TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/26 W150 2224558-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

26.06.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W150 2224558-7/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Klein als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , geb. XXXX 1990 alias XXXX 1991 alias XXXX 1982, StA. NIGERIA, vertreten durch RA Mag. Hubert WAGNER LLM, Wattmanngasse 8/6, 1130 Wien, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“) trat erstmals am 27.04.2008 in Österreich durch seine illegale Einreise in das Bundesgebiet in Erscheinung und stellte am darauffolgenden Tage erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX 1991 geboren worden zu sein und Staatsbürger Nigerias zu sein. Dieser Antrag wurde von der dafür zuständigen Behörde als unzulässig zurückgewiesen und die Bundesrepublik Deutschland für zuständig erklärt. Die dagegen vom BF eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.07.2008, GZ. S12 400.551-1/2008/3E, als unbegründet abgewiesen und der BF in weiterer Folge am 13.08.2008 nach Deutschland überstellt.

2. Der BF reiste spätestens am 08.06.2016 neuerlich illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am darauffolgenden Tage neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz, wobei er angab, den Namen XXXX zu führen, am XXXX 1990 geboren worden zu sein und Staatsbürger Nigerias zu sein.

3. Mit Bescheid vom 28.09.2017 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.). Für die freiwillige Ausreise wurde eine Frist von 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt IV.). Dieser Bescheid erwuchs am 20.10.2017 in II. Instanz in Rechtskraft II. Eine dagegen vom BF eingebrachte außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des VwGH vom 05.12.2018, Ra 2018/20/0441-8, zurückgewiesen.

4. In der Folge reiste der BF trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

5. Der Beschwerdeführer wurde am 02.02.2018 und am 11.01.2019 an seiner Meldeadresse zwecks Identitätsfeststellung geladen. Er leistete beiden Ladungen unentschuldigt nicht Folge. Der Beschwerdeführer ist seit 02.04.2019 im Bundesgebiet nicht mehr polizeilich gemeldet. Er hielt sich seither im Verborgenen auf und war für die Behörde nicht mehr greifbar. Das Bundesamt erließ in weiterer Folge einen Festnahmeauftrag.

6. Am 24.07.2019 wurde der Beschwerdeführer aufgrund einer Zufallskontrolle angehalten und festgenommen. Dabei wies er sich mit fremden Dokumenten aus.

7. Mit Bescheid vom 24.07.2019 verhängte die Behörde über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung. Der Beschwerdeführer wurde am 08.08.2019 aufgrund eines Operationstermins aus der Schubhaft entlassen und in ein Krankenhaus verbracht. Der Beschwerdeführer verließ nach dem Eingriff das Krankenhaus, tauchte unter und war für die Behörden im Verfahren zur Außerlandesbringung nicht mehr greifbar. Das Bundesamt erließ daher einen weiteren Festnahmeauftrag.

8. Der Beschwerdeführer wurde am 06.10.2019 neuerlich im Zuge einer polizeilichen Zufallskontrolle angehalten. Dabei versuchte der Beschwerdeführer zu flüchten, konnte aber festgenommen und dem Bundesamt vorgeführt werden.

9. Anlässlich seiner Einvernahme zur Anordnung der Schubhaft am 06.10.2019 gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er sich gesund fühle, nach seiner Operation jedoch Medikamente einnehmen würde, deren Namen er allerdings nicht wisse. Er wohne unangemeldet bei einer Freundin, deren Namen er jedoch nicht angeben wolle. Auch ihre Adresse wisse er nicht. Darüber hinaus gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht nach Nigeria zurückkehren wolle.

10. Mit Bescheid vom 06.10.2019 ordnete das Bundesamt gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG über den Beschwerdeführer die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung an.

11. Der Beschwerdeführer wurde im Stande der Schubhaft am 18.10.2019 der nigerianischen Vertretungsbehörde vorgeführt und es wurde von dieser seine nigerianische Staatsangehörigkeit bestätigt. Die Botschaft regte an, vor Ausstellung eines Heimreisezertifikates ein Verfahren zur freiwilligen Rückkehr anzustreben. Sollte der Beschwerdeführer diesem nicht nähertreten, wurde die Ausstellung des Heimreisezertifikates durch die Botschaft zugesichert.

12. Gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes vom 06.10.2019 sowie die Anhaltung in Schubhaft wurde vom Beschwerdeführer Beschwerde erhoben.

