Entscheidungsdatum
23.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W123 2204390-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über die Beschwerde des serbischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2018, Zl. 1200772401-180713235, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass die Dauer des Einreiseverbotes auf 3 Jahre herabgesetzt wird.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein serbischer Staatsangehöriger, stellte am 28.07.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. Im Rahmen der am 29.07.2018 durch die Landespolizeidirektion Wien durchgeführten Erstbefragung gab der Beschwerdeführer zu seinem Fluchtgrund an, dass er seine Heimat verlassen habe, da er keine Arbeit bekommen habe.
3. Am 03.08.2018 fand die Einvernahme des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde statt.
Die Niederschrift lautet auszugsweise:
„[…]
LA: Haben Sie in Österreich aufhältige Eltern oder Kinder (Blutverwandtschaft oder durch Adoption begründet).
VP: Nur weitschichtige Verwandtschaft.
LA: Leben Sie mit einer sonstigen Person in einer Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Falls dies der Fall ist, beschreiben Sie diese Gemeinschaft.
VP: Ja, mit einer Frau.
LA: Ihre Lebensgefährtin?
VP: Ja, meine Partnerin.
[…]
LA: Wer von Ihrer Familie lebt noch im Heimatland?
VP: Meine Mutter, ich habe aber kein gutes Verhältnis zu ihr.
V: Am 27.07.2018 gaben Sie bei der Einvernahme an, dass Sie wieder bei Ihrer Mutter leben könnten. Auch hätten Sie einen Sohn in Serbien. Stimmt dies nun?
VP: Ja, das stimmt. Ich habe meine Mutter aus der Schubhaft kontaktiert. Wir hatten davor lange Zeit keinen Kontakt. Sie hat mir gesagt, dass ich bei ihr nicht mehr willkommen bin.
[…]“
4. Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Serbien (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen festgestellt, dass gemäß § 52 Abs. 9 FPG die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Serbien zulässig sei (Spruchpunkt III.). Der Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.), gemäß § 55 Abs. 1a FPK keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.) sowie gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
5. Mit Schriftsatz vom 22.08.2018 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde gegen die Spruchpunkte III.-VI. des Bescheids der belangten Behörde. Begründend führte der Beschwerdeführer zusammenfassend aus, dass eine besondere Bindung zu Österreich vorliege. Der Beschwerdeführer spreche Deutsch und seine Lebensgefährtin, die rumänische Staatsangehörige sei, wohne in Österreich. Die beiden würden zusammenwohnen und möchten bald heiraten. Zum Einreiseverbot wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer seine Handlungen bereue und nunmehr bemüht sei, ein anständiges Leben zu führen. Das Einreiseverbot von 5 Jahren sei unverhältnismäßig.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatangehöriger von Serbien und im Besitz eines gültigen Reisepasses. Seine Identität steht fest.
Der Beschwerdeführer wurde am 26.07.2018 in Wien 1200 angehalten und einer Kontrolle unterzogen. Dabei wies er sich mit einem gefälschten bulgarischen Reisepass aus. Ferner konnte im Zuge der Durchsuchung ein bulgarischer Führerschein sowie ein bulgarischer Personalausweis vorgefunden werden. Der Beschwerdeführer zeigte sich im Rahmen der Kontrolle geständig.
Der Beschwerdeführer ist in Serbien geboren und aufgewachsen. In Serbien lebt die Mutter und ein Sohn des Beschwerdeführers. Ein Bruder des Beschwerdeführers lebt mit seiner Familie in Dänemark.
Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine näheren Familienangehörigen.
Der Beschwerdeführer konnte nicht glaubhaft machen, dass er mit seiner Lebensgefährtin, einer rumänischen Staatsangehörigen, in einer Wohngemeinschaft lebt. Bis zum jetzigen Zeitpunkt wurden dem Bundesverwaltungsgericht auch keine Unterlagen für bevorstehende oder bereits geschlossene Ehe vorgelegt.
Der Beschwerdeführer ist gesund und unbescholten.
