TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/18 W187 2229416-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2020
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Entscheidungsdatum

18.06.2020

Norm

BVergG 2018 §12 Abs1
BVergG 2018 §2 Z5
BVergG 2018 §20 Abs1
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §334 Abs3
BVergG 2018 §353
BVergG 2018 §354
BVergG 2018 §356
BVergG 2018 §36 Abs1
BVergG 2018 §4 Abs1 Z2
BVergG 2018 §6
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W187 2229416-1/33E
IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hubert REISNER als Vorsitzenden, Sabine SACHS, MAS als fachkundige Laienrichterin der Auftraggeberseite und MMag. Dr. Winfried PÖCHERSTORFER als fachkundigen Laienrichter der Auftragnehmerseite über die Feststellungsanträge der AAAA , vertreten durch die CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren „Beschaffung eines 3D Mikrofabrikationssystems XXXX “ der Auftraggeberin Österreichische Akademie der Wissenschaften, Erich Schmid Institut für Materialwissenschaft, Jahnstraße 12, 8700 Leoben, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien, vom 9. März 2020 zu Recht erkannt:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht weist die Anträge der AAAA festzustellen, dass „a. die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin am 28.11.2019 an die BBBB nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 BVergG 2018 rechtswidrig war, in eventu: b. die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin am 28.11.2019 an die BBBB ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 334 Abs 3 Z 4 BVergG 2018 rechtswidrig war; in eventu: c. die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin an die BBBB wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technische und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde (gemäß § 334 Abs 3 Z 1 BVergG 2018)“, zurück.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Mit Schriftsatz vom 9. März 2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 10. März 2020 eingelangt, beantragte die AAAA , vertreten durch die CMS Reich Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, in der Folge Antragstellerin, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Feststellungen, dass die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin am 28. November 2019 an die BBBB nach Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 BVergG 2018 rechtswidrig war, in eventu dass die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin am 28. November 2019 an die BBBB ohne Mitteilung einer Zuschlagsentscheidung gemäß § 334 Abs 3 Z 4 BVergG 2018 rechtswidrig war, in eventu dass die Erteilung des Zuschlags durch die Antragsgegnerin am 28. November 2019 an die BBBB wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, und den Ersatz der Pauschalgebühren. Weiters regt die Antragstellerin die Nichtigerklärung des abgeschlossenen Vertrags an. Diese Anträge betreffen das Vergabeverfahren „Beschaffung eines 3D Mikrofabrikationssystems XXXX “ der Auftraggeberin Österreichische Akademie der Wissenschaften, Erich Schmid Institut für Materialwissenschaft, Jahnstraße 12, 8700 Leoben, vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien.

1.1 Nach Darstellung des Sachverhalts und der Anfechtungserklärung gibt die Antragstellerin an, dass sie sich in ihrem Recht auf Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter sowie Nicht-Diskriminierung, in ihrem Recht auf gesetzeskonforme Bekanntmachung eines Vergabeverfahrens, in ihrem Recht auf Teilnahme an einem gesetzmäßigen Vergabeverfahren und Erteilung des Zuschlags auf ihr Angebot sowie hilfsweise in ihrem Recht auf Widerruf des Vergabeverfahrens bzw Veröffentlichung einer neuen Vorinformation und Teilnahme an einem neuen, rechtskonformen Vergabeverfahren verletzt erachte. Nach Ausführungen zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Rechtzeitigkeit des Feststellungsantrags gab sie als Interesse am Vertragsabschluss ihre Stellung als Anbieter des ausschreibungsgegenständlichen 3D-Druckers alleine oder allenfalls gemeinsam mit anderen Unternehmern in einer Arbeitsgemeinschaft oder als Lieferanten an. Der eingetretene Schaden bestehe in dem Verlust des sich aus dem gegenständlichen Auftrag zu lukrierenden Gewinns und Deckungsbeitrags zu den Fixkosten, den bisher entstandenen Rechtsberatungskosten und dem Verlust eines wesentlichen Referenzprojekts.

1.2 Als Gründe für die Rechtswidrigkeit gibt die Antragstellerin im Wesentlichen an, dass die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung als Ausnahmeverfahren konzipiert sei. Die Voraussetzungen des § 36 Abs 1 Z 3 lit a BVergG müssten kumulativ vorliegen. Die Auftraggeberin sei der Ansicht, dass aus den in der Bekanntmachung der Auftragsvergabe genannten technischen Aspekten sämtliche Voraussetzungen erfüllt seien. Die Antragstellerin verfüge über ein Gerät, das die genannten Eigenschaften erfülle und hätte dieses bei einer Gelegenheit zur Angebotslegung liefern können. Es gebe keine unüberwindbaren technischen Differenzen, sollte von der Auftraggeberin das Gerät der Zuschlagsempfängerin verwendet worden sein. So könne das Gerät der Antragstellerin nicht nur zahlreiche eigene „Rezepte“ verwenden, sondern auch die Parameter von „Rezepten“, die für das beschaffte Drucksystem verwendet würden, verwenden. Die erzielten Ergebnisse seien aus Sicht der Forschung gleichwertig. Es gebe drei weitere Hersteller, die vergleichbare Geräte anböten. Die verwendete Methode habe gegenüber der von der Antragstellerin angebotenen Methode Nachteile, weil das Objektiv nach dem Druckprozess vom Fotolack gereinigt werden müsse. Demgegenüber verwende das Drucksystem der Antragstellerin, das ebenfalls auf dem Prinzip der 2 Photonen Absorption basiere, eine der direkten Immersion des Objektivs in den Fotolack überlegene, zumindest aber gleichwertige Methode der indirekten Immersion, bei der das Objektiv durch ein dünnes Glas vom Fotolack getrennt und daher geschützt sei. Daraus ergebe sich, dass die Voraussetzungen für das von der Auftraggeberin gewählte Vergabeverfahren nicht vorgelegen seien. Das gewählte Vergabeverfahren sei rechtswidrig gewesen.

1.3 Da im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs 3 Z 3 BVergG gemäß § 356 Abs 2 BVergG der Vertrag für absolut nichtig zu erklären sei, regt die Antragstellerin die Nichtigerklärung des Vertrags an.

2. Mit Schriftsatz vom 16. März 2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 17. März 2020 eingelangt, teilte die Rechtsvertreterin der Auftraggeberin die Bevollmächtigung mit, beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und hielt die mündlich erteilte Fristerstreckung für die Auskünfte zum Vergabeverfahren, die inhaltliche Stellungnahme und die Vorlage der Unterlagen des Vergabeverfahrens bis 20. März 2020 fest.

3. Mit Schriftsatz vom 20. März 2020 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren und nahm zu dem Feststellungsantrag Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin zu Recht ein Verhandlungsverfahren gemäß § 36 Abs 1 Z 3 BVergG durchgeführt habe. Es gehe nicht um die Beschaffung eines beliebigen 3D-Drucksystems, sondern um ein sehr spezifisches akademisches Forschungsprojekt, das nur mit dem gegenständlich unter Verwendung von Fördermitteln der FFG beschafften 3D Mikrofabrikationssystem XXXX von BBBB durchgeführt werden könne.

