TE OGH 2020/7/3 33R19/20m

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Veröffentlicht am 03.07.2020
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Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht ***** wegen Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss der Technischen Abteilung des Patentamts vom 11.9.2019, SZ 63/2017-3, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt EUR 30.000.

Der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Begründung

Text

Die Antragstellerin beantragte am 30.11.2017 die Erteilung eines ergänzenden Schutzzertifikats (ESZ) für das Erzeugnis „Mikroorganismus DSM 11798 der Coriobacteriaceae-Familie“ auf Basis des Grundpatents AT 406166 B mit dem Titel „Mikroorganismus, Verfahren zur Gewinnung desselben sowie Futtermittelzusatz“ gemäß der Verordnung (EG) Nr 469/2009 vom 6.5.2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (in der Folge: ESZ-VO); in eventu gemäß der Verordnung (EG) Nr 1610/96 (Verordnung (EG) Nr 1610/96 vom 23.7.1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel).

Die Zulassung sei nach einem Genehmigungsverfahren gemäß der Verordnung (EG) Nr 1831/2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung (in der Folge Zusatzstoff-VO) erteilt worden. Als Genehmigung für das Inverkehrbringen des Erzeugnisses sei die Durchführungs-Verordnung (EU) 2017/930 der Kommission vom 31. Mai 2017 anzusehen, mit welcher eine Zubereitung aus einem Mikroorganismus-Stamm DSM 11798 der Coriobacteriaceae-Familie als Zusatzstoff in Futtermitteln für alle Vogelarten zugelassen worden sei und mit welcher die Durchführungsverordnung (EU) Nr 1016/2013 der Kommission vom 23. Oktober 2013 zur Zulassung einer Zubereitung aus dem genannten Mikroorganismus-Stamm als Zusatzstoff in Futtermitteln für Schweine geändert worden sei.

Das Erzeugnis sei kein Pharmazeutikum im Sinne der ESZ-VO, die Zusatzstoff-VO könne jedoch in äquivalenter Weise angewendet werden.

Die Zulassung für ein Tierarzneimittel sei eine inhaberspezifische Zulassung (Art 2 EMA-VO [Verordnung (EG) Nr 726/2004 vom 31.3.2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur]), jene für einen technologischen Zusatzstoff gemäß Art 6 Abs 1 lit a Zusatzstoff-VO wie den gegenständlichen Mikroorganismus eine inhaberunabhängige Zulassung (Art 3 Abs 3 Zusatzstoff-VO), welche daher von jedermann verwendet werden könne.

Die Durchführungs-Verordnung (EU) 2017/930 zur Zulassung des Mikroorganismus DSM 11798 als Futtermittelzusatzstoff entspreche daher der Entscheidung über die Erteilung einer Genehmigung für ein Tierarzneimittel gemäß der RL 2001/82 (RL 2001/82 vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel) und der EMA-VO und in analoger Weise den Anforderungen des Art 2 ESZ-VO. Die Zulassung für einen Futtermittelzusatzstoff könne zwar nicht unter dem Gesetzestext der ESZ-VO subsumiert werden, in einem derartigen Fall sei es aber „allgemein akzeptiert“, dieses Gesetz analog anzuwenden. Die Analogie sei zulässig, weil sowohl in der RL 2001/82 als auch in der Zusatzstoff-VO Mikroorganismen als Wirkstoffe zur Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten bei Tieren erwähnt seien. Der Mikroorganismus DSM 11798 falle daher grundsätzlich unter beide Vorschriften. Die beiden Rechtstexte würden sich zwar gegenseitig ausschließen, was aber gerade auf eine enge Verbindung derselben schließen lasse. Für eine analoge Anwendbarkeit der ESZ-VO auf den vorliegenden Fall spreche schließlich auch, dass der gegenständliche Mikroorganismus als Arzneimittel und Erzeugnis im Sinne der ESZ-VO anzusehen sei.

Die ESZ-VO dürfe nicht so verstanden werden, dass sie nur auf Genehmigungsverfahren beschränkt sei, die nach der RL 2001/82 (oder der RL 2001/83 [RL 2001/83/EG vom 6.11.2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel] durchgeführt worden seien, sondern sie gelte für alle Produkte, die unter die Definition eines Arzneimittels oder Erzeugnisses im Sinne der ESZ-VO fielen und ein gleichwertiges Genehmigungsverfahren durchlaufen hätten.

