TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/18 L524 2168716-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.06.2020
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Entscheidungsdatum

18.06.2020

Norm

AsylG 2005 §57
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55 Abs4

Spruch

L524 2168716-2/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Veronika SANGLHUBER LL.B. über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA Türkei, vertreten durch RA Mag. Taner ÖNAL, Kärntner Straße 7B/1, 8020 XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.05.2020, Zl. 362289106/106378211, betreffend Erlassung einer Rückkehrentscheidung und eines unbefristeten Einreiseverbots, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 07.05.2020, Zl. 362289106/106378211, wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.). Gemäß § 52 Abs. 1 FPG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Türkei zulässig ist (Spruchpunkt III.) Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG wurde ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 55 Abs. 4 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt V.). Einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde.

II. Feststellungen:

Der im Jahr 1989 geborene Beschwerdeführer ist türkischer Staatsangehöriger und hält sich seit dem Jahr 2000 in Österreich auf. Er hatte zuletzt einen bis 26.10.2013 gültigen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus". Er stellte keinen Verlängerungsantrag und verfügt seither über keinen Aufenthaltstitel.

Der Beschwerdeführer ist mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet, die in der Türkei lebt. Die Hochzeit war im Jahr 2012 in der Türkei. In Österreich leben die Eltern des Beschwerdeführers, die türkische Staatsangehörige sind und über eine "Niederlassungsbewilligung" verfügen. Drei Schwestern und ein Bruder verfügen über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU". Ein weiterer Bruder verfügt über eine "Rot-Weiß-Rot Karte Plus". Zwei Schwestern und ein Bruder sind österreichische Staatsangehörige. Vor der Inhaftierung des Beschwerdeführers bestand kein gemeinsamer Haushalt mit seinen Eltern oder Geschwistern. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Freundin. In der Türkei lebt ein Onkel des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer besuchte in der Türkei die Volksschule und in Österreich die vierte Klasse der Volksschule, die Hauptschule und das Polytechnikum. Der Beschwerdeführer spricht Deutsch, Türkisch und Kurdisch.

Der Beschwerdeführer hat keine Berufsausbildung absolviert. Er war bloß zwei Monate Lehrling. Der Beschwerdeführer war fünf Tage im Oktober 2007, vier Tage im Februar 2010, drei Monate im Jahr 2011 und von Mitte Dezember 2011 bis Anfang Februar 2012 geringfügig beschäftigt. Zwischen 2007 und 2010 war der Beschwerdeführer etwa sieben Monate unselbständig erwerbstätig und ca. eineinhalb Jahre selbständig erwerbstätig. Der Beschwerdeführer bezog auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Im Jahr 2011 nahm der Beschwerdeführer an einer Qualifizierungsmaßnahme " XXXX " und am Seminar "Führen von Hubstaplern" teil. Der Beschwerdeführer verfügt über eine undatierte Einstellungszusage, wonach er nach seiner Haftentlassung als Kassierer in einem Lebensmittelgeschäft zu arbeiten beginnen kann.

Beim Beschwerdeführer wurde im Jahr 2012 eine chronische Hepatitis B diagnostiziert. Der Beschwerdeführer befindet sich in keiner ärztlichen Behandlung. Der Beschwerdeführer leidet nicht unter ADHS und auch nicht an einer Depression.

Der Beschwerdeführer gab mit Schriftsatz vom 12.06.2020 bekannt, keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen.

Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 und Abs. 2 vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren rechtskräftig verurteilt. Dieser Verurteilung lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Am Abend des XXXX zwischen 23 Uhr und 0.59 Uhr des XXXX in einem öffentlichen Park in XXXX beschlossen die drei Mittäter des Beschwerdeführers, mit dem Opfer den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Dabei wollten sie die merkliche Beeinträchtigung des Opfers durch den vorherigen Alkoholkonsum ausnützen und vereinbarten, das Opfer gegenseitig festzuhalten und sie zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen, falls sie sich wehrt, damit jeder zum Geschlechtsverkehr kommt, auch wenn er gegen den Willen mit Gewalt erzwungen werden muss. Der Beschwerdeführer stieß zu dieser Runde dazu, wollte bei der "Gruppenvergewaltigung" mitmachen und beschloss, beim Festhalten des Opfers zu helfen und selbst den Geschlechtsverkehr an ihr zu vollziehen, bei dessen gewaltsamer Durchsetzung ihm die anderen helfen sollten und dadurch das Opfer mit Gewalt zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen.

Der Beschwerdeführer und die Mittäter vollzogen am Opfer unmittelbar nacheinander und jeweils im Beisein der anderen den Vaginal- und/oder Aalverkehr, während die übrigen Mittäter das sich körperlich und durch Schreie wehrende Opfer abwechselnd und meistens zu zweit am Boden fixierten, mit Gewalt an den Armen und Beinen festhielten und ihr Mund und Nase zuhielten, als sie versuchte, nach Hilfe zu rufen. Ein Teil der Tathandlungen wurde von einem Mittäter mit dem Mobiltelefon gefilmt, wobei er, die anderen Mittäter und der Beschwerdeführer die gesamte Situation, also ihre Dominanz gegenüber dem Opfer und dessen vergebliche Versuche, sich zu wehren, äußerst belustigend fanden und dies auch dem Opfer zeigten.