13. Das Bundesamt legte in der Folge den Verwaltungsakt vor und erstattete im Zuge der Aktenvorlage eine Stellungnahme im Sinne des Akteninhalts und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde sowie den Ausspruch, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Das Bundesamt legte darüber hinaus ein Gutachten des Amtsarztes vor, wonach der Beschwerdeführer haftfähig sei.

14. Die vom Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid vom 06.10.2019 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.10.2019, GZ W197 2224558-1/8E, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Gegen diese Entscheidung wurde kein Rechtsmittel erhoben und erwuchs diese in weiterer Folge in Rechtskraft.

15. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.02.2020, 05.03.2020, 02.04.2020, 29.04.2020 und zuletzt vom 26.05.2020 wurde jeweils gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig ist.

16. Das Bundesverwaltungsgericht begründete am 26.05.2020 (GZ. W115 2224558-6/2E) seine Entscheidung wie folgt:

„1. Feststellungen

1.1. Zum Verfahrensgang:

Der unter Punkt I. geschilderte Verfahrensgang wird zur Feststellung erhoben.

1.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist volljährig und verfügt über keine Dokumente, die seine Identität bescheinigen. Er machte in seinen bisherigen Asylverfahren unterschiedliche Angaben zu seiner Identität. Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt er nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Der Beschwerdeführer gibt an ein Staatsangehöriger Nigerias zu sein. Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria vor. Der Beschwerdeführer wurde bereits einer nigerianischen Delegation vorgeführt; seine Staatsangehörigkeit wurde bestätigt.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich unbescholten.

Der Beschwerdeführer wird seit 06.10.2019 in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. So wird der Beschwerdeführer seit Oktober 2019 wegen Schlafstörungen bzw. Albträumen medikamentös behandelt. Überdies wird er laufend psychologisch und medizinisch betreut. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

1.3. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der Beschwerdeführer stellte am 27.04.2008 unter falscher Identität seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz.

Mit Bescheid des Bundesasylamtes (nunmehr Bundesamt) vom 26.06.2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen und eine Ausweisung nach Deutschland für zulässig erklärt. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.07.2008 als unbegründet abgewiesen und der Beschwerdeführer in weiterer Folge am 13.08.2008 nach Deutschland überstellt.

Der Beschwerdeführer reiste in der Folge erneut illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 08.06.2016 mit einer anderen Identität einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz (Asylfolgeantrag). Mit Bescheid des Bundesamtes vom 28.09.2017 wurde der Asylfolgeantrag hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten sowie des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria abgewiesen und eine Rückkehrentscheidung erlassen. Die Abschiebung nach Nigeria wurde für zulässig erklärt. Weiters wurde dem Beschwerdeführer eine 14-tägige Frist für die freiwillige Ausreise nach Rechtskraft der Entscheidung gewährt. Dieser Bescheid erwuchs in weiterer Folge in Rechtskraft.

Der Beschwerdeführer stellte in der Folge einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist. Mit Bescheid des Bundesamtes vom 17.05.2018 wurde dieser Antrag abgewiesen. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 17.08.2018 als unbegründet abgewiesen. Die gegen diese Entscheidung erhobene Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 05.12.2018 zurückgewiesen.

Es besteht somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer.

In der Folge reiste der Beschwerdeführer trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

Der Beschwerdeführer ist nicht gewillt, mit den Behörden zu kooperieren. Er ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig, es bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Der Beschwerdeführer ist in Österreich seit 02.04.2019 nicht mehr gemeldet und hielt sich bis zu seiner Festnahme am 06.10.2019 im Verborgenen auf. In dieser Zeit hat er eine fehlende medizinische Betreuung und potenzielle Verschlechterung seiner

gesundheitlichen Situation dadurch bewusst in Kauf genommen. Er unternahm bereits aktenkundig einen Fluchtversuch während einer polizeilichen Anhaltung.

Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird er untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren. Er ist nicht ausreisewillig. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft. Über nennenswerte Deutschkenntnisse verfügt er ebenso wenig.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet. Der Beschwerdeführer wurde von der nigerianischen Botschaft bereits als nigerianischer Staatsbürger identifiziert und wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt. Das Verfahren wird vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates und die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist nach wie vor möglich. Da der Beschwerdeführer nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will und am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht ausreichend mitwirkt, dauert das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates weiterhin an. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der Beschwerdeführer selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft verantwortlich.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind.