Der Mikroorganismus DSM 11798 falle basierend auf der Zulassung durch die Durchführungs-Verordnung 2017/930 unter die Definition eines Arzneimittels gemäß Art 1 lit a ESZ-VO und es sei daher ein ESZ zu erteilen. Die Erteilung eines ESZ sei zudem in Übereinstimmung mit den Erwägungsgründen der ESZ-VO gerechtfertigt, da für die Zulassung des Mikroorganismus DSM 11798 aufwändige und kostspielige Forschungstätigkeiten notwendig gewesen seien, welche durch eine Verlängerung der Schutzdauer wenigstens teilweise amortisiert werden würden.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Patentamt die ESZ-Anmeldung aus dem Grund des § 2 Abs 2 SchZG 1996 zurück. Art 2 der ESZ-VO sei nicht erfüllt, weil das Erzeugnis nicht nach dem Genehmigungsverfahren gemäß der RL 2001/82 oder RL 2001/83 zugelassen worden sei, sondern nach der Zusatzstoff-VO. Auch eine Prüfung der ESZ-Anmeldung gemäß der Verordnung (EG) Nr 1610/09 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel führe zur Zurückweisung des Antrags, weil ein Genehmigungsverfahren für das Inverkehrbringen gemäß der RL 91/414/EWG (aufgehoben durch Verordnung (EG) Nr. 1107/2009) oder einer gleichwertigen einzelstaatlichen Rechtsvorschrift nicht durchgeführt worden sei.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Antragstellerin aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Abänderungsantrag, das ESZ zu erteilen und dem Österreichischen Patenamt aufzutragen das ESZ in das Register des Österreichischen Patentamts einzutragen. Sie moniert zusammengefasst, dass das Erzeugnis eine pharmakologische Wirkung besitze und daher unter die Definition eines Arzneimittels der ESZ-VO falle. Darüber hinaus seien sämtliche Anforderungen des Art 3 ESZ-VO erfüllt, wobei insbesondere die Zulassung gemäß der Zusatzstoff-VO als gleichwertig zu jener der RL 2001/82 anzusehen sei, sodass in analoger Anwendung des Art 2 ESZ-VO ein ESZ zu erteilen sei. Auf das Eventualbegehren geht der Rekurs nicht mehr ein.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Die rechtliche Überprüfung einer Entscheidung durch das Rechtsmittelgericht erfolgt nur insoweit, als im Rahmen einer Rechtsrüge zu (selbständigen) Ansprüchen und Einwendungen bestimmte Rechtsfragen ausgeführt worden sind RS0043338 [T13]; zur Anwendung auch im Außerstreitverfahren 5 Ob 72/13v; 5 Ob 77/17k ua).

2.1. ESZ-VO:

Erwägungsgrund 3 lautet:

«Arzneimittel, vor allem solche, die das Ergebnis einer langen und kostspieligen Forschungstätigkeit sind, werden in der Gemeinschaft und in Europa nur weiterentwickelt, wenn für sie eine günstige Regelung geschaffen wird, die einen ausreichenden Schutz zur Förderung einer solchen Forschung vorsieht.»

Erwägungsgrund 10:

«In einem so komplexen und empfindlichen Bereich wie dem pharmazeutischen Sektor sollten jedoch alle auf dem Spiel stehenden Interessen einschließlich der Volksgesundheit berücksichtigt werden. Deshalb kann das [ESZ] nicht für mehr als fünf Jahre erteilt werden. Der von ihm gewährte Schutz sollte im Übrigen streng auf das Erzeugnis beschränkt sein, für das die Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erteilt wurde.»

Art 1 a) definiert als:

«„Arzneimittel“ einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten bezeichnet wird, sowie einen Stoff oder eine Stoffzusammensetzung, der (die) dazu bestimmt ist, im oder am menschlichen oder tierischen Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der menschlichen oder tierischen Körperfunktionen angewandt zu werden;»

Art 2 lautet:

«Für jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel oder der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel ist, kann nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Modalitäten ein Zertifikat erteilt werden.»

Art 3 („Bedingungen für die Erteilung des [ESZ]“) sieht vor:

«Das [ESZ] wird erteilt, wenn in dem Mitgliedstaat, in dem die Anmeldung nach Artikel 7 eingereicht wird, zum Zeitpunkt dieser Anmeldung

[…]

b) für das Erzeugnis als Arzneimittel eine gültige Genehmigung für das Inverkehrbringen gemäß der Richtlinie 2001/83/EG bzw der Richtlinie 2001/82/EG erteilt wurde;

[…]

d) die unter Buchstabe b erwähnte Genehmigung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist.»

Art 4 („Schutzgegenstand“) der ESZ-VO bestimmt:

«In den Grenzen des durch das Grundpatent gewährten Schutzes erstreckt sich der durch das [ESZ] gewährte Schutz allein auf das Erzeugnis, das von der Genehmigung für das Inverkehrbringen des entsprechenden Arzneimittels erfasst wird, und zwar auf diejenigen Verwendungen des Erzeugnisses als Arzneimittel, die vor Ablauf des [ESZ] genehmigt wurden.»

2.2. Der Entscheidung C-527/17 des EuGH lag ein Sachverhalt zugrunde, nach dem der dem Ausgangsverfahren zugrundeliegende Stoff kein Arzneimittel war, sondern ein Medizinprodukt. Der EuGH hatte die Frage zu beurteilen, ob Art 2 ESZ dahin auszulegen ist, dass ein vorausgehendes Zulassungsverfahren gemäß der RL 93/42 für ein Medizinprodukt für die Zwecke der Anwendung der ESZ-VO einem Verfahren zur Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Stoffes gemäß der RL 2001/83 gleichzustellen ist.

Dazu führte der EuGH aus:

«26. Nach Art 2 ESZ-VO, der ihren Anwendungsbereich festlegt, kann für jedes im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch ein Patent geschützte Erzeugnis, das vor seinem Inverkehrbringen als Arzneimittel Gegenstand eines verwaltungsrechtlichen Genehmigungsverfahrens gemäß der Richtlinie 2001/83 ist, nach den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen und Modalitäten ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden, wenn es sich um ein Humanarzneimittel handelt.

27. Aus dem Wortlaut dieses Art 2 geht somit hervor, dass für ein Erzeugnis nur dann ein ergänzendes Schutzzertifikat erteilt werden kann, wenn es als Arzneimittel ein Verfahren zur Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Richtlinie 2001/83 durchlaufen hat.

44. Was die von der ESZ-VO verfolgten Ziele betrifft, geht zum einen schon aus dem Titel dieser Verordnung sowie aus ihren Erwägungsgründen 3, 4 und 8 bis 10 hervor, dass der Unionsgesetzgeber beabsichtigte, die Erteilung von ergänzenden Schutzzertifikaten unter Ausschluss sowohl von Medizinprodukten als auch Stoffen, die als unterstützender Bestandteil eines Medizinprodukts verwendet werden, Arzneimitteln vorzubehalten.

45. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Ausdehnung des Anwendungsbereichs dieser Verordnung auf solche Stoffe in der Praxis die Wirkung hätte, dass ergänzende Schutzzertifikate für Medizinprodukte erteilt werden könnten, in denen sie enthalten sind. Eine solche Folge liefe jedoch dem im zehnten Erwägungsgrund der ESZ-VO genannten Ziel zuwider, wonach der von einem ergänzenden Schutzzertifikat verliehene Schutz streng auf das Erzeugnis beschränkt sein soll, für das die Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erteilt wurde.»

3.1. Der Antrag auf Erteilung eines ESZ betrifft einen Bakterien-Stamm mit der internationalen Nummer DSM 11798, der als Zusatz in Futtermitteln für Schweine und alle Vogelarten zugelassen ist. Futtermittel aus Getreide oder Gräsern enthalten oft Schimmelpilze, deren Stoffwechselprodukte giftig sind. Diese Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) können in den Futtermitteln angereichert werden. Der Bakterien-Stamm DSM 11798 kann bestimmte Schimmelpilzgifte aus der Familie der Trichothecene unschädlich machen und damit zu einer Detoxifizierung des Futtermittels beitragen.

3.2. Nach § 1 SchZG 1996 werden ESZ, die in Österreich geltende Patente ergänzen, vom österreichischen Patentamt nach Maßgabe von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft über die Schaffung von ESZ erteilt. Die dafür maßgebliche Verordnung ist die bereits oben zitierte ESZ-VO.

3.3. Der Anwendungsbereich der in der ESZ-VO referenzierten RL 2001/82 wird in deren Art 2 bis 4 definiert.

Gemäß Art 3 Z 6 RL 2001/82 gelten die Bestimmungen der RL nicht für:

„die in der Richtlinie 70/524/EWG des Rates vom 23. November 1970 über Zusatzstoffe in der Tierernährung aufgeführten Zusatzstoffe, die den Futtermitteln und Ergänzungsfuttermitteln unter den Bedingungen der genannten Richtlinie beigemengt werden.“

Die RL 70/524/EWG wurde nach der Veröffentlichung der RL 2001/82 durch die

Zusatzstoff-VO ersetzt.