Der Beschwerdeführer verfügte zum Zeitpunkt der Erstbefragung vor der Landespolizeidirektion Wien über eine Barmittel von EUR 100,00.
Es kann nicht feststellt werden, dass der Beschwerdeführer über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, um seinen Unterhalt in Österreich zu finanzieren.
Es liegen keine Gründe vor, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstünden und wurden solche auch nicht vorgebracht. Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat.
2. Beweiswürdigung:
Der angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, in den bekämpften Bescheid und in die Beschwerde.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines Reisepasses fest.
Die Feststellungen zu seinen persönlichen und familiären Verhältnissen beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers, aufgrund der unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde sowie aufgrund der Angaben in der Beschwerde vom 22.08.2018.
Die Feststellung zur fehlenden Wohngemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin beruht auf dem Umstand, dass der Beschwerdeführer insofern seine Mitwirkungspflicht verletzte, als er im Rahmen der Einvernahme durch die belangte Behörde nicht bereit, war konkrete Auskünfte zu seiner Lebensgefährtin zu erteilen (vgl. AS 89, arg. „LA: Name, Geburtsdatum, StA. Ihrer Freundin! Schreiben Sie die Daten auf! VP: Nein, das möchte ich nicht. Sie ist noch verheiratet. Sie lebt in Scheidung. Ich möchte ihre Daten nicht angeben.“). Auch die Behauptung in der Beschwerde, wonach der Beschwerdeführer und die Lebensgefährtin zusammenwohnen würden und bald heiraten möchten, wurde seitens des Beschwerdeführers nicht bescheinigt.
Die Feststellung zur finanziellen Situation des Beschwerdeführers ergibt sich aufgrund seiner Angaben im Rahmen der Erstbefragung durch die Landespolizeidirektion Wien vom 29.07.2018 (vgl. AS 9). Es wurden weder in der Einvernahme noch in der Beschwerde Bescheinigungen dahingehend vorgelegt, dass der Beschwerdeführer über ausreichende Mittel zur Finanzierung seines Unterhalts in Österreich verfügen würde.
Die Feststellung zu den gefälschten Dokumenten ergibt sich aus den Ausführungen des Mandatsbescheides der belangten Behörde vom 27.07.2018 (vgl. AS 51 und 55) sowie aus der Einvernahme vom 03.08.2018 (vgl. AS 91, arg. „LA: Laut Bericht, haben Sie sich bei der fremdenpolizeilichen Kontrolle mit gefälschten bulgarischen Dokumenten ausgewiesen. Waren Sie mit diesen Dokumenten angemeldet? VP: Ich habe mit diesen bulgarischen Dokumenten gearbeitet. Ich habe auch Steuern gezahlt. Ganz normal wie jeder. VP: Nun ja, das haben Sie allerdings unter einer falschen Identität gearbeitet, somit war dies nicht legal! Sie haben die Behörden getäuscht. VP: Ja, ich kann es aber jetzt nicht ändern.“).
Die Feststellung, dass Serbien als sicherer Herkunftsstaat gilt, beruht auf § 1 Z 6 der Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV). In Serbien herrschen keine kriegerischen oder sonstigen bewaffneten Auseinandersetzungen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Gemäß § 9 Abs. 2 FPG und § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA.
Da sich die gegenständliche - zulässige und rechtzeitige - Beschwerde gegen einen Bescheid des BFA richtet, ist das Bundesverwaltungsgericht für die Entscheidung zuständig.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen, Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu den Spruchpunkten I. bis II. des angefochtenen Bescheides:
Die gegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich nur gegen die Spruchpunkt III.-VI. des angefochtenen Bescheids. Damit erwuchsen die Spruchpunkte I.-II. in Rechtskraft.
3.3. Zur Beschwerde gegen Spruchpunkt III.
3.3.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das BFA gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.
Gemäß § 52 Abs. 9 FPG hat das BFA mit einer Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, dass eine Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist, es sei denn, dass dies aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich sei.