4. Mit Telefax und E-Mail vom 20. März 2020 nahm die BBBB , in der Folge Zuschlagsempfängerin, zum Nachprüfungsantrag Stellung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, dass sie die Antragstellerin und ihr neues Produkt seit 21. November 2019 kenne und sich ein persönliches Bild von dem damals eingeführten Produkt habe machen können. Die Märkte seien benachbart, aber disjunkt. Es scheine ein Missverständnis der Applikation seitens der Antragstellerin vorzuliegen. Die Zuschlagsempfängerin sei mit der Auftraggeberin seit Juni 2018 in ständigem Austausch und sehe, dass die konkreten Anforderungen des hier gegenständlichen akademischen Forschungsprojekts nur mit ihren Produktleistungsmerkmalen durch ihr Unternehmen erbracht werden könnten. Eine Applikation erfordere neben der Hardware die erfolgreiche Zusammenführung von Komponenten zu einem System und gezielte Ansteuerung und Implementierung von Prozessen, gestützt von erprobten (Software-)Rezepten und ihrer umfangreichen Wissensdatenbank, in die bei ihr Mannjahre Entwicklung geflossen seien und nachweislich die hier geforderte Applikation erfolgreich bediene. Die Zuschlagsempfängerin ersucht um Ladung zu einer allfälligen mündlichen Verhandlung.

5. Am 20. März 2020 legte die Auftraggeberin die Unterlagen des Vergabeverfahrens vor.

6. Mit Schriftsatz vom 27. März 2020 replizierte die Antragstellerin. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass rückwirkend keine „fiktive Eignungsprüfung“ vorzunehmen sei. Die Antragstellerin habe das Drucksystem „ XXXX “ in langjähriger Forschung entwickelt und sei bereits im Jahr 2018 mit Preisen ausgezeichnet worden. Zur Kommerzialisierung sei die Antragstellerin am 18. September 2018 gegründet worden. Anfang April 2019 sei sie als Start-Up des Jahres ausgezeichnet worden. Mit der Gründung der Antragstellerin habe der Vertrieb des von ihr entwickelten Drucksystems begonnen. Die Bestellung des ersten Systems sei bereits im März 2019 erfolgt. Der Zuschlag an die Zuschlagsempfängerin sei am 28. November 2019 erfolgt, sodass die Antragstellerin die gegenständliche Leistung, wäre sie ausgeschrieben worden, zeitlich unzweifelhaft vollständig erbringen hätte können. Die Anforderungen an den Leitungsgegenstand seien in der e-post-Bekanntmachung vom 21. Februar 2020 angeführt worden. Das Produkt der Antragstellerin erfülle diese Anforderungen. Allfällige diskriminierende Anforderungen hätte die Antragstellerin bei Durchführung eines Vergabeverfahrens mit vorheriger Bekanntmachung angefochten. Die Antragstellerin wäre in der Lage gewesen, ein für den Zuschlag in Betracht kommendes Angebot zu legen. Darüber hinaus hätte die Antragstellerin die Kooperation mit anderen Unternehmen suchen können. Die Antragstellerin nennt beispielhaft drei weitere Unternehmen. Die Auftragsbekanntmachung enthalte keine Begründung, warum der Auftrag nur von der Auftragnehmerin erfüllt werden könne. Die Nennung von wissenschaftlichen Publikationen, bei denen das Gerät der Zuschlagsempfängerin verwendet worden sei, und die internationalen Schutzrechte vermöchten den Ausnahmetatbestand nicht nachzuweisen. Es sei zwischen der Struktur und der Beschichtung zu unterscheiden. Die Beschichtung sei ein gesonderter Prozess. Die Qualität der Druckerzeugnisse sei jedoch nicht vom Hersteller des verwendeten 3D-Drucksystems abhängig, sondern vielmehr von den technischen Eigenschaften des eingesetzten 3D-Drucksystems und den verwendeten Materialien. Die gelte auch für mögliche Beschichtungen dieser Strukturen. Die Geräte der Mitwerber basierten auf derselben Technologie (2PP) und verwendeten motorisierte Galvanoscannerspiegel. Es könnten daher vergleichbare Forschungsergebnisse mit Geräten verschiedener Hersteller erzielt werden. Die Antragstellerin verfüge über vergleichbare Fotolacke wie die Zuschlagsempfängerin. Es gebe keinen objektiven Unterschied zwischen den Druckergebnissen. Die von der Zuschlagsempfängerin eingesetzten geschützten Methoden hätten keinen Einfluss darauf, ob die Druckerzeugnisse vergleichbar seien, und damit auch keine Aussagekraft darüber, ob ausschließlich sie in der Lage sei, die auftragsgegenständliche Leistung zu erbringen. Die Dip-in Laser Lithographie (DiLL) sei nur notwendig, wenn eine direkte Immersion in den Fotolack erfolge, dh der Laser jeweils direkt in den Fotolack eintauche. Die Antragstellerin verwende eine andere Technologie, indem das Objektiv durch eine Glasplatte vor Verunreinigungen geschützt werde. Die Antragstellerin verfüge auch über eigene Verfahren, die Alternativen zu allen von der Zuschlagsempfängerin geschützten Technologien wie Interface Finding, Angled Stitching sowie Shell and Scoffold Printing darstellten. Die als „Rezepte“ bezeichneten Einstellungen seien nach dem Verständnis der Antragstellerin bloße Druckprofile. Um zu gleichwertigen Ergebnissen zu gelangen, seien einheitliche technische Parameter, die in den Druckprofilen angelegt würden, zu verwenden. Die bei Geräten der Zuschlagsempfängerin verwendeten Parameter könnten – vergleichbar zu Druckereinstellungen bei Papier-Druckern – jedoch auch vom Gerät der Antragstellerin ohne erheblichen Zusatzaufwand verwendet werden, sodass gleichwertige Ergebnisse sichergestellt seien. Daher sei das gegenständliche Beschaffungsvorhaben mit der von der Auftraggeberin zitierten Rechtsprechung zur Weiterentwicklung einer Software auch nicht vergleichbar, da dort ein Zugriff auf den mit Ausschließlichkeitsrechten geschützten Sourcecode erforderlich gewesen sei, um die Weiterentwicklung vornehmen und damit die Leistung erbringen zu können. Darüber hinaus bestehe auch hinsichtlich der von der Zuschlagsempfängerin angeführten Software kein Alleinstellungsmerkmal, sondern verfüge das Gerät der Antragstellerin ebenfalls über diese Funktionen. Auch in dieser Hinsicht lägen daher keine Gründe für die Rechtfertigung des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vor. Die Zuschlagsempfängerin verfüge nur in Bezug auf zwei Technologien über ein Patent mit Schutzwirkung für das Staatsgebiet der Republik Österreich. Der Schutzbereich der beiden anderen Patente der Zuschlagsempfängerin beziehe sich nicht auf Österreich, sodass eine Alleinstellung schon aus diesem Grund nicht einmal theoretisch möglich sei. Den Ausführungen der Auftraggeberin über die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen unter Verwendung des Geräts der Zuschlagsempfängerin sowie Referenzinstallationen sei entgegen zu halten, dass das Ziel des Vergaberechts gerade die Schaffung von Wettbewerb, Förderung von Innovationen und neuartigen Leistungen sei. „Hoflieferantentum“ solle verhindert werden. Die Ausnahmetatbestände seien unter Berücksichtigung der Vergabegrundsätze des § 20 BVergG auszulegen. Der Ausnahmetatbestand des § 36 Abs 1 Z 5 BVergG sei nicht einschlägig, da nicht das beschaffte 3D-Druckersystem Forschungsgegenstand sei. Die Lieferung von bereits entwickelten und getesteten Produkten falle nicht unter diese Ausnahme. In einem solchen Verhandlungsverfahren wären mehrere Unternehmer gemäß § 122 Abs 3 BVergG einzuladen gewesen. Eine vernünftige Ersatzlösung seien nach den Erwägungsgründen insbesondere funktionell vergleichbare Lieferungen. Die Antragstellerin strebe mit ihrem 3D-Drucker ebenso „höchste Präzision bei kleinsten Strukturdetails“ an und sei damit mindestens ebenso erfolgreich wie die Zuschlagsempfängerin. Die Antragstellerin sei daher am selben sachlichen Markt wie die Zuschlagsempfängerin tätig und bewerbe sich um sämtliche einschlägige Aufträge für hochauflösende und 2PP basierte 3D-Drucker. Angemerkt werde, dass aufgrund der deutlich höheren Druckgeschwindigkeit die Antragstellerin zusätzlich größere Strukturen, jedoch ohne Verluste bei der Auflösung und Druckgenauigkeit drucken könne.

