Entscheidungsdatum
22.06.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W212 2222434-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Teheran vom 27.06.2019, Zl. KONS/1064/2019, aufgrund des Vorlageantrags von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch RA Dr. Martin Dellasega, RA Dr. Max Kapferer, über die Beschwerde gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Teheran vom 01.04.2019 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG stattgegeben, der bekämpfte Bescheid behoben und das Verfahren an die Österreichische Botschaft Teheran zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Iran, stellte am 25.02.2018 bei der Österreichischen Botschaft Teheran (in der Folge: „ÖB Teheran“) einen Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D. Der Beschwerdeführer hatte am 04.12.2018 beim Stadtmagistrat Innsbruck einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ beantragt. Diesem Antrag wurde am 14.02.2018 stattgegeben.
2. Mit Aufforderung zur Stellungnahme vom 27.02.2019 wurde dem Beschwerdeführer durch die österreichische Botschaft Teheran mitgeteilt, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährden würde. Es wurde ihm Gelegenheit gegeben, hierzu binnen einer Woche Stellung zu nehmen.
3. Mit Schreiben vom 07.03.2018 teilte der Beschwerdeführer im Wege seiner Rechtsvertretung mit, dass der Beschwerdeführer zuletzt am 30.04.2013 eine strafbare Handlung begangen habe, indem er seine Tochter bei der Begehung der Schlepperei unterstützt habe. Vom 06.04.2017 bis 24.04.2017 sei ihm ein Visum C für Österreich erteilt worden. Während dieses Aufenthalts habe er sich dem Strafverfahren in Österreich gestellt und sei am 07.04.2017 zu einer Geldstrafe von 2 400,- € und einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe sich seither nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Er sei krank und nicht in der Lage, ohne Betreuung seiner Ehefrau im Iran zu bleiben. Der Ehefrau sei ein Aufenthaltstitel und ein Visum erteilt worden. Die Verweigerung des Visums sei daher rechtswidrig und unverhältnismäßig.
4. Mit Bescheid vom 01.04.2019, zugestellt am selben Tag, wies die österreichische Botschaft Teheran den Antrag auf Erteilung eines Visums der Kategorie D mit der Begründung ab, dass ein oder mehrere Mitgliedstaaten der Auffassung seien, dass er eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit, die öffentliche Gesundheit gemäß Art. 2 Abs. 19 des Schengener Grenzkodex oder die internationalen Beziehungen eines oder mehrerer Mitgliedstaaten darstelle.
5. Mit Beschwerde vom 29.04.2018 wurde vorgebracht, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht nachvollziehbar sei. Es gehe nicht hervor, aus welchem Grund dem Beschwerdeführer das Visum verweigert werde. Die belangte Behörde übergehe völlig, dass das Magistrat den Antrag auf Aufenthaltstitel bewilligt habe. Dies bedeute, dass zumindest Österreich nicht der Auffassung sei, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Die Auffassung der Behörde sei auch unrichtig. Der Beschwerdeführer sei 68 Jahre alt und habe sich bis zum Jahr 2012 nie etwas zuschulden kommen lassen. Ihm sei im Jahr 2017 zur Teilnahme am Strafprozess ein Visum erteilt worden. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er nun eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen sollte. Er habe die strafrechtliche Verantwortung für sein Handeln übernommen und sich seither wohlverhalten. In Österreich lebten drei Kinder des Beschwerdeführers mit ihren Familien. Diese seien anerkannte Flüchtlinge und könnten daher ihren Vater nicht im Iran besuchen. Der Beschwerdeführer wolle seinen Lebensabend im Kreis seiner Familie in Österreich verbringen. Eine Trennung von seiner in Österreich lebenden Familie sei unverhältnismäßig.
6. Mit Schreiben vom 16.05.2018 teilte das Magistrat Innsbruck auf Anfrage der ÖB Teheran mit, dass dem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers trotz Vorliegen einer Verurteilung zugestimmt wurden sei, weil die Tat bereits am 30.04.2013 begangen und der unbedingte Teil der Geldstrafe am 11.04.2017 vollzogen worden sei. Seitdem scheinen keine weiteren Vergehen auf und könne von einer positiven Zukunftsprognose ausgegangen werden. Des Weiteren sei von der ÖB Teheran bereits im Jahr 2017 ein Visum C erteilt worden.
7. Mit Beschwerdevorentscheidung der ÖB Teheran vom 27.06.2019 wurde die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen. In der Begründung wurde von der belangten Behörde zunächst darauf verwiesen, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs die Beschwerdevorentscheidung den Ausgangsbescheid endgültig derogiere. Durch die vorliegende Beschwerdevorentscheidung werde daher der in der Beschwerde geltend gemachte Begründungsmangel saniert.
