Entscheidungsdatum
18.06.2020Norm
AsylG 2005 §10Spruch
L508 2166584-1/7E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr.in HERZOG als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Iran, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017, Zl. 1079492205-150925125, beschlossen:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein Staatsangehöriger aus dem Iran, stellte nach illegaler Einreise in das Bundesgebiet am 23.07.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der Erstbefragung am 14.07.2015 gab der Beschwerdeführer befragt zu seinen Fluchtgründen zu Protokoll, dass er an eine Familie als "Objekt" verkauft worden und daher nicht frei gewesen sei. Es habe mehrere von diesen Personen gegeben. Bei einer Rückkehr habe er niemanden. Daher würde er wieder bei dieser Familie sein.
3. Im Zuge seiner Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA) am 14.06.2017 legte der BF dar, dass sein Vater drogenabhängig gewesen und die Drogen von XXXX gekauft habe. Seine Mutter habe er nie gesehen. Sein Vater habe wegen der Drogensucht alle ihre Sachen verkauft. Eines Tages habe er ihn wegen der Drogen an diesen Dealer verkauft. Er sei dort wie ein Sklave gewesen. Der Dealer habe behauptet, dass er sein gesamtes Leben bei ihm bleiben und arbeiten müsse. Er habe dort acht Jahre gearbeitet, kein Einkommen und keine Möglichkeiten gehabt. Essen habe er erhalten. Aufgrund fehlender Dokumente habe er an keinen anderen Ort gehen können. Er sei öfters in einem Park in der Nähe von diesem Lager gewesen. Dort habe er eine Frau getroffen. Er habe sie nicht gekannt, aber ihr vertraut und ihr seine Lebensgeschichte erzählt. Diese habe ihm gesagt, dass sie ihm helfen wolle. Die Frau habe einen Schlepper gefunden und ihm die Reise bezahlt.
Nachgefragt zu Details schilderte der BF unter anderem, dass er iranischer Staatsangehöriger sei. Sein Vater sei Iraner gewesen und seine Mutter sei eine Afghanin. Er habe nicht die Möglichkeit gehabt, sich im Iran an die dortigen Behörden zu wenden. Die Behörden seien weit weg gewesen. Einmal habe er versucht aus dem Lager zu flüchten. Er sei von der Polizei festgenommen worden. Der Dealer habe gute Beziehungen zur Polizei und sei er wieder zurückgebracht worden. Er habe dort bleiben müssen. Ohne Dokumente habe er an keinen anderen Ort gehen können. Wenn er in den Iran zurückkehre, verfüge er über keine Dokumente. Er könne nicht gut Farsi schreiben und lesen. Die iranische Regierung unterstütze ihn nicht. Er könne nicht arbeiten und ohne Dokumente würden ihn die iranischen Behörden nicht akzeptieren. Wenn ihn der Dealer finde, werde ihn dieser umbringen.
4. Mit Verfahrensanordnung vom 14.06.2017 stellte das BFA fest, dass es sich beim BF um einen iranischen Staatsangehörigen handelt.
5. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.07.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG 2005 unter einem festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in den Iran gemäß § 46 FPG 2005 zulässig ist (Spruchpunkt III.). Gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass, mag das Ausreisevorbingen auch glaubhaft sein, der Beschwerdeführer jedenfalls staatlichen Schutz in Anspruch nehmen könnte.
6. Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das BVwG. Hinsichtlich des Inhaltes der Beschwerde wird auf den Akteninhalt (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524) verwiesen.
7. Hinsichtlich des Verfahrensganges und des Parteivorbringens im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu Spruchpunkt A)
1. Verfahrensbestimmungen
1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz - BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.
1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt
Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss. Gemäß Abs. 3 sind auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
2. Zur Entscheidungsbegründung:
2.1. Obwohl gemäß § 17 iVm § 58 VwGVG seit 01.01.2014 der § 66 Abs. 2 AVG in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht mehr anzuwenden ist und gem. § 58 VwGVG stattdessen § 28 Abs. 3 VwGVG mit genanntem Datum in Kraft trat, womit das Erfordernis des § 66 Abs. 2 leg.cit, wonach die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint, weggefallen ist, und sich die Regelungsgehalte beider Normen nicht somit gänzlich decken, findet die einschlägige höchstgerichtliche Judikatur zu § 66 Abs. 2 AVG grundsätzlich weiterhin Anwendung.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 (2018) § 28 VwGVG Anm. 11).