7. Mit Telefax und E-Mail vom 6. April 2020 nahm die Zuschlagsempfängerin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass das von der Antragstellerin genannte Produkt in einem YouTube-Video datiert mit 11. November 2019 und per LinkedIn-Post vom 14. November 2019 erstmals öffentlich in Erscheinung getreten sei. In diesem Video werde jedoch ein Schloss gezeigt, das nachweislich in der Vorlaufforschung eines Mitgründers an der TU Wien im Jahr 2016 gedruckt und veröffentlicht worden sei. Somit werde in diesem Video kein Nachweis eines real verfügbaren Produkts geschaffen. Die Bestellung eines Referenzsystems an der Medical University of Vienna sei nie öffentlich ausgeschrieben worden und sei daher weder für die Auftraggeberin noch die Zuschlagsempfängerin ersichtlich gewesen. An der Ausschreibung hätte sich die Zuschlagsempfängerin jedenfalls beteiligt. Die Installation an der Medical University of Vienna am 14. November 2019 sei der erste Nachweis der Verfügbarkeit dieses Produkts. Der Auftrag an die Zuschlagsempfängerin sei jedoch bereits am 13. November 2020 und somit vor dem Nachweis der Verfügbarkeit des Produkts der Antragstellerin ergangen. Die Auftraggeberin habe somit keine Möglichkeit gehabt, von der Verfügbarkeit des Produkts vor Auftragserteilung zu erfahren. Der Zuschlagsempfängerin sei das Produkt seit 21. November 2019 bekannt. Die Auftragsvergabe an die Zuschlagsempfängerin sei daher rechtskonform.

8. Mit Schriftsatz vom 6. April 2020 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass die Frage der technischen Gleichwertigkeit der beiden Produkte dahingestellt bleiben könne. Für Feststellungsanträge sei der drohende Schaden Voraussetzung. Die Möglichkeit, an einem Vergabeverfahren teilzunehmen bzw den Zuschlag zu erhalten, könne durch eine behauptete Rechtswidrigkeit dann nicht beeinträchtigt werden, wenn davon auszugehen sei, dass die Antragstellerin die auftragsgegenständliche Leistung nicht vollständig erbringen könne. Es sei eine Plausibilitätsprüfung vorzunehmen, für die alle maßgeblichen vorgebrachten Umstände in der Person des Antragstellers, die Eigenart des Leistungsgegenstandes und die vom Auftraggeber gestellten Anforderungen berücksichtigt werden könnten. Die Anforderungen an die Plausibilisierung der eigenen Antragslegitimation richteten sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles, zu denen (unter anderem) die Eigenart der vergebenen Leistung zähle. Die Eigenart der gegenständlich vergebenen Leistung bestehe vor allem darin, aufbauend auf bereits bestehenden Forschungsergebnissen, die im Bereich der Beschichtung von bestimmten Druckstrukturen im Nanobereich erzielt werden haben können, neue Beschichtungen für diese Druckstrukturen zu entwickeln. Da die bisherigen Forschungsergebnisse nur mit dem Produkt der Zuschlagsempfängerin und unter Verwendung deren Rezepte und Technologie erzielt werden haben können, könne das gegenständliche Forschungsziel auch nur mit dem Produkt der Zuschlagsempfängerin erreicht werden. Daher stellten die bisherigen Forschungsergebnisse eine unbedingt erforderliche Mindestanforderung dar. Darum habe die Auftraggeberin auch die ex post-Bekanntgabe der Zuschlagserteilung wie bekannt begründet. Daher genüge es nicht, über einen geeigneten Druckprozess zu verfügen, sondern müsse dieser in der Forschung bereits erprobt sein. Die Antragsgegnerin benötige daher zur Erreichung ihrer Forschungsziele ein serienreifes Standardgerät, das bereits über Referenzinstallationen an Universitäten im Forschungsbereich der Antragsgegnerin verfüge. Diese Anforderung könne das Gerät der Antragstellerin nicht erfüllen. Das Gerät der Zuschlagsempfängerin sei am Markt das einzige, das diese Voraussetzungen erfülle. Abgesehen davon, dass auch kein Mitbewerber diese Anforderungen erfüllen könne, reiche das Vorbringen, dass die Antragstellerin auch Kooperationen mit anderen Anbietern hätte suchen können, nicht aus, die Möglichkeit der Leistungserbringung plausibel zu machen. Im relevanten Zeitraum seit März 2019 hätten mehrere EU-weite öffentliche Ausschreibungen stattgefunden, an denen sich die Antragstellerin nicht beteiligt habe. Aus den dargelegten Gründen könne die Antragstellerin die vergebene Leistung aufgrund der konkreten Eigenart des Leistungsgegenstandes nicht erbringen und fehle es ihr daher auch an der Antragslegitimation für den Feststellungsantrag. Die Auftraggeberin hält alle gestellten Anträge aufrecht.

9. Mit Schriftsatz vom 17. April 2020 nahm die Antragstellerin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass sie als Herstellerin hochwertiger Drucksysteme ein Interesse am Vertragsabschluss habe und auch den Schaden dargelegt habe. Sie wäre in der Lage gewesen, die geforderte Leistung nach Maßgabe der Spezifikationen in der ex post-Bekanntmachung zu erbringen. Gerade die von der Auftraggeberin genannten unionsweiten Ausschreibungen belegten, dass kein Grund für die Wahl eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung vorgelegen sei. Bei den technischen Anforderungen handle es sich um branchenübliche technische Anforderungen. Daran gemessen sei das von der Antragstellerin angebotene Gerät zumindest gleichwertig. Dies zeige eine technische Gegenüberstellung anhand der Produktdatenblätter. Die Auftraggeberin sei hinsichtlich der Voraussetzungen des Ausnahmetatbestands des § 36 Abs 1 Z 3 lit a BVergG beweispflichtig. Technische Anforderungen, die nur das 3D-Drucksystem der Zuschlagsempfängerin erfülle, habe die Auftraggeberin bisher weder dargetan noch bewiesen.

