maßgebliche Verjährungsfrist ausgehend vom 1. Jänner 2004 zu berechnen wäre. Auch hier gilt (entsprechend dem oben zu § 169f Abs. 4 GehG Gesagten), dass der innerstaatliche Gesetzgeber der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 rückwirkend (zum 1. Jänner 2004) Ansprüche eingeräumt hat, auf diese jedoch grundsätzlich § 13b GehG angewendet sehen wollte, wie sich aus dem „Verjährungsverzicht“ des § 113 Abs. 13 GehG in der Fassung der zuletzt zitierten Novelle ergibt, welcher auf Basis der Rechtsauffassung des Revisionswerbers überflüssig gewesen wäre (siehe im Übrigen zur unionsrechtlichen Vereinbarkeit einer Regelung, nach der infolge unionsrechtswidriger innerstaatlicher Vorschriften vorenthaltene Bezugsbestandteile einer dreijährigen Verjährungsfrist unterlagen, EuGH 15.4.2010, C-542/08, Rn 33 und 41; VwGH 30.6.2010, 2010/12/0082; zur Möglichkeit, die vom Revisionswerber geltend gemachten besoldungsrechtlichen Ansprüche aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts rechtlich durchzusetzen VwGH 18.2.2015, 2014/12/0004; 4.9.2012, 2012/12/0007; zur vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 82/2010 bereits bestehenden Verpflichtung, die innerstaatliche Rechtslage unionsrechtskonform zu vollziehen VwGH 16.9.2013, 2013/12/0076).
38 Überdies erfolgte die Eingabe vom 12. April 2010 ohnehin vor Verlautbarung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 82/2010, sodass schon aus diesem Grund nicht nachvollziehbar ist, weshalb - wie von der Revision im Wege eines alternativen Argumentationsstrangs gefordert - im gegenständlichen Fall der Berechnung der Verjährungsfrist des § 13b GehG das Datum der Kundmachung des Bundesgesetzblattes BGBl. I Nr. 82/2010 zugrunde gelegt werden sollte.
39 Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses erweist sich jedoch noch aus einem weiteren, vorliegend von Amts wegen wahrzunehmenden Grund als rechtswidrig:
40 Gegenstand des vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheides vom 12. Jänner 2017 war lediglich der Abspruch über den Antrag des Revisionswerbers auf Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung, nicht jedoch sein daraus resultierender Anspruch auf Nachzahlung von Bezügen. Der Bescheid vom 16. Juni 2015, der auch einen Abspruch über den Antrag des Revisionswerbers auf Nachzahlung von Bezügen enthielt, war mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Dezember 2016 ersatzlos aufgehoben worden. Einer inhaltlichen Erledigung des Antrags auf Nachzahlung von Bezügen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren stand somit der Umstand entgegen, dass das diesbezügliche Begehren nicht Gegenstand des vor dem Bundesverwaltungsgericht bekämpften Bescheides vom 12. Jänner 2017 und somit auch nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht war.
41 Da das Bundesverwaltungsgericht dies verkannte und es über den mit Bescheid vom 12. Jänner 2017 nicht erledigten Antrag des Revisionswerbers auf Nachzahlung von Bezügen absprach, nahm es eine Zuständigkeit in Anspruch, die ihm nicht zukam. Dadurch belastete es Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses mit durch den Verwaltungsgerichtshof aus Anlass der zulässigen Revision vorrangig wahrzunehmender Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts. Spruchpunkt A II.) des angefochtenen Erkenntnisses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben.
42 Im Übrigen ist Folgendes zu bemerken: Auf Grund der Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung durch Spruchpunkt A.) I.) des angefochtenen Erkenntnisses ist wohl die Sperrwirkung der ersatzlosen Aufhebung der Entscheidung der Dienstbehörde über den Nachzahlungsanspruch durch das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Dezember 2016 aufgehoben. Grundsätzlich gilt aber, dass über die hier nunmehr offenbar allein strittige Frage der Verjährung von Ansprüchen, die sich aus der nunmehr festgesetzten besoldungsrechtlichen Stellung ergeben, mit einem Feststellungsbescheid, der allein die Frage der Verjährung der Ansprüche betrifft, abgesprochen werden darf (vgl. VwGH 19.2.2020, Ra 2019/12/0038, mwH).
43 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 6. Oktober 2020
Gerichtsentscheidung
EuGH 62008CJ0542 Barth VORABSchlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Auslegung des Mitgliedstaatenrechtes EURallg2 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Rechtsgrundsätze Verjährung im öffentlichen Recht VwRallg6/6 Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der RechtswirkungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120039.L00Im RIS seit
10.11.2020Zuletzt aktualisiert am
10.11.2020