Der Beschwerdeführer sei am 07.04.2017 wegen § 144 Abs. 1 und 4 erster Fall FPG (Schlepperei als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten, Probezeit drei Jahre, verurteilt worden. Im Jahr 2017 sei ihm ein Visum lediglich zur Teilnahme am Gerichtsverfahren im Rahmen der Strafrechtspflege erteilt worden. Vor dem Hintergrund, dass ein eminentes öffentliches Interesse an der Bekämpfung der Schlepperei bestehe und die Probezeit noch nicht abgelaufen sei, sei von einer aktuellen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen. Der geltend gemachte Eingriff in Art 8 EMRK stelle eine Maßnahme zum Schutz der Gesellschaft sowie der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ruhe und Ordnung sowie der Verhinderung von strafbaren Handlungen dar. Daran vermöge auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels durch das Magistrat Innsbruck nichts zu ändern, da von der zuständigen Behörde bei der Erteilung von Visa zu berücksichtigen sei, ob nicht u.a. ein Versagungsgrund des § 21 Abs. 2 FPG vorliege. Der Versagungsgrund des § 21 Abs. 2 Z 7 FPG stelle daher einen eigenständig zu beurteilenden Versagungsgrund dar.
8. Am 10.07.2019 wurde bei der ÖB Teheran ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht.
Dem Vorlageantrag lag ein ärztlicher Entlassungsbrief der Ehefrau des Beschwerdeführers bei.
9. Mit am 16.08.2019 eingelangtem Schreiben des Bundesministeriums für Inneres wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakt übermittelt.
10. Am 06.11.2019 wurde eine Kopie des Behindertenpasses der Ehefrau des Beschwerdeführers nachgereicht.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Dem Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen des Iran, wurde vom Magistrat Innsbruck am 14.02.2018 ein Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ erteilt.
Der Beschwerdeführer war am 07.04.2017 wegen Schlepperei als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 114 Abs. 1 und 4 erster Fall FPG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Geldstrafe von 2 400,- € verurteilt worden. Die Probezeit betrug drei Jahre.
Er stellte am 25.02.2018 einen Antrag auf Erteilung eines Visum D zur Abholung des erteilten Aufenthaltstitels.
Die ÖB Teheran lehnte den Antrag mit der Begründung ab, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers aufgrund seiner Verurteilung die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus dem Akt der ÖB Teheran und wurden von den Verfahrensparteien nicht bestritten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Aufhebung des Bescheides:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 70/2015 lauten:
Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
Form und Wirkung der Visa D
§ 20. (1) Visa D werden erteilt als
1. Visum für den längerfristigen Aufenthalt im Bundesgebiet;
2. Visum aus humanitären Gründen;
3. Visum zu Erwerbszwecken;
4. Visum zum Zweck der Arbeitssuche;
5. Visum zur Erteilung eines Aufenthaltstitels;
6. Visum zur Einbeziehung in das Familienverfahren nach dem AsylG 2005;
7. Visum zur Wiedereinreise;
8. Visum aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen;
9. Visum für Saisoniers;
10. Visum für Praktikanten.
(2) Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nur in den Fällen des § 24 zulässig. Solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt oder die Beantragung eines Visums bei der zuständigen Vertretungsbehörde im Ausland aus faktischen, nicht vom Fremden zu vertretenden Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist, ist die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit überdies als Inhaber eines Visums gemäß § 22a Z 2 oder 3 zulässig, sofern diesem die dafür erforderliche Berechtigung oder sonstige Bestätigung nach dem AuslBG erteilt wurde. § 21 Abs. 2 Z 10 steht der Erteilung eines Visums gemäß § 22a Z 2 oder 3 diesfalls nicht entgegen.Visa D werden für die ein- oder mehrmalige Einreise ausgestellt und berechtigen zu einem Aufenthalt im Bundesgebiet von mehr als 90 Tagen, und zwar von längstens
1. sechs Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1 bis 8 und 10;
2. neun Monaten innerhalb eines Zeitraumes von zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 9;
3. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 1, sofern dies aus Gründen des nationalen Interesses oder auf Grund internationaler Verpflichtungen notwendig ist; oder
4. zwölf Monaten bei Ausstellung von Visa gemäß Abs. 1 Z 3, sofern dies auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Ausübung einer Tätigkeit, die vom AuslBG gemäß § 1 Z 14 AuslBVO ausgenommen ist, notwendig ist.