10. Mit Schriftsatz vom 27. April 2020 nahm die Auftraggeberin erneut Stellung. Darin führt sie im Wesentlichen aus, dass es auf die technische Gleichwertigkeit nicht ankomme. Die Auftraggeberin benötige ein Gerät, das bereits in der Forschung erprobt sei, mit dessen Einsatz bereits Forschungsergebnisse an Universitäten im Forschungsbereich der Antragsgegnerin erzielt werden hätten können und das somit auch über entsprechende Referenzeninstallationen an Universitäten verfüge. Eben aus diesem Grund habe die Auftraggeberin im Vorfeld der Beschaffung eine ausführliche Literaturrecherche betrieben, wie dem vorgelegten Vergabeakt entnommen werden könne. Im Gegensatz zum Antrag auf Nichtigerklärung komme es beim Feststellungsantrag nicht auf ein Interesse der Antragstellerin an einem künftigen Vertragsabschluss an, sondern ob die Antragstellerin für die bereits durchgeführte Beschaffung für die Zuschlagserteilung in Betracht gekommen wäre. Zum eignungsrelevanten Zeitpunkt der Aufforderung zur Angebotsabgabe sei das Gerät der Antragstellerin an keiner einzigen Universität im Einsatz gewesen, in der Forschung nicht erprobt gewesen und erst recht nicht im Forschungsgebiet der Antragsgegnerin. Nach Rücksprache mit dem Leiter des Forschungsprojekts an der MedUni Wien sei das Gerät der Antragstellerin am 14. November 2019 ausgeliefert worden, jedoch auch bis dato nicht im Forschungsgebiet der Antragsgegnerin verwendet worden, sondern zu anderen Zwecken. Unabhängig von einer allfälligen behaupteten technischen Gleichwertigkeit zwischen dem Gerät der Antragstellerin und dem der Zuschlagsempfängerin in Bezug auf deren technische Spezifikationen, erfülle das Gerät der Antragstellerin sohin die Anforderungen der Antragsgegnerin nicht und habe ihr die grundsätzliche Eignung, überhaupt für die Zuschlagserteilung in Betracht zu kommen gefehlt. Daher fehle der Antragstellerin die Antragslegitimation für den Feststellungsantrag. Die Auftraggeberin hält ihre Anträge aufrecht und ersucht um Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

11. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2020, beim Bundesverwaltungsgericht am 27. Mai 2020 eingelangt, legte die Antragstellerin das Sachverständigengutachten verfasst von CCCC zur Fragestellung „Gibt es am Markt ein oder mehrere gleichwertige Systeme zum ‚ XXXX ‘? Kann das von AAAA angebotene System XXXX als gleichwertig im Sinne der Anforderung laut Bekanntgabe angesehen werden?“ vor. Das Gutachten wurde im Auftrag der Antragstellerin erstellt und kommt zu dem Schluss, dass die vier untersuchten am Markt befindlichen Systeme, darunter jene der Antragstellerin und der Zuschlagsempfängerin, die zur Begründung der Wahl des Vergabeverfahrens der Direktvergabe herangezogenen Anforderungen erfüllen.

12. Am 2. Juni 2020 fand eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt. Sie hatte folgenden Verlauf:

Dr. Bernt ELSNER legt Datenblätter der beiden anderen in dem Gutachten angesprochenen Drucksysteme und die Bekanntmachungen weiterer neun im vergangenen Jahr durchgeführten vergleichbaren Vergabeverfahren vor. Diese werden zum Akt genommen. Er weist darauf hin, dass bei der Ausschreibung Universität Jena zwei Angebote und TU Dresden drei Angebote eingereicht wurden.

Der vorsitzende Richter unterbricht um 13:42 Uhr die Verhandlung.

Fortsetzung: 13:59 Uhr.

Mag. Ulrike SEHRSCHÖN: Drei der Bekanntmachungen haben wir selbst genannt. Bei denen hat nur BBBB angeboten. Die Ausschreibung der TU Dresden betrifft Halbleiter. Das ist ein anderes Forschungsgebiet. Die Ausschreibung der FH Jena betrifft auch nicht das gleiche Gebiet. Das Max Planck Institut für Mikrostruktur-Physik hat ebenso wie wir eine Bekanntmachung geschaltet, in der ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Bieter, der BBBB , bekannt gemacht wurde. Das Vergabeverfahren wurde nach Abschluss des Fördervertrags am 12. Februar 2019 eingeleitet. Zuvor wurde eine unverbindliche Preisauskunft am 26. Juni 2018 eingeholt.

DDDD : Für das Förderansuchen war es nicht notwendig, ein bestimmtes Gerät zu nennen. Es war jedoch notwendig, einen Kostenrahmen anzugeben. Um diesen abschätzen zu können, hatten wir die unverbindliche Preisauskunft eingeholt. Im Förderungsansuchen haben wir das Gerät auch konkret genannt. Wir haben auch die Raumausstattung und alles andere, das das Gerät braucht, genannt. Wir haben auch eine Literaturrecherche durchgeführt. Als Wissenschaftler sind bei der Auswahl des Gerätes peer reviewed Publikationen und Gespräche mit Kollegen ausschlaggebend. Datenblätter alleine sind nicht ausschlaggebend. Das Forschungsgebiet hat eine genaue Aufgabenstellung. Daher haben wir geschaut, mit welchem Gerät diese genannten Publikationen abgefasst wurden. Nach Abschluss des Fördervertrages habe ich eine Tagung zum Thema Lithographie am 13. März 2019 besucht, um zu sehen, was es auf dem Gebiet Neues gibt. Dabei war nichts Neues zu erfahren. Die Fotolacke haben eine bestimmte Nummer. Sie werden exklusiv von BBBB angeboten. Es werden dann Programme in das Gerät eingespielt. Diese kommen auch von BBBB . Diese beiden Dinge zusammen sind in den Schriftsätzen als „Rezept“ bezeichnet. Diese Programme wurden von anderen Gruppen erstellt. Wir bauen bei unseren Forschungen darauf auf.

EEEE : In Österreich bestehen keine Schutzrechte unsererseits. Wir haben sie nur in großen Ländern angemeldet. Bei Forschungskooperationen mit großen Ländern können sich allerdings Fragen der Schutzrechte stellen.

DDDD : Mir ist kein anderes Gerät bekannt, mit dem vergleichbare Ergebnisse auf meinem Forschungsgebiet gedruckt werden können.

Mag. Ulrike SEHRSCHÖN: Das Gutachten geht am Thema vorbei, weil für unsere Zwecke nicht irgendein Forschungsgebiet genügt. Der Gutachter geht von seiner Erfahrung mit einem Drucksystem im Jahr 2016 aus. Sein Bereich ist offensichtlich Medizintechnik. Auf Spitzenforschung geht das Gutachten nicht ein. Die Zielgruppen beider anderen genannten Geräte ist die industrielle Anwendung.

