TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/15 W195 2224929-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.06.2020
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Entscheidungsdatum

15.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 2224929-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX alias XXXX , geb. XXXX StA. Bangladesch, vertreten durch den XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.09.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 27.05.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 30.11.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am 02.12.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab er zu seinem Fluchtgrund befragt an, bei der Jubo Dal der Bangladesh Nationalist Party (im Folgenden: BNP) politisch aktiv und daher verfolgt worden zu sein. Sein Bruder sei Bürgermeister vom Heimatort und sehr „gestresst“ von der Partei namens Awami League geworden. Aus diesem Grund sei ein Bruder des BF nach Malaysia gegangen. Eine namentlich genannte Person habe den BF zwei Mal angezeigt, einmal wegen Sachbeschädigung und einmal wegen Mordes. Der BF habe keine weiteren Fluchtgründe.

I.2. Am 21.02.2018 wurde der BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) niederschriftlich einvernommen.

Zu Beginn seiner Befragung legte der BF Zeitungsartikel, diverse Fotos sowie ein Konvolut an Unterlagen in bengalischer Sprache vor. Der BF gab zu letzteren unter anderem an, dass es sich dabei um eine die Originale einer Mordanklage, eines Haftbefehls, eines Strafverfahrens bezüglich Sachbeschädigung eines Fahrzeuges sowie um eine Bestätigung einer Human Rights Organisation über die Mitgliedschaft des BF handle.

Der BF gab in seiner Befragung im Wesentlichen an, dass seine Eltern in Bangladesch leben würden, sein großer Bruder auf der Flucht sei, sein mittlerer Bruder in Malaysia sei und sich der jüngere Bruder des BF um die Eltern kümmern würde. Zu seinem Fluchtgrund führte der BF zusammengefasst aus, dass seine Familie im Heimatdorf XXXX im Distrikt XXXX einen Bekanntheitsgrad aufgrund ihrer politischen Aktivitäten erlangt habe. Nachdem die Awami League an die Macht gekommen sei, seien sie auf verschiedene Weisen belästigt worden. Der Bruder des BF habe seine Funktion als Vorsitzender des Gemeindesverbands verloren. Der BF sei aktives Mitglied der Chattro Dal und bei verschiedenen Feiern, Veranstaltungen und Treffen gewesen. Mitglieder der Awami League und des Studentenflügels der Awami League, der Chattro League, hätten die Familie des BF andauernd gefoltert, bedroht und Sachbeschädigungen gemacht. Die Familie habe immer außerhalb des Dorfes und auf der Flucht sein müssen. Der Verkehrsminister habe auch Polizisten sowie Aktivisten der Chattro League und der Awami League zur Familie des BF nach Hause geschickt. Der Bruder des BF sei besonders belästigt und der BF selbst sei zwei Mal angezeigt worden. Wegen dieser Belästigungen habe der BF sein Land verlassen und sein Eigentum aufgeben müssen. Die derzeitige Situation sei wegen der Awami League sehr gefährlich.

Aufgefordert, konkretere Angaben zu machen, ergänzte der BF, dass am 14.09.2013 eine namentlich genannte Person ermordet worden sei. Danach habe der BF erfahren, dass er als Beschuldigter geführt werde. Am 15.09.2013 sei er von zu Hause weggegangen. Die Polizei sei an diesem Tag von der Awami League zum Haus des BF geschickt worden und habe dort einige Sachen beschädigt. Bis Dezember 2013 habe sich der BF in XXXX aufgehalten. Die Polizei habe herausgefunden, dass sich der BF dort aufhalte, weshalb er nach XXXX gegangen sei und bis März 2014 dort bei einem Freund gewohnt habe. Doch auch dort hätten ihn Aktivisten der Awami League und die Polizei belästigen wollen, weshalb der BF das Land verlassen habe. Am 03.03.2014 sei ein Haftbefehl gegen den BF ausgestellt worden. In der Zwischenzeit habe er auch erfahren, dass er am 11.10.2014 in einem Verfahren betreffend eine Sachbeschädigung als Beschuldigter geführt werde.

Aufgefordert, konkrete Angaben über die Tätigkeit als aktiver Mitarbeiter bei der Chattro Dal zu machen, gab der BF an, dass er Anhänger gewesen sei, aber keine Funktion innegehabt habe. Er sei seit Jänner 2006 Assistent General Secretary bei der Jubo Dal gewesen. Dabei habe er Leute mobilisieren und Feiern organisiert sowie den Vorsitzenden oder den Generalsekretär unterstützt.

