TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/16 W195 2221599-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.06.2020
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Entscheidungsdatum

16.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs2

Spruch

W195 2221599-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.06.2019 XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 03.06.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehöriger von Bangladesch, stellte am 15.04.2019 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen einer am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes erfolgten niederschriftlichen Erstbefragung gab er zu seinem Fluchtgrund befragt an, dass er schon als Kind im Ausland studieren wollte. Sein Vater habe ihm aber gesagt, dass er zuerst den Master abschließen müsse, was er im Jahr 2010 getan habe. Das Ergebnis und die Feierlichkeit dazu waren jedoch erst 2013. Nach dem Abschluss wollte der BF sein Land verlassen. Ursprünglich wollte er nach Kanada gehen, weil dort sein Cousin lebe.

Er sei am 30.09.2015 aus Bangladesch ausgereist und über die Vereinigten Arabischen Emirate nach Österreich gelangt, wo er am 30.09.2015 eingetroffen sei. Am 09.05.2017 sei er aus Österreich ausgereist und wieder nach Bangladesch geflogen. Von dort sei er am 21.09.2017 wieder nach Österreich eingereist.

Er hätte ein „D-Visum“ für Österreich gehabt und eine Aufenthaltsbewilligung – zweimal verlängert - bis zum 07.11.2017; er hätte bei XXXX am 12.10.2017 einen weiteren Verlängerungsantrag eingebracht, welcher jedoch am 08.11.2017 mangels entsprechender Deutschkenntnisse abgewiesen worden sei.

Zu seinen persönlichen Verhältnissen gab der BF an, dass er ledig sei. Seine Familie, Vater, Mutter, eine Schwester, lebt in Bangladesch. Er selbst zähle sich zur Volksgruppe der Bengali und seine Religionszugehörigkeit sei Islam. Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse wurde festgestellt, dass der BF auf dem Niveau A1 steht.

Hinsichtlich seiner Vermögensverhältnisse befragt gab der BF an, dass er 35,- € an Barmittel habe. Seinerzeit hätte er ca. 12.000,- aus der Heimat mitgenommen, jetzt schicke ihm der Vater ab und zu Geld.

Zu seinen Fluchtgründen befragt führte der BF an, dass er gerne Beiträge über Religion, Kultur und Philosophie auf facebook schreibe und veröffentliche. Als er von Österreich in sein Heimatland gereist sei, hätte es ein Problem gegeben.

2004 habe er in Vorbereitung für die Anmeldung auf das College in XXXX ein Coaching gemacht. Er habe sich dabei mit der Comunist Party of Bangladesch („CPB“) in der „Bangladesch Chatro Union“ „verbunden“. In XXXX sei er als XXXX gewählt worden. Er hätte eine Meinungsverschiedenheit mit einem höheren Führer seiner Partei gehabt. Als er nun das letzte Mal in Bangladesch gewesen sei, sei er in seiner Heimat schlecht angesehen worden, weil er seine Meinung über die Religion, Kultur und Politik äußere. In seiner Heimat werden solche Sachen vom Dorfvorstand und von Politikern geklärt. Für ihn sei beschlossen worden, dass er seine Meinung nicht über Facebook posten dürfe. Sein Onkel sei aufgefordert worden, ihn zu schlagen und es sei ihm verboten worden, solche Postings zu verbreiten, sonst würde seiner Familie Schaden zugefügt.

Im September 2017 sei er dann wieder nach Österreich gereist.

Um den 12.04.2019 seien laut der Familie des BF drei bis vier weiß gekleidete Männer in das Haus in Bangladesch gekommen und hätten sich als „DB-Police“ ausgegeben. Der Familie sei gedroht worden, dass der BF keine postings über Facebook verbreiten solle, da ansonsten diese als auch der BF dafür büßen werden. Sie hätten gefragt, wo er sich befände. Aus Angst um sein Leben könne er nunmehr nicht mehr nach Bangladesch.

Auf die Frage, ob es konkrete Hinweise gäbe, dass bei der Rückkehr des BF unmenschliche Behandlung, unmenschliche Strafe oder die Todesstrafe drohen, oder ob der BF im Falle seiner Rückkehr mit irgendwelchen Sanktionen zu rechnen habe, antwortete der BF mit „Nein“.

I.2. Am 04.06.2019 erfolgte eine weitere Einvernahme des BF durch das BFA.

In dieser Einvernahme bestätigte der BF eingangs die Daten hinsichtlich Ein- und Ausreise in das Bundesgebiet. Sein Aufenthaltstitel sei zweimal von der XXXX verlängert worden. Da er jedoch die Voraussetzung für das Studium, nämlich Level B2 nicht erreicht habe, sei der Aufenthaltstitel auch nicht verlängert worden. Er sei außerordentlicher Hörer gewesen, weil er die Studienvoraussetzungen nicht geschafft habe. Da er nur A2 erreicht habe, habe er keinen weiteren Platz mehr erhalten.

Er sei in XXXX geboren. Dort sei er 12 Jahre lang gewesen und habe er dort die Matura gemacht. Danach sei er nach XXXX gegangen und habe eine Vorbereitung für die Zulassung an der Universität absolviert. Dies war ein Kurs über acht Monate. Er habe dann das Studium der Philosophie in XXXX (laut vorgelegtem Dokument: „Master of Arts“) absolviert mit dem Abschluss „Bak und Master“. Von 2004 bis zu seiner Ausreise 2015 sei er in XXXX aufhältig gewesen.

Zu seiner Familie in Bangladesch habe er aufrechten Kontakt. Seine Familie habe einen Handel, vergleichbar mit einem Baumarkt, viele Grundstücke und auch Farmen.

Er sei „Moslem, aber ehrlich gesagt habe ich keinen Glauben“. Er habe früher in XXXX in einer Moschee gelebt, drei Jahre lang. Aber er habe nie gebetet und die Community habe bemerkt, dass er keinen Glauben habe und habe ihn deshalb abwertend gesehen. Wenn er auf die Straße gehe werde er erkannt und es werde schlecht über ihn gesprochen. Da er kritische Kommentare in Beiträgen online „hochlade“ werde er gehasst und als abwertend abgestempelt. Daher habe er wegen der Religion Probleme in Österreich.