DDDD : Anders als das Hauptinteresse des Gutachters an der Forschung an einem Lithographie-System ist unser Interesse, ein funktionierendes Lithographie-System anzuschaffen und anhand der gedruckten Ergebnisse unsere Forschung zu betreiben. Vom Namen her habe ich Multiphoton Optics gekannt, das andere nicht. Unser Gebiet ist die Material-Physik, nicht die Lithographie.

GGGG : Der Übergang war ein gleitender. Es gab bereits 10 Jahre lang an der TU Wien entsprechende Forschung. Die Mitarbeiter wurden von der TU Wien übernommen. Die eigenen Räumlichkeiten hat die AAAA im Februar 2019 bezogen. Daher lässt sich nicht sagen, wann genau die Betriebsaufnahme war. Das Gerät haben wir von Anfang an angeboten. Das erste Offert haben wir im Herbst 2018 gelegt und im Jahr 2019 auch an Ausschreibungen teilgenommen. Bei Teststellungen konnten wir Punkte machen, schwerer war es, wenn Referenzen gefordert waren. Die erste Bestellung erfolgte im März 2019. Wir haben von Anfang an auch Öffentlichkeitsarbeit betrieben. Mit einem Prototyp noch von der TU Wien haben wir 2017 den Wikimedia-Science-Preis für eine Burg auf einer Bleistiftspitze gewonnen. 2018 haben wir den Inits-Wettbewerb gewonnen. 2018 haben wir das Produkt in Berlin präsentiert. Der Ruf war, dass wir schnell und präzise sind. 2018 wurde eine Homepage eingerichtet, die 2019 komplett überarbeitet wurde. Im November 2019 haben wir das Gerät bei der Formnext präsentiert, einer großen Branchen-Messe. Im April 2019 haben wir die „glaubandich-Challenge“ gewonnen. Der Name AAAA und das Konzept sind bereits im Juni 2018 entstanden. Wegen der AWS-Preseed, dh aus fördertechnischen Gründen, mussten wir mit der tatsächlichen Gründung zuwarten. Bei den Wettbewerben handelt es sich um technologielastige Wettbewerbe. In der Jury sitzen Experten, die sich auch mit dieser Technik auskennen. Die Wettbewerbe sind nicht leicht zu gewinnen. Sie bieten eine gewisse Öffentlichkeit.

DDDD : Ich habe keine Befindlichkeiten für einen bestimmten Hersteller. Nach Auskunft von Herrn FFFF , der die Referenzinstallation der Antragstellerin im November 2019 vorgenommen hat, hat er nichts mit unseren Projekten Vergleichbares gedruckt. Es ist nicht auszuschließen, dass dies mit dem Gerät der Antragstellerin möglich ist, Dinge für unseren Bedarf zu drucken. Es fehlt uns jedoch die Zeit, Machbarkeitsstudien durchzuführen, da unser Projekt Ende 2020 ausläuft und dann bereits die erste Publikation vorliegen muss. Anders als wir braucht Herr FFFF Geschwindigkeit beim Drucken, die das Gerät der Antragstellerin zweifellos bieten kann.

EEEE : Ein wesentlicher Unterschied zwischen unserem System und jenem der Antragstellerin liegt darin, dass bei jenem der Antragstellerin eine optische Schicht mehr verwendet wird. Bei Optik im Grenzbereich kann das einen Unterschied machen.

GGGG : Wir berufen uns grundsätzlich auf eine Publikation in Nature, die besagt, dass beide Verfahren in den Ergebnissen gleichwertig sind. Wir verwenden Öle, die an den Brechungs-Index angepasst sind. Es ist Druck auf das Deckglas und auf den Glasprobenhalter möglich.

DDDD : Beim Druck haben wir Stegbreiten von 200 nm. Wenn es beim Druck einen Versatz gibt, bedeutet dieser eine Instabilität.

GGGG : Die „Rezepte“ lassen sich leicht anpassen. Auch wir verwenden proprietäre Fotoharze und -lacke. Eine weitere wichtige Komponente sind die Objektive. Bei Umstieg auf ein neues Gerät muss man ein Parameterscreening durchführen, das sich in wenigen Stunden machen lässt. Aus meiner Sicht lassen sich diese Parameter optimieren. Sie lassen sich auf allen Geräten einstellen, aber von einem Gerät auf das andere nicht unmittelbar übertragen.

EEEE : In der Software sind Algorithmen enthalten, die für bestimmte Ergebnisse sorgen und geheim sind. Dadurch lassen sich nicht immer die gleichen Parameter in gleicher Art und Weise einstellen.

GGGG : Es ist möglich, Fotolacke der Zuschlagsempfängerin auf unseren Geräten zu verwenden, und Fotolacke von uns am Gerät der Zuschlagsempfängerin zu verwenden. Es ist auch möglich, im Rahmen der Forschung eigene Fotolacke zu entwickeln. Es garantiert jedoch nur der jeweilige Hersteller für seine Fotolacke die besten Ergebnisse. Zwei baugleiche Geräte wurden bisher gebaut. Eines läuft an der MedUni Wien, das andere bei uns. Wir machen damit Forschungsprojekte, Materialtests und Kundenanfragen. Das Institut an der MedUni Wien unterstützt andere Institute mit Technik aller Art. Ich weiß daher nicht im Detail, welche Dinge dort gedruckt werden. Ich weiß nur von einem Gehirnphantom. Wir nehmen überall dort, wo wir die Spezifikationen erfüllen, am Vergabeverfahren teil. Weil der Konkurrent im Raum sitzt, kann ich keine weiteren Details nennen. Wenn man den Prototypen der TU Wien berücksichtigt, gibt es an die 90 Publikationen. Von dem Verkaufsmodell der Antragstellerin gibt es noch keine. Dazu ist es erst zu kurz am Markt.

EEEE : Das Modell GT2 wurde im Dezember 2018 vorgestellt. Davon wurden 30 Stück gebaut. Vom Vorläufermodell wurden etwa 170 Stück gebaut. Das Vorläufermodell kann das Gleiche wie das GT2. Letzteres kann noch etwas darüber hinaus. Es müssen insgesamt ca. 150 Geräte am Markt existieren. Zu den Geräten, auf denen die Publikationen von HHHH aufbauen, ist anzumerken, dass es sich zum Teil um wissenschaftliche Aufbauten und noch keine fertigen Geräte handelt, die auch teilweise noch am Laserzentrum Hannover entstanden sind.

HHHH : Natürlich habe ich anfangs am Laserzentrum Hannover gearbeitet und publiziert. Die Prototypen in den letzten beiden Jahren sind unmittelbare Vorgänger des Produktes der AAAA , mit denen ich auch publiziert habe. Bei dem Unterschied zwischen einem wissenschaftlichen Aufbau und einem Produkt ist wohl in erster Linie auf die Fertigstellung eines am Markt befindlichen Produktes abzustellen. Zweifellos gibt es auch Aufbauten, die stärker verändert werden können. Das Vorgängerprodukt des Produktes der AAAA war ein Prototyp, der an der TU Wien auch als solcher entwickelt wurde. Ziel war die Kommerzialisierung.