Nachgefragt, was der fluchtauslösende Moment gewesen sei, gab der BF an, dass sein Bruder ein bekannter Politiker gewesen sei. Er sei zweieinhalb Jahre der XXXX XXXX des 20 Parteienzusammenschlusses gewesen. Aufgrund der Anweisung eines hohen Gerichts nach Veranlassung durch den Verkehrsminister habe er seine Funktion frühzeitig aufgeben müssen. Seitdem die Awami League an der Macht sei, gebe es verschiedene Anzeigen gegen die Familienangehörigen des BF. Die Belästigungen durch Aktivisten der Awami League und der Polizei hätten seit der Wahl des Bruders des BF zum Vorsitzenden im Juni 2011 begonnen, seit die Awami League an der Macht sei. Die Eltern und der kleine Bruder des BF würden derzeit in XXXX leben und hätten das Haus im Heimatdorf „zugemacht“. Es werde noch immer nach dem BF und seinem Bruder gesucht. Alle höheren Funktionen seien im Ausland und der BF werde wegen seines Bruders gesucht.

I.3. Am 22.08.2018 langte ein Strafantrag betreffend eine unerlaubte Beschäftigung des BF als Küchenhilfe beim BFA ein.

I.4. Am 23.07.2019 fand eine weitere Befragung des BF vor dem BFA statt, in welcher der BF weitere Unterlagen, darunter Zeitungsartikel betreffend seinen Bruder, sowie diverse Fotos vorlegte. Der BF gab ergänzend im Wesentlichen an, dass er seit der Erstattung der Anzeige am 05.09.2013 auf der Flucht sei. Sein Vater lebe in XXXX bei Verwandten, seine Mutter und sein jüngerer Bruder würden bei Verwandten in XXXX leben. Der Vater des BF werde von der Polizei gesucht, weshalb er immer an anderen Orten lebe. Die zwei weiteren Brüder des BF seien nach Malaysia geflohen. Der derzeitige Bürgermeister belästige die Familienangehörigen in Bangladesch. Die Polizei würde regelmäßig kommen und nach dem BF fragen. Niemand lebe wegen der Bedrohungen durch die Awami League in Sicherheit. Einer seiner Brüder sei aus Malaysia nach Bangladesch zurückgekehrt und sei inhaftiert und für fünf Tage in Untersuchungshaft gewesen, da neun Strafverfahren gegen ihn vorliegen würden. Sein Bruder sei für drei Monate inhaftiert gewesen und niemand wisse, wo er sich derzeit befinde.

Zu seinem Fluchtgrund gab er ergänzend an, dass er bei der Jubo Dal und eng involviert in seiner Partei im Heimatdorf gewesen sei. Aus diesem Grund habe man ihn angegriffen und belästigt. Der BF sei mit den Führern der Chattro Dal in einer engen Beziehung gestanden. Die Awami League sei seit 15 Jahren an der Macht und habe jeden politischen Führer angegriffen und Anschläge in deren Häusern durchgeführt. Eine Anzeige gegen den BF sei wegen Mordes, die andere Anzeige wegen einer Sachbeschädigung. Der BF sei stellvertretender Generalsekretär der BNP gewesen. Sein Bruder sei dreieinhalb Jahre Bürgermeister gewesen, bis er von seinem Amt enthoben worden sei. Wegen seinem Bruder sei der BF politisch in dieser Situation sowie weil er Generalsekretär gewesen sei. Der BF befürchte eine aktuelle Gefährdung, weil seinem Bruder, der nach Bangladesch gekommen sei, um seine kranken Eltern zu sehen, sofort eine Anzeige angehängt worden und er inhaftiert worden sei.

I.5. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18.09.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Angaben des BF als unwahr erachtet werden, weshalb die behaupteten Fluchtgründe dem Verfahren nicht zugrunde gelegt werden können. Der BF habe eine mehrjährige Schulbildung genossen und Arbeitserfahrung gesammelt und er habe keine außergewöhnlichen Umstände betreffend eine Rückkehrgefährdung glaubhaft machen können. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" würden nicht vorliegen und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.6. Am 22.10.2019 wurde der Bescheid des BFA seitens des – durch den XXXX vertretenen – BF zur Gänze angefochten.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass von der Behörde jegliche Recherchetätigkeit verabsäumt worden sei und die negative Beweiswürdigung nicht überprüfbar sei.

I.7. Am 25.10.2019 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.8. Am 27.05.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF teilnahm. Im Zuge der Verhandlung wurde der BF erneut ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Bangladesch befragt.

Der BF steht zwar wegen Brustschmerzen in ärztlicher Behandlung, fühlte sich aber sonst so weit fit. Seine Eltern seien sehr krank; dies wisse er, weil er alle zwei bis drei Tage mit ihnen spreche. Seine Eltern sowie sein jüngerer Bruder befänden sich in Bangladesch, der mittlere Bruder und ein älterer Bruder in Malaysien. Dieser ältere Bruder sei zwar nach Bangladesch zurückgekehrt, wurde angeblich festgenommen, weil gegen ihn acht bis zehn Strafverfahren und ausgestellte Haftbefehle existieren und sei nach drei bis vier Monaten aber wieder freigelassen worden. Wo er sich jetzt befinde wisse der BF nicht.