Er sei ledig, habe keine Kinder und auch keine Verwandten in Österreich. Aber er habe eine gute Freundin, die Österreicherin sei und in XXXX wohne. Ihren richtigen Namen kenne er nicht, ihr Vorname sei „Sonja“.

Zu seinem Fluchtgrund befragt gab der BF an, dass er 2017, als er nach Bangladesch flog, viele Überschwemmungen gesehen habe. Er hätte daraufhin Gott in Frage gestellt. Er habe gesagt, wenn es einen Gott gäbe, dann könnte er ja diese Überschwemmungen verhindern. Die Einwohner in seiner Umgebung seien schockiert gewesen und hätten sich gefragt, wie man so etwas schreiben könne. Er sei aber nicht darauf persönlich angesprochen worden.

Drei bis vier Tage später habe ihn sein Vater angerufen – der BF sei ca 6 bis 7 Kilometer entfernt gewesen - und gesagt, er solle dringend nach Hause kommen. Sein Vater habe ihm gesagt: „Mein Sohn, du kannst nicht mehr raus gehen“. Vor dem Geschäft, gleich neben dem Haus, hätten sich am Abend 20 bis 25 Personen versammelt, die Fensterscheiben des Geschäftes seien eingeschlagen worden und Gegenstände wurden aus dem Geschäft gestohlen. Sie hätten geschrien, dass sie den BF als „Ungläubigen“ ermorden, und dass sie deshalb ins Paradies kommen würden. Da der Vater des BF ein Iman sei, hätten die gläubigen Muslime den Vater angeschrien, was für ein Iman er denn sei, der so einen Sohn habe. Nachdem die Situation sich beruhigt hatte, wurde von den Dorfbewohnern ein Dorfvorstand gefordert, welcher stattfand. Bei diesem Gespräch am 12.09.2017 sei der BF vom Onkel väterlicherseits geschlagen worden. Daraufhin sei der BF zu seiner Großmutter mütterlicherseits gegangen und sei nicht mehr nach Hause zurückgekehrt. Danach sei er am 21.09.2017 nach Österreich geflogen.

Die ersten drei bis vier Monate in Österreich hätte es keine Probleme gegeben. Aber danach seien seine Eltern regelmäßig angerufen worden, und es wurde ihnen gesagt, dass der BF getötet werde, egal was es kostet. Am 11. oder 12.04.2019 seien weiß gekleidete Personen, welche sich als Mitglieder der Spezialeinheit „DB“ ausgaben, zum Haus seiner Familie und hätten nach dem BF gefragt. Der Vater habe nach Ausweisen gefragt, aber die Personen hätten keine Ausweise gehabt.

Seitdem seien noch Anrufe und Drohungen gegen den BF gekommen, am Ende sogar ein Brief, welchen der BF dem BFA vorlegte. Mit diesem Brief sei der Vater des BF zur Polizei genommen, welche beim dritten Mal eine Anzeige aufgenommen hätte. Die Familie und der BF hätten große Angst, dass eine terroristische Organisation hinter dem BF her sei.

In dem angesprochenen Brief stünde der Name des BF. Es stünde darin: „wir werden ihren Sohn ermorden. Er schreibt abwertende Beiträge über unsere heilige Religion. Sobald er nach Bangladesch zurückkehrt werden wir ihn ermorden. Ungläubige haben kein Recht zu leben, sie müssen ermordet werden. Mit der Ermordung würden wir den heiligen Segen Gottes bekommen.“ Unterschrieben habe diesen Brief XXXX (in weiterer Folge wurde der Brief übersetzt und festgestellt, dass er mit „Jamat-Ul-Mujahidin“ unterfertigt wurde, eine islamische Gruppierung mit terroristischem Hintergrund laut Internetrecherche des BFA). Dies sei eine geheime terroristische Organisation in Bangladesch. Deshalb habe der BF Angst nach Bangladesch zurückzukehren.

Befragt, wer diese geheime Organisation sei, antwortete der BF: „Die Regierung unterstützt solche Organisationen nicht, deshalb werden sie geheim geführt. Wenn man schlecht über die Religion spricht, dann haben sie das Ziel den Ungläubigen zu töten. Dann kommen sie ins Paradies“.

Weder gegen den BF noch gegen diese terroristische Organisation gäbe es Anklagen.

Seine Familie sei nicht auf der Flucht, weil der Handel des Vaters im Dorf sei. Der Vater würde den BF mit Geld unterstützen.

Der BF gab an, er könne nicht genau sagen, was er bei einer Rückkehr nach Bangladesch befürchten müsse, aber sobald er gefunden würde, könnte er ermordet werden.

Gegenwärtig schreibe er weiterhin im Internet kritisch, aber nicht gegen die Religion. Er schreibe auf einen Facebook-Account. Er habe eine „likepage“ in seinem Facebook. Diese Seite sei aber nicht auf seinem Namen und heiße XXXX . Diese Seite habe er gegründet. Wenn man seinen Namen auf Facebook aufrufe würde man auf diese Seite weitergeleitet werden.

Während der Einvernahme des BF wurde sein angeblicher Zugang auf Facebook aufgenommen, welcher lautet: XXXX „ XXXX “ sei, so der BF, sein Spitzname.

Abschließend dazu befragt, dass er 2017 von seinem Onkel geschlagen worden sei, aber erst 2019 einen Asylantrag gestellt habe, führte der BF aus: „Ich habe mich bei der XXXX inskribieren lassen, ich habe gehofft, dass mein AT verlängert wird und ich keinen Asylantrag stellen muss. Aber da das nicht der Fall war, musste ich einen Antrag auf internationalen Schutz stellen. Ich dachte mir, wenn das Visum verlängert wird, bin ich hier in Sicherheit und ich muss keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen.“

Weitere Fluchtgründe gab der BF nicht an.