Dr. Bernt ELSNER: Konnte der Prototyp für das Gerät der Antragstellerin bereits die technischen Anforderungen an die Druckgenauigkeit, die in der Bekanntgabe laut Beilage A an das 3D-Drucksystem gestellt wurden, erfüllen?

HHHH : Der Prototyp hätte auch so genau drucken können, ebenso andere Geräte.

Dr. Bernt ELSNER: Können sowohl das Vorgängergerät, als auch das Gerät XXXX die Anforderungen der Bekanntmachung Beilage A zum Nachprüfungsantrag Punkt IV.1.1. Erläuterung erfüllen?

HHHH : Ja, das Gerät ist kompakt konzipiert und stellt keine besonderen Anforderungen an den Raum. Es ist für akademische Forschung geeignet und bietet eine Reihe von Rezepten an.

Mag. Ulrike SEHRSCHÖN: Es ist nicht nur auf die Bekanntmachung der Auftragsvergabe, sondern auch auf den Vergabeakt und das Vorbringen im Vergabekontrollverfahren Rücksicht zu nehmen, um das Zutreffen eines Ausnahmetatbestandes zu beurteilen. Das Vorbringen geht insofern an dem Bedarf der Auftraggeberin vorbei, als sie ein konkretes Forschungsprojekt zu verwirklichen hat.

EEEE verlässt um 16:00 Uhr die Verhandlung.

MMag. Dr. Winfried PÖCHERSTORFER: Wie lange dauert es von der Verfügbarkeit des Prototyps bis zum Seriengerät?

GGGG : In einer ersten Phase hat die AAAA in Engineering investiert. Das dient der Feldstabilität. Auf die Robustheit des Geräts wurde großer Wert gelegt. Es läuft seither 24 Stunden, 7 Tage die Woche, ohne Probleme. Insofern gibt es keine wirkliche Unterscheidung zwischen Vorseriengerät und Seriengerät. Technologisch kann man jetzt von einem Seriengerät sprechen. Das bisher einzige Referenzgerät an einer Universität wurde am 27. September 2019 an die MedUni Wien geliefert.

MMag. Dr. Winfried PÖCHERSTORFER: Was kann in einem Quasi-Serienbetrieb noch passieren?

GGGG : Technisch kann nicht viel schiefgehen. Das Gerät enthält wenige bewegte Teile und ist daher relativ robust. Softwareentwicklung geschieht laufend.

HHHH : Beim Übergang vom Prototyp zum Seriengerät geht es darum, dass herauszufinden ist, was zu ändern ist, damit es immer wieder gleich gebaut werden kann. Das Engineering dient zum Teil auch einer Vereinfachung des Aufbaus, um die Serienfertigung sicher zu stellen.

Dr. Bernt ELSNER an HHHH : Worauf kommt es beim wissenschaftlichen Forschen unter Verwendung von 3D-Druckergebnissen an, damit die Vergleichbarkeit wissenschaftlicher Studien gegeben ist?

HHHH : Die Rezepte oder Parameter sind festgelegt. Wichtig ist, dass man es mit einem Gerät reproduzieren kann. Das gleiche Ergebnis lässt sich auch mit unterschiedlichen Geräten erreichen.

DDDD : Das trifft auf Forschungsgeräte zu, bei denen die Rezepte offengelegt werden. Bei Seriengeräten wird in der Publikation nur auf den Hersteller verwiesen. Die Rezepte werden nicht veröffentlicht.

Die Parteien bringen nichts mehr vor.

Der vorsitzende Richter erklärt gemäß § 39 Abs 3 AVG iVm § 333 BVergG das Ermittlungsverfahren wegen Entscheidungsreife für geschlossen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen

1. Feststellungen (Sachverhalt)

1.1 Das Unternehmen der Antragstellerin wurde am 18. September 2018 ins Firmenbuch eingetragen. Der derzeitige handelsrechtliche Geschäftsführer und die beiden Prokuristen wurden mit Wirkung vom 14. Dezember 2018 am 16. Jänner 2019 ins Firmenbuch eingetragen. An diesem Tag wurden in Vollziehung des Generalversammlungsbeschlusses vom 14. Dezember 2018 die Geschäftsanteile dreier Mitgesellschafter, darunter beider Prokuristen ins Firmenbuch eingetragen. Am 26. Februar 2019 wurden die Geschäftsanteile dreier weiterer Mitgesellschafter in Vollziehung des Generalversammlungsbeschlusses vom 22. Jänner 2019 ins Firmenbuch eingetragen. (Firmenbuchauszug Beilage ./F zur Replik der Antragstellerin vom 27. März 2020)

1.2 Das Produkt der Antragstellerin beruht auf einer Forschung an der TU Wien über einen Zeitraum von zehn Jahren. Die Mitarbeiter wurden von der TU Wien übernommen. Die eigenen Räumlichkeiten hat die Antragstellerin im Februar 2019 bezogen. Nach ihrer Gründung investierte die Antragstellerin in Engineering, um ein robustes, serienreifes Produkt zu schaffen. Die erste Bestellung erfolgte im März 2019. Das Konzept für das Unternehmen der Antragstellerin entstand im April 2018, konnte aber aus förderungstechnischen Gründen nicht früher realisiert werden. Die Antragstellerin gewann eine Reihe von Preisen als StartUp und für Innovation, anfangs eigentlich für Vorgängerergebnisse für an der TU Wien erzielte Forschungsergebnisse, zuletzt als StartUp im April 2019. Die erst Installation des Produkts der Antragstellerin erfolgte am 27. September 2019 an der MedUniWien, wurde aber erst im November 2019 der Öffentlichkeit präsentiert. Es bestehen noch keine Publikationen, die sich auf das Gerät der Antragstellerin stützen. (Aussage von GGGG , Geschäftsführer der Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung) Der Unterschied zwischen einem wissenschaftlichen Aufbau und einem Produkt ist die Fertigstellung eines Produkts für den Markt. Beim Übergang vom Prototyp zum Seriengerät geht es darum herauszufinden, was zu ändern ist, damit es immer wieder gleich gebaut werden kann. (Aussage von HHHH in der mündlichen Verhandlung)

1.3 Basierend auf der FUE-Infrastrukturförderung, 2. Ausschreibung, suchte die Auftraggeberin um Förderung für das Projekt „Smart switchable nanostructure topologies“, Kurztitel „SmartNanoTop“ bei der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) an. Gegenstand des Projekts ist Forschung auf dem Gebiet der Materialphysik, Charakterisierung und Funktionalisierung. Gefördert werden sollte der Erwerb einer Zweiphotonen-Litographieeinheit. Die Laufzeit des Projekts sollte ab 1. Jänner 2019 30 Monate betragen. (Förderungsansuchen in den Unterlagen des Vergabevergabeverfahrens)

1.4 Mit Schreiben vom 26. Juni 2018 machte die Zuschlagsempfängerin der Auftraggeberin ein Angebot für ein Laserlitographiesystem zur dreidimensionalen Mikro- und Nanonstrukturierung. (Angebot der Zuschlagsempfängerin vom 26. Juni 2018 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.5 Am 15. Jänner 2019 schlossen die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft mbH (FFG) und die Auftraggeberin den Förderungsvertrag für das Projekt „Smart switchable nanostructured topologies“ mit einer Laufzeit von 1. Jänner 2019 bis 31. Dezember 2020 ab. Die Höhe der Förderung beträgt maximal € 515.455, das sind 85 % der maximal förderbaren Gesamtkosten von € 606.418. Das Förderungsansuchen einschließlich genehmigter Auflagen und Bedingungen der Förderungsempfehlung stellt einen Vertragsbestandteil dar. (Förderungsvertrag in den Unterlagen des Vergabeverfahrens) Die Auftraggeberin versuchte sich im Anschluss daran auf einer Fachtagung über Lithographiegeräte am 13. März 2019 einen Überblick über in Frage kommende Geräte zu verschaffen. (Aussage von DDDD in der mündlichen Verhandlung)

1.6 Nach Abschluss des Förderungsvertrags leitete die Auftraggeberin das Vergabeverfahren ein. (Aussage der Auftraggeberin in der mündlichen Verhandlung)

1.7 In den Vergabeunterlagen findet sich eine Auflistung von Referenzinstallationen und Publikationen, die sich auf das Produkt der Zuschlagsempfängerin beziehen. (Referenzen und Publikationen in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.8 Mit Schreiben vom 9. August 2019 legte die Zuschlagsempfängerin der Auftraggeberin ein weiteres Angebot, das bis zum 13. November 2019 gültig war. (Angebot der Zuschlagsempfängerin vom 9. Juli 2019 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.9 Mit Schreiben vom 13. November 2019 erteilte die Auftraggeberin der Zuschlagsempfängerin den Auftrag zur Lieferung zu einem Preis von € 391.344 ohne USt. Darin findet sich folgender Text:

„Die vorliegende Vergabe erfolgt im Wege eines Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung gemäß § 36 Abs 1 Z 3 BVergG 2018, da die Leistung aus technischen Gründen/Ausschließlichkeitsrechten nur von BBBB erbracht werden kann. Sollte dem vorliegenden Auftrag durch eine Entscheidung der zuständigen Vergabekontrollinstanzen nachträglich die vergaberechtliche Legitimität entzogen werden, verzichtet der Auftragnehmer auf jeglichen Haftungsanspruch gegenüber der Auftraggeberin.“

Die Zuschlagsempfängerin hat dieses Auftragsschreiben ebenfalls unterschrieben.

(Auftragsschreiben vom 13. November 2019 in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.10 Die Auftraggeberin machte die Vergabe des Auftrags im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union vom 21. Februar 2020, 2020/S 037-087188, bekannt. Es lautet auszugsweise wie folgt:

„…

Abschnitt II: Gegenstand

II.1)   Umfang der Beschaffung

II.1.1) Bezeichnung des Auftrags:

Beschaffung eines 3D Mikrofabrikationssystems XXXX

Referenznummer der Bekanntmachung: GT2

II.1.2) CPV-Code Hauptteil

38000000

II.1.3) Art des Auftrags

Lieferauftrag

II.1.4) Kurze Beschreibung:

Aufbau und Installation eines 3D-Mikorofabrikationssystems XXXX .

II.2)   Beschreibung

II.2.4) Beschreibung der Beschaffung:

Aufbau und Installation eines 3D-Mikrofabrikationssystems XXXX .

II.2.5) Zuschlagskriterien

Preis

Abschnitt IV: Verfahren

IV.1)   Beschreibung

IV.1.1) Verfahrensart

Auftragsvergabe ohne vorherige Bekanntmachung eines Aufrufs zum Wettbewerb im Amtsblatt der Europäischen Union (für die aufgeführten Fälle)

•        Die Bauleistungen/Lieferungen/Dienstleistungen können aus folgenden Gründen nur von einem bestimmten Wirtschaftsteilnehmer ausgeführt werden:

•        Nicht vorhandener Wettbewerb aus technischen Gründen

Erläuterung:

Das Gerät XXXX wurde für ein akademisches Forschungsprojekt angeschafft. Das System wird auch in anderen Universitäten eingesetzt und kann ohne spezielle Raumausstattung oder Ausbildung genutzt werden, da es kompakt und einfach zu bedienen ist und viele fertige Rezepte anbietet. Wir benötigen das Gerät, um große zusammenhänge komplexe topologische 3D Strukturen mit nanoskaligen Strukturen zu drucken. Daher muss das System auf Basis der 2-Photonen-Absorption drucken können (bei direkter Immersion des Objektivs in den Fotolack) und ein zusammenhängendes Schreibfeld bis 200 ?m bei einer Funktionsgröße kleiner 200 nm bieten, sowie die Möglichkeit bieten ohne Abschattung größere Strukturen bis 100 mm³ Volumen (8 mm Höhe) zu schreiben.

Abschnitt V: Auftragsvergabe

Ein Auftrag/Los wurde vergeben: ja

V.2)    Auftragsvergabe

V.2.1)  Tag des Vertragsabschlusses:

28/11/2019

V.2.2)  Angaben zu den Angeboten

Anzahl der eingegangenen Angebote: 1

Anzahl der eingegangenen Angebote von KMU: 1

Anzahl der eingegangenen Angebote von Bietern aus anderen EU-Mitgliedsstaaten: 1

Anzahl der elektronisch eingegangenen Angebote: 1

Der Auftrag wurde an einen Zusammenschluss aus Wirtschaftsteilnehmern vergeben: nein

V.2.3)  Name und Anschrift des Wirtschaftsteilnehmers, zu dessen Gunsten der Zuschlag erteilt wurde

Offizielle Bezeichnung: BBBB

V.2.4)  Angaben zum Wert des Auftrags/Loses (ohne MwSt.)

Gesamtwert des Auftrags/Loses: 391.344,00 EUR

Abschnitt VI: Weitere Angaben

VI.5)   Tag der Absendung dieser Bekanntmachung

18/02/2020“

(Bekanntmachung der Vergabe des Auftrags in den Unterlagen des Vergabeverfahrens)

1.11 Die Antragstellerin bezahlte € 2.160 an Pauschalgebühren. (gegenständlicher Verfahrensakt)

2. Beweiswürdigung

2.1 Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Soweit Schriftstücke von der Antragstellerin vorgelegt wurden, spricht der Anschein für ihre Echtheit.

2.2 Das vorgelegte Gutachten behandelt die Frage, welche Drucker existieren. Es wurde unabhängig vom Einsatzgebiet der Drucker verfasst und nimmt darauf keine Rücksicht. Es geht auch nicht auf die von der Auftraggeberin genannten speziellen Anforderungen an das Produkt ein, sondern vergleicht für wissenschaftlichen Einsatz gedachte Produkte mit für kommerziellen Einsatz gedachte Produkte. Es war daher nicht in die Feststellung des Sachverhalts einzubeziehen.