Die finanzielle Situation der Familie sei in Folge eines Handelsgeschäftes mit Immobilien und Bankersparnissen gut.

In Österreich würden Verwandte des BF leben, nämlich ein Onkel ms und die Tante sowie ein Cousin. Sein Onkel, mittlerweile österreichischer Staatsbürger und seit 14, 15 Jahren im Bundesgebiet, habe ein Handy-Geschäft für Zusatzteile und eine Reinigungsfirma mit Aufträgen vom „Burger-King“.

Eine Konversation in deutscher Sprache war mit dem BF nur schwer möglich, da der Sprachwortschatz sehr begrenzt war und die Antworten nicht mit vollen Sätzen erfolgte; die Unterhaltung entsprach dem Niveau A1, welches der BF vorweisen konnte; eine A2 Prüfung hat der BF bisher nicht geschafft.

Der BF hat keine Kinder und auch keine Beziehung in Österreich.

Er arbeitet derzeit „für eine Catering-Firma, als Reinigungsarbeit mache ich die Putzarbeit dort“. Er habe eine Reinigungsfirma und mache diese Putzarbeit um € 900 netto monatlich. Für die – mit zwei Freunden geteilte – Wohnungsmiete müsse er 200 € zahlen.

Vor der Corona-Krise habe er gearbeitet, ein wenig gelernt, Filme angesehen und sich draußen amüsiert; er habe sich auch Plätze in Österreich angesehen, etwa Hallstatt, Obertauern, Linz, Wiener Neustadt und Wien (BF: „ich habe eigentlich alles gesehen“).

Geflohen sei er wegen zweier Strafverfahren, die gegen ihn eingeleitet worden seien, eine wegen Mordes, eine wegen Sachbeschädigung von Fahrzeugen.

Er sei stellvertretender Vorsitzender der BNP auf Gemeindeebene gewesen. In dieser Gemeinde würden ca 100.000 Menschen leben, die Mitgliederanzahl der BNP habe 10 Personen umfasst.

Am 15.03.2013 habe er von der ersten Anzeige erfahren; er sei in eine andere Stadt gefahren, zu einem Freund, und sei dort bis Dezember 2013 geblieben. Von dort sei er, nachdem bekannt geworden sei, wo er sich aufhalte, nach XXXX gezogen, zu einem anderen Freund. Als auch dieser Aufenthaltsort bekannt geworden sei, sei er Anfang März 2014 illegal nach Indien gereist, wo er bis 15.06.2015 in verschiedenen Hotels war. Aus Sorge vor einer Rückführung nach Bangladesch habe er dann am 16.11.2015 Indien verlassen (per Flug über die Türkei) und habe schlepperunterstützt seine Reise nach Europa angetreten. Am 30.11.2015 sei er in Österreich angekommen.

Gegen seine erste Anzeige habe er mittels Anwalt versucht, sich zu wehren, jedoch hätten dies Mitglieder der AL „nicht zugelassen“. Der Eisenbahnminister habe die Anweisung von ganz oben erteilt, dass die Strafverfahren gegen ihn, die Belästigungen gegen die Familie, nicht eingestellt werden, weil der Bruder ja Bürgermeister gewesen wäre. Sie seien immer „von Al-Gaunern belästigt“ worden und „Folter“ ausgesetzt gewesen.

Bei der zweiten Anzeige hätte man dem BF, gemeinsam mit anderen, vorgeworfen, LKW, Busse, Vans und Fahrzeuge beschädigt zu haben. Er sei in dieser Zeit in Indien gewesen.

Ein Anwalt sei beauftragt, sich um die Anzeige zu kümmern, welche sich mittlerweile beim Strafhöchstgericht befände. Er würden deswegen auch täglich Polizisten zu ihm nach Hause kommen; ob diese nicht wüssten, dass sich der BF im Ausland befinde, wisse er nicht.

Der BF, der im Rahmen der Verhandlung vor dem BVwG zahlreiche Dokumente in bengalischer Sprache vorlegte, führte abschließend aus, dass er beantrage, dass diese Dokumente in Deutsch übersetzt werden und er die Kosten dafür tragen würde.

Während der gesamten Verhandlung verwies der BF ständig auf die politische Tätigkeit seines Bruders und anderer Familienangehöriger und blieb eine Ausführung seiner Person hinsichtlich einer konkreten politischen Tätigkeit schuldig. Er verlangte jedoch die Verifizierung all seiner vorgelegten Unterlagen sowie eine Vor-Ort-Untersuchung durch einen Vertrauensanwalt, weil er auch nach einer allfälligen Rückkehr Repressalien erwarten würde.