Eine (relevante) Änderung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes bzw. der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft hat sich seit der letzten gerichtlichen Überprüfung am 29.04.2020 nicht ergeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Weiterführung der Schubhaft sind zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung nach wie vor gegeben.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeiliche Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (insb. die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend ergibt sich, dass der Beschwerdeführer keine Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität bescheinigen. Dass er bisher in seinen Verfahren unterschiedliche Angaben zu seiner Identität gemacht hat, ergibt sich aus der diesbezüglich unbestrittenen Aktenlage.

Aufgrund der diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren steht unzweifelhaft die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest. Gegenteiliges wurde von ihm auch nicht behauptet und ist in den bisherigen Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich im Jahr 2008, seine Überstellung nach Deutschland am 13.08.2008, seine erneute illegale Einreise in das Bundesgebiet und Stellung seines Asylfolgeantrages am 08.06.2016 und seines seither ununterbrochenen Aufenthaltes in Österreich, ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in den bisherigen Verfahren.

Aus der Einsichtnahme in das Strafregister ergibt sich, dass der Beschwerdeführer in Österreich strafrechtlich unbescholten ist.

Dass der Beschwerdeführer seit 06.10.2019 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers und zum anderen aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich ebenfalls keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben.

2.3. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Das Bestehen einer rechtskräftigen und durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus den unrichtigen Angaben zu seiner Identität, seinem Untertauchen und seines während einer polizeilichen Zufallskontrolle am 06.10.2019 unternommenen Fluchtversuches.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer seit dem 02.04.2019 seiner Meldeverpflichtung in Österreich nicht nachgekommen ist, ergibt sich aus einem im Akt einliegenden Auszug des Zentralen Melderegisters. Der Fluchtversuch des Beschwerdeführers am 06.10.2019 ist aktenkundig (Polizeibericht vom 07.10.2019).

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung ausreichend mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig nach Nigeria zurückkehren zu wollen und falsche Angaben zu seiner Identität gemacht.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiter davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, ergibt sich aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes. Bezüglich seiner Angaben im Rahmen der Einvernahme vor dem Bundesamt am 06.10.2019, dass er in Österreich über eine Freundin verfüge, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer auf konkrete Nachfrage weder die Adresse dieser Freundin nennen konnte noch Angaben zu ihrem Namen machte. Auch in der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres sind keine Eintragungen über Besuche verzeichnet. Aufgrund dieser Ausführungen ist somit von keiner engen Nahebeziehung zu dieser vom Beschwerdeführer angegebenen Freundin auszugehen.

Das Fehlen substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Ebenso fehlen Hinweise für substanzielle Deutschkenntnisse oder sonstige vom Beschwerdeführer gesetzte Integrationsschritte.

Aus der Aktenlage ergibt sich weiters, dass das Bundesamt um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemüht ist. Hinweise, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Nigeria aussichtslos erscheinen würde, liegen nicht vor. Solche Zertifikate werden regelmäßig ausgestellt und die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Vertretungsbehörde funktioniert. Insbesondere ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass das Bundesamt regelmäßig im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bei der Vertretungsbehörde Nigerias urgiert. Im Verfahren sind keinerlei Hinweise dafür aufgetreten, dass es im vorliegenden Fall zu einer durch das Bundesamt zu vertretenden Verzögerung bei der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gekommen ist bzw. kommen könnte. Da auch keine Umstände hervorgekommen sind, wonach die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht möglich ist, konnte die entsprechende Feststellung getroffen werden. Die Dauer der Schubhaft ist maßgeblich durch das Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bedingt. Dass sich die Erlangung dieses Dokumentes verzögert, ist dem Verhalten des Beschwerdeführers (Fehlen von Identitätsdokumenten und nachweislich unterschiedlicher Angaben des Beschwerdeführers zur eigenen Identität) zuzurechnen.

Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Streit. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 aufgrund der damit verbundenen massiven Belastungen für Privatpersonen und Wirtschaft realistischer Weise in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit 29.04.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben - es gibt keinerlei Hinweis für diesbezügliche Änderungen. Insbesondere erfolgt die medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen bzw. Albträumen sowie eine psychologische Betreuung bereits seit Oktober 2019, wobei eine substanzielle Verschlechterung seit der letzten amtswegigen Verhältnismäßigkeitsprüfung aus der Aktenlage nicht ersichtlich ist und auch vom Bundesamt in der im Rahmen der Aktenvorlage erstatteten Stellungnahme nicht dargelegt worden ist.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A) - Fortsetzung der Schubhaft:

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen:

Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“

Der mit „Gelinderes Mittel“ betitelte § 77 FPG lautet:

„§ 77. (1) Das Bundesamt hat bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1.