2.3 Die Aussagen GGGG , Geschäftsführer der Antragstellerin, über die Vorgeschichte, die Gründung und die Entstehung des Unternehmens der Antragstellerin sind nicht bestritten worden. Als Geschäftsführer muss er über sein eigenes Unternehmen Bescheid wissen und kann daher darüber Auskunft geben. Gleiches gilt für die Entwicklung des Produkts der Antragstellerin und Lithographiegeräte im Allgemeinen. Seine Aussage ist daher echt im Sinne von einer zu dieser Aussage berufenen Person und inhaltlich richtig, da sie von keiner Seite bestritten wurde, so weit sie das Bundesverwaltungsgericht in seinen Feststellungen heranzieht. Gleiches gilt für die Aussage von HHHH über die Forschung insbesondere an der TU Wien, die Entwicklung eines Prototyps bis zum serienreifen Produkt, da er insbesondere an der Forschung maßgeblich beteiligt war, und über Lithographiegeräte allgemein. Gleiches gilt für die Aussagen von DDDD , Leiter des beschaffenden Forschungsinstituts, über die beabsichtigte Forschungstätigkeit, die Anforderungen an das beschaffte Produkt und den Gang des Vergabeverfahrens sowie von EEEE , CEO der Zuschlagsempfängerin, über die Funktionsweise und Einsatzmöglichkeiten von Lithographiegeräten und die Eigenschaften des beschafften Produkts. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Aussagen wurden nur insoweit den Feststellungen zugrunde gelegt, als sie unwidersprochen geblieben sind. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1 Anzuwendendes Recht

3.1.1 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes – BVwGG, BGBl I 2013/10 idF BGBl I 2019/44, lauten:

„Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.“

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes – VwGVG, BGBl I 2013/33 idF BGBl I 2018/57, lauten:

„Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1.         der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2.         die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(3) …“

3.1.3 Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:

„Grundsätze des Vergabeverfahrens

§ 20. (1) Vergabeverfahren sind nach einem in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Verfahren, unter Beachtung der unionsrechtlichen Grundsätze wie insbesondere der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter, der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit, der Transparenz sowie des freien und lauteren Wettbewerbes und unter Wahrung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit durchzuführen. Die Vergabe hat an befugte, leistungsfähige und zuverlässige (geeignete) Unternehmer zu angemessenen Preisen zu erfolgen.

(2) …

Wahl des Verhandlungsverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung bei Lieferaufträgen

§ 36. (1) Lieferaufträge können im Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vergeben werden, wenn
1.         …
3.         die Lieferung nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann, weil
a)         aus technischen Gründen ein Wettbewerb nicht vorhanden ist, oder
b)         die Lieferung aufgrund des Schutzes von ausschließlichen Rechten, wie etwa der Rechte am geistigen Eigentum, nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann,

und es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Anforderungen des Vergabeverfahrens ist, oder
4.         …

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) …

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) …

(3) Nach Zuschlagserteilung ist das Bundesverwaltungsgericht zuständig
1.         im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte zur Feststellung, ob wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht der Zuschlag nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde;
2.         in einem Verfahren gemäß Z 1, 4 und 5 auf Antrag des Auftraggebers zur Feststellung, ob der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte;
3.         zur Feststellung, ob ein Vergabeverfahren rechtswidrigerweise ohne vorherige Bekanntmachung durchgeführt wurde;
4.         zur Feststellung, ob der Zuschlag rechtswidrigerweise ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung erteilt wurde;
5.         …
6.         in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Nichtigerklärung oder Aufhebung des Vertrages;
7.         in einem Verfahren gemäß den Z 3 bis 5 zur Verhängung von Sanktionen gemäß § 356 Abs. 9.

(4) …

Einleitung des Verfahrens

§ 353. (1) Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages hatte, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, die Feststellung beantragen, dass
1.         der Zuschlag wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht nicht gemäß den Angaben in der Ausschreibung dem Angebot mit dem niedrigsten Preis oder dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot erteilt wurde, oder
2.         die Durchführung eines Vergabeverfahrens ohne vorherige Bekanntmachung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder
3.         die Zuschlagserteilung ohne Mitteilung der Zuschlagsentscheidung wegen eines Verstoßes gegen dieses Bundesgesetz, die hierzu ergangenen Verordnungen oder unmittelbar anwendbares Unionsrecht rechtswidrig war, oder
4.         …

Der Antragsteller kann in einem Antrag mehrere Feststellungen gemäß § 334 Abs. 3 Z 1, 3 und 4 beantragen. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 1 und 3 bis 5 kann der Auftraggeber die Feststellung beantragen, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung der entsprechenden Bestimmungen keine echte Chance auf Erteilung des Zuschlages gehabt hätte. Bei einem Antrag auf Feststellung gemäß Z 2 bis 4 kann der Auftraggeber beantragen, von der Nichtigerklärung des Vertrages abzusehen oder den Vertrag frühestens mit dem Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes aufzuheben.

(2) …

Inhalt und Zulässigkeit des Feststellungsantrages

§ 354. (1) Ein Antrag gemäß § 353 Abs. 1, 2 oder 4 hat jedenfalls zu enthalten:
1.         die Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens,
2.         die Bezeichnung des Auftraggebers oder der vergebenden Stelle und des Antragstellers einschließlich deren elektronischer Adresse,
3.         soweit dies zumutbar ist, die genaue Bezeichnung des allfälligen Zuschlagsempfängers,
4.         die Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,
5.         Angaben über den behaupteten drohenden oder eingetretenen Schaden für den Antragsteller,
6.         die Bezeichnung der Rechte, in denen der Antragsteller verletzt zu sein behauptet (Beschwerdepunkte) sowie die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
7.         ein bestimmtes Begehren und
8.         die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(2) Anträge gemäß § 353 Abs. 1 sind binnen sechs Monaten ab dem Zeitpunkt einzubringen, in dem der Antragsteller vom Zuschlag bzw. vom Widerruf Kenntnis erlangt hat oder Kenntnis erlangen hätte können.

(3) …

Feststellung von Rechtsverstößen, Nichtigerklärung und Verhängung von Sanktionen

§ 356. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 1 und 5 und Abs. 4 Z 1 und 3 nur dann zu treffen, wenn die Rechtswidrigkeit für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss war.

(2) Soweit in den Abs. 4 und 5 nicht anderes bestimmt ist, hat das Bundesverwaltungsgericht im Oberschwellenbereich den Vertrag im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 für absolut nichtig zu erklären. Das Bundesverwaltungsgericht hat von einer Nichtigerklärung des Vertrages gemäß dem ersten Satz oder einer Aufhebung des Vertrages gemäß Abs. 4 abzusehen, wenn der Auftraggeber dies beantragt hat und zwingende Gründe des Allgemeininteresses es rechtfertigen, den Vertrag aufrechtzuerhalten. Wirtschaftliche Interessen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem betreffenden Vertrag stehen, können die Aufrechterhaltung des Vertrages nicht rechtfertigen, andere wirtschaftliche Interessen nur dann, wenn die Nichtigerklärung oder die Aufhebung des Vertrages in Ausnahmefällen unverhältnismäßige Folgen hätte.

(3) …

(4) Kann die erbrachte Leistung oder ein erbrachter Leistungsteil nicht mehr oder nur wertvermindert rückgestellt werden, so hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern Abs. 5 nicht zur Anwendung kommt, im Anschluss an eine Feststellung gemäß § 334 Abs. 3 Z 3 bis 5 auszusprechen, dass der Vertrag nur soweit aufgehoben wird, als Leistungen noch ausständig oder erbrachte Leistungen noch ohne Wertverminderung rückstellbar sind.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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