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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)Norm
BDG 1979 §51 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Dr. Hotz, über die außerordentliche Revision des A B in C, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juli 2020, Zl. W208 2226022-1/11E, betreffend Schuldspruch ohne Strafe nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Der im Jahr 1961 geborene Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und war der Telekom Austria Personalmanagement GmbH zur Dienstleistung zugewiesen. Seit 1. Juli 2018 ist er unter Entfall der Bezüge beurlaubt (karenziert) und hat Anspruch auf ein Vorruhestandsentgelt bis zur gesetzlich möglichen Versetzung in den Ruhestand.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die vom Revisionswerber gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 2. Oktober 2019 erhobene Beschwerde ab und bestätigte dieses mit der Maßgabe, dass der Revisionswerber schuldig sei, am 14. Februar 2017 zu der von der Dienstbehörde am 17. Jänner 2017 angeordneten ärztlichen Untersuchung beim als Sachverständigen von der Dienstbehörde herangezogenen namentlich genannten Allgemeinmediziner und Neurologen im Zeitraum von 10:28 bis 10:48 Uhr zwar erschienen zu sein, aber - obwohl es ihm zumutbar gewesen sei - nicht gehörig an der Untersuchung mitgewirkt zu haben, indem er die Fragen des Arztes zu den Gründen seiner vorhergehenden achtmonatigen - nur durch Urlaube unterbrochene - Krankenstände nur vage insofern beantwortet habe, dass er Beschwerden an der Lendenwirbelsäule bzw. Arztbesuche zu absolvieren gehabt hätte und nichts Näheres dazu ausgeführt habe, sowie die Vorlage von notwendigen Befunden bzw. die Erteilung seines Einverständnisses zu deren Einholung dem ärztlichen Sachverständigen verweigert und die Untersuchung abgebrochen habe, was zur Folge gehabt habe, dass dem beauftragten Arzt die Erstellung eines Gutachtens samt Leistungskalkül nicht möglich gewesen sei.
3 Der Revisionswerber habe dadurch schuldhaft seine Dienstpflicht gemäß § 51 Abs. 2 Satz 2 dritter Fall in Verbindung mit § 52 Abs. 2Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen und daran soweit zumutbar mitzuwirken im Sinn des § 91 BDG 1979 verletzt.
4 Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte weiters den wegen dieser Dienstpflichtverletzung von der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen verhängten Schuldspruch ohne Strafe. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber in den beiden erstgenannten Fällen konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt dem Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen in entscheidungswesentlicher Hinsicht gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. VwGH 25.9.2019, Ra 2019/09/0121, mwN).
9 Der Revisionswerber bringt in der Zulässigkeitsbegründung zunächst vor, dass die Vorlage sämtlicher ärztlicher Befunde nicht von seiner Mitwirkungspflicht umfasst sei und er nicht sein Einverständnis zur Einholung seiner gesamten Krankengeschichte habe erteilen müssen. Diese Rechtsansicht werde auch vom Verwaltungsgerichtshof vertreten, der hinsichtlich der Aufforderung der Dienstbehörde zur Beibringung einer Bestätigung vom behandelnden Facharzt über den derzeitigen Gesundheitszustand und welche weiteren Schritte für die Wiederherstellung der Gesundheit und Arbeitsfähigkeit gesetzt sowie welche Behandlungen bis zum heutigen Tage durchgeführt worden seien, ausgesprochen habe, dass der Beamte nicht verpflichtet sei, derartige Bestätigungen seines behandelnden Arztes vorzulegen. Vielmehr treffe den Beamten nur die Pflicht der Mitwirkung an der ärztlichen Untersuchung, indem er zu dieser erscheine und sie vornehmen lasse. In diesem Zusammenhang verweist die Revision auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 27. September 2011, 2009/12/0198 und 0199.
10 Mit diesem Vorbringen entfernt sich der Revisionswerber jedoch vom festgestellten Sachverhalt, weshalb schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegen kann (vgl. etwa VwGH 6.7.2018, Ra 2017/02/0106, mwN). Der Revisionswerber übersieht nämlich, dass ihm ausgehend von entsprechenden Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts angelastet wurde, dem ärztlichen Sachverständigen die Vorlage von notwendigen Befunden bzw. Erteilung seines Einverständnisses zu deren Einholung verweigert zu haben.