I.3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 13.06.2019 wies das BFA den Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bangladesch (Spruchpunkt II.) ab. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem BF nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Darüber hinaus wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Bangladesch gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF aufgrund seiner Ausführungen keinen asylrelevanten Grund darlegen konnte. Er habe – nachdem sein Aufenthaltstitel (Studium) mangels ausreichender Sprachkenntnisse nicht mehr verlängert worden sei, versucht einen Asylgrund zu finden und habe dies mit religionskritischen Postings auf Facebook begründet. Es sei aber nicht glaubwürdig, dass tatsächlich eine „Spezialeinheit“ ihn deshalb verfolgen würde und ein Brief, den der BF als Beweis vorgelegt habe, tatsächlich eine Verfolgung durch den Staat oder relevante Gruppierungen bestätige. Dass der vorgelegte Brief gerade zu der Zeit, als der BF um internationalen Schutz ansuchte, auftauchte, ließ das BFA an der Glaubwürdigkeit des BF zweifeln. Deshalb gelangte das BFA nach eingehender rechtlicher Würdigung zur Ansicht, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem BF im Herkunftsstaat Verfolgung drohe.

Dass der BF im Fall einer Abschiebung in eine ausweglose Lage geraten würde, sei nicht feststellbar. Es sei auch davon auszugehen, dass der BF nach wie vor über familiäre und soziale Beziehungen innerhalb Bangladesch verfüge. Es sei ihm zuzumuten, sich mit Hilfe der eigenen Arbeitsleistung in Bangladesch den Lebensunterhalt zu sichern.

Die Voraussetzungen für die Erteilung einer "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" würden nicht vorliegen und würden zudem die öffentlichen Interessen an einem geordneten Vollzug des Fremdenwesens gegenüber den privaten Interessen des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zu erlassen sei. Die Abschiebung des BF sei als zulässig zu bewerten.

I.4. Mit Schriftsatz vom 10.07.2019 wurde der Bescheid des BFA seitens des – von der XXXX vertretenen – BF zur Gänze angefochten.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Ermittlungsverfahren des BFA mangelhaft gewesen sei und nicht ausreichend auf den Umstand eingegangen worden sei, dass der BF sich religionskritisch geäußert habe, was in einem islamischen Staat zu Problemen bis hin zur Verfolgung führen würde.

Das BFA habe auch nicht die Rolle von Atheisten in Bangladesch beleuchtet und die entsprechenden Länderberichte und Dokumentationen gewürdigt. Darüber hinaus habe die belangte Behörde sich Texte und Postings, welche der BF zur Verfügung gestellt habe, nicht übersetzt und werden derartige Postings mit der Beschwerde (in englischer Sprache) vorgelegt.

Abschließend wird der belangten Behörde auch die mangelnde Beweiswürdigung vorgeworfen. Dass sich der BF als Moslem bezeichne sei eine Schutzbehauptung, in Wirklichkeit sei er Atheist. Seine Aktivitäten auf Facebook können durch „likes“ entsprechend weiterverbreitet werden, sodass sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich werden. Da das BFA die angebotenen Beweismittel nicht wahrgenommen habe, sei das Verfahren mangelhaft und unvollständig geführt worden.

I.5. Am 23.07.2019 legte das BFA die Beschwerde und den Akt des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

I.6. Am 03.06.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Bengali eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF und seine Rechtsanwältin teilnahmen. Im Zuge der Verhandlung wurde der BF erneut ausführlich u.a. zu seinen Fluchtgründen, seinen Rückkehrbefürchtungen, seinen Familienverhältnissen und seinen Lebensverhältnissen in Bangladesch befragt. Darüber hinaus wurden zwei vom BF überraschend nominierte Zeugen befragt.

Eingangs wurde festgehalten, dass der BF soweit gesundheitlich keine Probleme habe, um der Verhandlung zu folgen. Manchmal habe er Migräne und nehme deswegen Schmerzmittel; diese Migräne habe er auch schon in Bangladesch gehabt und auch dort Medikamente dagegen genommen.

Seine Familie lebe in Bangladesch; mit seiner Mutter und seiner Schwester habe er zwei-, dreimal pro Woche Kontakt, sein Vater verweigere diesen jedoch. Sein Vater habe ihn bis vor ein bzw. eineinhalb Jahren noch finanziell unterstützt, seitdem er arbeite jedoch nicht mehr. Sein Vater habe eine Hühner- und Rinderfarm betrieben sowie eine „Hardware“-Handel. Die Rinderfarm sei derzeit geschlossen, wegen des Sohnes.

Verwandte habe der BF keine in Österreich, auch keine Kinder oder eine Liebesbeziehung; er habe jedoch auch österreichische Freunde, die er ein- zweimal pro Woche treffe und mit denen er viel gemeinsam mache, auch viel Deutsch spreche. Bengalische Freunde habe er „überhaupt nicht, die wenigen, die mich sehen, sagen: ‚sieh, da geht ein Ungläubiger usw.‘.“. Eine Vereinstätigkeit mache er jedoch nicht.

Hinsichtlich seiner Deutschkenntnisse wurde festgehalten, dass der BF jedenfalls das Niveau B1 nicht erreichte. Der BF legte „Teilbesuchsbestätigungen“ hinsichtlich A2-Deutschkurse vor sowie „feed-back-Bögen“ zur A2 –Prüfung, die teilweise negative Ergebnisse zeigen. Vor dem BVwG konnte der BF eine Konversation in deutscher Sprache durchaus führen, der Sprachwortschatz erschien ausreichend. Dass diese Deutschkenntnisse, insbesondere auch schriftlich, nicht zum Studium ausreichen, wurde in den Bescheinigungen des Administrativaktes ersichtlich.

Der BF gab an, dass er bis vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie in Österreich als Selbständiger im Bereich Reklameverteilung für die XXXX gearbeitet habe. Er habe monatlich ca 1.200 bis 1.300 € netto verdient. Für seine Wohnung zahle er ca 360 € an Miete.

Nach Österreich sei er am 30.09.2015 mit einem Studentenvisum gekommen. Dieses Visum sei „bis 2018, Oktober oder November“, genau könne er sich nicht erinnern, gültig gewesen. Am 15.04.2019 habe er den Antrag auf internationalen Schutz gestellt. In der Zeit dazwischen habe er gewartet, ob sein Visum verlängert werde oder nicht.