Durch die Art der Tatbegehung, nämlich Durchführung einer "Gruppenvergewaltigung", bei der sich vier Täter abwechselten, die geschlechtlichen Handlungen der anderen beobachteten und teilweise kommentierten, sich gegenseitig anfeuerten ("Lass mich ran! Lass mich ran!, "Jetzt bist du dran!"), das Opfer für den jeweils anderen festhielten, nach jeweiligem Belieben den Vaginal- und/oder Analverkehr an ihm vollzogen, das Ganze teilweise mit dem Mobiltelefon filmten und sich über die gesamte Situation - für das Opfer eindeutig wahrnehmbar - amüsierten, wurde das Opfer wie ein Spielball behandelt und zum Lustobjekt degradiert und so in besonderer Weise erniedrigt. Das mit einer Vergewaltigung verbundene Maß der Demütigung wurde bei Weitem überschritten. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass die Art und Weise der erzwungenen sexuellen Handlungen nicht alltäglich ist und gerade in dieser Situation für das Opfer eine besondere Demütigung und Erniedrigung bedeutet. Dies war dem Beschwerdeführer aber gerade recht, denn diese Erniedrigung erhöhte seinen Lustfaktor. Als der Beschwerdeführer und die Mittäter in der Ferne ein Blaulicht wahrnahmen, ließen sie vom Opfer ab und flohen vom Tatort. Das Opfer verständigte dann per Notruf die Polizei.

Das Opfer verspürte während der Vergewaltigung starke Schmerzen im Unterleib und erlitt zahlreiche Hautrötungen und Hauteinblutungen im Gesicht, am Nacken und rücken, im Bereich des Beckens und des Gesäßes, an beiden Oberarmen, am linken Oberschenkel sowie am rechten Unterschenkel, Hautunterblutungen linksseitig über dem Becken und am Gesäß sowie am linken Knie, Hautabschürfungen bzw. Kratzer an der rechten Augenbraue, am rechten Unterarm und am rechten Knie, Schwellungen im Bereich der rechten Augenbraue und am linken Knie sowie einen Hautdefekt am rechten Oberarm. Im Genital- und Analbereich erlitt das Opfer Schleimhauteinrisse.

Eine Untersuchung der Genitalabstriche und der Unterwäsche des Opfers ergaben, dass sich Spermaspuren der Mittäter und des Beschwerdeführers am Opfer und dessen Unterwäsche befanden. An drei Stellen der Unterwäsche und am Hals des Opfers fanden sich Spermaspuren des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer verantwortete sich in der ersten polizeilichen Einvernahme leugnend und legte in der Haftverhandlung und anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwältin ein Geständnis ab. In der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht widerrief er sein Geständnis zur Gänze und verantwortete sich vollkommen leugnend. Seine anderslautenden Angaben anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwältin begründete er mit einer falschen Übersetzung des Dolmetschers und mit einem Missverständnis. Er behauptete, das Opfer weder vergewaltigt noch mit ihr einen freiwilligen Geschlechtsverkehr durchgeführt zu haben. Er sei auch die ganze Zeit angezogen gewesen. In Anbetracht der an der Unterwäsche des Opfers und am Hals gefundenen Spermaspuren des Beschwerdeführers war die leugnende Verantwortung absurd. Die Mittäter und der Beschwerdeführer versuchten vor Gericht in teilweise präpotenter Weise noch dem Opfer die Verantwortung für den ihrer Ansicht nach freiwilligen Geschlechtsverkehr zuzuschieben, da diese zuvor mit ihnen Alkohol konsumiert hätte, was eine Bereitschaft für den Geschlechtsverkehr signalisieren würde.

Als erschwerend wurden die durch die Vergewaltigung erlittenen Schmerzen und Verletzungen des Opfers, die Tatbegehung in Gesellschaft sowie die unterbliebene Verwendung eines Kondoms gewertet. Als mildernd wurde der bisherige Lebenswandel gewertet. Der geleisteten Schadenersatzzahlung von ? 500,- kam angesichts der Schwere der Tat nur geringes Gewicht zu.

Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX XXXX vom 19.02.2016, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des rechtskräftig beendeten Verfahrens XXXX abgewiesen. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX vom 11.08.2016, XXXX , keine Folge gegeben. Der Beschwerdeführer stützte seinen Wiederaufnahmeantrag auf das Vorliegen einer ADHS-Störung, legte dazu ein psychotherapeutisches Privatgutachten des XXXX vor und beantragte die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie zum Beweis für das Vorliegen einer ADHS-Störung, die den Nachweis erbringen sollte, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, den Sachverhalt in der Hauptverhandlung wahrheitsgemäß darzustellen. Bereits in der Hauptverhandlung behauptete der Beschwerdeführer, an ADHS zu leiden und legte ein Fax vor, das eine Bestätigung einer Sonderkrankenanstalt in der Türkei über eine angebliche Behandlung des Beschwerdeführers beinhalten sollte. Dabei handelte es sich aber um eine falsche Urkunde.

Im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens brachte der Beschwerdeführer vor, dass er das Opfer nicht vergewaltigt hätte, sondern bloß den Geschlechtsverkehr eines Mittäters mit dem Opfer beobachtet hat. Dabei hätte er sich selbst befriedigt und ejakuliert, weshalb es möglich sei, dass dadurch sein Sperma auf die Unterwäsche des Opfers getropft sei.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 07.03.2013 in Haft. Der errechnete Entlassungszeitpunkt ist der 07.03.2024.

Zur Türkei (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, welches auch im angefochtenen Bescheid herangezogen wurde):

Am 25.6.2019 trat ein neues Wehrgesetz in Kraft. Die Wehrpflicht wird von zwölf auf sechs Monate verkürzt. Gemäß dem neuen Gesetz müssen männliche türkische Staatsbürger im Alter von über 20 Jahren (bis 41) eine einmonatige militärische Ausbildung absolvieren. Von den restlichen fünf Monaten ihres Wehrdienstes können sie sich unter Zahlung von Lira 31.000 (ca. ? 4.755) freikaufen. Männer, die gerade ihren Wehrdienst ableisten, haben die Chance auf eine vorzeitige Entlassung. Über 100.000 Soldaten werden nach dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes vorzeitig entlassen [da sie bereits sechs oder mehr Monate gedient haben], während etwa 460.000 Männer berechtigt sind, sich frei zu kaufen. Das Gesetz sieht überdies vor, dass Wehrpflichtige nach den sechs Monaten ihren Militärdienst freiwillig gegen ein monatliches Gehalt von Lira 2.000 verlängern können. Leisten die Betreffenden ihre zusätzlichen sechs Monate in den südöstlichen und östlichen Provinzen wie Gaziantep, Sirnak und Hakkâri ab, erhalten sie zusätzlich monatlich Lira 1.000. Der Staatspräsident ist befugt, die Dauer der Wehrpflicht zu ändern, wobei die gegebenen sechs Monate nicht unterschritten werden dürfen (HDN 25.6.2019; vgl. DS 25.6.2019, IPA News 26.6.2019). Personen, die sich dem Militärdienst entziehen, und Deserteure sind von der neuen Regelung ausgeschlossen (Connection e.V. 11.7.2019).