(3) Visa gemäß Abs. 1 sind befristet zu erteilen. Ihre Gültigkeitsdauer darf jene des Reisedokumentes nicht übersteigen. Die Gültigkeitsdauer des Reisedokumentes hat, ausgenommen in begründeten Notfällen, jene eines Visums um mindestens drei Monate zu übersteigen. Eine von der erlaubten Aufenthaltsdauer abweichende Gültigkeitsdauer der Visa ist unzulässig.
(3a) Visa gemäß Abs. 1 Z 8 und 9 können mit einer Gültigkeitsdauer von weniger als 91 Tagen ausgestellt werden, sofern ein Verlängerungsantrag (§ 2 Abs. 4 Z 17a) oder ein Antrag gemäß § 22a gestellt wurde und der durchgehende Aufenthalt im Bundesgebiet insgesamt 90 Tage übersteigt.
(4) Das Visum ist im Reisedokument des Fremden durch Anbringen ersichtlich zu machen.
(5) Die nähere Gestaltung sowie die Form der Anbringung der Visa D im Reisedokument wird durch Verordnung des Bundesministers für Inneres festgelegt.
(6) Visa gemäß Abs. 1 Z 1 sowie gemäß des Visakodex können unter den Voraussetzungen, unter denen für österreichische Staatsbürger österreichische Dienstpässe ausgestellt werden, als Dienstvisa gekennzeichnet werden.
(7) Solange aufgrund von Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 getroffen werden, die Bewegungsfreiheit oder der zwischenmenschliche Kontakt eingeschränkt ist, gelten abweichend von Abs. 2 Z 1 und 2 Visa nach Abs. 1 Z 8 und 9 über ihre ursprüngliche Gültigkeitsdauer hinaus, solange eine gemäß § 5 AuslBG iVm § 32c Abs. 1 AuslBG erteilte Beschäftigungsbewilligung gültig ist.
Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung von Visa D
§ 21. (1) Visa gemäß § 20 Abs. 1 Z 1, 3 bis 5 und 8 bis 10 können einem Fremden auf Antrag erteilt werden, wenn
1. dieser ein gültiges Reisedokument besitzt;
2. kein Versagungsgrund (Abs. 2) vorliegt und
3. die Wiederausreise des Fremden gesichert erscheint.
In den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 4 und 5 hat die Vertretungsbehörde von der Voraussetzung der Z 3 abzusehen.
(2) Die Erteilung eines Visums ist zu versagen, wenn
1. der Fremde den Zweck und die Bedingungen des geplanten Aufenthalts nicht begründet;
2. begründete Zweifel im Verfahren zur Erteilung eines Visums an der wahren Identität oder der Staatsangehörigkeit des Fremden, an der Echtheit der vorgelegten Dokumente oder am Wahrheitsgehalt ihres Inhaltes oder am Vorliegen weiterer Erteilungsvoraussetzungen bestehen;
3. der Fremde nicht über einen alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt oder er im Gesundheitszeugnis gemäß § 23 eine schwerwiegende Erkrankung aufweist;
4. der Fremde nicht über ausreichende eigene Mittel für seinen Unterhalt und in den Fällen des § 20 Abs. 1 Z 1, 3 und 7 bis 10 für die Wiederausreise verfügt;
5. der Aufenthalt des Fremden zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte, es sei denn, diese Belastung ergäbe sich aus der Erfüllung eines vor der Einreise bestehenden gesetzlichen Anspruchs;
6. der Fremde im SIS zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben ist;
7. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
8. gegen den Fremden ein rechtskräftiges Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht, außer im Fall des § 26a (Visa zur Wiedereinreise) oder des § 27a (Wiedereinreise während der Gültigkeitsdauer eines Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes);
9. der Aufenthalt des Fremden die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat beeinträchtigen würde;
10. Grund zur Annahme besteht, der Fremde werde außer in den Fällen des § 24 eine Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet beabsichtigen;
11. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB), eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);
12. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Fremde durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;
13. der Fremde öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder
14. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(3) Die Behörde kann einem Fremden trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes gemäß Abs. 2 Z 3, 4 oder 5 ein Visum erteilen, wenn auf Grund einer im öffentlichen Interesse eingegangenen Verpflichtung eines Rechtsträgers im Sinn des § 1 Abs. 1 Amtshaftungsgesetz – AHG, BGBl. Nr. 20/1949, oder auf Grund der Verpflichtungserklärung einer Person mit Hauptwohnsitz oder Sitz im Bundesgebiet die Tragung aller Kosten gesichert erscheint, die öffentlichen Rechtsträgern durch den Aufenthalt des Fremden entstehen könnten.