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seinem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063, mit der Sachentscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte auseinandergesetzt und darin folgende Grundsätze herausgearbeitet:
* Die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht komme nach dem Wortlaut des § 28 Abs. 1 Z 1 VwGVG nicht in Betracht, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht. Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt.
* Der Verfassungsgesetzgeber habe sich bei Erlassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I 51, davon leiten lassen, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden haben, weshalb ein prinzipieller Vorrang einer meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte anzunehmen ist.
* Angesichts des in § 28 VwGVG insgesamt verankerten Systems stelle die nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bestehende Zurückverweisungsmöglichkeit eine Ausnahme von der grundsätzlichen meritorischen Entscheidungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte dar. Nach dem damit gebotenen Verständnis stehe diese Möglichkeit bezüglich ihrer Voraussetzungen nicht auf derselben Stufe wie die im ersten Satz des § 28 Abs. 3 VwGVG verankerte grundsätzliche meritorische Entscheidungskompetenz der Verwaltungsgerichte. Vielmehr verlangt das im § 28 VwGVG insgesamt normierte System, in dem insbesondere die normative Zielsetzung der Verfahrensbeschleunigung bzw. der Berücksichtigung einer angemessenen Verfahrensdauer ihren Ausdruck findet, dass von der Möglichkeit der Zurückverweisung nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht wird. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird daher insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht).
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 10.09.2014, Ra 2014/08/0005 die im Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 angeführten Grundsätze im Hinblick auf Aufhebungs- und Zurückweisungsbeschlüsse des Verwaltungsgerichtes gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG nochmals bekräftigt und führte ergänzend aus, dass selbst Bescheide, die in der Begründung dürftig sind, keine Zurückverweisung der Sache rechtfertigen, wenn brauchbare Ermittlungsergebnisse vorliegen, die im Zusammenhalt mit einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung im Sinn des § 24 VwGVG zu vervollständigen sind (vgl. hierzu auch VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016 und VwGH Ra 2017/01/0433 vom 03.04.2018).
Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung auch eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389).
Im Erkenntnis vom 17.10.2006 (Zl 2005/20/0459) hat der VwGH betont, dass eine Behebung nach § 66 Absatz 2 AVG nur zulässig ist, wenn eine weitere Verhandlung/Einvernahme erforderlich ist, was nicht der Fall wäre, wenn die Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens durch schriftliches Parteiengehör saniert hätten werden können.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun zusammengefasst in verschiedenen Erkenntnissen betont, dass eine umfangreiche und detaillierte Erhebung des asylrechtlich relevanten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz durchzuführen ist.
Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 07.11.2008, Zl. U 67/08-9, ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).
In seiner Entscheidung vom 03.04.2018, Ra 2017/01/0433 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert ist, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden; eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhaltes lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterlassen hat, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Sind (lediglich) ergänzende Ermittlungen vorzunehmen, liegt die (ergänzende) Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht im Interesse der Raschheit im Sinn des § 28 Abs. 2 Z 2 erster Fall VwGVG, zumal diesbezüglich nicht bloß auf die voraussichtliche Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens alleine, sondern auf die Dauer des bis zur meritorischen Entscheidung insgesamt erforderlichen Verfahrens abzustellen ist. Nur mit dieser Sichtweise kann ein dem Ausbau des Rechtsschutzes im Sinn einer Verfahrensbeschleunigung Rechnung tragendes Ergebnis erzielt werden, führt doch die mit der verwaltungsgerichtlichen Kassation einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung verbundene Eröffnung eines neuerlichen Rechtszugs gegen die abermalige verwaltungsbehördliche Entscheidung an ein Verwaltungsgericht insgesamt zu einer Verfahrensverlängerung.