11 Das vom Revisionswerber ins Treffen geführte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes ist darüber hinaus nicht einschlägig, weil es beim dort zu beurteilenden Sachverhalt nicht um die Einhaltung der Mitwirkungspflicht des Beamten an einer angeordneten ärztlichen Untersuchung gegangen ist. Dem dort zu beurteilenden Sachverhalt lag zugrunde, dass dem Beamten vorgeworfen wurde, den Aufforderungen der Dienstbehörde, ihr ärztliche Bestätigungen des ihn behandelnden Facharztes zu übermitteln, nicht nachgekommen zu sein, ohne dass eine Anordnung zu einer ärztlichen Untersuchung vorgelegen wäre.
12 Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass die vom Revisionswerber offenkundig vertretene Rechtsansicht, wonach sich die Mitwirkungspflicht des Beamten an der ärztlichen Untersuchung im Sinn des § 52 BDG 1979 darin erschöpft, zur Untersuchung zu erscheinen und die körperliche Untersuchung an sich vornehmen zu lassen, verfehlt ist. Nach der hg. Rechtsprechung dient die ärztliche Untersuchung der Feststellung der Dienstfähigkeit des Beamten (vgl. VwGH 24.1.2019, Ra 2018/09/0210). Ausgehend davon kann kein Zweifel darüber bestehen, dass den Beamten gemäß § 51 Abs. 2 iVm § 52 Abs. 2 BDG 1979 auch die Pflicht trifft, bei der im Regelfall notwendigen Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) mitzuwirken und dem ärztlichen Sachverständigen die Unterlagen (beispielsweise Befundberichte) vorzulegen und die Informationen zu geben, die er für die Gutachtenserstellung benötigt.
13 Weiters wendet sich die Revision auch gegen die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts und die Unterlassung der Einvernahme der Arzthelferin des von der Dienstbehörde beigezogenen Sachverständigen als Zeugin. Das Bundesverwaltungsgericht sei den Angaben des von der Dienstbehörde beigezogenen ärztlichen Sachverständigen zur Frage, ob die Untersuchung vom Revisionswerber oder von ihm selbst abgebrochen wurde, mit der schlichten Begründung gefolgt, dass dieser unter Wahrheitspflicht ausgesagt habe, während ihn als Beschuldigten keine Wahrheitspflicht treffe.
14 Soweit sich der Revisionswerber gegen die Beweiswürdigung wendet, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof als reine Rechtsinstanz tätig ist; zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge daher insgesamt nur vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. VwGH 27.5.2020, Ra 2020/02/0082, mwN); die Richtigkeit der Beweiswürdigung ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu überprüfen (vgl. VwGH 4.3.2020, Ra 2020/02/0013 und 0014, mwN).
15 Eine derart krasse Fehlbeurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen. Das Bundesverwaltungsgericht stützte sich darauf, dass kein Grund ersichtlich sei, warum der als Zeuge unter Wahrheitspflicht einvernommene Arzt falsche Angaben machen sollte und stellte auch andere beweiswürdigende Erwägungen an, warum die Angaben des Zeugen als glaubwürdig einzustufen seien. Die Revision tritt diesen Erwägungen nicht konkret entgegen.
16 Soweit die Revision das Unterbleiben der Einvernahme der Arzthelferin als Zeugin von Amts wegen rügt, macht sie einen Verfahrensmangel geltend. Die Zulässigkeit der Revision setzt bei einem behaupteten Verfahrensmangel (unter anderem) voraus, dass die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang - im Sinn seiner Eignung, bei einem mängelfreien Verfahren zu einer anderen für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu gelangen - konkret dargetan wird (vgl. VwGH 28.2.2019, Ra 2016/08/0058). Im Fall einer unterbliebenen (bzw. auch unzureichenden) Vernehmung hat der Revisionswerber konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer (hinreichenden) Vernehmung ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (VwGH 29.4.2019, Ra 2019/20/0152, mwN).
17 Die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung werden diesen Anforderungen an eine konkrete Relevanzdarlegung nicht gerecht. Insbesondere führt die Revision nicht an, welche entscheidungswesentlichen Angaben die Arzthelferin im Fall ihrer Vernehmung hätte machen können und inwieweit sich daraus eine für den Revisionswerber günstigere Sachverhaltsgrundlage hätte ergeben können (vgl. VwGH 23.5.2018, Ra 2018/22/0074).
18 Es werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 6. Oktober 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020090050.L00Im RIS seit
09.11.2020Zuletzt aktualisiert am
09.11.2020