In Österreich wollte der BF Philosophie an der XXXX studieren. Dazu habe er sich im Jahr 2011 entschlossen. Er habe damals noch nicht begonnen, Deutsch zu lernen. Er habe erst mit seiner Ankunft in Österreich begonnen, Deutsch zu lernen. Da er unzureichende Deutschkenntnisse habe konnte er in Österreich keine einzige Fachprüfung ablegen.

Eingehend auf seine bisher geschilderten Fluchtgründe verlagerte sich die Verhandlung auf die Postings, welche der BF auf Facebook erstelle. Der BF gab dazu an, dass er ca 3.000 Freunde auf Facebook habe und er sei in verschiedensten „Gruppen“, etwa den „Bangladesch-Atheisten“, den „Indien-Atheisten“, den „Pakistan-Atheisten“ etc. Wenn er in diesen Gruppen poste, dann erhalte er keine kritischen Kommentare zu seinen Postings. Wenn er jedoch auf seinem Profil poste, dann würden dies viele Verwandte, Freunde usw. sehen und er bekomme Kommentare dazu. Viele würden über seine Meinung Bescheid wissen. Seine Cousins und Onkel würden deshalb keinen Kontakt mehr mit ihm haben und selbst sein eigener Onkel habe ihm geschrieben: „Bedenke Deine Meinung, bevor Du schreibst, ich warne Dich.“

Sein Facebook-Profil sei weltweit öffentlich zugänglich, er habe in seiner „Freundesliste russische, finnische, amerikanische, türkische Kommunisten, von Indien und Bangladesch sowieso“; darüber auch von der Nepal Communist Party. Auch in Österreich können Personen dieses Profil sehen.

Gefragt, ob der BF sich vorstellen könne, dass seine Postings möglicherweise Personen in ihren religiösen Gefühlen verletzen könnten, wurde der BF emotional und referierte ausführlich seine sehr strikte ideologische Sicht. Zusammengefasst meinte der BF, dass das, was er poste, der Wahrheit entspräche und damit verletze er niemanden in seinem persönlichen Grundrecht oder seiner Religionsfreiheit.

Von seiner Rechtsanwältin gefragt, wann der BF das letzte Mal in eine Moschee gegangen sei, meinte dieser, dass er vor acht bis neun Monaten dort gewesen sei, um zu beten; die Leute hätten jedoch gesagt: ‚da sieh, dieser Atheist‘. Das sei das letzte Mal gewesen. Wenn er zurückkehren müsste, dann würden ihn viele Menschen als „Moslemgegner“ kennen, obwohl er kein „Moslemgegner“ sei, sondern er nicht an Gott und die Religion glaube. Seine Eltern würden derzeit nicht zusammenleben und seine Schwester würde am College als „Atheisten-Schwester“ beschimpft werden. Es sei ihm wichtig, seine Meinung äußern zu können, aber er wolle nicht in einer Religion versinken, sei es mit Hindus, Muslime, Buddhisten oder Christen. In Bangladesch sei es nicht möglich offen zu sagen, dass man religionslos sei. Alleine durch seine Postings bekomme er Morddrohungen und sei seine Familie in Schwierigkeiten. Der Vater habe, so der BF wieder emotional, die Rinderfarm schließen müssen, weil der XXXX , der Nachbar sei, herausbekommen habe, dass der BF die Kommunistenpartei unterstütze und Atheist sei.

Im Zuge der Verhandlung vor dem BVwG wurde die vom BF namhaft gemachte Zeugin XXXX einvernommen. Sie sei eine Zeugin des BF und habe keine Liebesbeziehung zu ihm. Sie möchte den BF unterstützen, damit er im Bundesgebiet bleiben könne, weil er es sich so sehr wünsche. Er möchte einfach in Wien leben, er würde jede Arbeit annehmen und er möchte kein Moslem sein. Über seine Fluchtgründe könne sie nichts Konkretes sagen, darüber würden sie nicht sprechen. Sie war noch nie in Bangladesch, sie könne auch kein Bengali. Sie würden sich auf Deutsch oder Englisch unterhalten. Die Zeugin führte aus, dass sie früher ehrenamtlich Deutsch beim XXXX und der XXXX unterrichtet hätte für afrikanische Kinder und Familien, das mache sie jetzt mit dem BF. Sie halte den BF für intelligent, sie würde sich persönlich für Buddhismus und Hinduismus interessieren; aus der römisch-katholischen Kirche sei sie mit 18 Jahren ausgetreten. Der BF könne ihr viel erklären, sie würden gemeinsam meditieren und sich mit spirituellen Dingen beschäftigen.

Der BF sei, politisch eingeordnet, ein „Linkskommunist“, obwohl er von einer kommunistischen Partei Abstand nehmen wolle. Er sei ein Freigeist, kein politisch religiöser Mensch. Er sei derzeit politisch nicht aktiv, aber sie wisse es nicht genau.

Von der Anwältin des BF gefragt, ob die Zeugin bereit wäre, eine Patenschaft zu übernehmen, lehnte diese eine Patenschaft für den Zeugen ab.

Als weiterer Zeuge wurde vom BF XXXX genannt und in weiterer Folge einvernommen. Dieser Zeuge ist bengalischer Staatsbürger und besitzt eine Rot-Weiss-Rot-Karte Plus. Obwohl er seit XXXX im Bundesgebiet aufhältig ist wurde die Einvernahme mit dem Dolmetsch durchgeführt.

Der Zeuge habe den BF im XXXX in XXXX kennengelernt; der Zeuge wohne und arbeite in XXXX , sie stünden manchmal in telefonischem Kontakt. Der Zeuge erzählte, dass der BF sehr verzweifelt sei, weil er nicht nach Bangladesch zurückkehren könne und auch nicht wisse, ob er in Österreich bleiben könne. Der Zeuge kenne die Postings des BF und man könne sagen, „dass bis zu 95% der Leute das negativ nehmen und auch gleich schimpfen. Diese Leute werden auch wütend unter der muslimischen Community.“ Gefragt, welche Einstellung der BF habe, meinte der Zeuge, dass der BF an die islamische Religion nicht glaube, „denn diesen Gott könne man nicht sehen, nicht hören, wieso solle er daran glauben.“ Über die Politik hätten sie so nicht miteinander gesprochen, weil der Zeuge selbst nicht über Politik sprechen mag. Der BF habe, so der Zeuge, „einen großen Drang, Mitteilungen von sich zu geben“. Der Zeuge selbst sei Moslem, kenne die Familie des BF nicht und habe auch nie mit ihnen gesprochen.