Weiters legte der BF eine Kopie einer Anzeige, die er selbst verfasst hat, wegen gefährlicher Drohung gemäß § 107 StGB vor, weil er „mit dem Tod bedroht werde“ in seinem Facebook-Account; er wisse nicht, welche Leute ihn bedrohen würden, er vermute stark, es seien Personen aus Wien. Nachgefragt vom VR teilte der BF mit, dass er diese Anzeige bei der Polizei abgegeben habe.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und der muslimischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Der BF ist ledig und hat keine Beziehung.

Der BF hat in Bangladesch vierzehn Jahre eine Schule besucht. Er war in Bangladesch im Immobilienbereich, in einer Fischerei und in einer Rinderzucht tätig. Der BF finanzierte sich seinen Lebensunterhalt in Bangladesch durch die Tätigkeit seines Bruders im Handel und der Tätigkeit seines Vaters in Saudi-Arabien.

Die Eltern und der jüngere Bruder des BF leben in Bangladesch. Die Familie des BF verfügt über ein Haus in Bangladesch. Der BF hat mehrmals pro Woche Kontakt zu seinen Verwandten in Bangladesch. Ein Bruder des BF lebt in Malaysia und ein Bruder des BF ist unbekannten Aufenthalts, vermutlich in Bangladesch.

Am 30.11.2015 stellte der BF den gegenständlichen Asylantrag. Der BF bezog bis August 2019 Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung. Der BF ist Mitglied in der XXXX .

Am 20.08.2018 erfolgte ein Strafantrag durch die Finanzpolizei aufgrund einer unerlaubten Beschäftigung des BF als Küchenhilfe.

Der BF hat derzeit ein Reinigungsunternehmen, aus welchem er monatlich 900 € lukriert durch Aufträge von XXXX und XXXX .

Im Bundesgebiet befindet sich ein Onkel ms des BF. Es besteht kein Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Onkel.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

Der BF ist arbeitsfähig und gesund.

II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Der BF hatte in Bangladesch keine Funktion in der BNP oder einer Unterorganisation inne (Aussage vor dem BFA; widersprüchlich: Aussage vor BVwG: stellvertretender Vorsitzender der BNP auf Gemeindeebene; die BNP hätte dort zehn Mitglieder gehabt, bei einer Einwohnerzahl von 100.000).

Es wird festgestellt, dass in Bangladesch keine Anzeige gegen den BF erhoben oder ein Haftbefehl gegen den BF ausgestellt wurde.

Ebenso wenig wird festgestellt, dass der BF in Bangladesch von der Polizei gesucht wurde bzw. gesucht wird oder von Anhängern der Awami League oder einer Unterorganisation verfolgt wurde bzw. wird.

Der BF legte keinerlei Dokumente vor, die eine politische Verfolgung des BF belegen. Festgestellt wird, dass der BF zwar einen Stapel an (Kopien von) bengalisch beschrifteten Unterlagen vorlegte, diese aber nicht in deutschsprachiger Übersetzung vorlegte. Festgestellt wird, dass es dem mit Einkommen aus selbständiger Arbeit ausreichend über entsprechende Mittel verfügenden BF möglich gewesen wäre, derartige Übersetzungen zeitgerecht anfertigen zu lassen, liegt doch seine Beschwerde gegen den Bescheid des BFA von 19.09.2019 seit Monaten vor und die behaupteten Anzeigen seit 2013. Darüber hinaus hat der BF vor dem BVwG festgehalten, dass er die Kosten für die Übersetzungen übernehmen würde. Das BVwG stellt deshalb fest, dass der BF lediglich versucht mit seinen Anträgen auf Übersetzung und Verifizierung von bengalisch sprachigen Unterlagen das Verfahren weiter zu verzögern und er nicht dazu beiträgt, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes entsprechend mitzuwirken, was er jedoch nach den Bestimmungen des AsylG verpflichtet wäre.

Der BF ist in seinem Herkunftsland keiner konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aus politischen Gründen ausgesetzt gewesen und droht auch keine Verfolgung im Falle einer Rückkehr.

Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung aus politischen Gründen brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung zu befürchten hätte.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

1.       Politische Lage

Letzte Änderung: 06.04.2020

Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?apraj?tantr? B??l?de?) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).

Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).

Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).

Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (6.3.2020a): Bangladesch – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/-/206322, Zugriff 1.4.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 2.4.2020

?        ACCORD – Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (12.2016): Länderkurzübersicht Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/1047992/90_1485186416_122016-bangladesch.pdf, Zugriff 2.4.2020

?        BBC (31.12.2018): Bangladesh election: PM Sheikh Hasina wins landslide in disputed vote, https://www.bbc.com/news/world-asia-46718393, Zugriff 6.4.2020

?        bdnews24 (3.2.2019): 87 Upazila councils go to election on Mar 10 in first phase, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/02/03/87-upazila-councils-go-to-election-on-mar-10-in-first-phase, Zugriff 6.4.2020

?        bdnews24 (20.6.2019): Turnout in Upazila polls drops 50% from general elections, https://bdnews24.com/bangladesh/2019/06/20/turnout-in-upazila-polls-drops-50-from-general-elections, Zugriff 6.4.2020

?        BN24 - Bangla News 24 (31.12.2018): Grand alliance wins 288 seats, https://www.banglanews24.com/english/national/article/73191/Grand-alliance-wins-288-seats, Zugriff 7.3.2019

?        CIA – Central Intelligence Agency (13.3.2020): The World Factbook – Bangladesh, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/bg.html, Zugriff 1.4.2020

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?        DS – Daily Star, the (10.3.2019): First phase upazila polls end, counting starts, https://www.thedailystar.net/country/news/election-78-upazilas-begins-1712992, Zugriff 6.4.2020

?        DT – Dhaka Tribune (27.1.2019): Ruling party's Dr Younus Ali Sarker wins Gaibandha 3 by-polls,https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2019/01/27/voting-in-gaibandha-3-by-polls-underway, Zugriff 6.4.2020

?        DT – Dhaka Tribune (8.12.2018): EC rejects Khaleda Zia’s candidature by majority decision, https://www.dhakatribune.com/bangladesh/election/2018/12/08/khaleda-zia-s-appeal-remains-pending, Zugriff 7.3.2019

?        DW – Deutsche Welle (14.2.2019): Bangladesh PM Sheikh Hasina hints at last term as prime minister, https://www.dw.com/en/bangladesh-pm-sheikh-hasina-hints-at-last-term-as-prime-minister/a-47513555, Zugriff 6.4.2020

?        DGVN – Deutsche Gesellschaft für die Vereintern Nationen (2016): EWP – Eine Welt Presse . Menschenwürdige Arbeitsbedingungen, https://nachhaltig-entwickeln.dgvn.de/fileadmin/publications/PDFs/Eine_Welt_Presse/20170119_EWP_Arbeitsbedingungen_Nachdruck-web.pdf, Zugriff 2.4.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (11.2019a): Bangladesch – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/bangladesch/geschichte-staat/, Zugriff 24.3.2020

?        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020): Bangladesch – Überblick, https://www.liportal.de/bangladesch/ueberblick/, Zugriff 24.3.2020

?        Guardian, The (30.12.2018): Bangladesh PM Hasina wins thumping victory in elections opposition reject as 'farcical', https://www.theguardian.com/world/2018/dec/30/bangladesh-election-polls-open-after-campaign-marred-by-violence, Zugriff 6.4.2020

?        Hindu, The (1.1.2019): Hasina’s triumph: on Bangladesh election results, https://www.thehindu.com/opinion/editorial/hasinas-triumph/article25874907.ece, Zugriff 6.4.2020

?        HRW – Human Rights Watch (14.1.2020): World Report 2020 – Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2022700.html, Zugriff 1.4.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

?        PA – Prothom Alo (8.9.2019): BNP to join upazila polls: Fakhrul, https://en.prothomalo.com/bangladesh/news/201499/BNP-to-join-upazila-polls-Fakhrul, Zugriff 6.4.2020

?        Reuters (1.1.2019): Western powers call for probe into Bangladesh election irregularities, violence, https://www.reuters.com/article/us-bangladesh-election/western-powers-call-for-probe-into-bangladesh-election-irregularities-violence-idUSKCN1OV1PK, Zugriff 6.4.2020

?        HRW - Human Rights Watch (13.12.2018): Bangladesh: Crackdown as Elections Loom, https://www.ecoi.net/de/dokumet/n1454483.html, Zugriff 6.4.2020

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020

?        WPR – World Population Review (o.D.): World Countries by Population Density 2020, http://worldpopulationreview.com/countries/countries-by-density/. Zugriff 6.4.2020

2.       Sicherheitslage

Letzte Änderung: 06.04.2020

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 22.7.2019).

Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Die bangladeschischen Behörden sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und vereiteln geplante Angriffe. Es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 27.7.2019). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah bzw. überhaupt nicht auf religiös motivierte Vorfälle (AA 22.7.2019).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).

Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte ums Leben. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismus-relevanter Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 135 solcher Vorfälle verzeichnet und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 2.4.2020 wurden 29 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 2.4.2020).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 22.3.2020). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 22.7.2019; vgl. Kaipel 2018). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 18.3.2020).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt der Bundesrepublik Deutschland (22.3.2020): Bangladesch: Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/bangladesch-node/bangladeschsicherheit/206292, Zugriff 2.4.2020

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        ACLED – Armed Conflict Location & Event Data Project (9.11.2018): The Anatomy of Violence in Bangladesh, https://www.acleddata.com/2018/11/09/the-anatomy-of-violence-in-bangladesh/, Zugriff 6.3.2019

?        AA - Anadolu Agency (5.11.2019): Bangladesh rejects Amnesty report on Rohingya killings, https://www.aa.com.tr/en/asia-pacific/bangladesh-rejects-amnesty-report-on-rohingya-killings/1636457, Zugriff 2.4.2020

?        AI – Amnesty International (30.1.2020): Human Rights in Asia-Pacific; Review of 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2023864.html, Zugriff 2.4.2020

?        BMEIA – Bundesministerium Europa, Integration und Äußeres (18.3.2020): Bangladesch – Reiseinformation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/bangladesch/, Zugriff 2.4.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        HRW – Human Rights Watch (18.9.2019):

Spate of Bangladesh ‘Crossfire’ Killings of Rohingya, https://www.hrw.org/news/2019/09/18/spate-bangladesh-crossfire-killings-rohingya, Zugriff 4.2.2020

?        Kaipel, Simione Christina (2018): „Globaler Wandel – regionale Krisen? Ökologische und sozioökonomische Perspektiven umweltbedingter Migrationsflüsse“, Masterarbeit, Seite 41 – 54, http://othes.univie.ac.at/54839/1/56687.pdf, Zugriff 2.4.2020

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh,

Number of Terrorism Related Incidents Year Wise 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020

?        SATP - South Asia Terrorism Portal (2.4.2020): Data Sheet – Bangladesh,

Yearly Sucide Attacks, Advance Search 2000 - 2020, https://www.satp.org/datasheet-terrorist-attack/incidents-data/bangladesh, Zugriff 6.4.2020

?        TDS – The Daily Star (24.8.2019): Jubo League leader killed by ‘Rohingyas’, https://www.thedailystar.net/frontpage/news/jubo-league-leader-killed-rohingyas-1789726, Zugriff 15.1.2020

?        UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020a): Foreign travel advice Bangladesh - Safety and security, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/safety-and-security, Zugriff 4.2.2020

?        UKFCO – UK Foreign and Commonwealth Office (6.9.201929.3.2020b): Foreign travel advice Bangladesh – Terrorism, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/bangladesh/terrorism, Zugriff 4.2.2020

?        USDOS – US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 - Bangladesh, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026382.html, Zugriff 24.3.2020

3.       Rechtsschutz / Justizwesen

Letzte Änderung: 06.04.2020

Das Gerichtssystem besteht aus zwei Instanzen, den untergeordneten Gerichten (Magistrates, Session- und District Judges) und dem Obersten Gerichtshof (Supreme Court). Beide verhandeln Zivil- und Strafrechtssachen. Das Rechtssystem beruht weitgehend auf dem englischen „Common Law“. Der Oberste Gerichtshof besteht aus zwei Abteilungen, dem „High Court“, der Verfassungsfragen verhandelt und als Berufungsinstanz zu den erstinstanzlichen Gerichten fungiert, sowie dem „Appellate Court“, dessen Entscheidungen für alle übrigen Gerichte bindend sind. Die Richter beider Abteilungen werden gemäß der Verfassung vom Präsidenten ernannt (ÖB 8.2019).

Die Unabhängigkeit der Richter wird von der Verfassung garantiert. In der Praxis unterstellt allerdings eine schon lange geltende temporäre Bestimmung der Verfassung die erstinstanzlichen Richter der Exekutive. Auch ihre Ernennung und Remuneration ist Sache der Exekutive. Demgegenüber haben die Richter des Obersten Gerichtshofs des öfteren ihre Unabhängigkeit demonstriert und gegen die Regierung entschieden (ÖB 8.2019). Gemäß einer Verfassungsänderung können Richter abgesetzt werden (AA 22.7.2019).

Auf Grundlage mehrerer Gesetze („Public Safety Act“, „Law and Order Disruption Crimes Speedy Trial Act”, “Women and Children Repression Prevention Act”, „Special Powers Act“) wurden Sondertribunale errichtet, die Fälle innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens erledigen müssen. Es fehlen allerdings Vorschriften für den Fall, dass sie dieser Verpflichtung nicht nachkommen. Diese „Speedy Trial“ Tribunale haben Medienberichten zufolge in den vergangenen Jahren mehrere Hundert Personen zum Tode verurteilt (ÖB 8.2019).