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung nicht erlassen werden, wenn
1. ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, es sei denn, eine der Voraussetzungen für die Erlassung eines Einreiseverbotes von mehr als fünf Jahren gemäß § 53 Abs. 3 Z 6, 7 oder 8 FPG liegt vor, oder
2. er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Der Beschwerdeführer hat zwar nach eigenen Angaben eine rumänische Lebensgefährtin, konnte jedoch weder einen gemeinsamen Haushalt mit ihr, noch eine Eheschließung bescheinigen (vgl. Beweiswürdigung). Zudem verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über keine familiären Anknüpfungspunkte.
Hinweise auf eine zum Entscheidungszeitpunkt vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration des Beschwerdeführers in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht sind schon im Hinblick auf die kurze Dauer seines bisherigen Aufenthalts in Österreich (seit November 2016) nicht anzunehmen.
Nach Maßgabe einer Interessensabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG ist die belangte Behörde zu Recht davon ausgegangen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des Aufenthalts im Bundesgebiet das persönliche Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die angeordnete Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen und auch in der Beschwerde nicht substantiiert vorgebracht worden, welche im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig erscheinen ließen.
Die belangte Behörde ist des Weiteren auch nach Abwägung aller dargelegten persönlichen Umstände zu Recht davon ausgegangen, dass ein Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK) von Amts wegen nicht zu erteilen ist.
Auch Umstände, dass allenfalls von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz) zu erteilen gewesen wäre, liegen unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes nicht vor.
Schließlich sind im Hinblick auf die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 9 iVm. § 50 FPG getroffene amtswegige Feststellung keine konkreten Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass allenfalls auch unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens die Abschiebung in den Herkunftsstaat Serbien unzulässig wäre (vgl. VwGH 16.12.2015, Zl. Ra 2015/21/0119).
Da alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung einer Rückkehrentscheidung vorliegen, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 2 Z. 2 iVm Abs. 9 und § 55 FPG sowie §§ 55 und 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV und V.
Im angefochtenen Bescheid wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG festgelegt, dass keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Gemäß § 55 Abs. 1a FPG besteht eine Frist für die freiwillige Ausreise insbesondere nicht, wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird Dies ist gegenständlich der Fall.
Gemäß § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz aberkennen, wenn der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt
Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG sind im vorliegenden Beschwerdefall erfüllt, da Serbien ein sicherer Herkunftsstaat ist (vgl. § 1 Z 6 HStV).
Daher war auch die Beschwerde gegen die Spruchpunkt IV.-V. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abzuweisen.
3.5. Zu Beschwerde gegen Spruchpunkt VI.
3.5.1. Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann vom Bundesamt mit Bescheid mit einer Rückkehrentscheidung ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
Gemäß § 53 Abs. 2 FPG ist ein Einreiseverbot, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag (Z 6) oder bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen (Z 7).
3.5.2. Die Tatbestände des § 53 Abs. 2 Z 6 und 7 FPG liegen im gegenständlichen Fall vor:
Beim Erstellen der für ein Einreiseverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 2 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es nicht auf die bloße Tatsache unter anderem von Bestrafungen nach den Verwaltungsgesetzen, sondern auf das diesen zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der Verwaltungsübertretungen und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an. Dies gilt umso mehr, wenn sich der Fremde mit dem ihm zur Last gelegten Fehlverhalten selbst nicht strafbar (vgl. § 28 AuslBG) gemacht hat (VwGH 19.02.2013, 2012/18/0230).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 60 Abs. 2 Z 7 FPG (vor Inkrafttreten des FrÄG 2011) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass sie nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung ihres Unterhalts verfügt, sondern ihr Unterhalt für die beabsichtigte Dauer ihres Aufenthalts gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. VwGH 13.09.2012, 2011/23/0156; 22.01.2013, 2012/18/0191).
Ein derartiges Vorbringen hinsichtlich der konkret beabsichtigten Dauer seines Aufenthaltes in der Europäischen Union bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum und der dabei geplanten Bestreitung seines Unterhaltes hat der Beschwerdeführer nicht erstattet und keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt (vgl. Beweiswürdigung), weshalb die belangte Behörde zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Z 6 FPG ausgegangen ist.
Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer nicht nachzuweisen vermochte, dass er über ausreichende Barmittel verfügt, resultiert die Gefahr der Beschaffung der Unterhaltsmittel aus illegalen Quellen bzw. einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, weshalb im Fall des Fehlens ausreichender Unterhaltsmittel die Annahme einer Gefährdung im Sinn des § 53 Abs. 2 FPG gerechtfertigt ist (VwGH 19.12.2018, Ra 2018/20/0309). Da dem Beschwerdeführer neben dem Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel auch zur Last fällt, dass er gefälschte Ausweisdokumente verwendete und so versuchte, eine unrichtige Identität als EWR-Bürger vorzutäuschen, geht von ihm eine signifikante Gefährdung öffentlicher Interessen aus.
Die genannten Umstände rechtfertigten deshalb nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes jedenfalls die Annahme, dass ein Verbleib des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung ist unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK ihre Verhältnismäßigkeit am Maßstab des § 9 BFA-VG 2014 zu prüfen. Das gilt aber nicht nur für die Rückkehrentscheidung und für das in § 9 Abs. 1 BFA-VG 2014 weiters ausdrücklich genannte Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FrPolG 2005, sondern auch für das - nur bei gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung zulässige - Einreiseverbot iSd § 53 FrPolG 2005, in dessen Abs. 2 und 3 in Bezug auf die Bemessung der Dauer auch die Abwägung nach Art. 8 MRK angesprochen wird (VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289).
Der bisherige Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers lag in Serbien, wo insbesondere seine Mutter und ein Sohn des Beschwerdeführers leben. Sonstige nennenswerte Kontakte, abgesehen von einer rumänischen Lebensgefährtin, sind nicht hervorgekommen, insbesondere verfügt der Beschwerdeführer in Österreich über keine Familienangehörige.
Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu (vgl. VwGH vom 31.08.2006, 2006/21/0140), welches – ebenso wie das öffentliche Interesse eines geregelten Arbeitsmarktes – durch das Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt wurde. Allfällige, vom Beschwerdeführer jedoch nicht vorgebrachte, persönlichen Interessen haben daher kein solches Gewicht, das dem genannten öffentlichen Interesse auch nur gleichgehalten werden könnte.
Im Rahmen einer gewichtenden Abwägung zwischen der Schutzwürdigkeit des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers und dem Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist angesichts des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers im Hinblick auf seinen im Ergebnis unrechtmäßigen Aufenthalt und die fehlenden Unterhaltsmittel, letzterem der Vorrang einzuräumen, zumal der Beschwerdeführer in Serbien sozial verankert ist. Die Erlassung eines Einreiseverbotes ist somit zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten.
Die Dauer des Einreiseverbotes im Ausmaß von 5 Jahren erweist sich jedoch im Ergebnis als unangemessen. Der Begründung des angefochtenen Bescheids ist nicht zu entnehmen, warum das in § 53 Abs. 2 FPG vorgesehene Höchstmaß von 5 Jahren im gegenständlichen Fall notwendig war. Ferner berücksichtigte die belangte Behörde in der rechtlichen Beurteilung zu Spruchpunkt VI. die strafrechtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers nicht.
Daher war das von der belangten Behörde verhängte Einreiseverbot auf 3 Jahre zu reduzieren.
3.4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Im gegenständlichen Fall wurde der Sachverhalt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet (siehe VwGH 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9).
Es konnte daher gemäß § 21 Abs. 7 BFA eine mündliche Verhandlung unterbleiben, weil der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint. Im Übrigen wurde eine mündliche Verhandlung auch nicht beantragt.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. die unter A) zitierte Judikatur); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - Entfall Dauer Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose Herabsetzung illegale Beschäftigung Interessenabwägung Mittellosigkeit öffentliches Interesse Rückkehrentscheidung sicherer Herkunftsstaat TeilstattgebungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W123.2204390.1.00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020