2.2. Die von der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts geforderte ganzheitliche Würdigung bzw. die Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens ist im gegenständlichen Fall unterblieben und ist die belangte Behörde nach dem Dafürhalten des Bundesverwaltungsgerichtes ihrer Begründungspflicht nicht ausreichend nachgekommen. Im vorliegenden Fall sind die seitens der Höchstgerichte gestellten Anforderungen an ein rechtsstaatliches Verfahren in qualifizierter Weise unterlassen worden.
Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Z 1 und 2 VwGVG, welche zu einer meritorischen Entscheidungspflicht führen, nicht gegeben sind. Weder steht, wie anhand der darzustellenden Ermittlungsmängel zu zeigen ist, der maßgebliche Sachverhalt fest, noch ist die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden. Dies vor allem, weil die aufzuzeigenden Ermittlungslücken derart erheblich sind, dass zu deren Beseitigung über eine der Feststellung des Sachverhaltes dienende mündliche Verhandlung hinausgehende weitere Ermittlungsschritte zu setzen wären, welche durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, welches - anders als das Bundesverwaltungsgericht - eine asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde ist (so ist die sog. Staatendokumentation beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichtet, vgl. § 5 BFA-Einrichtungsgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012), rascher und effizienter durchgeführt werden können.
2.2.1. Aus folgenden Gründen muss angenommen werden, dass das BFA den entscheidungsrelevanten Sachverhalt nur ansatzweise ermittelt hat respektive erweist sich der angefochtene Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
2.2.1.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es das belangte Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl verabsäumt hat, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem - nur lückenhaft erhobenen Sachverhalt - etwa zu dessen Volksgruppenzugehörigkeit im Detail auseinanderzusetzen und nachvollziehbar darzulegen, weshalb dessen Vorbringen zu dieser Frage geglaubt wird oder nicht. Sofern die belangte Behörde etwa davon ausgeht, der BF gehöre der Volksgruppe der Perser an, so erscheint dies nicht nachvollziehbar, zumal das BFA diesbezüglich beweiswürdigend lediglich ausführt (AS 207), dass in der Erstbefragung zwar protokolliert worden sei, dass der BF der Volksgruppe der Hazara angehöre, er in der Einvernahme vor dem BFA jedoch nunmehr angegeben habe, Perser und Afghane zu sein, weshalb angesichts seiner glaubhaften und weiterführenden Ausführungen in der Einvernahme zu seinen persönlichen Verhältnissen und seiner Abstammung letzteren Aussagen Glauben geschenkt werde. Diesbezüglich ist zunächst anzumerken, dass der BF in der Erstbefragung zu seiner Volksgruppenzugehörigkeit lediglich "Iran, Hazara" zu Protokoll gab (AS 1) und in der Einvernahme vor der belangten Behörde, nach seiner Volksgruppenzugehörigkeit befragt, erwiderte "Ich bin Perser und Afghane gemischt." (AS 40). Wenn die belangte Behörde daher aufgrund dieser Ausführungen einzig von einer persischen Volksgruppenzugehörigkeit ausgeht, so unterstellt die belangte Behörde dem Vorbringen des BF einen Inhalt, der sich aus den zu Protokoll genommenen Aussagen des BF nicht ableiten lässt. Die Ausführungen des BF in der Einvernahme vor dem BFA nehmen zweifelsfrei darauf Bezug, dass der Vater des BF iranischer Staatsangehöriger und die Mutter des BF afghanische Staatsangehörige ist (AS 35). Dies schließt keinesfalls aus, dass die afghanische Mutter der Volksgruppe der Hazara angehört und insoweit - ohne weitere Prüfung nicht gesagt werden kann, dass auch der BF mütterlicherseits dieser Volksgruppe zuzurechnen ist. Dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass diesbezüglich irgendwelche weiteren Ermittlungsschritte gesetzt wurden und stellen sich die Überlegungen der belangten Behörde zur Volksgruppenzugehörigkeit als unzureichend und im Ergebnis ohne Begründungswert dar.