Die Freikaufsregelung bzw. Ableistung eines stark verkürzten Militärdienstes gegen die Zahlung eines Geldbetrages wird im neuen Rekrutierungsgesetz (Kanun 7179) für zwei Gruppen neu gefasst: Artikel 9 definiert unter der Bezeichnung "Bezahlter Militärdienst" die Regelungen für türkische wehrpflichtige Staatsbürger, die in der Türkei leben; Artikel 39 definiert unter der Bezeichnung "Militärdienst mit Devisenzahlung" (Dövizle Askerlik) Regelungen für türkische wehrpflichtige Staatsbürger, die auf Dauer im Ausland leben bzw. die eine doppelte Staatsbürgerschaft haben (Connection e.V. 11.07.2019). Die periodisch festgelegte Freikaufsumme betrug für das erste Halbjahr 2020 Lira 35.054, rund ? 5.335 (NZZ 23.1.2020). Es gibt keine Altersbegrenzung für die Zahlung. Es ist auch kein Militärdienst in der Türkei abzuleisten. (Connection e.V. 11.7.2019; vgl. MFA-NL 11.7.2019). Jedoch müssen im Ausland lebende Wehrpflichtige einen Online-Kurs beim türkischen Verteidigungsministerium absolvieren, bevor sie sich freikaufen können (MFA-NL 11.7.2019; vgl. ÖB 10.2019).

Das Gesetz in der Türkei macht keinen Unterschied zwischen Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Dies gilt auch für die Vorschriften über den Militärdienst und die Rekrutierung (MFA-NL 11.7.2019). Es gibt keine Hinweise darauf, dass kurdischstämmige Rekruten alleine wegen ihrer Abstammung anders behandelt werden (VB 4.6.2019). Daher ist es möglich, dass ein türkischer Wehrpflichtiger kurdischer Herkunft in einer Provinz eingesetzt wird, in der die Mehrheit der Bevölkerung kurdisch ist. Es gibt keine politische Intention, türkisch-kurdische Wehrpflichtige gegen türkisch-kurdische Kämpfer einzusetzen. Die Armee hat vor einigen Jahren den Einsatz von Wehrpflichtigen im Kampf eingestellt (MFA-NL 11.7.2019). Nach vorliegenden Informationen besteht keine Systematik in der Diskriminierung von Minderheiten im Militär, weder die kurdische, noch die alevitische Minderheit betreffend. Es existieren aber Einzelfälle (ÖB 10.2019).

III. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, zum Aufenthalt in Österreich seit 2000 und zum Aufenthaltstitel ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren, einem IZR-Auszug und einem ZMR-Auszug.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer mit einer türkischen Staatsangehörigen verheiratet ist, die in der Türkei lebt, ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer legte diesbezüglich eine Scheidungsklage aus dem Jahr 2016 vor. Ein Scheidungsurteil erging bislang nicht. Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in Österreich keine Freundin hat, ergibt sich aus einem fehlenden diesbezüglichen Vorbringen. Die Feststellung, dass ein Onkel des Beschwerdeführers in der Türkei lebt, ergibt sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Stellungnahme.

Die Feststellungen zu den Eltern des Beschwerdeführers ergeben sich aus IZR-Auszügen und vorgelegten Kopien der Aufenthaltstitel. Die in der Stellungnahme aufgestellte Behauptung, die Eltern würden eine "Rot-Weiß-Rot Karte plus" besitzen, ist tatsachenwidrig und steht in Widerspruch zu den vom Beschwerdeführer selbst vorgelegten Kopien der Aufenthaltstitel. Die Feststellungen zu den Geschwistern des Beschwerdeführers ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers und IZR-Auszügen.

Die Feststellungen zum Schulbesuch in Österreich und der Türkei stützen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers. In der Stellungnahme wird angeführt, dass der Beschwerdeführer die Volksschule, die Hauptschule und das Polytechnikum besuchte. Es wird zwar nicht ausdrücklich angeführt, wo der Beschwerdeführer welche Schule besucht hat, doch ist angesichts seines Aufenthalts in Österreich seit seinem elften Lebensjahr offenkundig, dass der Beschwerdeführer die Volksschule in der Türkei besuchte und danach den Schulbesuch in Österreich fortsetzte. In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer die 4. Klasse der Volksschule in Österreich besuchte, danach die Hauptschule und das Polytechnikum. Es erfolgte daher die entsprechende Feststellung. Es kann auf Grund des Schulbesuchs in der Türkei auch davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer Türkisch spricht. Da der Beschwerdeführer bis zum Jahr 2000 in der Türkei lebte und seine Mutter bis zum Jahr 2001 in der Türkei lebte, kann auch davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer seine Muttersprache Kurdisch beherrscht. Es wird auch in der Stellungnahme vorgebracht, dass der Beschwerdeführer über grundlegende Kenntnisse der kurdischen Sprache verfügt.