Wie die meisten Beobachter von Bangladesch übereinstimmend angeben, stellen Korruption, Ineffizienz der Justiz, gezielte Gewalt gegen Richter und ein gewaltiger Rückstau an offenen Fällen große Probleme dar (ÖB 8.2019; vgl. FH 2020). Strafanzeigen gegen Mitglieder der regierenden Partei werden regelmäßig zurückgezogen (FH 2020). Die schiere Zahl der gegen die politische Opposition eingeleiteten Klagen im Vorfeld zur 11. Parlamentswahl vom 30.12.2018, deutet auf ein ungehindertes Spielfeld und die Kontrolle der Regierungspartei über die Justiz- und Sicherheitsinstitutionen hin (FIDH 29.12.2018).

Zwei Drittel aller Streitfälle erreichen nicht das formelle Justizsystem, sondern werden von informellen Dorfgerichten oder bedeutenden Persönlichkeiten der lokalen Gemeinschaften entschieden. Diese behandeln meist Fälle betreffend Familienrecht, Unterhalt, Zweitehen, Mitgiftstreitigkeiten und Landeigentum. Obwohl diese „Gerichte“ eine durch Tradition legitimierte, schnellere und günstigere Alternative zu ordentlichen Gerichten darstellen, sind sie hinsichtlich der Einflussnahmemöglichkeiten durch lokal bedeutsame Persönlichkeiten sowie der gesellschaftlichen Stellung von Frauen nicht unproblematisch. Die islamische Scharia ist zwar nicht formell als Gesetz eingeführt, spielt aber insbesondere in den Bereichen des Zivilrechts (Erbschaft, Grunderwerb, Heirat und Scheidung etc.) eine große Rolle (ÖB 8.2019).

Quellen:

?        AA – Auswärtiges Amt (Deutschland) (22.7.2019): Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Volksrepublik Bangladesch, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014277/Deutschland___Ausw%C3%A4rtiges_Amt%2C_Bericht_%C3%Bcber_die_asyl-_und_abschiebungsrelevante_Lage_in_der_Volksrepublik_Bangladesch_%28Stand_Mai_2019%29%2C_22.07.2019.pdf, Zugriff 19.3.2020

?        FH – Freedom House (2020): Freedom in the World 2020 – Bangladesh, https://freedomhouse.org/country/bangladesh/freedom-world/2020, Zugriff 1.4.2020

?        FIDH - International Federation for Human Rights (Hg.) (29.12.2018): Joint statement on the undemocratic electoral environment in Bangladesh, https://www.fidh.org/en/region/asia/bangladesh/joint-statement-on-the-undemocratic-electoral-environment-in, Zugriff 3.4.2020

?        ÖB – Österreichische Botschaft Neu Delhi (8.2019): Asylländerbericht Bangladesch

4.       Sicherheitsbehörden

Letzte Änderung: 06.04.2020

Die Polizei ist beim Ministerium für Inneres angesiedelt und hat das Mandat die innere Sicherheit sowie Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten. Die Armee, die dem Büro des Ministerpräsidenten untersteht, ist für die äußere Sicherheit zuständig, kann aber auch für innerstaatliche Sicherheitsaufgaben herangezogen werden. Zivile Stellen hatten weiterhin effektive Kontrolle über die Streitkräfte und andere Sicherheitsbehörden. Die Regierung verfügt über Mechanismen, Missbrauch und Korruption zu untersuchen und zu bestrafen; sie werden aber nicht immer angewandt (USDOS 11.3.2020).

Das Wirken der Polizei ist gekennzeichnet durch einen Mangel an Ressourcen inklusive mangelhafter Infrastruktur, Mangel an Personal, Ausbildung und Arbeitsmaterialien, Ineffizienz und Korruption (AA 27.7.2019). Die Regierung unternahm Schritte, um in der Polizei Professionalität, Disziplin, Ausbildung und Reaktionsfähigkeit zu verbessern und die Korruption zu verringern. (USDOS 11.3.2020). Trotz dieser Bemühungen kommt es weiterhin zu Machtmissbrauch und unangebrachter Gewaltanwendung von Sicherheitskräften, insbesondere durch die Rapid Action Batallions (RAPs), die in weiterer Folge ungestraft bleiben (ÖB 8.2019).

Es gibt Hinweise auf willkürliche Festnahmen durch die Polizeikräfte, obwohl dies gesetzlich verboten ist, sowie auf willkürliche Nutzung der gesetzlich erlaubten präventiven Festnahmen. Die Festnahme ohne Angabe von Gründen ist für bis zu 30 Tagen zur Verhinderung von Taten, die die nationale Sicherheit, Verteidigung, Souveränität, öffentliche Ordnung oder auch wirtschaftliche Interessen des Landes gefährden, erlaubt. Die Arretierten haben kein Recht auf einen Verteidiger. Die hauptsächlich Betroffenen sind Aktivisten der politischen Parteien und NGO-Vertreter, die Kritik an der Regierung üben. Nach wie vor problematisch ist auch die in vielen Fällen unverhältnismäßig lange Untersuchungshaft. Als Gründe hierfür werden bürokratische Ineffizienz, limitierte Ressourcen und Korruption genannt. Gegenwärtig geht man von über 2 Millionen ausständigen Zivil- und Strafverfahren aus (ÖB 8.2019).