(4) Wird einer Aufforderung zur Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 99 Abs. 1 Z 7 und Abs. 4 nicht Folge geleistet, ist der Antrag auf Erteilung eines Visums zurückzuweisen.
Visa zur Erteilung eines Aufenthaltstitels
§ 25. (1) Teilt die Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde der zuständigen Vertretungsbehörde mit, dass einem Fremden, der der Visumpflicht unterliegt, ein Aufenthaltstitel zu erteilen wäre (§ 23 Abs. 2 NAG), ist dem Fremden unter Berücksichtigung des § 21 Abs. 1 Z 1 und 2 ein Visum mit viermonatiger Gültigkeitsdauer zu erteilen.
(2) Die Versagung des Visums wegen Vorliegens von Gründen gemäß § 21 Abs. 2 Z 3 bis 5 und 10 ist nicht zulässig. Wird das Visum nicht erteilt, hat dies die zuständige Vertretungsbehörde der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde unter Angabe der Gründe mitzuteilen.
Die maßgeblichen Bestimmungen des Niederlassungs-und Aufenthaltsgesetzes (NAG) idF BGBl. I Nr. 145/2017 lauten:
Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
1. gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;
2. gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;
3. gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;
4. eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
5. eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder
6. er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.
(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn
1. der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;
2. der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;
3. der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;
4. der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;
5. durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;
6. der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und
7. in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.
(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;
4. der Grad der Integration;
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit;
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn
1. sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder
2. der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.
(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.
(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.
(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.
Verfahren bei Inlandsbehörden
§ 23. (1) Ergibt sich auf Grund des Antrages oder im Ermittlungsverfahren, dass der Fremde für seinen beabsichtigten Aufenthaltszweck einen anderen Aufenthaltstitel oder eine andere Dokumentation des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts benötigt, so ist er über diesen Umstand zu belehren; § 13 Abs. 3 AVG gilt.
(2) Wäre dem Fremden, der sich im Ausland befindet, ein Aufenthaltstitel zu erteilen, hat die Behörde dies der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde zwecks Ausstellung eines Visums für die einmalige Einreise (§ 21 iVm § 25 Abs. 1 FPG) mitzuteilen, wenn der Fremde dies zur Einreise benötigt. Der Umstand, dass die Ermittlung der erforderlichen erkennungsdienstlichen Daten auf Grund fehlender technischer Voraussetzungen nicht bereits bei Antragstellung bei der Berufsvertretungsbehörde erfolgte (§ 19 Abs. 5 erster Satz) steht dieser Mitteilung nicht entgegen. Die Mitteilung wird gegenstandlos, wenn der Fremde nicht binnen drei Monaten ab Mitteilung das Visum beantragt und über diesen Umstand von der Berufsvertretungsbehörde belehrt worden ist; das Verfahren bei der Behörde ist ohne weiteres einzustellen.
(3) Wird der Aufenthaltstitel nicht binnen sechs Monaten ab Mitteilung (Abs. 2) bei der Behörde behoben, so ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Allfällig vorher ergangene Erledigungen sind gegenstandslos.
Im gegenständlichen Verfahren ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Visum D (zur Abholung eines Aufenthaltstitels) stellte. Die angefochtene Verweigerung des Visums erfolgte jedoch unter Verwendung des in Anhang VI des Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.07.2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft). Art. 32 Abs. 2 Visakodex sieht die Verwendung dieses Standardformulars im Fall der Verweigerung des beantragten Visum C zwingend vor, weshalb ein solcher Bescheid nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel leidet, weil er sich auf das Ankreuzen der in diesem Formular angeführten Textbausteine beschränkt, ohne auf den konkreten Fall Bezug zu nehmen und dazu Feststellungen zu treffen.
Gegenständlich wurde jedoch nicht ein Visum C, sondern ein Visum D beantragt, weshalb der angefochtene Bescheid nicht der Begründungspflicht des § 58 Abs. 2 AVG entspricht. Aus dem angekreuzten Textbaustein ist nicht ersichtlich, aus welchem konkreten Grund die belangte Behörde das Visum verweigerte, und enthält der Bescheid weder Feststellungen noch Begründung. Wie jedoch die belangte Behörde in der Beschwerdevorentscheidung korrekt ausführte, tritt die Beschwerdevorentscheidung an die Stelle des Ausgangsbescheids (VwGH, Ro 2015/08/0026 vom 17.12.2015) Durch Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung, die dem AVG entsprechende Feststellungen und Begründung enthält, ist der Begründungsmangel des Bescheids vom 01.04.2019 daher saniert.
