TE Vwgh Beschluss 2020/10/6 Ra 2020/11/0118

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Veröffentlicht am 06.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
FSG 1997 §24 Abs4
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrat Dr. Grünstäudl und Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision der I P in W, vertreten durch Dr. Michael Brunner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. Mai 2020, Zl. VGW-131/018/4884/2020-1, betreffend Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit rechtskräftigem Bescheid der belangten Behörde vom 27. Dezember 2019 wurde die Revisionswerberin aufgefordert, sich gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 binnen zwei Wochen einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

2        2.1. Mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid der belangten Behörde vom 9. März 2020 wurde die Revisionswerberin - nach erfolgter amtsärztlicher Anamnese am 20. Jänner 2020 - gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 iVm. § 5 Abs. 2 FSG-VO aufgefordert, binnen acht Wochen nach Zustellung des Bescheides eine zur Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens erforderliche (befürwortende) neurologische Stellungnahme „ohne MRT“ beizubringen und sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Dieser Bescheid stützt sich in seiner Begründung auf die erfolgte amtsärztliche Untersuchung.

3        2.2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, es sei ihr aufgrund ihrer Krebserkrankung nicht möglich, weitere Untersuchungen zu machen.

4        3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) diese Beschwerde mit der Maßgabe ab, dass die Beibringung der neurologischen Stellungnahme und Untersuchung beim Amtsarzt binnen acht Wochen ab Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses zu erfolgen habe. Die ordentliche Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

5        In seiner Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, in der Sachverhaltsdarstellung der zuständigen Polizeiinspektion bezüglich eines Einsatzes im Neurologischen Zentrum Rosenhügel am 4. Oktober 2019 werde eine wiedergegebene Stellungnahme der behandelnden Ärztin der Revisionswerberin wiedergegeben, die besage, dass die Revisionswerberin einen Gehirntumor habe, der bereits Metastasen gebildet hätte, die auf das Sprachzentrum drücken würden. Nach einer Cortisonbehandlung habe jene weder sprechen können, noch sei sie orientiert gewesen. Die Revisionswerberin habe nicht abschätzen können, dass sie sich in akuter Lebensgefahr befinde und habe wiederholt versucht, das Krankenhaus zu verlassen.

6        In rechtlicher Hinsicht sei aufgrund der aktenkundigen gesundheitlichen Situation die Vorlage eines neurologischen Gutachtens und die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens aus Gründen der Verkehrssicherheit dringend geboten, um die gesundheitliche Eignung der Revisionswerberin zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu überprüfen.

7        4. Gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

8        Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

9        5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12       5.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung gemäß § 24 Abs. 4 FSG 1997 bereits mit dem rechtskräftigen Bescheid vom 27. Dezember 2019 erfolgte. Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens war die dem verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis zugrunde liegende Aufforderung der belangten Behörde vom 9. März 2020 zur Beibringung einer neurologischen Stellungnahme.

13       5.2. In der Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, die begründeten Bedenken am aufrechten Vorliegen einer der Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung zum Lenken der entsprechenden Führerscheinklassen dürften sich nicht in der schriftlichen Meldung eines Meldungslegers erschöpfen. Dem ist zu erwidern, dass sich die verfahrensgegenständliche Aufforderung nicht bloß auf die schriftliche Meldungslegung vom 4. Oktober 2019 stützte, sondern dieser vielmehr die Befundung durch den Amtsarzt am 20. Jänner 2020 vorangegangen ist, aus welcher im Zusammenhang mit der Feststellung neurologischer Auffälligkeiten die Notwendigkeit der Abklärung von die Lenkfähigkeit allenfalls beeinträchtigenden Auswirkungen eines Gehirntumors hervorgeht.

14       Einer Rechtsfrage kann jedoch nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung hat und wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (ständige Rechtsprechung; vgl. VwGH 27.2.2019, Ra 2018/04/0144). Dies ist nach dem eben Gesagten hier nicht der Fall.

15       5.3. Insofern die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung die Verletzung des Parteiengehörs rügt, ist dem zu entgegnen, dass es die ins Treffen geführte Verletzung des Parteiengehörs erfordert, konkret vorzubringen, welches Tatsachenvorbringen der Revisionswerber im Falle der Wahrung des Parteiengehörs erstattet hätte, das im Ergebnis zu für ihn günstigeren Tatsachenfeststellungen führen hätte können (vgl. VwGH 16.3.2016, Ro 2014/04/0001).

16       Die vorliegende Revision enthält in ihrer maßgeblichen Zulässigkeitsbegründung kein solches Vorbringen und zeigt damit die Relevanz der von ihr vorgebrachten Verletzung des Parteiengehörs nicht auf.

17       5.4. Insofern die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung noch darauf verweist, es bedürfe einer „generellen Klärung“ von welcher Qualität und von welchem Ausmaß die „begründeten Bedenken“ sein müssten, ist diese auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zu dieser Frage zu verweisen (vgl. etwa VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0005, mwN).

18       5.5. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 6. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110118.L00

Im RIS seit

17.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

17.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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