Die Sicherheitskräfte lassen Personen weiterhin routinemäßig „verschwinden“ (AI 30.1.2020; siehe auch Abschnitt 5). Betroffene sehen aus Angst vor Vergeltung in der Regel davon ab, Mitglieder der Sicherheitsbehörden wegen Menschenrechtsvergehen anzuzeigen, so dass diese straflos bleiben. Auch im Falle einer Beschwerde herrscht weitestgehend Straffreiheit. Wenn allerdings die Medien Polizeiversagen öffentlich anprangern, werden durch die politische Ebene die zuständigen Polizisten oft bestraft (AA 27.7.2019).

Die Sicherheitsbehörden bestehen zum Hauptteil aus der dem Innenministerium unterstellten „Bangladesch Police“, die ca. 116.000 Mann zählt. Zur Unterstützung der Polizei stehen weitere Einheiten zur Verfügung (ÖB 8.2019).

Rapid Action Batallions (RABs): Es gibt rund 12 RABs mit insgesamt ca. 8.500 Mann, die ebenfalls dem Innenministerium unterstellt sind. Ihre Aufgabe ist der Kampf gegen bewaffnete kriminelle Organisationen. Die RABs sind hauptsächlich in urbanen Zentren stationiert, rekrutieren sich hauptsächlich aus Polizei und Armee, sind gut ausgebildet und mit moderner Ausrüstung versehen (ÖB 8.2019). Ihnen werden schwere Menschenrechtsverstöße wie z.B. extralegale Tötungen zugeschrieben (AA 27.7.2019). Die RABs verfolgen eine aggressive Strategie gegen bewaffnete „Gang“-Mitglieder, was zu zahlreichen Toten durch Schießereien führt. Sie werden auch bei Demonstrationen eingesetzt, wobei exzessive Gewalt, Gummigeschosse aber auch scharfe Munition gegen Demonstranten zum Einsatz kam, welche wiederholt Todesopfer forderten. Es kam trotz zahlreicher Verhaftungen noch zu keiner Verurteilung wegen außergerichtlicher Tötungen, Folter oder willkürlicher Verhaftungen gegen Mitglieder der RABs (ÖB 8.2019). Die Regierung streitet weiterhin das Verschwindenlassen von Personen, Folter und andere Verstöße durch Sicherheitskräfte, sowie außergerichtliche Tötungen, etwa durch Angehörige des RAB ab. Die Sicherheitskräfte versuchen seit langem, unrechtmäßige Tötungen zu vertuschen, indem sie behaupteten, dass es bei einem Schusswechsel oder im Kreuzfeuer zu Todesfällen gekommen ist. Hunderte wurden angeblich in solchen „Kreuzfeuer“ getötet (HRW 14.1.2020).

Bangladesh Ansar: Gegründet im Jahr 1948 und ebenfalls dem Innenministerium unterstellt, gibt es aktuell ca. 23.000 leicht bewaffnete Ansars, die zur Unterstützung der Polizei im ländlichen Raum eingesetzt werden und auch Zivilschutz-Aufgaben übernehmen (ÖB 8.2019).

Bangladesh Rifles (BDRs): Diese ca. 40.000 Mann starke paramilitärische Truppe untersteht dem Home Ministry, wird aber hauptsächlich von Armee-Offizieren geführt und dient in erster Linie dem Grenzschutz. Die BDRs sind auch für die Verhinderung von Schmuggel und Menschenhandel zuständig (ÖB 8.2019).

Village Defence Parties (VDP): Gegründet 1976, sollte es in jedem Dorf des Landes je ein männliches und weibliches „Platoon“ à 32 Personen geben, die der Unterstützung der Polizei bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung sowie der Unterstützung der zivilen Behörden bei sozialen und wirtschaftlichen Wiederaufbauprogrammen und bei Naturkatastrophen dienen sollen. In Städten gibt es analog dazu sog. Town Defence Parties (ÖB 8.2019).

Special Branch of Police (SB) ist beauftragt, die nationale Sicherheit zu gewährleisten, erfüllt die Funktion, nachrichtendienstliche Informationen zu sammeln und ist mit der Spionageabwehr betraut. Die SB ist überall in Bangladesch vertreten und besitzt die Fähigkeit, innerhalb und außerhalb des Landes zu agieren (AA 27.7.2019).

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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