Des Weiteren erwähnt der BF, früher Moslem gewesen zu sein, wobei er jetzt keiner Religion angehöre, sondern Atheist sei (AS 40). Zudem tätigt der BF auch Ausführungen, wonach er in der Kirche gewesen sei und dort geholfen habe. In der Kirche gebe es ein Zimmer, wo sie sich jeden Freitag treffen und Kaffee trinken würden. Er hätte auch Kirchen besucht, sei aber kein Mitglied (AS 39). Die belangte Behörde stellte zwar fest, dass der BF derzeit Atheist sei (AS 148). Wie es dazu gekommen ist, wurde nicht beleuchtet. Ob dieser aus seiner Religionsgemeinschaft offiziell ausgetreten ist, bleibt ebenfalls unbeantwortet. Es bleibt auch offen, ob der BF allenfalls plane, zu konvertieren. Hinterfragt wurde schließlich nicht, was der BF im Falle seiner Rückkehr im Hinblick auf seine religiöse Einstellung allenfalls befürchte.
Insoweit erweisen sich die getroffenen Feststellungen und die Beweiswürdigung der belangten Behörde als mangelhaft, zumal sich deren Überlegungen als teilweise spekulativ und nicht den allgemeinen Regeln der Logik entsprechend darstellen. Unter den angeführten Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid daher unter Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Volksgruppenzugehörigkeit und die religiöse Einstellung des BF, zumal die diesbezügliche Befragung des BF völlig oberflächlich erfolgte und zentrale Punkte des vom BF erwähnten Vorbringens (Atheismus, aber im Übrigen auch die Abstammung aus einer iranisch-afghanischen Ehe) gänzlich unerörtert geblieben sind bzw. nicht ausreichend hinterfragt wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof verlangt in seiner Rechtsprechung eine ganzheitliche Würdigung des individuellen Vorbringens eines Asylwerbers unter dem Gesichtspunkt der Konsistenz der Angaben, der persönlichen Glaubwürdigkeit des Asylwerbers und der objektiven Wahrscheinlichkeit seines Vorbringens, wobei letzteres eine Auseinandersetzung mit (aktuellen) Länderberichten verlangt (VwGH 26.11.2003, 2003/20/0389). Aufgrund des mangelnden Ermittlungsverfahrens in Bezug auf die individuell getätigten Angaben hat die belangte Behörde jedenfalls eine solche ganzheitliche Würdigung des erstatteten Vorbringens nicht vorgenommen.
Ohne derartige Ermittlungsergebnisse erscheint aber eine sachgerechte Beurteilung des Antrags des Beschwerdeführers und der damit verbundenen Beschwerde bereits von Vornherein ausgeschlossen, wobei im Hinblick auf die Beurteilung ein vom bekämpften Bescheid abweichendes Ergebnis nicht auszuschließen ist.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher umfassend mit der Volksgruppenzugehörigkeit, der Abstammung aus einer Mischehe und der atheistischen Weltanschauung des Beschwerdeführers auseinanderzusetzen haben. Eine tatsächliche Würdigung des Vorbringens des BF hinsichtlich seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit hat die belangte Behörde unterlassen. Ebenso wenig setzt sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid im Übrigen in ausreichendem Ausmaß mit der allfälligen Problematik "Kinderhandel" im Iran auseinander. Eine neuerliche Befragung und Würdigung des Vorbringens wird das BFA nachzuholen haben.
2.2.1.2. Die belangte Behörde übersah auch, dass beweiswürdigende Überlegungen zur Stichhaltigkeit einer Fluchtgeschichte sich regelmäßig nicht auf das Vorbringen des Asylwerbers beschränken dürfen. Vielmehr bedarf es idR auch einer Betrachtung der konkreten fallbezogenen Lage im Herkunftsstaat des Betreffenden, weil seine Angaben letztlich nur vor diesem Hintergrund einer Plausibilitätskontrolle zugänglich sind (VwGH 18.4.2002, 2001/01/0002; in diesem Sinne auch VwGH 28.1.2005, 2004/01/0476). Von den Asylbehörden ist eine Einbeziehung des realen Hintergrundes der von einem Asylwerber vorgetragenen Fluchtgeschichte in das Ermittlungsverfahren zu erwarten. Die Behauptungen des Asylwerbers sind auch am Verhältnis zu der Berichtslage in Bezug auf das Ereignis, von dem er betroffen gewesen sein will, zu messen (VwGH 30.09.2004, 2001/20/0135, in diesem Sinne auch VwGH 31.5.2005, 2005/20/0176). Auch der Verfassungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis 2001/10/02 B 2136/00 davon aus, dass sich die Asylbehörden nicht mit Feststellungen zur allgemeinen Situation im Herkunftsstaat begnügen dürfen, sondern fallbezogen konkrete Ermittlungen in Bezug auf das individuelle Vorbringen tätigen müssen, um dieses einer Plausibilitätskontrolle unterziehen zu können. Nach Ansicht des zitierten VfGH-Erkenntnisses besteht diese Verpflichtung selbst dann, "wenn die vom Beschwerdeführer gegebene Schilderung von vornherein als kaum glaubwürdig und als irreal erscheint. Dies entbindet die Asylbehörde nicht von ihrer Verpflichtung die notwendigen Ermittlungen vorzunehmen".