Abschließend verwies die Rechtsanwältin des BF in einem flammenden Apel mit Verweis darauf, dass den BF das „Virus der westlichen Philosophie“ ergriffen habe, dass für sie die Frage sei, was schlimmer in Bangladesch sei, nämlich Agnostiker oder Kommunist zu sein. Es sei auch im Westen eine Auslegungssache, ob etwas „Meinungsfreiheit“ oder „Meinungsfrechheit“ sei. Auch der investigative Journalismus zeige regelmäßig auf, welche Themen auf Facebook als „Missbrauch“ anzusehen wäre oder was nicht. Der BF könnte sich auch im Westen in Gefahr begeben, sein Recht auf Meinungsfreiheit zu überschreiten, doch sähe sie dabei die Frage der Harmonie oder Harmonisierung gegeben, die darin bestünde, Gegensätze zu vereinbaren, denn davon lebe eine pluralistische Gesellschaft.

Andere Fluchtgründe gab der BF nicht an.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Zur Person des BF:

Der volljährige BF ist Staatsangehöriger von Bangladesch und – formell - der sunnitischen Glaubensgemeinschaft zugehörig. Seine Muttersprache ist Bengali. Der BF ist ledig und hat keine Beziehung sowie keine Kinder.

Der BF hat in Bangladesch zwölf Jahre eine Grundschule besucht. Danach studierte er vier Jahre bis zum Bachelor und ein Jahr bis zum Master der XXXX . Der BF hat in Bangladesch keinen Beruf ausgeübt. Sein Vater ist für seinen Lebensunterhalt aufgekommen.

Die Eltern und die Schwester des BF sowie weitere Verwandte des BF leben in Bangladesch. Der BF hat regelmäßigen, wöchentlich ein- bis dreimal, Kontakt zu seiner Mutter und zur Schwester.

Der BF reiste erstmals am 30.09.2015 legal mit einem Studentenvisum in Österreich ein. Vom 09.05.2017 bis 21.09.2017 hielt sich der BF in Bangladesch auf, danach flog er wieder nach Österreich. Am 12.10.2017 stellte der BF einen Antrag auf Verlängerung seines befristeten Aufenthaltstitels. Am 07.11.2017 endete der Aufenthaltstitel des BF, weil der BF den erforderlichen Deutschkurs nicht absolvierte. Der BF absolvierte in Österreich keine einzige Prüfung an der XXXX im angestrebten Studium Philosophie.

Am 15.04.2019 stellte der BF den gegenständlichen Asylantrag. Der BF lebte somit von 08.11.2017 bis 14.04.2019 illegal in Österreich.

Der BF ist selbständig in der Reklameverteilung tätig und lukriert dadurch ca 1.300 € netto monatlich; für Miete in seiner jetzigen Unterkunft zahlt der BF ca. 360,- €. Zuvor wohnte der BF u.a. nach Auskunft des ZMR im „ XXXX “ von 07.10.2015 bis 29.11.2018.

Im Bundesgebiet befinden sich keine Familienangehörigen des BF. Der BF ist strafrechtlich unbescholten, gesund und arbeitsfähig.

II.1.2. Zum Fluchtvorbringen des BF:

Der BF macht religiöse Gründe für seine Flucht geltend; er sei Atheist.

Der BF, welcher formell sunnitischen Glaubens ist, machte bei seiner Einvernahme vor dem BFA am 15.04.2019 sowie am 04.06.2019 religiöse Gründe für seine Flucht geltend. Er würde auf Facebook Postings verbreiten, die einen religionskritischen Zugang (gegenüber allen Religionen, nicht nur gegenüber dem Islam) erkennen lassen. Festgestellt wird, dass der BF behauptet, seit Jahren religionskritische Postings zu verfassen und als „Blogger“, zumeist in kommunistischen Gruppen, tätig zu sein.

Festgestellt wird, dass die Postings des BF auf Facebook nicht nur bengalischen Personen zugänglich sind, sondern diese Postings weltweit verbreitet werden können. Der BF behauptet auch in Österreich kritisch für seine Einträge von der Community angesehen worden zu sein. Der BF erhalte als Reaktion auf seine Postings auch Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen. Festgestellt wird, dass diese Reaktionen nicht nur von Bengalen kommen.

Festgestellt wird, dass der BF behauptet, dass das, was er postet, „der Wahrheit“ entspräche, und er „damit niemanden in seinem persönlichen Grundrecht oder seiner Religionsfreiheit“ verletze. Nach den Angaben des vom BF namhaft gemachten Zeugen XXXX würden „95 % der Leute“ diese Postings negativ nehmen und auch gleich schimpfen.

Es wird festgestellt, dass der BF von Oktober 2015 bis November 2018 im „ XXXX “, somit auch nach seiner Rückkehr aus Bangladesch (21.09.2017) wohnte.

Der BF gab an das letzte Mal vor ca acht oder neun Monaten in einer Moschee gewesen zu sein.

Der BF behauptet, Anhänger der Kommunistischen Partei Bangladesch zu sein.

Der BF konnte sowohl im Jahr 2015 (Beginn des „Studiums“) als auch im Jahr 2017 („Heimaturlaub“) ohne Probleme nach und aus Bangladesch ausreisen.

Eine politische oder religiöse Verfolgung des BF durch staatliche Autoritäten in Bangladesch konnte der BF nicht glaubwürdig darlegen. Vielmehr bestätigte der BF bereits in den Einvernahmen vor dem BFA, dass er angeblich von einer extremistischen Gruppe verfolgt werde, gegen die auch die staatlichen Organe von Bangladesch vorgehen.