Die Feststellung zur Diagnose einer chronischen Hepatitis B ergeben sich aus einem Arztbericht vom 25.06.2012. In seiner Stellungnahme vom März 2020 brachte der Beschwerdeführer nicht vor, deswegen aktuell in ärztlicher Behandlung zu sein, weshalb die Feststellung getroffen wurde, dass er sich in keiner ärztlichen Behandlung befindet. In der Stellungnahme wird auch ausgeführt, dass der Beschwerdeführer unter einem Hyperventilationssyndrom und an einer Depression leide. Der Beschwerdeführer legte jedoch keine diesbezüglichen aktuellen Arztberichte vor. Diese Diagnosen ergeben sich bloß aus einem Arztbericht vom 25.06.2012. Ein acht Jahre alter Arztbericht ist jedoch nicht geeignet, den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers zu belegen. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aktuell noch immer an einem Hyperventilationssyndrom und an einer Depression leidet. Zudem behauptet der Beschwerdeführer auch nicht einmal, derzeit in ärztlicher Behandlung zu sein.

Für die Behauptung, dass der Beschwerdeführer unter ADHS leidet, wurde kein Nachweis erbracht. In der Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer auf Basis eines psychotherapeutischen Privatgutachtens des XXXX vom 16.02.2015 die Beiziehung eines Sachverständigen zum Beweis dafür, dass der Beschwerdeführer im Tatzeitraum erkrankt gewesen sei, diese Erkrankung zu einer Bewusstseinstrübung geführt habe und der Beschwerdeführer daher im Tatzeitpunkt vermindert zurechnungsfähig gewesen sei. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers zufolge habe im Tatzeitpunkt eine ADHS-Störung vorgelegen. Dazu ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer auf Basis desselben Privatgutachtens die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens beantragte - was er im gesamten Verfahren vor dem BFA und dem Bundesverwaltungsgericht verschwieg - und auch in diesem Verfahren die Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie zum Beweis für das Vorliegen einer ADHS-Störung beantragte, welche den Nachweis erbringen sollte, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage gewesen sei, den Sachverhalt in der Hauptverhandlung wahrheitsgemäß darzustellen. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX XXXX vom 19.02.2016, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des rechtskräftig beendeten Verfahrens XXXX abgewiesen und der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX vom 11.08.2016, XXXX , keine Folge gegeben. Auf Grund dessen war es nicht erforderlich, dem Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen nachzukommen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass es dem Bundesverwaltungsgericht in einem Verfahren über die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht obliegt, hinsichtlich einer Straftat, zu der eine rechtskräftige Entscheidung des Strafgerichts vorliegt, über eine behauptete verminderte Zurechnungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu entscheiden.

Die Feststellungen zur rechtskräftigen Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Urteil des Landesgerichts XXXX XXXX vom 23.09.2013, XXXX , sowie aus dem Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom 23.04.2014, XXXX . Die Feststellungen zum Wiederaufnahmeverfahren ergeben sich aus den Beschlüssen des Landesgerichts XXXX XXXX vom 19.02.2016, XXXX , und des Oberlandesgerichts XXXX vom 11.08.2016, XXXX .

Die Feststellungen zur Haft und zum errechneten Entlassungszeitpunkt ergeben sich aus einer Vollzugsinformation.

Die Feststellungen zur Berufstätigkeit des Beschwerdeführers und zum Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ergeben sich aus einem Sozialversicherungsauszug, den der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 30.11.2017 vorlegte. Die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme und am Seminar "Führen von Hubstaplern" ergeben sich aus den Teilnahmebestätigungen. Die Feststellung zur Einstellungszusage ergibt sich aus ebendieser.

Aus der Stellungnahme vom 12.06.2020 ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen will.

IV. Rechtliche Beurteilung:

Absehen von einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 21 Abs. 7 BFA-VG kann bei Vorliegen der dort umschriebenen Voraussetzungen (vgl. VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0052; 28.05.2014, Ra 2014/20/0017,0018; 16.10.2014, Ra 2014/21/0039) - trotz Vorliegens eines Antrages - von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Von einem geklärten Sachverhalt iSd § 21 Abs. 7 BFA-VG bei der Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen kann allerdings im Allgemeinen nur in eindeutigen Fällen ausgegangen werden, in denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das VwG von ihm einen persönlichen Eindruck verschafft (vgl. VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0007 unter Hinweis auf VwGH 25.02.2016, Ra 2016/21/0022; 30.06.2016, Ra 2016/21/0179; 30.06.2016, Ra 2016/21/0163).

Ein solch eindeutiger Fall liegt hier auf Grund der Schwere des vom Beschwerdeführer begangenen Verbrechens vor.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung (samt Einreiseverbot) ist nicht zulässig, bevor über einen anhängigen Antrag auf internationalen Schutz abgesprochen wurde (vgl. VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0078).

Der Beschwerdeführer gab mit Schriftsatz vom 12.06.2020 bekannt, keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen. Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot ist daher zulässig.

1. Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 5 AsylG hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG von Amts wegen zu prüfen, wenn ein Fremder sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt.

Der Beschwerdeführer hatte zuletzt einen bis 26.10.2013 gültigen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus". Er stellte keinen Verlängerungsantrag und verfügt seither über keinen Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer ist damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und er fällt auch nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG ist somit von Amts wegen zu prüfen.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG liegen nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt wurde. In der Beschwerde wird diesbezüglich kein Vorbringen erstattet.

2. Rückkehrentscheidung und Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkte II. und III. des angefochtenen Bescheides):

§ 52 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG) lautet auszugsweise:

"Rückkehrentscheidung

§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) - (8) ...

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

§ 9 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) lautet auszugsweise:

"Schutz des Privat- und Familienlebens

§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre."

Der Beschwerdeführer hatte zuletzt einen bis 26.10.2013 gültigen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus". Er stellte keinen Verlängerungsantrag und verfügt seither über keinen Aufenthaltstitel. Der Beschwerdeführer ist damit nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig. Daher ist gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Gemäß § 52 FPG iVm § 9 BFA-VG darf eine Rückkehrentscheidung jedoch nicht verfügt werden, wenn es dadurch zu einer Verletzung des Privat- und Familienlebens käme.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffes; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (etwa EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt. Es kann nämlich nicht von vornherein davon ausgegangen werden, dass zwischen Personen, welche miteinander verwandt sind, immer auch ein ausreichend intensives Familienleben iSd Art. 8 EMRK besteht, vielmehr ist dies von den jeweils gegebenen Umständen, von der konkreten Lebenssituation abhängig. Familiäre Beziehungen unter Erwachsenen fallen dann unter den Schutz des Art. 8 Abs. 1 EMRK, wenn zusätzliche Merkmale der Abhängigkeit hinzutreten, die über die üblichen Bindungen hinausgehen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/14/0260 unter Hinweis auf VwGH 02.08.2016, Ra 2016/18/0049). Der Beschwerdeführer lebte vor seiner Inhaftierung mit seinen Familienangehörigen nicht in einem gemeinsamen Haushalt und Merkmale der Abhängigkeit, die über die üblichen Bindungen hinausgehen, sind nicht hervorgekommen (vgl. VfGH 09.06.2006, B 1277/04; VwGH 17.11.2009, 2007/20/0955). Bloße Besuche der Familienangehörigen in der Haftanstalt vermögen keine besondere Abhängigkeit und kein Familienleben zu begründen.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Freundin. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher nicht vor. Ein schützenswertes Familienleben des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im oben dargestellten Sinn liegt daher nicht vor. Zudem kann der Kontakt mittels moderner Kommunikationsmittel aufrechterhalten werden, auch sind für seine Familienangehörigen Besuche in der Türkei möglich. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls noch in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter dem "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg. Lettland, EuGRZ 2006, 554). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Der Beschwerdeführer hält sich seit dem Jahr 2000 in Österreich auf. Bis Oktober 2013 verfügte er auch über Aufenthaltstitel. Zuletzt hatte er einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus". Der Beschwerdeführer stellte keinen Verlängerungsantrag und verfügt seither über keinen Aufenthaltstitel mehr. Der Aufenthalt von 20 Jahren war damit insgesamt 13 Jahre rechtmäßig.

Zu berücksichtigen ist auch, dass in Österreich die Eltern des Beschwerdeführers leben und über eine "Niederlassungsbewilligung" verfügen. Drei Schwestern und ein Bruder verfügen über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU". Ein weiterer Bruder verfügt über eine "Rot-Weiß-Rot Karte Plus". Zwei Schwestern und ein Bruder sind österreichische Staatsangehörige.

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Berufsausbildung absolviert. Er war bloß zwei Monate Lehrling. Der Beschwerdeführer war fünf Tage im Oktober 2007, vier Tage im Februar 2010, drei Monate im Jahr 2011 und von Mitte Dezember 2011 bis Anfang Februar 2012 geringfügig beschäftigt. Zwischen 2007 und 2010 war der Beschwerdeführer etwa sieben Monate unselbständig erwerbstätig und ca. eineinhalb Jahre selbständig erwerbstätig. Der Beschwerdeführer bezog auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Im Jahr 2011 nahm der Beschwerdeführer an einer Qualifizierungsmaßnahme " XXXX " und am Seminar "Führen von Hubstaplern" teil. Der Beschwerdeführer verfügt über eine undatierte Einstellungszusage, wonach er nach seiner Haftentlassung als Kassierer in einem Lebensmittelgeschäft zu arbeiten beginnen kann. Dem kommt aber insofern keine besondere Bedeutung zu, da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt. Von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft kann nicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer lebte bis zu seinem elften Lebensjahr in der Türkei, wo sich auch noch ein Onkel des Beschwerdeführers aufhält. Auch wenn derzeit zu diesem kein Kontakt besteht, kann dem Beschwerdeführer zugemutet werden, zu diesem Kontakt aufzunehmen. Schließlich ist auch noch zu beachten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2012 in der Türkei eine türkische Staatsangehörige heiratete, die in der Türkei lebt. Auch wenn diesbezüglich ein Scheidungsverfahren anhängig ist, lässt sich aus dem Umstand der Eheschließung mit einer türkischen Staatsangehörigen in der Türkei ableiten, dass der Beschwerdeführer in der Türkei offenkundig noch über soziale Kontakte verfügen muss.

Der Beschwerdeführer wurde wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 und Abs. 2 vierter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren rechtskräftig verurteilt. Wegen des daraus resultierenden besonders großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Straftaten können die Aufenthaltsdauer und die in dieser Zeit entwickelten privaten und familiären Bindungen, die allerdings auch durch die ab 2013 bestehende Unrechtsmäßigkeit des Aufenthaltes und die mangelnde berufliche Integration relativiert sind, nicht zu einem Überwiegen des Interesses an einem Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich führen. Aus diesem Grund sind aber auch die Schwierigkeiten, die mit einer Rückkehr in die Türkei verbunden sind, in Kauf zu nehmen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0275).

Auf Grund der genannten Umstände überwiegen in einer Gesamtabwägung derzeit die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib im Bundesgebiet. Insbesondere das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Sinne eines geordneten Fremdenwesens wiegt in diesem Fall schwerer als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet. Durch die angeordnete Rückkehrentscheidung liegt eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vor.

Mit der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 15.09.2016, Ra 2016/21/0234).

In der Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass eine Abschiebung eine ernsthafte Gefahr für sein Leben darstellen würde. Der Beschwerdeführer werde im Falle der Rückkehr in die Türkei bei Ableistung des Militärdienstes als kurdischstämmiger Rekrut in den Konfliktzonen eingesetzt und sei einem hohen Risiko ausgesetzt, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu werden. Auf Grund dieses Vorbringens wurde eine Stellungnahme des Beschwerdeführers eingeholt, in der er ausführte, keinen Antrag auf internationalen Schutz stellen zu wollen.

Der Beschwerdeführer stützte seine Behauptung in der Beschwerde auf eine kurdische Nachrichtenplattform "Ekurd Daily". Konkret handelt es sich um einen Bericht aus dem Jahr 2016, wie sich einem früheren Länderinformationsblatt der Staatendokumentation entnehmen lässt (Kurdish ConscriptsConfront Impossible Odds InTurkey, http://ekurd.net/kurdish-conscripts-odds-turkey-2016-03-01). Nach dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, welches im angefochtenen Bescheid zitiert wird, stellt sich die Lage von kurdischstämmigen Rekruten aber nunmehr anders dar. Es gibt keine Hinweise darauf, dass kurdischstämmige Rekruten alleine wegen ihrer Abstammung anders behandelt werden. Es gibt keine politische Intention, türkisch-kurdische Wehrpflichtige gegen türkisch-kurdische Kämpfer einzusetzen. Die Armee hat vor einigen Jahren den Einsatz von Wehrpflichtigen im Kampf eingestellt. Nach vorliegenden Informationen besteht keine Systematik in der Diskriminierung von Minderheiten im Militär, weder die kurdische, noch die alevitische Minderheit betreffend.

Die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei ist daher zulässig.

3. Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

§ 53 FPG lautet auszugsweise:

"Einreiseverbot

§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(2) ...

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1. - 4. ...

5. ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6. - 9. ...

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) - (6) ..."

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers stellt wegen des von ihm begangenen Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs. 1 und Abs. 2 vierter Fall StGB und der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar.

Im Falle einer verurteilenden Entscheidung durch ein Strafgericht besteht eine Bindung der Verwaltungsbehörde und eines Verwaltungsgericht in der Frage, dass dadurch (vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens) mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass die schuldig gesprochene Person die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des Strafurteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. 16.12.1999, 98/21/0160; 26.06.2014, 2012/03/0021). Die materielle Rechtskraft des strafgerichtlichen Schuldspruchs bewirkt, dass dadurch - vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens - mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann bindend festgestellt ist, dass der Verurteilte die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl. VwGH 18.12.2000, 2000/18/0133; 10.12.2014, Ro 2014/09/0056). Der Beschwerdeführer beantragte die Wiederaufnahme des rechtskräftig beendeten Verfahrens XXXX . Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX XXXX vom 19.02.2016, XXXX , wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme abgewiesen und der dagegen erhobenen Beschwerde mit Beschluss des Oberlandesgerichts XXXX vom 11.08.2016, XXXX , keine Folge gegeben. Der Beschwerdeführer hat daher die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des Strafurteils rechtswidrig und schuldhaft begangen.

Betrachtet man die Straftat des Beschwerdeführers, so fällt deren besondere Schwere auf. Am Abend des XXXX zwischen 23 Uhr und 0.59 Uhr des XXXX in einem öffentlichen Park in XXXX beschlossen die drei Mittäter des Beschwerdeführers mit dem Opfer den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Dabei wollten sie die merkliche Beeinträchtigung des Opfers durch den vorherigen Alkoholkonsum ausnützen und vereinbarten, das Opfer gegenseitig festzuhalten und sie zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen, falls sie sich wehrt, damit jeder zum Geschlechtsverkehr kommt, auch wenn er gegen den Willen mit Gewalt erzwungen werden muss. Der Beschwerdeführer stieß zu dieser Runde dazu, wollte bei der Gruppenvergewaltigung mitmachen und beschloss, beim Festhalten des Opfers zu helfen und selbst den Geschlechtsverkehr an ihr zu vollziehen, bei dessen gewaltsamer Durchsetzung ihm die anderen helfen sollten und dadurch das Opfer mit Gewalt zur Duldung des Geschlechtsverkehrs zu nötigen.

Der Beschwerdeführer und die Mittäter vollzogen am Opfer unmittelbar nacheinander und jeweils im Beisein der anderen den Vaginal- und/oder Aalverkehr, während die übrigen Mittäter das sich körperlich und durch Schreie wehrende Opfer abwechselnd und meistens zu zweit am Boden fixierten, mit Gewalt an den Armen und Beinen festhielten und ihr Mund und Nase zuhielten, als sie versuchte, nach Hilfe zu rufen. Einen Teil der Tathandlungen wurde von einem Mittäter mit dem Mobiltelefon gefilmt, wobei er, die anderen Mittäter und der Beschwerdeführer die gesamte Situation, also ihre Dominanz gegenüber dem Opfer und dessen vergebliche Versuche, sich zu wehren, äußerst belustigend fanden und dies auch dem Opfer zeigten.

Durch die Art der Tatbegehung, nämlich Durchführung einer "Gruppenvergewaltigung", bei der sich vier Täter abwechselten, die geschlechtlichen Handlungen der anderen beobachteten und teilweise kommentierten, sich gegenseitig anfeuerten ("Lass mich ran! Lass mich ran!, "Jetzt bist du dran!"), das Opfer für den jeweils anderen festhielten, nach jeweiligem Belieben den Vaginal- und/oder Analverkehr an ihm vollzogen, das Ganze teilweise mit dem Mobiltelefon filmten und sich über die gesamte Situation - für das Opfer eindeutig wahrnehmbar - amüsierten, wurde das Opfer wie ein Spielball behandelt und zum Lustobjekt degradiert und so in besonderer Weise erniedrigt. Das mit einer Vergewaltigung verbundene Maß der Demütigung wurde bei Weitem überschritten. Dem Beschwerdeführer war bewusst, dass die Art und Weise der erzwungenen sexuellen Handlungen nicht alltäglich ist und gerade in dieser Situation für das Opfer eine besondere Demütigung und Erniedrigung bedeutet. Dies war dem Beschwerdeführer aber gerade recht, denn diese Erniedrigung erhöhte seinen Lustfaktor. Als der Beschwerdeführer und die Mittäter in der Ferne ein Blaulicht wahrnahmen, ließen sie vom Opfer ab und flohen vom Tatort. Das Opfer verständigte dann per Notruf die Polizei.

Das Opfer verspürte während der Vergewaltigung starke Schmerzen im Unterleib und erlitt zahlreiche Hautrötungen und Hauteinblutungen im Gesicht, am Nacken und rücken, im Bereich des Beckens und des Gesäßes, an beiden Oberarmen, am linken Oberschenkel sowie am rechten Unterschenkel, Hautunterblutungen linksseitig über dem Becken und am Gesäß sowie am linken Knie, Hautabschürfungen bzw. Kratzer an der rechten Augenbraue, am rechten Unterarm und am rechten Knie, Schwellungen im Bereich der rechten Augenbraue und am linken Knie sowie einen Hautdefekt am rechten Oberarm. Im Genital- und Analbereich erlitt das Opfer Schleimhauteinrisse.

Eine Untersuchung der Genitalabstriche und der Unterwäsche des Opfers ergaben, dass sich Spermaspuren der Mittäter und des Beschwerdeführers am Opfer und dessen Unterwäsche befanden. An drei Stellen der Unterwäsche und am Hals des Opfers fanden sich Spermaspuren des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer verantwortete sich in der ersten polizeilichen Einvernahme leugnend und legte in der Haftverhandlung und anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwältin ein Geständnis ab. In der Hauptverhandlung vor dem Schöffengericht widerrief er sein Geständnis zur Gänze und verantwortete sich vollkommen leugnend. Seine anderslautenden Angaben anlässlich der Einvernahme durch die Staatsanwältin begründete er mit einer falschen Übersetzung des Dolmetschers und mit einem Missverständnis. Er behauptete, das Opfer weder vergewaltigt noch mit ihr einen freiwilligen Geschlechtsverkehr durchgeführt zu haben. Er sei auch die ganze Zeit angezogen gewesen. In Anbetracht der an der Unterwäsche des Opfers und am Hals gefundenen spermaspuren des Beschwerdeführers war die leugnende Verantwortung absurd. Die Mittäter und der Beschwerdeführer versuchten vor Gericht in teilweise präpotenter Weise noch dem Opfer die Verantwortung für den ihrer Ansicht nach freiwilligen Geschlechtsverkehr zuzuschieben, da diese zuvor mit ihnen Alkohol konsumiert hätte, was eine Bereitschaft für den Geschlechtsverkehr signalisieren würde.

Als erschwerend wurden die durch die Vergewaltigung erlittenen Schmerzen und Verletzungen des Opfers, die Tatbegehung in Gesellschaft sowie die unterbliebene Verwendung eines Kondoms gewertet. Als mildernd wurde der bisherige Lebenswandel gewertet. Der geleisteten Schadenersatzzahlung von ? 500,- kam angesichts der Schwere der Tat nur geringes Gewicht zu.

Im Zuge des Wiederaufnahmeverfahrens brachte der Beschwerdeführer vor, dass er das Opfer nicht vergewaltigt hätte, sondern bloß den Geschlechtsverkehr eines Mittäters mit dem Opfer beobachtet hat. Dabei hätte er sich selbst befriedigt und ejakuliert, weshalb es möglich sei, dass dadurch sein Sperma auf die Unterwäsche des Opfers getropft sei.

Aus dem Verhalten des Beschwerdeführers, die Tat trotz nachgewiesener DNA-Spuren am Opfer zu leugnen und unterschiedliche Begründungen für das Vorhandensein seiner DNA-Spuren am Opfer zu erfinden, lässt sich schließen, dass der Beschwerdeführer nicht einmal im Ansatz bereit ist, die Schuld seiner Tat einzusehen. Dies zeigt, dass von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ausgeht.

Ein Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug einer Haftstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233 unter Hinweis auf VwGH 22.05.2014, Ra 2014/21/0014). Dieser Zeitraum ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0013 etwa unter Hinweis auf VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009). Der Beschwerdeführer befindet sich noch bis 2024 in Haft. Von einem Wohlverhalten kann daher nicht ausgegangen werden.

Dass der Beschwerdeführer seine Tat bereut, konnte nicht festgestellt werden. Auch der Beschwerde kann eine Einsicht in das Unrecht seiner Tat nicht entnommen werden. Der Beschwerdeführer versucht hier eine verminderte Zurechnungsfähigkeit im Tatzeitpunkt wegen einer angeblichen ADHS-Störung zu konstruieren. Er meint, wegen der angeblichen ADHS-Störung sei er nicht in der Lage gewesen, für ihn entlastende Umstände im Strafverfahren vorzubringen. Der Beschwerdeführer stützte schon seinen Wiederaufnahmeantrag das Strafverfahren betreffend auf dieselbe Argumentation und blieb damit erfolglos. Wenn der Beschwerdeführer daher im nunmehrigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren neuerlich auf dieselbe Weise argumentiert und gleichzeitig verschweigt, dass das Wiederaufnahmeverfahren, welches aus demselben Grund angestrebt wurde, erfolglos geblieben ist, zeigt dies, dass der Beschwerdeführer die Verantwortung für seine Tat nicht übernehmen will. Im Wiederaufnahmeverfahren liefert der Beschwerdeführer eine neue Begründung, weshalb seine Spermaspuren auf dem Opfer und in der Unterwäsche des Opfers gefunden worden seien, nachdem er zuvor in der Hauptverhandlung eine andere - dazu widersprüchliche - Version darlegte. Schon dies zeigt, dass der Beschwerdeführer die Schuld für seine Tat nicht übernimmt und damit keinerlei Reue zeigt. Der Beschwerdeführer versucht auch seine Schuld herunterzuspielen, indem er behauptet, er sei zum Tatzeitpunkt im jungen Alter gewesen. Tatsächlich war der Beschwerdeführer aber zum Tatzeitpunkt beinahe 23 Jahre alt und damit kein junger Erwachsener mehr. In der Beschwerde versucht der Beschwerdeführer sein Verbrechen auch zu verharmlosen, indem der vorbringt, dass durch die Tat weder das Leben einer Person gefährdet noch gegen Leib und Leben gerichtet gewesen sei.