(2) Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel ist, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

(3) Gelindere Mittel sind insbesondere die Anordnung,

1. in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen,

2. sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder

3. eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

(4) Kommt der Fremde seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

(5) Die Anwendung eines gelinderen Mittels steht der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

(6) Zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 hat sich der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

(7) Die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, kann der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

(8) Das gelindere Mittel ist mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(9) Die Landespolizeidirektionen können betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.“

Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“

Der mit „Dauer der Schubhaft“ betitelte § 80 FPG lautet:

„§ 80. (1) Das Bundesamt ist verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Schubhaft so kurz wie möglich dauert. Die Schubhaft darf so lange aufrechterhalten werden, bis der Grund für ihre Anordnung weggefallen ist oder ihr Ziel nicht mehr erreicht werden kann.

(2) Die Schubhaftdauer darf, vorbehaltlich des Abs. 5 und der Dublin-Verordnung, grundsätzlich

1. drei Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen mündigen Minderjährigen angeordnet wird;

2. sechs Monate nicht überschreiten, wenn die Schubhaft gegen einen Fremden, der das 18. Lebensjahr vollendet hat, angeordnet wird und kein Fall der Abs. 3 und 4 vorliegt.

(3) Darf ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil über einen Antrag gemäß § 51 noch nicht rechtskräftig entschieden ist, kann die Schubhaft bis zum Ablauf der vierten Woche nach rechtskräftiger Entscheidung, insgesamt jedoch nicht länger als sechs Monate aufrecht erhalten werden.

(4) Kann ein Fremder deshalb nicht abgeschoben werden, weil

1. die Feststellung seiner Identität und der Staatsangehörigkeit, insbesondere zum Zweck der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes, nicht möglich ist,

2. eine für die Ein- oder Durchreise erforderliche Bewilligung eines anderen Staates nicht vorliegt,

3. der Fremde die Abschiebung dadurch vereitelt, dass er sich der Zwangsgewalt (§ 13) widersetzt, oder

4. die Abschiebung dadurch, dass der Fremde sich bereits einmal dem Verfahren entzogen oder ein Abschiebungshindernis auf sonstige Weise zu vertreten hat, gefährdet erscheint,

kann die Schubhaft wegen desselben Sachverhalts abweichend von Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 höchstens 18 Monate aufrechterhalten werden.

(5) Abweichend von Abs. 2 und vorbehaltlich der Dublin-Verordnung darf die Schubhaft, sofern sie gegen einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, angeordnet wurde, bis zum Zeitpunkt des Eintritts der Durchsetzbarkeit der aufenthaltsbeendenden Maßnahme die Dauer von 10 Monaten nicht überschreiten. Wird die Schubhaft über diesen Zeitpunkt hinaus aufrechterhalten oder nach diesem Zeitpunkt neuerlich angeordnet, ist die Dauer der bis dahin vollzogenen Schubhaft auf die Dauer gemäß Abs. 2 oder 4 anzurechnen.

(5a) In den Fällen des § 76 Abs. 2 letzter Satz ist auf die Schubhaftdauer gemäß Abs. 5 auch die Dauer der auf den Festnahmeauftrag gestützten Anhaltung anzurechnen, soweit sie nach Stellung des Antrags auf internationalen Schutz gemäß § 40 Abs. 5 BFA-VG aufrechterhalten wurde. Die Anrechnung gemäß Abs. 5 letzter Satz bleibt davon unberührt.

(6) Das Bundesamt hat von Amts wegen die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft längstens alle vier Wochen zu überprüfen. Ist eine Beschwerde gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG anhängig, hat diesfalls die amtswegige Überprüfung zu entfallen.

(7) Das Bundesamt hat einen Fremden, der ausschließlich aus den Gründen des Abs. 3 oder 4 in Schubhaft anzuhalten ist, hievon unverzüglich schriftlich in Kenntnis zu setzen.“

3.1.2. Zur Judikatur:

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, 2008/21/0647; 30.08.2007, 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, 2005/21/0301; 23.09.2010, 2009/21/0280).

„Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde“ (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114, vgl. auch VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

„Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, 2007/21/0512 und 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird“ (VwGH 02.08.2013, 2013/21/0008).

3.1.3. Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Bundesverwaltungsgericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemessen also an § 76 Abs. 3 FPG, konkret an dessen ersten Satz „liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 2 - immer noch - vor, da „bestimmte Tatsachen“, nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung in den Herkunftsstaat entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesamt die Schubhaft anordnete (insb. Ziffern 1, 3 und 9 des § 76 Abs. 3 FPG), haben sich seither nicht geändert und erweisen sich als grundsätzlich nachvollziehbar. Insbesondere hat der Beschwerdeführer das Kriterium der Ziffer 1 des § 76 Abs. 3 FPG durch bewusstes Entziehen vor einem behördlichen Zugriff durch den Aufenthalt im Verborgenen und einen Fluchtversuch im Stande der Anhaltung erfüllt. Die vom Beschwerdeführer gegen den Schubhaftbescheid des Bundesamtes vom 06.10.2019 erhobene Beschwerde wurde auch mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 24.10.2019, GZ W197 2224558-1/8E, als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen. Darüber hinaus wurde vom Bundesverwaltungsgericht wiederholt festgestellt, dass zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft zum Zeitpunkt der jeweiligen Entscheidung verhältnismäßig war.

Mit der Anordnung gelinderer Mittel kann wie bereits ausgeführt weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Angesichts fehlender persönlicher Vertrauenswürdigkeit kommen diese schon aus grundsätzlichen Erwägungen nicht in Betracht.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin. Daran können auch seine unstrittigen gesundheitlichen Probleme (die in unveränderter Form seit Oktober 2019 aktenkundig sind) nichts ändern. Der Beschwerdeführer steht aus diesen Gründen seit Oktober 2019 in medikamentöser Behandlung und wird darüber hinaus auch psychologisch betreut. Für eine substanzielle Verschlechterung seines Gesundheitszustandes in jüngster Zeit (insbesondere seit der letzten gerichtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung) gibt es keinen Hinweis.

Die mit der Erlangung eines Heimreisezertifikates verbundene Dauer der Anhaltung in Schubhaft hat der Beschwerdeführer durch sein Verhalten (Fehlen von Identitätsdokumenten und nachweislich unterschiedliche Angaben zur eigenen Identität) maßgeblich selbst zu verantworten. Verzögerungen, die in der Sphäre des Bundesamtes liegen würden, sind nicht zu erkennen. Wie den Feststellungen zu entnehmen ist, hat das Bundesamt vielmehr rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet und fortgeführt. Diesbezüglich wird ein Verfahren mit der Vertretungsbehörde Nigerias geführt. Der Beschwerdeführer wurde bereits der nigerianischen Vertretungsbehörde vorgeführt und seine nigerianische Staatsangehörigkeit von dieser bestätigt. Zudem wurde die Ausstellung des Heimreisezertifikates durch die Botschaft bereits zugesichert. Das Verfahren wird vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären Kontakte in Österreich. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft. Über nennenswerte Deutschkenntnisse verfügt er ebenso wenig.

Unter Berücksichtigung dieser Umstände bleibt im Zuge der durchzuführenden Abwägung festzuhalten, dass aufgrund des vom Beschwerdeführer in der Vergangenheit gezeigten Verhaltens (u.a. unrichtige Angaben zu seiner Identität, Verletzung seiner Meldeverpflichtung in Österreich sowie Entziehung des Zugriffes der Behörden durch Aufenthalt im Verborgenen, eines während einer polizeilichen Zufallskontrolle am 06.10.2019 unternommenen Fluchtversuches sowie die gezeigte Unwilligkeit mit den Behörden zu kooperieren), das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung und eines geordneten Fremdenwesens den Schutz der persönlichen Freiheit des Beschwerdeführers weiterhin überwiegt und auch der Gesundheitszustand des Beschwerdeführers der weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht entgegensteht.

Die bisherige Anhaltung des Beschwerdeführers währt seit rund acht Monaten, sie bewegt sich damit im mittleren Bereich des gesetzlich Möglichen und erscheint auch in dieser Hinsicht als verhältnismäßig.

Insgesamt kommt den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ein geringerer Stellenwert zu als dem öffentlichen Interesse an der Sicherung seiner Aufenthaltsbeendigung.

Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken. Selbst wenn es aufgrund der gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zu einer gewissen Verzögerung der Abschiebung kommen sollte, ist, wie bereits in der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. dargelegt, davon auszugehen, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers innerhalb der Schubhafthöchstdauer durchführbar ist. Diesbezüglich ist nochmals festzuhalten, dass die Dauer der Schubhaft maßgeblich durch das Verhalten des Beschwerdeführers bedingt ist. Bei einer gemäß § 80 Abs. 4 FPG höchstzulässigen Dauer der Schubhaft von 18 Monaten erscheint die seit 06.10.2019 aufrechte Schubhaft als verhältnismäßig.

Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, dass die angeordnete Schubhaft nach wie vor notwendig und verhältnismäßig ist und dass die maßgeblichen Voraussetzungen für ihre Fortsetzung im Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Eine über die Frage der Verhältnismäßigkeit hinausgehende Prüfung der Schubhaft ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 22a Abs. 4 BFA-VG nicht vorgesehen.

3.1.4. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da der Sachverhalt im Rahmen des behördlichen Verfahrens hinreichend geklärt wurde und das gerichtliche Verfahren keine wesentlichen Änderungen ergeben hat.

3.2. Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige - in der Begründung zitierte - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu Spruchteil A) wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts auf die inhaltlich im Wesentlichen gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.“

17. Am 10.06.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht vor. Aus der Vorlage ergab sich, dass sich der BF (nach wie vor) weigert, freiwillig auszureisen. Die Behörde hätte mittlerweile bereits einen Termin für einen Charter-Flug gehabt Die Ausstellung eines HRZ werde regelmäßig urgiert, mit einer zeitnahen Abschiebung sei zu rechnen.

18. Auf Rückfrage beim zuständigen Amtsarzt im Polizeianhaltezentrum hin bestätigte dieser am 26.06.2020, dass die Haftfähigkeit des BF nach wie vor gegeben ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die vom Bundesverwaltungsgericht im obzitierten Erkenntnis vom 26.05.2020, Zahl: W115 2224558-6/2E, getroffenen und im Verfahrensgang dargestellten Feststellungen werden zum gegenständlichen Sachverhalt erhoben.

2. Ergänzend wird festgestellt:

2.1. Es sind auch aktuell keinerlei Umstände aufgetreten, die zu einem vom Vorerkenntnis zu Gunsten des BF abweichenden und für seine Freilassung sprechenden Sachverhalt führen könnten, sodass die ausschließlich vom Beschwerdeführer zu verantwortende Schubhaft weiter fortzusetzen ist. Die oben dargestellte mangelnde Mitwirkung im Rahmen des Verfahrens, insbesondere hinsichtlich der Verschleierung seiner Identität ist erheblich, so verfügt er mittlerweile im Verfahren über fünf bislang bekanntgewordene Identitäten in unterschiedlicher Zusammenstellung von Namen und Geburtsdaten. Die Verwaltungsbehörde bemüht sich offensichtlich sehr intensiv um die Ausstellung eines Heimreisezertifikates und ist die Ausstellung eines solchen immer noch als möglich anzusehen.

2.2. Die Haftfähigkeit des BF ist nach wie vor gegeben.

2.3. Der BF hat sich vom 06.10.2019 bis dato in Schubhaft befunden bzw. befindet sich noch darin.

2. Beweiswürdigung:

Hinsichtlich der vom angeführten Vorerkenntnis und des letzten Schubhaftbescheides, der vom BF nicht mehr in Beschwer gezogen wurde, übernommenen Feststellungen ist auf die diesbezügliche zutreffende Beweiswürdigung zu verweisen.

Die ergänzende Feststellung ergibt sich als logische Konsequenz daraus im Zusammenhang mit dem Umstand, dass der Beschwerdeführer aktenkundig die im Verfahrensgang angeführten, seine Verbringung in den Herkunftsstaat erschwerende Verhaltensweisen setzte und zwischenzeitlich keinerlei für den Beschwerdeführer sprechende Änderung des Sachverhaltes eingetreten ist.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer nach wie vor haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus einer Einsichtnahme in die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers und zum anderen aus einer Einsichtnahme in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich ebenfalls keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten und insbesondere durch das amtsärztliche Gutachten vom 26.06.2020 . Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren weiterhin nicht ergeben.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten