Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. D***** KG, 2. E***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Karl Benkhofer, Rechtsanwalt in Schwechat, gegen die Antragsgegner 1. D*****, 2. M*****, 3. Mag. C*****, vertreten durch die Lattenmayer, Luks & Enzinger GmbH in Wien, 4. Mag. B*****, 5. S*****, 6. C*****, 7. E*****, 8. Dr. H*****, 9. I*****, 10. Ing. J*****, 11. Mag. M*****, 12. Dr. A***** P*****, 13. Dr. V*****, wegen § 52 Abs 1 Z 9 iVm § 32 Abs 5 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. November 2019, GZ 39 R 312/19z-38, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 12. August 2019, GZ 57 Msch 3/19v-34, bestätigt wurde, den
Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass es lautet:
„Die Aufteilung der Liftkosten der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit der Liegenschaftsadresse *****, wird abweichend vom Wohnungseigentumsvertrag vom 29. 10. 1996 beginnend mit 1. 1. 2017 derart neu festgesetzt, dass die Erstantragstellerin als Wohnungseigentümerin des Objekts 'Büro I/III', der Fünftantragsgegner als Wohnungseigentümer des Objekts 'Lager II', der Sechstantragsgegner als Wohnungseigentümer des Objekts 'Geschäftslokal IV', die Siebentantragsgegnerin als Wohnungseigentümerin des Objekts 'W 1' sowie die Neuntantragsgegnerin als Wohnungseigentümerin des Objekts 'Büro V mit Balkon' zur Gänze von der Tragung des auf sie sonst nach dem vereinbarten Schlüssel fallenden Anteils befreit werden und diese verhältnismäßig von den übrigen Wohnungseigentümern getragen werden.
Das Mehrbegehren, die Zweitantragstellerin als Wohnungseigentümerin der Objekte 'Büro 3a' und 'Büro 3b' von der Tragung der Liftkosten zu befreien, wird abgewiesen.
Die Drittantragsgegnerin ist schuldig, der Erstantragstellerin die mit 1.188,11 EUR (darin enthalten 173,71 EUR USt und 145,60 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Zweitantragstellerin ist schuldig, der Drittantragsgegnerin deren mit 1.028,17 EUR (darin enthalten 169,16 EUR USt und 13,20 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die Drittantragsgegnerin ist schuldig, der Erstantragstellerin die mit 725,96 EUR (darin enthalten 121 EUR USt) bestimmten Kosten der Rechtsmittelverfahren binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Zweitantragstellerin ist schuldig, der Drittantragsgegnerin deren mit 1.144,92 EUR (darin enthalten 190,83 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Antragstellerinnen und die Antragsgegner sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ *****, KG *****. Das darauf errichtete Haus besteht aus Kellergeschoß, Erdgeschoß, Mezzanin, vier Stockwerken und einem ausgebauten Dachgeschoß. Der Personenaufzug führt vom Erdgeschoß (Parterre) aus über das Mezzanin bis in das Dachgeschoß und hat in jedem Geschoß eine Ausstiegsstelle.
Mit den Miteigentumsanteilen der Erstantragstellerin ist das ausschließliche Nutzungsrecht an den im Erd- und Kellergeschoß des Hauses gelegenen Büroräumlichkeiten top I/III verbunden. Der Zugang zu diesen Räumlichkeiten ist nur von der Straße her möglich. Mit den Anteilen der Zweitantragstellerin ist das Nutzungsrecht an dem im Mezzanin des Hauses gelegenen Büro top 3a und 3b verbunden. Der Büroeinheit top 3b ist ein Abteil im Kellergeschoß zugeordnet. Diese Büroräumlichkeiten sind sowohl mit dem Personenaufzug als auch über das allgemeine Stiegenhaus erreichbar.
Mit den Anteilen des Fünftantragsgegners ist Wohnungseigentum an dem Objekt Lager II verbunden, das im Erdgeschoß des Hauses gelegen ist und über keinen Zugang zum Stiegenhaus verfügt. Auch das Wohnungseigentumsobjekt Geschäftslokal IV des Sechstantragsgegners liegt im Erdgeschoß des Hauses und verfügt ebenfalls über keinen Zugang zum Stiegenhaus. Mit den Miteigentumsanteilen der Siebentantragsgegnerin ist das ausschließliche Nutzungsrecht am Objekt W 1 verbunden. Dieses Objekt liegt im Parterre des Hauses; ihm ist kein Kellerabteil zugeordnet.
Im Wohnungseigentumsvertrag vom 29. 10. 1996 wurde die Aufteilung der Liegenschaftsaufwendungen abweichend vom gesetzlichen Aufteilungsschlüssel des WEG 1975 geregelt und vereinbart, dass die Kosten im Verhältnis der Nutzflächen zu tragen sind. Seit dem Abschluss dieses Wohnungseigentumsvertrags hat sich die Nutzungsmöglichkeit am Lift für das (im Eigentum der Neuntantragsgegnerin stehende) Objekt top V samt Balkon, das im Erdgeschoß und im Mezzanin gelegen ist, insofern geändert, als der ehemals bestehende Zugang zum Objekt im Mezzanin des Hauses verschlossen wurde, sodass das Objekt nunmehr nur noch vom Erdgeschoß aus betreten werden kann. Der Liftzugang im Mezzanin ist für die Erreichbarkeit des Objekts top V seitdem nicht mehr von Nutzen. Darüber hinaus gab es keine Änderungen der Nutzungsmöglichkeit an der Liftanlage.
Die Antragstellerinnen begehrten, den Verteilungsschlüssel für die Betriebs- und Instandhaltungskosten des Personenaufzugs dergestalt zu ändern, dass sie davon zur Gänze befreit werden. Während es bei der Erstantragstellerin schon an einer objektiven Nutzungsmöglichkeit fehle, bleibe die Nutzungsmöglichkeit der Zweitantragstellerin im Vergleich zu anderen Mit- und Wohnungseigentümern zurück, weil nur ein Geschoß zu überwinden sei. Den Mietern der Wohnungseigentumsobjekte Büro I/III sowie Büro top 3a und 3b seien bis zum Jahr 2012 auch keine Betriebs- und Instandhaltungskosten für den Personenaufzug vorgeschrieben worden. Aufgrund von Baumaßnahmen bestehe nunmehr vom Mezzanin kein Zugang mehr zum Objekt top V der Neuntantragsgegnerin.
Mit seiner im zweiten Rechtsgang ergangenen Entscheidung gab das Erstgericht dem Begehren der Antragsteller teilweise Folge und änderte den Verteilungsschlüssel für die Betriebs- und Instandhaltungskosten des Personenaufzugs dahin ab, dass die Erstantragstellerin als Wohnungseigentümerin des Objekts „Büro I/III“, der Fünftantragsgegner als Wohnungseigentümer des Objekts „Lager II“, der Sechstantragsgegner als Wohnungseigentümer des Objekts „Geschäftslokal IV“, die Siebtantragsgegnerin als Wohnungseigentümerin des Objekts „W 1“ und die Neuntantragsgegnerin als Wohnungseigentümerin des Objekts „Büro V mit Balkon“ jeweils nur 1/5 des auf sie sonst nach dem vereinbarten Schlüssel entfallenden Teils dieser Kosten zu tragen haben. Das Mehrbegehren der Antragsteller, die Erstantragstellerin als Wohnungseigentümerin des Objekts „Büro I/III“ darüber hinaus sowie die Zweitantragstellerin als Wohnungseigentümerin der Objekte „Büro 3a“ und „Büro „3b“ zur Gänze von der Tragung der Liftkosten zu befreien, wies es hingegen ab. Nach der Lage der Wohnungseigentumsobjekte im Haus bestünden zwar Einschränkungen der Liftnutzungsmöglichkeit für sämtliche Objekte im Erdgeschoß, weil für diese Wohnungseigentümer der Lift nur nutzbar sei, um andere Wohnungseigentümer zu besuchen, doch komme ihnen der Lift darüber hinaus auch insofern zu Gute, als Personen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten an allgemeinen Teilen des Hauses vornehmen, den Lift zum Transport von Gerätschaften verwenden könnten. Eine gänzliche Befreiung von den Liftkosten sei daher nicht angezeigt. Demgegenüber entspräche eine auch nur teilweise Befreiung der Zweitantragstellerin von den Liftkosten nicht der Billigkeit, weil allein der Umstand, dass der Lift bis zu ihrem Objekt im Vergleich zu den darüber liegenden Objekten weniger Stockwerke überwinden müsse, nicht ins Gewicht falle.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Sachbeschluss unter Verweis auf die Begründung des Erstgerichts. Der Umstand, dass das Stiegenhaus als allgemeiner Teil des Hauses jedenfalls indirekt allen Wohnungseigentümern zugute komme, auch wenn diese selbst das Stiegenhaus nicht benützten, stehe einer gänzlichen Befreiung der Eigentümer von im Erdgeschoß gelegenen Objekten von den Liftkosten entgegen. Dass das Wohnungseigentumsobjekt der Zweitantragstellerin im Mezzanin liege und sie den Lift nicht in derselben Intensität nützen könne wie die Eigentümer der im obersten Stockwerk gelegenen Objekte rechtfertige keine Ausnahme von der Beteiligung an den Liftkosten, weil lediglich darauf abzustellen sei, ob eine objektiv sinnvolle Nutzungsmöglichkeit am Lift bestehe, die nicht erheblich hinter jener der anderen Eigentümer zurückbleibe.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller, der zur Klarstellung auch zulässig und teilweise berechtigt ist.
Die Antragsgegner haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
1.1 In der im ersten Rechtsgang ergangenen Entscheidung zu 5 Ob 168/18v wurde abschließend geklärt, dass die im Wohnungseigentumsvertrag enthaltene Vereinbarung über einen abweichenden Aufteilungsschlüssel gemäß (nunmehr) § 32 Abs 2 WEG 2002 auch die Betriebs- und Instandhaltungskosten des Personenaufzugs erfasst.
1.2 Eine Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels nach einer Vereinbarung eines abweichenden Verteilungsschlüssels erfordert nach § 32 Abs 5 WEG eine nachfolgende wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeiten (5 Ob 199/11t; 5 Ob 81/18z ua; E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht4 § 32 WEG Rz 43; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht23 § 32 WEG Rz 12). Das setzt eine Änderung der Sachverhaltsgrundlage im Vergleich zu jener bei Abschluss der Vereinbarung voraus. Eine solche wesentliche Änderung der Nutzungsmöglichkeit im Vergleich zu jener bei Abschluss des Wohnungseigentumsvertrags liegt vor, weil das Wohnungseigentumsobjekt der Neuntantragsgegnerin top V aufgrund von Baumaßnahmen nicht mehr vom Mezzanin aus, sondern nur noch über das Erdgeschoß erreichbar ist. In einem solchen Fall ist ein für alle Mit- und Wohnungseigentümer geltender Verteilungsschlüssel nach billigem Ermessen zu finden (5 Ob 301/02d; 5 Ob 168/18v mwN; vgl auch Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 32 WEG Rz 8; E. M. Hausmann aaO § 32 WEG Rz 48).
2.1 § 32 Abs 5 WEG 2002 ermöglicht einem Wohnungseigentümer, bei erheblich unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten eine rechtsgestaltende Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung zu erlangen. Die Abänderung des Aufteilungsschlüssels für die Kosten eines Aufzugs setzt voraus, dass die objektive Nutzungsmöglichkeit für einen Wohnungseigentümer erheblich hinter der Nutzungsmöglichkeit anderer Miteigentümer zurückbleibt (RIS-Justiz RS0083087). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass die in § 32 Abs 1 WEG 2002 vorgesehene gesetzliche Aufteilung der Liegenschaftsaufwendungen nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile dann zu unbilligen Ergebnissen führt, wenn ein oder mehrere Wohnungseigentümer an den die Aufwendungen betreffenden Anlagen nicht oder nur in erheblich untergeordnetem Ausmaß teilhaben (5 Ob 48/12p; 5 Ob 129/14b)
2.2 Für die Festsetzung eines abweichenden Aufteilungsschlüssels kommt es allein auf die objektive Nutzungsmöglichkeit an (RS0083193; RS0083101 [T4]; RS0083087 [T8]). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist zu prüfen, ob eine gänzliche Befreiung von den Liftkosten, wie sie die Erstantragstellerin anstrebt, in Betracht kommt.
2.3 Wohnungseigentümer von im Erdgeschoß liegenden Objekten werden nach der Judikatur in der Regel um 4/5 von der Tragung der Liftkosten befreit, wenn sie den Aufzug im Wesentlichen nur zum Erreichen von Gemeinschaftsräumlichkeiten nutzen können (5 Ob 129/14b mwN; 5 Ob 42/18i). In dem zu 5 Ob 2423/96a entschiedenen Fall wurde eine Befreiung der Liftkosten um 4/5 angenommen, weil die betroffenen Wohnungseigentümer mit dem Lift – wenn auch mit bescheidenem Vorteil – zum Wasch- und Trockenraum und zu verschiedenen technischen Anlagen sowie zurück gelangen konnten. Ausdrücklich wurde dazu festgehalten, dass damit – abgesehen von der Liftnutzung durch Hausbesorger oder Reinigungsunternehmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer erfolgt – eine objektive Liftnutzungsmöglichkeit für die Eigentümer der Wohnungseigentumsobjekte nicht völlig ausgeschlossen ist. Auch aus den Entscheidungen 5 Ob 255/04t und 5 Ob 48/12p geht der Grundsatz hervor, dass eine Reduzierung der anteilig mitzutragenden Liftkosten bei Wohnungseigentümern von Erdgeschoßwohnungen um 4/5 grundsätzlich angezeigt ist, wenn sie den Aufzug im Wesentlichen nur zum Erreichen von Gemeinschaftsräumlichkeiten im Keller nutzen können. Zu 5 Ob 301/02d wurde der Umstand, dass ihnen der Lift auch dafür zur Verfügung steht, Mitbewohner in anderen Geschoßen zu besuchen und Wohnanlagen von einer entsprechenden Größe erfahrungsgemäß nicht ohne professionelle Hausreinigung auskommen, als zusätzliches Argument verwendet, Eigentümer von im Erdgeschoß gelegenen Wohnungen nicht gänzlich von der Tragung der Liftkosten auszunehmen. Auch in dieser Entscheidung war es den Eigentümern aber objektiv möglich, den Lift zum Erreichen von Gemeinschaftsräumen wie Waschküchen, Trocken-, Fahrrad- und Kinderwagenabstellräume im Keller zu nutzen.
2.3 Gemeinsam ist diesen – in der Literatur mitunter als restriktiv bezeichneten (dazu E. M. Hausmann aaO § 32 WEG Rz 46; Würth/Zingher/Kovanyi aaO § 32 WEG Rz 8) – Entscheidungen, dass eine auf 1/5 verminderte Kostentragungspflicht der Eigentümer von Wohnungen im Erdgeschoß immer dann angenommen wurde, wenn für sie neben der allgemeinen und jedermann offenstehenden Möglichkeit, den Lift zu Besuchszwecken zu verwenden, oder der im Interesse aller Mit- und Wohnungseigentümer erfolgenden Hausreinigung und der damit möglichen Nutzung des Lifts durch den Hausbetreuer, eine, wenn auch in einem bescheidenen Umfang, so doch irgendwie gegebene objektive Möglichkeit bestand, den Aufzug auch im eigenen Interesse zu nutzen. Keinesfalls kann diesen Entscheidungen der Grundsatz entnommen werden, eine gänzliche Befreiung der Eigentümer von im Erdgeschoß gelegenen Wohnungen scheide generell und losgelöst von der Frage aus, ob für diese überhaupt eine objektive Nutzungsmöglichkeit des Lifts gegeben ist (so aber offenbar Kothbauer in Böhm/Pletzer/Spruzina/Stabentheiner, GeKo II § 32 WEG Rz 44).
3.1 Nach den Feststellungen bestehen für die im Spruch genannten Mit- und Wohnungseigentümer neben der grundsätzlich jedem Besucher offenstehenden Möglichkeit, den Lift zu Besuchen von Nutzern höher gelegener Stockwerke zu verwenden, objektiv keine sinnvollen Nutzungsmöglichkeiten. Ihre Eigentumsobjekte liegen im Erdgeschoß oder sind nur über dieses zu erreichen, sofern eine Zugangsmöglichkeit nicht ohnedies nur von der Straße her besteht. Der Lift führt nicht in den Keller, sodass er auch nicht zum Aufsuchen der dort gelegenen, ihren Objekten zugeordneten Räumen genutzt werden kann. Auch sonst gibt es keine Gemeinschaftsräumlichkeiten, die mit dem Lift erreicht werden könnten. Fehlt aber jede objektive Nutzungsmöglichkeit, kann nach Ansicht des Fachsenats allein der Umstand, dass die Reinigung des Stiegenhauses im Interesse aller Miteigentümer erfolgt und es im Zug dieser Arbeiten allenfalls auch zu einer Liftnutzung kommt, eine Verpflichtung zur Kostentragung nicht rechtfertigen, auch nicht in dem von den Vorinstanzen angenommenen Umfang von 1/5, weil der damit für sie gegebene Vorteil im Vergleich zu der mit dem Erreichen der darüber liegenden Stockwerke verbundenen Inanspruchnahme des Lifts durch Eigentümer von dort gelegenen Wohnungen, die von einer allfälligen Liftnutzung durch einen Hausbetreuer oder Reinigungsdienst mindestens ebenso profitieren, nicht ins Gewicht fällt.
3.2 Zusammenfassend folgt, dass es die Umstände im vorliegenden Fall rechtfertigen, die Eigentümer der im Erdgeschoß gelegenen Wohnungen zur Gänze von den Kosten des Lifts auszunehmen. Da es sich beim Verfahren auf Neufestsetzung des Aufteilungsschlüssels um eine Regelungsstreitigkeit (dazu 5 Ob 168/18v mwN; Reßler in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht³ § 32 WEG Rz 47) handelt, bei der das Gericht nicht an den Antrag gebunden ist, kann aus Anlass des Revisionsrekurses der Erstantragstellerin auch eine Neufestsetzung hinsichtlich aller Eigentümer von Objekten im Erdgeschoß erfolgen. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind daher entsprechend abzuändern.
4. Zum Revisionsrekurs der Zweitantragstellerin:
Mit den Miteigentumsanteilen der Zweitantragstellerin ist das Nutzungsrecht an dem im Mezzanin des Hauses gelegenen Büro top 3a und top 3b verbunden. Diese Büroräumlichkeiten sind sowohl mit dem Personenaufzug als auch über das allgemeine Stiegenhaus erreichbar. Insoweit sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass die objektive Nutzungsmöglichkeit des Aufzugs für sie nicht erheblich hinter der der übrigen Miteigentümer zurückbleibt. Warum der Lift für sie nutzlos sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Ob sie den Lift tatsächlich nutzt, ist nicht ausschlaggebend. Es kommt ausschließlich auf die objektive Möglichkeit der Nutzung und nicht auf die subjektiven Bedürfnisse eines Wohnungseigentümers an (RS0083193). Auf die Entscheidung zu 5 Ob 42/15k kann sich die Zweitantragstellerin schon deshalb nicht berufen, weil dort der gesetzlich zulässig Hauptmietzins zu beurteilen war. Hier geht es um die Frage, ob die objektive Nutzungsmöglichkeit eines Personenaufzugs für einen Wohnungseigentümer erheblich hinter der Nutzungsmöglichkeit anderer Miteigentümer zurückbleibt (RS0083087). Damit ist für den Standpunkt der Zweitantragstellerin nichts gewonnen, wenn der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung zu 5 Ob 42/15k die Ansicht des dortigen Rekursgerichts, die Verwendung eines Lifts durch Mieter einer Mezzaninwohnung ohne eigenes Kellerabteil wirke sich auf den Wohnwert nicht positiv aus und sei daher bei der Ermittlung des Richtwertmietzinses nicht zu berücksichtigen, für vertretbar erachtete.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Die Erstantragstellerin ist mit ihrem Begehren zur Gänze durchgedrungen, sodass es der Billigkeit entspricht, ihr die gesamten Verfahrenskosten zu ersetzen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz der halben, von den Antragstellern insgesamt verzeichneten und berechtigten Kosten. Dabei war zu berücksichtigen, dass der dreifache Einheitssatz gemäß § 23 Abs 9 RATG nur im Berufungsverfahren verrechnet werden kann. Die Mitteilung vom 4. 3. 2019 kann nur einmal verrechnet werden. Darüber hinaus entspricht es der Billigkeit, dass die zur Gänze erfolglose Zweitantragstellerin der Drittantragsgegnerin Kostenersatz leistet. Hier war ebenfalls zu berücksichtigen, dass im Rekurs- und Revisionsrekursverfahren der Einheitssatz gemäß § 23 Abs 9 RATG nicht verrechnet werden kann. Am Revisionsrekursverfahren im zweiten Rechtsgang hat sich die Drittantragsgegnerin nicht mehr beteiligt.
Textnummer
E129389European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00014.20Z.0721.000Im RIS seit
23.10.2020Zuletzt aktualisiert am
23.10.2020