Angesichts des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens stellt der weitere Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar, weshalb die Erlassung eines Einreiseverbots gerechtfertigt ist.

Bei der Festsetzung der Dauer eines Einreiseverbotes ist immer eine Einzelfallprüfung vorzunehmen. Dabei ist das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen zu beurteilen, aber auch darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Außerdem ist auf seine privaten und familiären Interessen Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2011/21/0237, VwSlg. 18295 A/2011, zur Rechtslage nach dem FrÄG 2011). Diese Rechtsprechung ist auch für die Rechtslage nach dem FrÄG 2018 aufrechtzuerhalten (vgl. VwGH 04.04.2019, Ra 2019/21/0009).

Selbst unter Berücksichtigung seiner familiären Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet und der rechtmäßigen Aufenthaltsdauer von 13 Jahren kam der aus dem dargestellten Sachverhalt abzuleitenden Gefährdungsprognose zu Lasten des Beschwerdeführers ein höheres Gewicht zu.

Der Beschwerdeführer hält sich seit dem Jahr 2000 in Österreich auf. Bis Oktober 2013 verfügte er auch über Aufenthaltstitel. Zuletzt hatte er einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot Karte plus". Der Beschwerdeführer stellte keinen Verlängerungsantrag und verfügt seither über keinen Aufenthaltstitel mehr. Der Aufenthalt von 20 Jahren war damit insgesamt 13 Jahre rechtmäßig. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Freundin. In Österreich leben die Eltern des Beschwerdeführers, die über eine "Niederlassungsbewilligung" verfügen. Drei Schwestern und ein Bruder verfügen über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt EU". Ein weiterer Bruder verfügt über eine "Rot-Weiß-Rot Karte Plus". Zwei Schwestern und ein Bruder sind österreichische Staatsangehörige. Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Berufsausbildung absolviert. Er war bloß zwei Monate Lehrling. Der Beschwerdeführer war fünf Tage im Oktober 2007, vier Tage im Februar 2010, drei Monate im Jahr 2011 und von Mitte Dezember 2011 bis Anfang Februar 2012 geringfügig beschäftigt. Zwischen 2007 und 2010 war der Beschwerdeführer etwa sieben Monate unselbständig erwerbstätig und ca. eineinhalb Jahre selbständig erwerbstätig. Der Beschwerdeführer bezog auch Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Im Jahr 2011 nahm der Beschwerdeführer an einer Qualifizierungsmaßnahme " XXXX " und am Seminar "Führen von Hubstaplern" teil. Der Beschwerdeführer verfügt über eine undatierte Einstellungszusage, wonach er nach seiner Haftentlassung als Kassierer in einem Lebensmittelgeschäft zu arbeiten beginnen kann. Dem kommt aber insofern keine besondere Bedeutung zu, da der Beschwerdeführer über keinen Aufenthaltstitel für Österreich verfügt. Von einer verfestigten und gelungenen Eingliederung des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft kann nicht ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer verbrachte seine ersten elf Lebensjahre in der Türkei und hat dort seine Sozialisation erfahren. Er spricht Türkisch und Kurdisch. In der Türkei lebt noch ein Onkel des Beschwerdeführers. Auch wenn derzeit zu diesem kein Kontakt besteht, kann dem Beschwerdeführer zugemutet werden, zu diesem Kontakt aufzunehmen. Schließlich ist auch noch zu beachten, dass der Beschwerdeführer im Jahr 2012 in der Türkei eine türkische Staatsangehörige heiratete, die in der Türkei lebt. Auch wenn diesbezüglich ein Scheidungsverfahren anhängig ist, lässt sich aus dem Umstand der Eheschließung mit einer türkischen Staatsangehörigen in der Türkei ableiten, dass der Beschwerdeführer in der Türkei offenkundig noch über soziale Kontakte verfügen muss.

Die Trennung von den in Österreich lebenden Familienangehörigen ist im großen öffentlichen Interesse an der Verhinderung von Straftaten der in Rede stehenden Art hinzunehmen (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/02232).

Letztlich ist auch auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die allfällige Trennung von Familienangehörigen ebenso wie mögliche Schwierigkeiten bei der Wiedereingliederung im Heimatland im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen sind (vgl. VwGH 09.07.2009, 2008/22/0932; 22.02.2011, 2010/18/0417) und selbst Schwierigkeiten bei der Gestaltung der Lebensverhältnisse, die infolge der alleinigen Rückkehr auftreten können, hinzunehmen sind (vgl. VwGH 15.03.2016, Ra 2015/21/0180).

Im Falle des Beschwerdeführers ist die Verhängung eines unbefristeten Einreiseverbots möglich und wurde ein solches auch von der belangten Behörde verhängt. Das unbefristete Einreiseverbot ist angesichts der unbedingten Freiheitsstrafe von elf Jahren, der Schwere der dieser Verurteilung zugrundeliegenden Tat, des Vorliegens einer "Gruppenvergewaltigung", der Tatbegehung in einem öffentlichen Park, des gegenseitigen Anfeuerns bei der Tat, des Filmens der Tat, der Belustigung über die vergeblichen Versuche des Opfers, sich zu wehren und der besonderen Demütigung und Erniedrigung des Opfers erforderlich.

Der vom Beschwerdeführer ausgehenden schwerwiegenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit kann nur durch die Verhängung eines unbefristeten Einreiseverbots effektiv begegnet werden (vgl. VwGH 24.2019, Ra 2019/21/0232: Verhängung eines zehnjährigen Einreiseverbots auf Grund der Verurteilung wegen einer Vergewaltigung zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten, wovon zehn Monate bedingt nachgesehen wurden).

4. Keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides):

Einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung wurde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Daher war gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht zu gewähren.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung mit der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes übereinstimmt.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Einreiseverbot Gefährdungsprognose Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben soziale Verhältnisse strafrechtliche Verurteilung Vergewaltigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L524.2168716.2.00

Im RIS seit

19.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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