Gesetzt den Fall, dass der BF auch der Volksgruppe der Hazara angehört, sind diesbezüglich daher auch entsprechende Berichte einzuholen und wird die konkrete Situation des BF vor diesem Hintergrund zu beleuchten sein. Des Weiteren wurde bereits festgestellt, der BF sei Atheist, was auch die Beischaffung und Einbeziehung objektiver länderkundlicher Informationen zur Lage von Atheisten im Iran notwendig macht.
Im gegenständlichen Fall zeigt sich ferner, dass der BF einer iranisch-afghanischen Mischehe entstammt. Ein derartiges Vorbringen erfordert jedenfalls die Beischaffung und Einbeziehung objektiver länderkundlicher Informationen betreffend die Situation von Kindern, die aus einer derartigen Ehe hervorgehen.
2.2.1.3. Darüber hinaus stützt sich der angefochtene Bescheid darauf, dass der BF mit seinen Schilderungen bezüglich des "Verkaufes" seiner Person im Kindesalter durch seinen Vater und der anschließenden Zwangsarbeit ein asylrelevantes Fluchtvorbringen nicht geltend gemacht habe.
Das individuelle Vorbringen des Beschwerdeführers wurde insoweit auch in diesem Punkt nicht in hinreichender Weise gewürdigt: Sofern keine weiteren Verfahrensschritte erfolgt sein mögen, da die Rechtsposition vertreten wird, dass sich das im Ergebnis diesbezüglich glaubhafte Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers (vgl. AS 208) als nicht asylrelevant darstelle (vgl. AS 215 f), so sind diese Ausführungen in dieser allgemeinen Form nicht haltbar. Die belangte Behörde übersieht hierbei, dass dem Fluchtvorbringen vorweg und ohne näherer Prüfung ein Asylkonnex nicht abgesprochen werden kann und hätte sich die belangte Behörde, sofern sie das Fluchtvorbringen als glaubwürdig beurteilt, mit einer allfälligen Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten soziale Gruppe, nämlich der sozialen Gruppe der vom Kinderhandel Betroffenen bzw. gleichsam als Sklaven Verkaufte, im Iran näher auseinanderzusetzen gehabt, was im Falle der Subsumierung des Sachverhaltes unter dieses Motiv in weiterer Folge auch die Prüfung der Schutzfähigkeit des iranischen Staates vor Verfolgung gegen Privatpersonen wie auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer innerstaatlichen Fluchtalternative inkludiert (vgl. dazu VwGH 12.11.2002, 2000/01/0086, Mauretanien; als Kind an "Pflegeeltern" verkauft; menschenunwürdige Behandlung durch den "Pflegevater". Im Hinblick auf die Behauptungen des Asylwerbers (der nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Mauretanien ist) zu seiner Verfolgung und auf sein weiteres Vorbringen, Sklaverei sei in Mauretanien durchaus üblich, hätte der unabhängige Bundesasylsenat eine Verfolgung des Asylwerbers wegen Zugehörigkeit zu einer "sozialen Gruppe" in Betracht ziehen müssen und hätte nicht von vornherein annehmen dürfen, die Verfolgungsgefahr sei "offensichtlich" nicht auf die in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv genannten Gründe zurückzuführen. In Frage käme etwa - soweit feststellbar - die Gruppe der an "Pflegeeltern" verkauften und misshandelten bzw. in Sklaverei gehaltenen Kinder).