Vorerst ist zu klären, ob die Beschwerde gegenstandslos geworden ist, da gemäß § 23 Abs. 3 NAG das Verfahren einzustellen ist, wenn der Aufenthaltstitel nicht binnen sechs Monaten ab Mitteilung bei der Behörde behoben wird. Hierzu hat der Verwaltungsgerichthof in seiner Entscheidung vom 26.03.2015, Ro 2015/22/0026, ausgeführt, dass § 23 Abs. 3 NAG im Hinblick auf § 42 Abs. 3 VwGG nicht so gelesen werden kann, dass eine allfällige Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch das Verwaltungsgericht wirkungslos wäre. Da eine Abholung des bei der Behörde bereitgelegten Aufenthaltstitels durch den Beschwerdeführer nur nach Erteilung eines Visums in Betracht komme, könne im Fall der Aufhebung einer rechtswidrigen Nichterteilung des Visums durch den Verwaltungsgerichtshof nicht von einem Fristablauf nach § 23 Abs. 3 NAG ausgegangen werden. Die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes ist auch auf die aktuelle Rechtslage anzuwenden, was dazu führt, dass dem Beschwerdeführer nach einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides zugestanden werden muss, nach tatsächlicher Erteilung des Visums im fortgesetzten Verfahren den Aufenthaltstitel abzuholen, ohne dass ihm § 23 Abs. 3 NAG entgegengehalten werden könnte. Eine allfällige Einstellung des Verfahrens gemäß § 23 Abs. 3 NAG fällt mit der Aufhebung des angefochtenen Bescheides weg.
Wie sich aus § 24 Abs. 3 FPG in der hier anzuwendenden Fassung ergibt, hatte die Vertretungsbehörde auch im Fall einer Mitteilung nach § 23 Abs. 2 NAG (u.a.) das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 21 Abs. 2 Z 7 FPG zu prüfen. Die Botschaft ist somit darin im Recht, dass sie auch nach einer entsprechenden Mitteilung der Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde das beantragte Visum dann versagen darf, wenn der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde (VwGH vom 26.03.2015, Ro 2015/22/0026).
Im gegenständlichen Fall sind zwei Behörden, nämlich das Magistrat Innsbruck und die ÖB Teheran, nach Prüfung desselben Sachverhalts zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Der Beschwerdeführer wurde am 07.04.2017 wegen Schlepperei als Mitglied einer kriminellen Vereinigung (§ 114 Abs. 1 und 4 erster Fall FPG) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Geldstrafe von 2 400,- € verurteilt. Während das Magistrat Innsbruck die zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Tatsachen, trotz seiner Verurteilung, für schwerer wiegend erachtet hat, kam die ÖB Teheran zu dem Schluss, dass die Einreise des Beschwerdeführers aufgrund seiner Verurteilung eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Im gegenständlichen Fall lagen der ÖB Teheran keine neuen Tatsachen oder Beweismittel (zu Lasten des Beschwerdeführers) vor, die der Niederlassungsbehörde zum Zeitpunkt ihrer Mitteilung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht bekannt gewesen wären. Wie aus der Beschwerdevorentscheidung hervorgeht, stellte die ÖB Teheran dabei ausschließlich auf die Tatsache der Verurteilung wegen Schlepperei ab. Das Magistrat Innsbruck bezog jedoch offenbar auch andere Sachverhaltselemente zugunsten des Beschwerdeführers, wie dessen fortgeschrittenes Alter, den Zeitraum von fünf Jahren seit der begangenen Straftat, die beglichene Geldstrafe und die familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich in ihre Beurteilung mit ein. Die ÖB Teheran hat jedoch die Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers in Stellungnahme und Beschwerde und auch mit der Begründung der Entscheidung des Magistrats Innsbruck unterlassen.
Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, sofern in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes. Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 mwN sowie VfSlg. 14.421/1996 und 15.743/2000).
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. VwGH vom 10.04.2013, Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel: „Verwaltungsverfahren Band I2“, E 84 zu § 39 AVG).
Da dem von der ÖB Teheran angeführten Grund für die Verweigerung des Visums, wie oben ausgeführt, eine mangelhafte Begründung zugrunde lag, wird die ÖB Teheran im fortgesetzten Verfahren, bei weiterem Vorliegen aller maßgeblichen Voraussetzungen, das Visum zu erteilen haben.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war das Beschwerdeverfahren ohne mündliche Verhandlung durchzuführen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im den vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes konnte sich das Bundesverwaltungsgericht auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei obigen Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Behebung der Entscheidung Ermittlungspflicht individuelle Verhältnisse Kassation mangelnde SachverhaltsfeststellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2222434.1.00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020