Der Geltungsbereich der Zusatzstoff-VO wird in Art 1 definiert. Gemäß Art 1 Abs 2 lit b gilt die Verordnung nicht für:

„Tierarzneimittel gemäß Begriffsbestimmung in der Richtlinie 2001/82/EG, mit Ausnahme von Kokzidiostatika und Histomonostatika, die als Futtermittelzusatzstoffe verwendet werden.“

In Art 6 Abs 1 der Zusatzstoff-VO werden die Futtermittelzusatzstoffe je nach Funktionsweise und Eigenschaften kategorisiert. Der gegenständliche Mikroorganismus DSM 11798 der Coriobacteriaceae-Familie fällt in die Kategorie „technologische Zusatzstoffe“ (Art 6 Abs 1 lit a Zusatzstoff-VO) und dort in die Funktionsgruppe m) „Stoffe zur Verringerung der Kontamination von Futtermitteln mit Mykotoxinen: Stoffe, die die Aufnahme von Mykotoxinen unterdrücken oder verringern, ihre Ausscheidung fördern oder ihre Wirkungsweise verändern können“ (Verordnung (EG) Nr 386/2009 zur Änderung der Zusatzstoff-VO hinsichtlich der Festlegung einer neuen Funktionsgruppe für Futtermittelzusatzstoffe).

Der Mikroorganismus DSM 11798 wurde als Futtermittelzusatzstoff nach den Bestimmungen der Zusatzstoff-VO zugelassen, wobei die von der Antragstellerin vorgelegten Durchführungsverordnungen zur Zulassung (VO 2017/930 und VO 1016/2013) ausdrücklich und ausschließlich auf die Zusatzstoff-VO und nicht etwa auf die RL 2001/82 Bezug nehmen.

3.4. Begriffe des Unionsrechts sind – außer bei Vorliegen eines ausdrücklichen Verweises auf nationales Recht – autonom auszulegen (4 Ob 110/12y mwN).

Art 2 ESZ-VO verlangt ein Erzeugnis im Sinne des Art 1 lit b ESZ-VO, das als Arzneimittel ein Verfahren nach der RL 2001/82 oder nach der RL 2001/83 durchlaufen hat. Der Mikroorganismus DSM 11798 erfüllt diese Voraussetzungen im Hinblick auf das Genehmigungsverfahren nicht. Darauf, ob der Stoff wie ein Arzneimittel wirkt oder auf allfällige faktische Parallelen der Genehmigungsverfahren kommt es nicht an. Der durch die ESZ-VO gewährte Schutz sollte schließlich streng auf das Erzeugnis beschränkt sein, für das die Genehmigung für das Inverkehrbringen als Arzneimittel erteilt wurde (Erwägungsgrund 10 der ESZ-VO). Für eine analoge Anwendung von Art 2 ESZ-VO auch auf den hier zu beurteilenden Mikroorganismus, der als Futtermittelzusatz nach den Bestimmungen der Zusatzstoff-VO zugelassen wurde, verbleibt daher kein Raum. Diese Auslegung von Art 2 ESZ wird sowohl durch den Kontext dieses Artikels als auch das von dieser Verordnung verfolgte Ziel bestätigt (vgl C-527/17 Rn 41). Für eine Auslegung des Art 2 ESZ-VO dahingehend, diesen auch auf andere als in dieser Gesetzestelle genannten Genehmigungsverfahren (RL 2001/82 und 2001/83) zu erweitern, besteht angesichts der klar abgegrenzten Geltungsbereiche keine Veranlassung. Der Verordnungsgeber wollte mit diesen Normen den Anwendungsbereich der Verordnung auf Arzneimittel beschränken. Es liegt daher keine planwidrige Lücke vor, die im Wege der Rechtsanalogie zu schließen wäre. Damit wird der maßgeblichen Rechtsansicht des EuGH entsprochen, der die Erteilung eines ESZ für jene Fälle ausschließt, in denen das Erzeugnis kein verwaltungsrechtliches Genehmigungsverfahren gemäß der RL 2001/82 oder der RL 2001/83 durchlaufen hat (vgl C-527/17, C-195/09, C-427/09; Bpat 14 W (pat) 1/18).

4. Da die Entscheidung keine Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufwarf und über den Einzelfall hinaus nicht bedeutsam ist, ist der Revisionsrekurs nicht zulässig.

In diesem Fall hat das Rekursgericht nach § 59 Abs 2 AußStrG auszusprechen, ob der Wert des Entscheidungsgegenstands, der – wie hier – rein vermögensrechtlicher Natur ist, aber nicht in einem Geldbetrag besteht, EUR 30.000 übersteigt. Diese Voraussetzung ist angesichts der Bedeutung von ESZ im Wirtschaftsleben gegeben.

Schlagworte

Gewerblicher Rechtsschutz – Patentrecht; ergänzendes Schutzzertifikat; ESZ; Mikroorganismus DSM 11798 der Coriobacteriaceae-Familie,

Textnummer

EW0001059

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLG0009:2020:03300R00019.20M.0703.000

Im RIS seit

28.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

06.04.2021
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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