Im Falle der Bejahung eines Konventionsgrundes gilt es darüber hinaus zu beachten, dass auch eine nichtstaatliche Verfolgung asylrelevant sein kann und zwar insofern, als der Staat nicht in der Lage oder nicht gewillt ist, die von Privatpersonen ausgehende Verfolgung hintanzuhalten. Diesfalls wird die belangte Behörde folglich entsprechende Ausführungen bzw. Feststellungen zur Schutzfähigkeit des iranischen Staates zu treffen haben. Ferner wird sich die belangte Behörde, sollte sie eine solche bejahen, auch umfassend mit der Frage des Bestehens einer innerstaatlichen Fluchtalternative auseinanderzusetzten haben.
In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es ich beim Beschwerdeführer unter Umständen um einer Angehörigen der Volksgruppe der Hazaras und somit um einen Minderheitszugehörigen im Iran handelt und ist er auch ohne Glaubensbekenntnis bzw. lehnt den Islam ab, was im Rahmen der Beurteilung hinsichtlich der Schutzfähigkeit des iranischen Staates ebenfalls entsprechend zu berücksichtigen sein wird.
2.2.1.4. Ferner ist noch zu monieren, dass sich das Verfahren der belangten Behörde aus folgendem Grund als mangelhaft erweist: Im gegenständlichen Verfahren wurde vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Einvernahme am 14.06.2017 vorgebracht, dass er etwa alle sieben bis acht Monate an epileptischen Anfällen leide, woraufhin er Medikamente einnehmen würde und die Krankheit damit unter Kontrolle sei. Solange er über Medikamente verfüge, müsse er keinen Arzt aufsuchen. Ein Schreiben einer Ärztin für Allgemeinmedizin vom 19.06.2017 und ein Befund eines Facharztes für Neurologie vom 18.04.2017 wurden in Vorlage gebracht und wurde als Procedere ebenfalls eine medikamentöse Behandlung verordnet. Das Bundesamt hat sich nun mit den Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seines Gesundheitszustandes sowie dem fachärztlichen Befundbericht nicht in der erforderlichen Weise auseinandergesetzt und seine diesbzgl. Angaben weitestgehend außer Acht gelassen. Die belangte Behörde stellte lediglich fest, dass der Beschwerdeführer an keiner schweren oder lebensbedrohlichen Erkrankung leide (AS 149 f). Weitere detaillierte Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung und der rechtlichen Würdigung bezüglich der Thematik "Erkrankung an Epilepsie im Iran" lässt der angefochtene Bescheid aber vermissen. Folglich hat die belangte Behörde einen wesentlichen Gesichtspunkt des konkreten Sachverhaltes außer Acht gelassen, welcher das erstinstanzliche Verfahren mit einem weiteren schweren Mangel belastet. Das belangte Bundesamt wird sohin im fortgesetzten Verfahren entsprechende Erhebungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers sowie zur Behandlungsmöglichkeit im Iran zu tätigen haben, um eine maßgebliche Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK verneinen zu können.
Auch diesbzgl. wird das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde im fortgesetzten Verfahren zu ergänzen sein.
2.2.1.5. Anzumerken ist abschließend, dass der Inhalt des Beschwerdeschriftsatzes nunmehr Teil des vom BFA zu berücksichtigenden Sachverhaltes ist und sich die belangte Behörde mit den dort gemachten verfahrensrelevanten Einwendungen auseinanderzusetzen haben wird.
2.2.2. Insofern ist dem Bundesamt vorzuwerfen, dass es im vorliegenden Fall einerseits keine ausreichenden Ermittlungen in Hinblick auf das fluchtrelevante Vorbringen des Beschwerdeführers, speziell auch bezüglich seiner Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit, getätigt hat und sich auch die getroffene Beweiswürdigung als nicht haltbar erweist.