Das Vorbringen des BF, in Bangladesch politisch oder aus religiösen Gründen verfolgt zu werden, ist unglaubwürdig, da der Vater des BF angeblich auf Grund eines behaupteten Drohbriefes einen entsprechenden Eintrag einer Verfolgung in das Polizeijournalbuch verlangte und damit den Schutz der staatlichen Autoritäten für seinen Sohn in Anspruch nahm.

Eine vom Staat Bangladesch oder dessen staatlichen Autoritäten erfolgte Verfolgung des BF aus religiösen Gründen ist nicht im Verfahren hervorgekommen.

Der BF ist in seinem Herkunftsland keiner konkret gegen seine Person gerichteten Bedrohung oder Verfolgung aus politischen oder religiösen Gründen ausgesetzt gewesen und droht ihm auch keine Verfolgung im Falle einer Rückkehr.

Neben der behaupteten Verfolgungsgefährdung aus politischen und religiösen Gründen brachte der BF im Verfahren keine weiteren Gründe vor, auf Grund derer er in seinem Heimatland eine Verfolgung bzw. Gefährdung durch Staatsorgane zu befürchten hätte.

Eine Verfolgung des BF aufgrund der Grundstückstreitigkeiten der Eltern des BF ist im Verfahren ebenfalls nicht hervorgekommen.

II.1.3. Zur maßgeblichen Lage in Bangladesch:

Politische Lage

Letzte Änderung: 06.04.2020

Bangladesch – offizielle Bezeichnung Volksrepublik Bangladesch (People's Republic of Bangladesh / Ga?apraj?tantr? B??l?de?) ist seit 1991 eine parlamentarische Demokratie (GIZ 11.2019a). Das Land befindet sich größtenteils in der Deltaebene, die durch die Mündung der Flüsse Ganges und Brahmaputra in den Golf von Bengalen (Indischer Ozean) gebildet wird. Nachbarstaaten sind Indien (Westen, Norden und Osten) und Myanmar (Südosten). Die Hauptstadt ist Dhaka (ca. 20 Millionen Einwohner). Auf einer Fläche von ca. 148.000 km² (CIA 13.3.2020) leben etwa 163 Millionen Einwohner (CIA 13.3.2020; vgl. GIZ 3.2020, AA 6.3.2020a). Bangladesch ist mit 1.127 Einwohnern pro Quadratkilometer, der am dichtesten besiedelte Flächenstaat der Welt (zum Vergleich: Österreich 104 Einwohner pro km²) (WPR o.D.; vgl. AA 6.3.2020a).

Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der vom Parlament alle fünf Jahre gewählt wird. Eine einmalige Wiederwahl ist möglich. Er übt größtenteils zeremonielle Funktionen aus, während die Macht in den Händen des Premierministers als Regierungschef liegt. Dieser wird von der stärksten im Parlament vertretenen Partei nominiert und vom Präsidenten formell ernannt. Der Premierminister ernennt die Regierungsmitglieder, die vom Präsidenten bestätigt werden. Nach Ende der fünfjährigen Legislaturperiode bildet der Präsident unter seiner Führung eine unabhängige Übergangsregierung, deren verfassungsmäßige Aufgabe es ist, innerhalb von 90 Tagen die Voraussetzungen für Neuwahlen zu schaffen (ÖB 8.2019; vgl. GIZ 11.2019a). Zusätzlich obliegt dem Premierminister die Kontrolle der Geheimdienste, der Streitkräfte und der paramilitärischen Einheiten (GIZ 11.2019a).

Das Parlament (National Parliament oder Jatiya Sangsad) besteht aus einer Kammer mit 300, in Einzelwahlkreisen auf fünf Jahre direkt gewählten, Abgeordneten (ÖB 8.2019) mit zusätzlichen 50 Sitzen, die nur für Frauen reserviert sind (USDOS 11.3.2020; vgl. GIZ 11.2019a). Diese werden nicht direkt durch eine Wahl vergeben, sondern durch die Parteien, die es ins Parlament schaffen, nominiert (GIZ 11.2019a; vgl. USDOS 11.3.2020). Das Parlament tagt nicht während der Amtszeit der Übergangsregierung. Das Mehrheitswahlrecht führt zu stabilen Mehrheiten im Parlament und hat die Herausbildung der Bangladesch Nationalist Party (BNP) und der Awami League (AL) als dominierende und konkurrierende Parteien begünstigt. Während die konservative BNP Verbündete bei den islamistischen Parteien wie der Jamaat-e-Islami (JI) hat, bekommt die AL traditionell Unterstützung von linken und säkularen Parteien, wie der Arbeiterpartei, der liberaldemokratischen Partei, der national-sozialen Partei Jatiyo Samajtantrik Dal und jüngst auch von der Jatiya Partei, unter dem ehemaligen Militärdiktator Hossain Mohammad Ershad (ÖB 8.2019).

Das politische Leben wird durch die beiden dominierenden und konkurrierenden größten Parteien, die „Awami League“ (AL) und „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) bestimmt (ÖB 8.2019). Klientelismus und Korruption sind weit verbreitet. Gewerkschaften, Studentenorganisationen, Polizei und Verwaltung sind parteipolitisch durchdrungen (AA 22.7.2019; vgl. DGVN 2016). Beide Parteien haben keine demokratische interne Struktur und werden von Familien geführt, die Bangladesch seit der Unabhängigkeit geprägt haben (FH 2020).

Seit 2009 ist Sheikh Hasina Wazed von der Awami League (AL) Premierministerin (GIZ 11.2019a; vgl. ÖB 8.2019). Im Jänner 2019 wurde Sheikh Hasina für ihre vierte Amtszeit, die dritte Amtszeit in Folge, als Premierministerin angelobt. Im Februar 2019 gab sie bekannt, dass sie nach dieser Amtszeit an die „junge Generation“ übergeben wolle (DW 14.2.2019).

Bei den elften bangladeschischen Parlamentswahlen vom 30.12.2018 erzielte die „Große Allianz“ um die regierende AL einen Erdrutschsieg mit 96 % der Stimmen und 289 der 300 zur Wahl stehenden Parlamentssitze (Guardian 30.12.2018; vgl. BN24 31.12.2018, DT 27.1.2019, DS 10.1.2019, DW 14.2.2019), wobei in zwei Wahlkreisen aufgrund von Gewalt (DS 10.1.2019) bzw. dem Tod eines Kandidaten Nachwahlen notwendig waren (DT 27.1.2019).