Im fortgesetzten Verfahren wird sich das belangte Bundesamt sohin nach ergänzender Einvernahme des Beschwerdeführers mit dessen Vorbringen hinreichend auseinanderzusetzen haben und werden auch sämtliche vom Beschwerdeführer im Wege der Beschwerde in Vorlage gebrachten Länderberichte zu erörtern sowie letztlich entsprechend zu würdigen sein. Des Weiteren wird nach ergänzender Einvernahme des Beschwerdeführers und nach Heranziehung entsprechender aktueller und individueller Herkunftslandquellen, die Glaubwürdigkeit des fluchtrelevanten Vorbringens des Beschwerdeführers unter Berücksichtigung sämtlicher bekannter Bescheinigungsmittel zu beurteilen und anschließend auf dieser Basis einer rechtlichen Würdigung zu unterziehen sein. Dass Vorbringen ähnlich dem geschilderten im Einzelfall durchaus Asylrelevanz zukommen kann, ist evident.
Insofern bedarf es jedenfalls detaillierter Ermittlungen der die Person des Beschwerdeführers treffenden Sachlage, um zu einer haltbaren Beweiswürdigung hinsichtlich der Glaubwürdigkeit und zu einer tragbaren Entscheidung überhaupt im Verfahren gelangen zu können.
Zu Frage der Glaubwürdigkeit und auch zur Erörterung der Ländersituation wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren eine ergänzende Einvernahme des Antragstellers sowie ein ergänzendes Ermittlungsverfahren hinsichtlich der individuellen Situation des Beschwerdeführers aufgrund seines behaupteten Vorbringens durchzuführen haben.
Die belangte Behörde hat unter Verstoß gegen den Grundsatz der Offizialmaxime, der sie zur amtswegigen Erhebung des gesamten wahren Sachverhaltes verpflichtet, keine umfassenden Ermittlungen getätigt und daraus resultierend auch keine ausreichenden Feststellungen getroffen. Die aufgezeigte Mangelhaftigkeit ist wesentlich, weil vorweg nicht ausgeschlossen werden kann, dass deren Vermeidung für den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Antragstellung auf internationalen Schutz zu einem günstigeren Ergebnis hätte führen können.
Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.
Von einer ganzheitlichen Würdigung des individuellen Parteivorbringens kann im vorliegenden Fall somit nicht gesprochen werden und sind die im angefochtenen Bescheid angeführten Argumente im zu beurteilenden Fall keinesfalls zur Begründung einer negativen Entscheidung geeignet.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird sich daher im fortgesetzten Verfahren mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in umfassender Weise auseinanderzusetzen zu haben. Im Rahmen einer ergänzenden detaillierten Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen - einer befürchteten Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu der zuvor genannten sozialen Gruppe - oder auch zu einer Bedrohung und/ oder Verfolgung aus religiösen oder ethnischen Motiven sowie nach ergänzenden aktuellen Länderfeststellungen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die oben angesprochenen Punkte einer Klärung zuzuführen haben.
Unter diesen Gesichtspunkten leidet der angefochtene Bescheid unter erheblichen Ermittlungsmängeln in Bezug auf die Frage der maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer konkret und gezielt gegen den Beschwerdeführer gerichteten Bedrohung und erweist sich für das Bundesverwaltungsgericht der vorliegende Sachverhalt zur Beurteilung einer allfälligen Gefährdung des Beschwerdeführers in Hinblick auf den Aspekt der Gewährung des Status des Asylberechtigten, als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten, wie oben dargelegt als so mangelhaft, dass weitere Ermittlungen diesbezüglich unerlässlich erscheinen.
2.3. Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen, vor allem unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl als Spezialbehörde im Rahmen der Staatendokumentation gemäß § 5 BFA-Einrichtungsgesetz für die Sammlung relevanter Tatsachen zur Situation in den betreffenden Staaten samt den Quellen zuständig ist.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich.
Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind somit im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.
2.4. Im vorliegenden Fall konnte die Verhandlung im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG entfallen, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit der Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben war.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 26.06.2014, Ra 2014/03/0063 sowie VwGH 10.09.2014, Ra 2014/08/0005, VwGH Ra 2015/01/0123 vom 06.07.2016 und VwGH Ra 2017/01/0433 vom 03.04.2018) ab. Durch die genannten Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes fehlt es auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.
Schlagworte
Begründungspflicht Beweiswürdigung Ermittlungspflicht Gesundheitszustand Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung Religion soziale Gruppe VolksgruppenzugehörigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:L508.2166584.1.00Im RIS seit
19.10.2020Zuletzt aktualisiert am
19.10.2020