Es gibt Berichte über Wahlmanipulation. Die Opposition verurteilte die Wahl als „Farce“ und fordert die Annullierung des Ergebnisses und Neuwahlen. Die Regierungspartei weist die Manipulationsvorwürfe und Neuwahlforderungen zurück und nennt die Wahl „völlig frei und unabhängig“ (BBC 31.12.2018). In einer vorläufigen Bewertung erklärten Wahlbeobachter der SAARC (South Asian Association for Regional Cooperation), dass die Wahl „viel freier und fairer“ ablief als die vorherigen (Hindu 1.1.2019). Bereits im Vorfeld der Wahl kam es zu Gewalt zwischen rivalisierenden Anhängern und zu harten Vorgehen der Regierung (BBC 31.12.2018; vgl. Hindu 1.1.2019). Die Wahlen vom 30. Dezember 2018 waren durch Übergriffe auf Oppositionelle, willkürliche Verhaftungen und Einschüchterungen der Stimmberechtigten gekennzeichnet (HRW 14.1.2020). Am Wahltag waren rund 600.000 Sicherheitskräfte, darunter Armee und paramilitärische Truppen, im Einsatz, um die Gewalt einzudämmen (Guardian 30.12.2018). Frühzeitig wurde die Wahl durch die Wahlkommission als frei und fair bezeichnet. Unregelmäßigkeiten wurden nicht untersucht. Stattdessen wurden Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verhaftet (HRW 14.1.2020). Es wurden mindestens 17 Menschen bei Zusammenstößen zwischen Anhängern der regierenden Partei und der Opposition getötet (Reuters 1.1.2019).

Die oppositionelle BNP hat aufgrund ihrer starken gesellschaftlichen Verankerung das Potenzial, durch Generalstreiks großen außerparlamentarischen Druck zu erzeugen (GIZ 11.2019a).

Infolge der Dominanz der AL und der fehlenden, innerparteilichen Demokratie hat de facto die exekutive Spitze das ausschließliche Sagen bei Gesetzesentwürfen. Wie schon die Vorgängerregierungen baut auch die gegenwärtige AL-Regierung ihre Netzwerke in Verwaltung, Rechtswesen und Militär aus. Verschärfend kommt hinzu, dass die BNP als vormals größte Oppositionspartei das Wahlergebnis angefochten hatte und nun nicht mehr im Parlament vertreten ist (GIZ 11.2019a).

Die erste Verfassung trat 1972 in Kraft und setzte neben der demokratischen Staatsform auch Säkularismus, Sozialismus und Nationalismus als Ziele fest. Nach zahlreichen Verfassungsänderungen wurde 1988 der Islam als Staatsreligion eingeführt bei gleichzeitiger verfassungsrechtlicher Verankerung des Rechts auf friedliche Ausübung anderer Religionen (ÖB 8.2019). Die verfassungsändernde Mehrheit der AL im Parlament führt zu einer enormen Machtkonzentration. Gesetzesinitiativen schränken den Spielraum der Zivilgesellschaft weiter ein (ACCORD 12.2016). Die Ankündigung von PM Sheik Hasina, ein Tribunal einzusetzen, um erstmals die Verantwortlichen für die Kriegsverbrechen im Unabhängigkeitskrieg 1971, aber auch für die Ermordung ihres Vaters und Staatsgründers Sheikh Rajibur Rahman 1975 sowie versuchte Mordanschläge auf ihr eigenes Leben 2004 zur Rechenschaft zu ziehen, stoßen in gewissen (pro-pakistanischen Kreisen) in Bangladesch auf heftigen Widerstand (ÖB 8.2019).

Die Kommunalwahlen 2019 fanden an fünf verschiedenen Wahltagen zwischen 10.3. und 18.6.2019 statt (bdnews24 20.6.2019; vgl. bdnews24 3.2.2019). Nachdem die BNP und einige andere Parteien die Wahlen boykottierten, wurde eine niedrige Wahlbeteiligung beobachtet (bdnews24 20.6.2019; vgl. DS 10.3.2019). Die Kandidaten der AL waren in 317 von 470 Upazillas [Landkreisen] siegreich, in 149 Upazillas gewannen unabhängige Kandidaten, die vorwiegend abtrünnige der Regierungsparteien sind. In 115 Upazillas gab es keine Gegenkandidaten (bdnews 20.6.2019). Für die Nachwahlen in insgesamt 8 Upazillas am 14.10.2019 kündigte die BNP jedoch eine Teilnahme an (PA 8.9.2019).

Der Verwaltungsaufbau von Bangladesch ist zentralistisch: Das Land ist in acht Regionen (Divisions), 64 Bezirke (Districts), 92 Landkreise bzw. Großstädte (Upazilas / City Corporations), über 4.500 Gemeindeverbände (Union Councils / Municipalities) und circa 87.000 Dorfgemeinden gegliedert (ÖB 8.2019). Im Gebiet der Chittagong Hill Tracts gilt eine besondere Verwaltung, die der lokalen (indigenen), nicht-bengalischen Bevölkerung verstärkte Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen soll (ÖB 8.2019).

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Sicherheitslage

Letzte Änderung: 06.04.2020

Der Hass zwischen den politischen Parteien, insbesondere Awami League (AL) und die Bangladesch National Party (BNP), ist für den größten Teil an Gewalt im Land verantwortlich (ACLED 9.11.2018). Die regierende Awami-Liga (AL) hat ihre politische Macht durch die nachhaltige Einschüchterung der Opposition, wie auch jener mit ihr verbündet geltenden Kräfte, sowie der kritischen Medien und Stimmen in der Zivilgesellschaft ausgebaut (FH 2020). Beide Parteien sind – gemeinsam mit unidentifizierten bewaffneten Gruppen – in Vandalismus und gewalttätige Auseinandersetzungen verwickelt und greifen auch friedliche Zivilisten an (ACLED 9.11.2018).

Von nicht-staatlichen Akteuren (insbesondere Opposition, Islamisten, Studenten) geht nach wie vor in vielen Fällen Gewalt aus. Die öffentliche Sicherheit ist fragil. Das staatliche Gewaltmonopol wird durchbrochen. Es kommt häufig zu Morden und gewalttätigen Auseinandersetzungen aufgrund politischer (auch innerparteilicher) oder krimineller Rivalitäten. Eine Aufklärung erfolgt selten. Die großen Parteien verfügen über eigene „Studentenorganisationen“. Mit dem stillschweigenden Einverständnis der Mutterparteien fungieren diese bewaffneten Organisationen als deren Schild und Schwert. Ihr Mitwirken im politischen Prozess ist eine der wichtigsten Ursachen für die politische Gewalt in Bangladesch (AA 22.7.2019).

Spontane Streiks und Kundgebungen können jederzeit stattfinden (BMEIA 18.3.2020; vgl. AA 22.3.2020), dabei können Kämpfe zwischen Sicherheitsbehörden und Demonstranten, Brandstiftung, Gewalt und Vandalismus unvorhergesehen auftreten (UKFCO 29.3.2020a).

Gewalt gegen Zivilisten oder staatliche Kräfte durch Rebellen macht einen relativ kleinen Anteil an allen Gewaltereignissen aus. Es gibt radikale islamistische Gruppen wie die Mujahideen Bangladesh (JMB) und Ansarullah Bangla Team (ABT). Sowohl der Islamische Staat (IS) und Al Qaeda in the Indian Subcontinent (AQIS) geben an, in Bangladesch aktiv zu sein, was von der Regierung jedoch dementiert wird (ACLED 9.11.2018). 2017 kam es zu fünf Selbstmordattentaten mit Todesfolge, zu denen sich der Islamische Staat bekannte (BMEIA 18.3.2020; vgl. SATP 2.4.2020). 2019 gab es mehrere Angriffe gegen Polizei und Sicherheitskräfte in Dhaka und in der Stadt Khulna. Am 29.2.2020 erfolgte ein Anschlag auf die Polizei in Chittagong, bei welchem auch improvisierten Sprengkörper (IEDs) eingesetzt worden sind. Die bangladeschischen Behörden sind weiterhin in höchster Alarmbereitschaft und vereiteln geplante Angriffe. Es wurde eine Reihe von Verhaftungen vorgenommen. Einige Operationen gegen mutmaßliche Militante haben ebenfalls zu Todesfällen geführt (UKFCO 29.3.2020b). Extremistische Gruppen führen Angriffe auf Angehörige vulnerabler Gruppen durch (USDOS 11.3.2020; AA 27.7.2019). In vielen Fällen ist nicht eindeutig differenzierbar, ob religiöse Motive oder säkulare Interessen, wie z.B. Racheakte oder Landraub, Grund für die Vorfälle sind. Sicherheitsbehörden reagieren manchmal nicht zeitnah bzw. überhaupt nicht auf religiös motivierte Vorfälle (AA 22.7.2019).

In der Division Chittagong, insbesondere im Gebiet der Chittagong Hill Tracts (Bezirke Rangamati, Khagrachari und Bandarban) kommt es zu bewaffneten Unruhen und kriminellen Übergriffen (AA 22.3.2020; vgl. UKFCO 29.3.2020a, AI 30.1.2020). Im südöstlichen Verwaltungsbezirk Cox’s Bazar der Gebietsverwaltung Chittagong hat es zuletzt unter anderem in der Nähe von Flüchtlingslagern vereinzelt gewalttätige Zwischenfälle gegeben. Es gibt Berichte über Sicherheitsprobleme, Protestkundgebungen sowie Gewalttätigkeiten und Unruhen sowohl in der örtlichen Bevölkerung als auch unter den Bewohnern der Lager, nachdem ein lokaler politischer Führer ermordet worden ist (HRW 18.9.2019; vgl. AA 5.11.2019, TDS 24.8.2019).

Im März 2019 wurden bei den Kommunalwahlen im Gebiet Baghicahhari im Norden des Distrikts Rangamati mehrere Wahl- und Sicherheitsbeamte getötet (UKFCO 29.3.2020a).

An der Grenze zu Indien kommt es gelegentlich zu Schusswechseln zwischen indischen und bangladeschischen Grenzwächtern. Regelmäßig werden Menschen getötet, die versuchen, illegal die Grenze zu überqueren (UKFCO 29.3.2020a).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2016 insgesamt 907 Todesopfer durch terrorismusrelevante Gewalt. Im Jahr 2017 wurden 812 Personen durch terroristische Gewalt getötet und im Jahr 2018 kamen 940 Menschen durch Terrorakte ums Leben. 2019 belief sich die Opferzahl terrorismus- relevanter Gewalt landesweit auf insgesamt 621 Tote. Bis zum 5.3.2020 wurden 81 Todesopfer durch terroristische Gewaltanwendungen registriert [Anmerkung: die angeführten Zahlen beinhalten Zivilisten, Sicherheitskräfte und Terroristen] (SATP 17.3.2020).

Das South Asia Terrorism Portal verzeichnet in einer Aufstellung für das Jahr 2017 insgesamt 263 Vorfälle terrorismus-relevanter Gewalt. Im Jahr 2018 wurden 135 solcher Vorfälle verzeichnet und 2019 wurden 104 Vorfälle registriert. Bis zum 2.4.2020 wurden 29 Vorfälle terroristischer Gewaltanwendungen registriert (SATP 2.4.2020).

In der Monsunzeit von Mitte Juni bis Mitte Oktober muss mit Überschwemmungen gerechnet werden, im südlichen Landesdrittel von Oktober bis November und Mitte April bis Mitte Mai grundsätzlich auch mit Wirbelstürmen (AA 22.3.2020). Regelmäßig wiederkehrende Überschwemmungen sowie die Erosion von Flussufern führen zu einer umfangreichen Binnenmigration (AA 22.7.2019; vgl. Kaipel 2018). Die Kriminalität ist hoch, insbesondere Raubüberfälle (BMEIA 18.3.2020).

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Letzte Änderung: 06.04.2020

Das Gerich

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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